Gesetzliche Kündigungsfristen im Arbeitsrecht

Form der Kündigung

Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag bedarf zu ihrer Wirksamkeit stets der Schriftform, § 623 BGB. Die Missachtung der Schriftform führt somit zur Unwirksamkeit der Erklärung. Das Schriftformerfordernis gilt sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer.
Zu unterscheiden ist zwischen der ordentlichen Kündigung und der außerordentlichen Kündigung (fristlose Kündigung). Letztere ist nur bei einem wichtigen Grund zulässig, der – vereinfacht gesagt - die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die kündigende Partei unzumutbar macht.

Zugang der Kündigung

Die Kündigung wird wirksam, wenn sie dem Kündigungsgegner zugeht. Die schriftliche Kündigung gilt als zugegangen, wenn sie in den Machtbereich des Kündigungsgegners gelangt ist, so dass damit zu rechnen ist, dass dieser von ihr Kenntnis nehmen konnte. Wird das Kündigungsschreiben bei der Übersendung durch die Post, in den Briefkasten eingeworfen, so geht es in dem Zeitpunkt zu, in dem mit einer Leerung zu rechnen ist. Übergibt hingegen der Postbote die Kündigung einem Familienangehörigen oder dem/der Lebensgefährten/in, so geht die Kündigung mit der Annahme des Briefes durch diese Person zu, auch wenn sie im Einzelfall nicht an den Arbeitnehmer weitergeleitet wird.
Die Kündigung gilt auch dann als zugegangen, wenn sich der Arbeitnehmer wegen Urlaubs, Umzugs, Krankheit oder Kur nicht an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort befindet.
Wird die Kündigung per Einschreiben übersandt, geht sie erst mit der Aushändigung durch die Post zu, nicht schon mit der Hinterlassung eines Benachrichtigungszettels. Holt der Adressat die Kündigung absichtlich nicht von dem Postamt ab, so wird fingiert, dass ihm die Kündigung im Zeitpunkt der Annahmeverweigerung zugegangen sei.

Kündigungsarten

Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen der ordentlichen und der außerordentlichen Kündigung (fristlose Kündigung).  Bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch eine ordentliche Kündigung sind unterschiedliche Kündigungsfristen einzuhalten, die sich aus
  • Arbeitsvertrag,
  • Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung oder aus dem
  • Gesetz
ergeben können.
Wichtig! Bei der Ermittlung der Kündigungsfrist ist zunächst zu klären, ob auf das Arbeitsverhältnis, das gekündigt werden soll, ein Tarifvertrag Anwendung findet. Die darin geregelten Kündigungsfristen, die kürzer oder länger als die gesetzlichen Kündigungsfristen sein können, sind vorrangig zu beachten. Nur wenn im Arbeitsvertrag eine für den Arbeitnehmer günstigere Kündigungsfrist vereinbart ist, gilt diese (sogenanntes Günstigkeitsprinzip).

Gesetzliche Kündigungsfristen

Ist im Arbeitsvertrag (ohne Tarifbindung) keine Kündigungsfrist vereinbart worden oder wird auf die gesetzliche Kündigungsfrist verwiesen, gilt § 622 BGB.
Hinweis: Für Arbeiter und Angestellte gilt eine einheitliche gesetzliche Mindestkündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats.

Ausnahmen

  • In Betrieben, in denen in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt sind, kann im Arbeitsvertrag vereinbart werden, dass die vierwöchige Kündigungsfrist ohne festen Kündigungstermin ausgesprochen werden kann. Bei der Feststellung der Anzahl der Beschäftigten sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und Arbeitnehmer mit nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.
  • Einzelvertraglich kann eine kürzere als die Kündigungsfrist nur vereinbart werden, wenn es sich lediglich um eine bis zu dreimonatige Aushilfstätigkeit handelt.
Bei längerer Betriebszugehörigkeit gelten für die Kündigung durch den Arbeitgeber verlängerte gesetzliche Kündigungsfristen, die sich an der Dauer des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses orientieren:
Betriebszugehörigkeit Kündigungsfrist
2 Jahre
1 Monat zum Monatsende
5 Jahre
2 Monate zum Monatsende
8 Jahre
3 Monate zum Monatsende
10 Jahre
4 Monate zum Monatsende
12 Jahre
5 Monate zum Monatsende
15 Jahre
6 Monate zum Monatsende
20 Jahre
7 Monate zum Monatsende
 Für die Berechnung der Beschäftigungsdauer bleiben nach dem Wortlaut des Gesetzes die Zeiten vor Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers außer Betracht. Diese Regelung stellt allerdings einen Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz dar und ist daher nicht mehr anzuwenden. Das entschied auch der EuGH in seinem Urteil vom 19. Januar 2010 (Az: C-555/07).
Die verlängerten Kündigungsfristen gelten nur für die Kündigung durch den Arbeitgeber, so dass für die Kündigung durch den Arbeitnehmer immer die Grundkündigungsfrist von vier Wochen gilt. Während einer vereinbarten Probezeit (bis sechs Monate) beträgt die Kündigungsfrist zwei Wochen, es sei denn es wurde eine längere Kündigungsfrist vereinbart. Dies gilt für eine Kündigung sowohl durch den Arbeitnehmer als auch durch den Arbeitgeber. Eine Verlängerung der Kündigungsfristen ist stets möglich. Es dürfen allerdings für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer keine längere Fristen vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

Die außerordentliche (fristlose) Kündigung

Die außerordentliche Kündigung (§ 626 BGB) aus wichtigem Grund löst das Arbeitsverhältnis in der Regel mit sofortiger Wirkung auf, die vereinbarten oder gesetzlichen Kündigungsfristen brauchen nicht eingehalten zu werden. Allerdings kann die Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnisnahme der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erklärt werden. 
Hat z.B. der Arbeitgeber am Dienstag, den 19. September von den maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt, beginnt die Frist am Mittwoch, den 20.September und endet am Dienstag, den 3.Oktober um 24 Uhr. Bei eigenmächtigem Urlaubsantritt beginnt die 2-Wochen-Frist mit der Rückkehr des Arbeitnehmers aus dem Urlaub. Die Kündigung muss dem Arbeitnehmer innerhalb der 2-Wochen Frist zugehen.
Ein wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs.1 BGB ist dann gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar machen.

Kündigungsgründe für eine Kündigung aus wichtigem Grund durch den Arbeitgeber:
  • Arbeitsverweigerung
  • unbefugtes Verlassen des Arbeitsplatzes
  • eigenmächtiger Urlaubsantritt
  • grobe Beleidigung gegenüber dem Arbeitgeber, einem Vorgesetzten oder anderen Mitarbeitern
  • Drohung des Arbeitnehmers, er werde krank, wenn der Arbeitgeber ein unberechtigtes Verlangen des Arbeitnehmers nicht erfüllt
  • Straftaten gegen den Arbeitgeber (Untreue, Betrug, Diebstahl, Körperverletzung)
  • tätliche Auseinandersetzung im Betrieb
Kein wichtiger Kündigungsgrund für eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber:
  • Betriebsveräußerung
  • Betriebsstilllegung
Hinweis: Vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung ist in der Regel eine Abmahnung erforderlich. Die Abmahnung ist ausnahmsweise entbehrlich bei besonders schweren Verstößen gegen die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag (z.B. Diebstahl, Tätlichkeiten, ca. einmonatiges unentschuldigtes Fehlen).
Die Angabe des wichtigen Kündigungsgrundes im Kündigungsschreiben ist nicht erforderlich, um der Kündigung Wirksamkeit zu verleihen (Ausnahme: Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag regeln, dass die Angabe des Kündigungsgrundes Wirksamkeitsvoraussetzung ist). Allerdings hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf Verlangen die Gründe schriftlich mitzuteilen, die zu der Kündigung geführt haben, § 626 Abs. 2 S.3 BGB.

Kündigungsgründe

Der Kündigungsgrund im Rahmen einer ordentlichen Kündigung bei Unternehmen mit mehr als 10 Arbeitnehmern ist stets sorgfältig zu hinterfragen, denn ein fehlender oder nicht anerkannter Kündigungsgrund macht eine Kündigung im Rahmen des gerichtlichen Überprüfung unwirksam. In Betrieben mit mehr als 10 Arbeitnehmern (seit dem 01.01.2004) greift das Kündigungsschutzgesetz (KschG). Ordentliche Kündigungen im Rahmen des Kündigungsschutzgesetzes bedürfen eines betriebs-, personen- oder verhaltensbedingten Grundes, der die Kündigung sozial rechtfertigt.

Personenbedingte Gründe

Not­wen­di­ge Vor­aus­set­zung für ei­ne per­so­nen­be­ding­te Kündi­gung ist, dass ein Kündi­gungs­grund in der Per­son des Arbeit­neh­mers vor­liegt. Die­se Vor­aus­set­zung ist dann ge­ge­ben, wenn der Ar­beit­neh­mer auf­grund sei­ner in­di­vi­du­el­len Eigen­schaf­ten und Fähig­kei­ten sei­ne Ar­beits­leis­tung nicht mehr er­brin­gen kann.
Nach der Recht­spre­chung müssen die fol­gen­den vier Vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen, da­mit ei­ne per­so­nen­be­ding­te Kündi­gung wirk­sam ist (fehlt auch nur ei­ne die­ser Vor­aus­set­zun­gen, ist die Kündi­gung un­wirk­sam).
  1. Es muss fest­ste­hen, dass der Ar­beit­neh­mer auf­grund sei­ner persönli­chen Fähig­kei­ten und Ei­gen­schaf­ten künf­tig nicht in der La­ge, sei­ne ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten zu erfüllen (ne­ga­ti­ve Pro­gno­se).
  2. Es muss fest­ste­hen, dass es da­durch zu ei­ner er­heb­li­chen Be­ein­träch­ti­gung der be­trieb­li­chen oder wirt­schaft­li­chen In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers kommt.
  3. Es darf kei­ne Wei­ter­beschäfti­gungsmöglich­keit des Ar­beit­neh­mers auf ei­nem an­de­ren frei­en Ar­beits­platz in dem Be­trieb oder dem Un­ter­neh­men ge­ben.
  4. Es muss eine In­ter­es­sen­abwägung vor­ge­nom­men wer­den. Sie muß zu­guns­ten des Ar­beit­ge­bers aus­ge­hen, d.h. aus einer um­fas­sen­den Abwägung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen un­ter Berück­sich­ti­gung der Dau­er und des bis­he­ri­gen Ver­laufs des Ar­beits­verhält­nis­ses müssen die Be­ein­träch­ti­gung nicht mehr wei­ter zu­ge­mu­tet wer­den können
Beispiele:
  • mangelnde körperliche und geistige Eignung
  • fortgeschrittenes Alter und dadurch bedingte Abnahme der Leistungsfähigkeit
  • Krankheit
Hinweis: Krankheit berechtigt nur bei Vorliegen folgender Voraussetzungen zur Kündigung:
1. der Arbeitnehmer war langanhaltend erkrankt oder häufig über kurze Zeiträume hinweg erkrankt
2. negative Gesundheitsprognose: die Wiederherstellung des langanhaltend erkrankten Arbeitnehmers ist nicht abzusehen bzw. es ist bei dem oft kurzerkrankten Arbeitnehmer auch zukünftig mit häufigen Fehlzeiten zu rechnen


Verhaltensbedingte Gründe

Hier handelt es sich um Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen.
Beispiele:
  • Nichtleistung oder mangelhafte Arbeitsleistung
  • Straftaten des Arbeitnehmers
  • Nichtbeachtung betrieblicher Rauch-und Alkoholverbote
  • Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten

Betriebsbedingte Gründe

Betriebsbedingte Kündigungsgründe sind solche, die durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen, bedingt sind.

Beispiele:
  • Umsatz- und Produktionsrückgang wegen Auftragsmangels
  • Rationalisierungsmaßnahmen
  • Betriebseinschränkung
  • Betriebsstilllegung
  • Änderung des Produktionsablaufs bzw. der Arbeitsmethoden
  • keine Versetzungs-und Umschulungsmöglichkeiten für den Arbeitnehmer
  • ausreichende Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte seitens des Arbeitgebers bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers (Treffen einer sozialen Auswahl, § 1 Abs. 3 KschG)

Kündigungsschutz besonderer Personengruppe

Mutterschutz

Eine Frau darf während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung weder ordentlich noch außerordentlich gekündigt werden, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Abgabe der Kündigungserklärung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Dies gilt auch für die Probezeit. Das Kündigungsverbot kann nur in ganz besonderen Fällen mit einer entsprechenden Zulässigkeitserklärung des Amtes für Arbeitsschutz durchbrochen werden (§ 9 Absatz 3 Satz 1 MuSchG).

Schwerbehinderte

Der Arbeitgeber, der das bestehende Arbeitsverhältnis mit einem Schwerbehinderten kündigen oder eine Änderungskündigung aussprechen möchte, muss zunächst einen Antrag  beim Integrationsamt stellen, da auch hier ein besonderer Kündigungsschutz nach § 85 SGB IX greift. Von dem besonderen Kündigungsschutz werden in § 90 SGB IX Ausnahmen gemacht.
Gesetzesänderung zum 1.1.2017: Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers erfordert vorherige Anhörung der Schwerbehindertenvertretung
Im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes sind zum 1.1.2017 Änderungen im SGB IX vorgenommen worden. Von Unternehmen zwingend zu beachten ist die geänderte Regelung zur Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung in § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX. Nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist die Schwerbehindertenvertretung unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Die getroffene Entscheidung ist unverzüglich mitzuteilen. Wird die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung vom Arbeitgeber unterlassen, ist die Kündigung unwirksam.

Klagefrist bei Kündigungsschutzklage

Seit dem 1.1.2004 gilt jede Kündigung - ordentliche und außerordentliche, auch in Kleinbetrieben mit 10 oder weniger Arbeitnehmern bzw. bei Arbeitnehmern, deren (Probe-) Arbeitsverhältnis noch keine 6 Monate besteht - als rechtswirksam, wenn sie nicht innerhalb von drei Wochen ab Zugang der schriftlichen Kündigung gerichtlich angefochten wird. Zudem ist unerheblich, auf welchen Grund die behauptete Unwirksamkeit der Kündigung gestützt wird.

Aufklärungspflichten des Arbeitgebers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Damit eine Vermittlung in eine neue Arbeit schon frühzeitig beginnen kann, müssen sich Arbeitnehmer frühzeitig arbeitssuchend melden. Ein Verstoß gegen die Meldepflicht nach § 38 SGB III vermindert das spätere Arbeitslosengeld des Arbeitnehmers. Daher hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darüber aufzuklären, dass dieser seinen Meldepflichten unverzüglich nachzukommen hat.

Beratungsangebote durch Arbeitgeberverbände

 In arbeitsrechtlichen Fragen gibt es eine gesetzlich vorgegebene Arbeitsteilung zwischen unserer Handelskammer und den Arbeitgeberverbänden. Wir können Ihnen allgemeine Fragestellungen summarisch beantworten. Sobald Sie jedoch verbindliche Auskünfte oder prozessuale Unterstützung benötigen, sollten Sie die Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband in Erwägung ziehen. Unabhängig von konkreten Fragestellungen kann Ihnen die Einbindung in einen Arbeitgeberverband hilfreiche Informationsvorteile bieten.
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