"Fit-for-55" - Klimaneutralität in Europa

Am 22. Juni 2022 hat das EU-Parlament für eine Novellierung des europäischen Emissionshandelssystems (ETS) gestimmt. Im gleichen Zuge sprach es sich für die Einführung des CBAM (CO2-Grenzausgleichmechanismus) aus. Zielsetzung ist, die Emissionen in der EU bis 2030 um mindestens 55% zu senken (“Fit-for-55”). Die Länder arbeiten hierzu an neuen Rechtsvorschriften, um das Ziel zu erreichen und die EU bis 2050 klimaneutral zu machen.
Unter dem Titel “Fit-for-55” wird ein ganzes Paket von Maßnahmen verstanden. Der Rahmen soll insgesamt kohärent und ausgeglichen sein und
  • einen fairen und sozial gerechten Übergang gewährleisten,
  • die Innovation und Wettbewerbsfähigkeit der EU-Industrie erhalten und stärken, während er gleiche Wettbewerbsbedingungen gegenüber den Wirtschaftsteilnehmern aus Drittländern sicherstellt und
  • die Position der EU als Vorreiter im weltweiten Kampf gegen den Klimawandel untermauern.

Bis 2030 sollen die Emissionsreduktionen der unter das ETS fallenden Branchen 63 % gegenüber dem Niveau von 2005 betragen. Um dieses Ziel zu erreichen, soll der lineare Reduktionsfaktor soll von 2,2 % bis 2024 auf 4,4 % steigen, 2026 auf 4,5 % und letztendlich bis 2029 auf insgesamt 4,6 %. Zudem sollen einmalig 70 Millionen CO2-Zertifikate aus dem Markt genommen werden, wenn das überarbeitete ETS in Kraft tritt und weitere 50 Millionen in 2026 (Rebasing).
Die freien Zertifikate, die Unternehmen als Carbon Leakage Schutzmaßnahme erhalten, sollen stufenweise von 2027 bis 2032 auslaufen, zwei Jahre später als vom Umweltausschuss zuvor präsentiert:
2027
2028
2029
2030
2031
2032
93%
84%
69%
50%
25%
0%
Dafür soll der CO2-Grenzausgleichmechanismus angewandt werden. Für Exporte sieht der beschlossene CBAM-Bericht vorerst weiterhin die kostenlose Zuteilung vor. Diese soll ab 2025 von der Kommission genauer geprüft werden.
Neu ist auch die Einführung eines Bonus-Malus-System, bei dem die effizientesten Anlagen in einem Sektor zusätzliche kostenlose Zertifikate erhalten. Unternehmen können aber auch bestraft werden, wenn sie ihre Energiesysteme nicht zertifizieren lassen, keinen Dekarbonisierungsplan erstellen oder den Empfehlungen ihres Energieaudits nicht folgen.
Außerdem soll das ETS auf den Seeverkehr ausgedehnt werden. Zuerst 100 % der innereuropäischen Strecken bis 2024 und ab 2027 auch alle außereuropäischen Strecken. Mit in das Emissionshandelssystem aufgenommen werden soll auch die Müllverbrennung ab 2026.
Ebenfalls hat die Mehrheit der Parlamentsfraktionen für das ETS II sowie die Änderungen im Klimasozialfonds gestimmt
Ab 2024 sollen Emissionen durch Gebäude und im Verkehr in einem zweiten, separaten System erfasst werden – allerdings nur für des Gewerbe. Private Haushalte sollen erst ab 2029 einbezogen werden. Sollte der Zertifikatspreis die Grenze von 50€ vor 2030 überschreiten, werden zusätzliche Zertifikate aus der Marktstabilitätsreserve freigegeben, um den Preis zu senken.
Die Einnahmen aus beiden Emissionshandelssystemen werden dem Klima Sozialfonds zur Verfügung gestellt. So müssen die Mittel von den Mitgliedsstaaten für Klimaschutzmaßnahmen oder für die Qualifizierung und Umschulung von Arbeitnehmern, die möglicherweise vom grünen Übergang betroffen sind, ausgeben werden.
Info DIHK