Konjunkturumfrage 1. Quartal 2025
Regionale Konjunktur kommt nicht in Schwung
Die konjunkturelle Lage der Unternehmen bleibt auch im Frühjahr schwierig, wie aus dem gemeinsamen Konjunkturbericht der IHK Braunschweig und der IHK Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) für das erste Quartal 2025 ersichtlich wird. Der IHK-Konjunkturklimaindikator, der sowohl die aktuelle geschäftliche Lage als auch die Geschäftserwartungen der Unternehmen im Wirtschaftsraum Braunschweig-Wolfsburg abbildet, hat um 7 Punkte zugenommen und erreicht einen – nach wie vor mäßigen – Stand von 86. Der jüngste Indikatoranstieg ist allerdings im Wesentlichen auf die weniger von Pessimismus geprägten Rückmeldungen der Unternehmen über ihre zukünftige Geschäftsentwicklung zurückzuführen. Wären die umfassenden US-Zölle vor dem Erhebungszeitraum angekündigt und in Kraft gesetzt worden, hätten die Unternehmen ihre zukünftigen Geschäftsaussichten mit hoher Wahrscheinlichkeit schlechter beurteilt. Unbefriedigend bleibt weiterhin die Geschäftslage in der regionalen Wirtschaft: Der Saldo aus positiven und negativen Rückmeldungen der Unternehmen zur aktuellen Geschäftssituation verbleibt wie im Vorquartal unverändert bei -11.
In diesem Rahmen verharrt der IHK-Konjunkturklimaindikator auf dem Niveau des Vorjahres vom Frühjahr 2024. Unter Betrachtung der einzelnen Branchen wird deutlich, dass sich das konjunkturelle Klima der Dienstleistungswirtschaft mit einem auf 103 gestiegenen Indikatorstand im Aufwind befindet. Auch die Industriekonjunktur hat sich auf einen Stand von 84 verbessert, da die Betriebe bis dato von einer besseren Geschäftsentwicklung in den kommenden zwölf Monaten ausgegangen sind. Für die vom Export abhängigen regionalen Industriebetriebe wird die Erhebung des US-Zolls auf Produkte aus der EU und Deutschland erst noch spürbar negative Auswirkungen entfalten. Eine deutliche Abnahme hat zuletzt der branchenbezogene Konjunkturklimaindikator für den Einzelhandel zu verzeichnen, der nur noch einen Wert von 76 erreicht. Trübe konjunkturelle Aussichten sind weiterhin im Großhandel vorherrschend, wie der nahezu unveränderte sektorale Indikatorwert von 62 anzeigt.
Aus einer tiefergehenden Analyse der Konjunkturdaten ist zu entnehmen, dass vor allem die Unternehmen von einer weniger ungünstigen Entwicklung im Jahresverlauf ausgehen, die mit einer Verbesserung ihrer Standortbedingungen aufgrund der geplanten Investitionen aus dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität des Bundes rechnen. Ungeachtet dessen überwiegen die pessimistischen Geschäftsprognosen immer noch deutlich. Nur 12 Prozent der befragten Unternehmen erwarten in den kommenden zwölf Monaten eine geschäftliche Aufhellung, während 29 Prozent von einer schlechteren Entwicklung ausgegangen sind. Immerhin 59 Prozent der Befragten rechnen mit einem unveränderten Geschäftsverlauf. Die Einschätzungen der Unternehmen zur zukünftigen Geschäftsentwicklung spiegeln sich – trotz leichter Entspannung im Vergleich zum Vorquartal – weiterhin in ihrer zögerlichen Investitionsbereitschaft wider. Bedeutend negativer fallen die Beschäftigungsplanungen in der Region für den Jahresverlauf aus: Während aktuell noch von jedem zehnten Unternehmen Neueinstellungen geplant sind, gehen 35 Prozent von einer geringeren Beschäftigtenzahl aus. Bei 55 Prozent der Befragten sind keine Änderungen der Beschäftigtengröße betreffend vorgesehen.
Michael Zeinert, Hauptgeschäftsführer der IHK Lüneburg-Wolfsburg, zu den Wachstumsperspektiven der regionalen Wirtschaft: „Mit dem nun vereinbarten Koalitionsvertrag ist der erste Schritt getan – doch Papier allein schafft noch kein Wachstum. Was jetzt zählt, ist entschlossenes und zügiges Handeln. Unsere Unternehmen brauchen Planungssicherheit, verlässliche Rahmenbedingungen und vor allem eine spürbare Entlastung von Bürokratie und Kosten. Wichtig sind jetzt konkrete Maßnahmen der neuen Regierung zur Stärkung des Mittelstands, zur Förderung von Investitionen und zur Sicherung der Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen. Große Hoffnungen setzen wir auch auf die angekündigte Stärkung der Automobil- und Zulieferindustrie in Verbindung mit einer zukunftsgerichteten Förderung der E-Mobilität. Hiervon kann und wird vor allem unser Wirtschaftsraum profitieren. Wachstum entsteht nicht durch Ankündigungen, sondern durch Taten. Die Unternehmen sind bereit, ihren Beitrag zu leisten – jetzt ist die Politik am Zug, die Voraussetzungen dafür zu schaffen.“
Auch Dr. Florian Löbermann, Hauptgeschäftsführer der IHK Braunschweig, ist sich sicher: „Die seit langem angespannte Konjunkturlage wird sich nur auflösen, wenn eine neue Bundesregierung tiefgreifende Reformen umsetzt, die Wachstum und Innovation für die Wirtschaft ermöglichen sowie die Beschäftigung und die Wettbewerbsfähigkeit am Standort erhöhen. In diesem Rahmen sehen wir bei den Ergebnissen aus den Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD auch Weiterentwicklungsbedarf. Dringend benötigt wird ein nachhaltiger Ansatz zur Begrenzung der Beitragsexplosion in den sozialen Sicherungssystemen, die einen wesentlichen Teil der Arbeitskosten verursachen. Angesichts der eskalierenden Handelskonflikte auf den internationalen Märkten und der neuen US-Zölle fordern wir die Politikverantwortlichen von EU und Bund zugleich zum Handeln auf: Unnötige Zollbarrieren müssen abgeschafft und zugleich neue Märkte in den Fokus gerückt werden. Zudem sind auch Unterstützungsmöglichkeiten zur Umrüstung unausgelasteter Produktionen für Bedarfe der Verteidigungsindustrie zu prüfen.“
Gesamtwirtschaft Region Braunschweig-Wolfsburg
Die Rückmeldungen der Unternehmen zur aktuellen Geschäftssituation bleiben insgesamt wie im Vorquartal auf unbefriedigendem Niveau – so liegt der Saldo aus positiven und negativen Lagebeurteilungen nach wie vor bei einem Wert von -11. Während 28 Prozent der befragten Unternehmen von einer schlechten geschäftlichen Lage berichten, können nur 17 Prozent gut laufende Geschäfte vermelden. Immerhin mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) haben derzeit eine unveränderte Geschäftslage zu verzeichnen.
Die Unternehmen aus der Region sind in ihrem wirtschaftlichen Umfeld nach wie vor mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert, die sie mit Sorge auf ihre zukünftige Geschäftsentwicklung blicken lassen. Mehr als zwei Drittel der Befragten (69 Prozent) sehen in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen das größte Risiko in den kommenden zwölf Monaten. Gleichzeitig sieht sich die Mehrheit der Unternehmen durch zunehmende Arbeitskosten (60 Prozent) sowie hohe Energie- und Rohstoffkosten (54 Prozent) belastet. Gegenüber der neuen Bundesregierung sind aus diesem Grund wichtige wirtschaftspolitische Weichenstellungen angemahnt, die den Unternehmen einen verlässlichen Handlungsrahmen bieten und die Wirtschaftsentwicklung ankurbeln – nur auf diese Weise kann die Investitionsbereitschaft der Unternehmen gesteigert werden.
Zurzeit beabsichtigen sogar 35 Prozent der befragten Unternehmen aus dem Wirtschaftsraum Braunschweig-Wolfsburg eine Kürzung ihrer Investitionsbudgets. Eine Ausweitung von Investitionen planen demgegenüber nur 26 Prozent der Unternehmen, vorwiegend für die Beschaffung von Ersatzbedarfen und Rationalisierungsmaßnahmen. Investitionen in Kapazitätserweiterungen und Produktinnovationen, die einen wirtschaftlichen Aufschwung versprechen, stehen für die Unternehmen derzeit nicht im Vordergrund.
Industrie
Die regionale Industriekonjunktur hat sich zwar im Frühjahr leicht entspannt, bleibt aber weiterhin unter dem Durchschnitt: Der sektorale Konjunkturklimaindikator ist um 12 Punkte auf einen Wert von 84 angestiegen. Zurückzuführen ist diese Entwicklung allein auf verbesserte Rückmeldungen aus den Betrieben zur zukünftigen Geschäftsentwicklung, während sich für die aktuelle Geschäftslage keine Verbesserung abzeichnet. Derzeit berichten gerade einmal 12 Prozent der Hersteller von guten Geschäften. Über einen schlechten Geschäftsverlauf klagt hingegen mehr als ein Drittel (35 Prozent). Der Saldo aus positiven und negativen Rückmeldungen bleibt demzufolge bei -23 deutlich im negativen Bereich. Die schwächelnde Industriekonjunktur könnte ernst zu nehmende Folgen für den Arbeitsmarkt bewirken: 45 Prozent der befragten Unternehmen rechnen im Jahresverlauf mit einer Verringerung der Beschäftigtenzahlen. Nur 8 Prozent der Industriebetriebe planen Neueinstellungen. Der Anteil der Produktionsunternehmen, die die Anzahl der Beschäftigten stabil halten wollen, sinkt auf 47 Prozent. Ein Hoffnungsschimmer ergibt sich allerdings für die regionalen Industriebetriebe durch einen weiteren – wenn auch gering ausfallenden – Anstieg der Auftragseingänge aus dem In- und Ausland. Zudem steigt die Investitionsbereitschaft der Betriebe in der Region.
Einzelhandel
Nach einem für Teile des Einzelhandels zufriedenstellenden Weihnachtsgeschäft hat die Kundennachfrage in den ersten drei Monaten dieses Jahres wieder nachgelassen. Daher sinkt der branchenbezogene Konjunkturklimaindikator zum Frühjahr um 15 Punkte auf einen Wert von 76. Der Rückgang ist durch eine Verschlechterung der Geschäftslage als auch der Einschätzungen zur zukünftigen Geschäftsentwicklung zu begründen. Aktuell beurteilen nur 4 Prozent der Händler ihre geschäftliche Lage als gut. Während mehr als zwei Drittel (70 Prozent) die Lage als befriedigend empfinden, berichtet circa jeder vierte Befragte (26 Prozent) von schlecht laufenden Geschäften. Aus der tiefergehenden Datenanalyse wird sichtbar, dass vor allem der stationäre Einzelhandel im Vergleich zum Vorquartal geringere Umsätze zu verzeichnen hatte. Die Umsätze des Onlinehandels sind im gleichen Zeitraum zumindest stabil geblieben. In dieser insgesamt für die Branche unbefriedigenden Lage registrieren die Einzelhändler wieder eine spürbar verringerte Konsumneigung in der Bevölkerung. Vor diesem Hintergrund fallen auch die Einschätzungen zur zukünftigen Geschäftsentwicklung negativer aus: Der Saldo aus positiven und negativen Rückmeldungen liegt hier mittlerweile bei -26. Die Mehrheit der befragten Einzelhändler (60 Prozent) gehen immerhin von einer stabilen Entwicklung im Jahresverlauf aus.
Großhandel
Im Vergleich aller Branchen in der Region schneidet die Konjunkturentwicklung für den Großhandel am schlechtesten ab. Die Geschäftslage der Branche ist zwar im Vergleich zum Vorquartal stabil geblieben, allerdings gehen die Großhändler zurzeit nicht davon aus, dass sich ihre Situation in den kommenden zwölf Monaten verbessert. So berichten 38 Prozent der befragten Großhändler von schlecht laufenden Geschäften, während 7 Prozent der Befragten dieser Branche eine gute Geschäftssituation verzeichnen können. Immerhin 55 Prozent der Grossisten bezeichnen ihre Lage als befriedigend. Der Großhandel leidet nach wie vor unter mangelnder Nachfrage aus der Industrie und konsumnahen Branchen: Im Jahresverlauf werden sinkende Umsätze erwartet, wie aus der Umfrage hervorgeht. Fast die Hälfte der befragten Unternehmen (48 Prozent) rechnen in den kommenden zwölf Monaten mit einer Verschlechterung ihrer Geschäftslage. Ein in etwa gleich hoher Anteil der Großhändler (49 Prozent) geht von einer gleichbleibenden Entwicklung aus und nur 3 Prozent vermelden positive Geschäftsprognosen. Angesichts der angespannten Lage im Großhandel werden Investitionen am Standort zurückgefahren. Auch die Beschäftigungsplanungen der Unternehmen deuten für den Jahresverlauf einen Personalabbau an.
Dienstleistungen
Eindeutig besser laufen seit Jahresbeginn die Geschäfte in der Dienstleistungswirtschaft der Region, die auch mit positiven Erwartungen für die kommenden zwölf Monate verknüpft werden. Im Vergleich zu allen anderen betrachteten Branchen fällt der sektorale Konjunkturklimaindikator am besten aus: Er erreicht nach einem Anstieg um 14 Punkte im Frühjahr einen Stand von 103. So berichtet aktuell mehr als ein Drittel der Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche (35 Prozent) von einer guten Geschäftslage und mehr als die Hälfte (52 Prozent) von zumindest befriedigenden Geschäften. Der Anteil der Dienstleister mit einer aktuell schlechten Geschäftssituation hat sich auf 13 Prozent verringert. Vor allem konsumnahe Dienstleistungen sind derzeit sehr gut nachgefragt. Bei den unternehmensbezogenen Dienstleistern hat zumindest die Zuversicht für eine bessere Geschäftsentwicklung im Jahresverlauf zugenommen. Insgesamt erwarten 21 Prozent der befragten Dienstleistungsbetriebe besser laufende Geschäfte, während 45 Prozent von einer gleichbleibenden Entwicklung ausgehen. Mehr als jedes dritte Unternehmen aus der Branche (34 Prozent) rechnet mit einem ungünstigen Geschäftsverlauf bis Jahresende. Keine Änderungen zeichnen sich in diesem Rahmen bei den Beschäftigungsplanungen der Dienstleister ab. Die Investitionsbereitschaft hat in der Branche allerdings nachgelassen.
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Je mehr Unternehmen sich an der IHK-Konjunkturumfrage beteiligen, desto repräsentativer und verlässlicher sind deren Ergebnisse. Das Ausfüllen des Fragebogens dauert maximal fünf Minuten - bei vier Befragungen im Jahr. Machen Sie mit und stärken Sie die Aussagekraft unserer regionalen Konjunkturberichterstattung. Melden Sie sich hier an.
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