Unsere Forderungen für starke Zentren: Position der IHK Braunschweig zur nachhaltigen Einzelhandels- und Stadtentwicklung
Die IHK Braunschweig berät Kommunen bei der Ansiedlung von Einzelhandelsvorhaben sowie bei der Änderung vorhandener Einzelhandelsnutzungen und nimmt als Träger öffentlicher Belange Stellung zu den einzelnen Planvorhaben. Darüber hinaus ist die IHK bei der Erarbeitung und Fortentwicklung von Einzelhandelskonzepten auf kommunaler als auch regionaler Ebene beteiligt, die gemeinsam mit verschiedenen Akteuren aus Politik und Verwaltung, Planungsbüros sowie Vertretern des (örtlichen) Einzelhandels erfolgt. In ihrer Aufgabenwahrnehmung beurteilt die IHK Braunschweig die einzelnen Planvorhaben als auch die Entwicklung von Einzelhandelskonzepten anhand bundes- und landesrechtlicher Vorschriften zur Raumordnung und Bauleitplanung sowie einschlägiger Rechtsprechung. Auf diese Weise wird eine Gleichbehandlung der Interessen aller Kommunen, Investoren und Gewerbetreibenden ermöglicht. Die IHK Braunschweig orientiert sich auf diese Weise an raumordnerischen, städtebaulichen und handelspolitischen Grundsätzen, die auf die Stärkung von Innenstädten, bedeutender zentraler Versorgungsbereiche und Ortsmitten ausgerichtet sind. In diesem Rahmen verhält sich die IHK gegenüber langbewährten und neuen Betriebsformen neutral.
- Forderung 1: Stadt- und Ortszentren stärken!
- Forderung 2: Funktionsverluste in Stadt- und Ortszentren beheben!
- Forderung 3: Einzelhandelskonzepte entwickeln und umsetzen!
- Forderung 4: Nahversorgung sichern!
- Forderung 5: Ansiedlung von Einkaufzentren nur in Stadt- und Ortszentren!
- Forderung 6: In Gewerbe- und Industriegebieten, die nach § 8 und § 9 der Baunutzungsverordnung ausgewiesen werden, ist zentrenrelevanter Einzelhandel auszuschließen!
- Forderung 7: Erreichbarkeit der Innenstädte und Ortszentren ist sicherzustellen!
- Forderung 8: Stärkung von Kooperationen durch aktives Stadt- und Citymarketing!
Die folgenden Positionen stellen Leitlinien dar, mit denen Städte und Gemeinden im Wirtschaftsraum Braunschweig attraktiv, lebenswert, interessant und vielfältig gestaltet werden können. Im Zusammenwirken von Wirtschaft, Politik und Verwaltung wird die IHK Braunschweig diese Positionen vertreten, die zugleich als Forderungen an eine integrierte und nachhaltige Einzelhandels- und Stadtentwicklung erhoben werden:
Forderung 1: Stadt- und Ortszentren stärken!
- Zentrenrelevante Sortimente sind in den Innenstädten, Stadtteilzentren und Ortsmitten anzusiedeln. Ausnahmen müssen sorgfältig auf ihre Auswirkungen und Verträglichkeit mit innerörtlichen Versorgungsstrukturen überprüft werden.
- Zentrale Versorgungsbereiche sollten festgelegt und über verbindliche Bauleitplanung abgesichert werden.
- Alte Bebauungspläne, die nicht mehr den aktuellen Entwicklungsvorstellungen entsprechen, sind anzupassen.
Forderung 2: Funktionsverluste in Stadt- und Ortszentren beheben!
- Vorausschauendes Flächenmanagement und aktives Leerstandsmanagement der Kommunen sind notwendig, um auch in verdichteten Gebieten größere Einzelhandelsflächen zu sichern und anbieten zu können.
- Die Funktionsvielfalt und Attraktivität der Innenstädte und Ortszentren, die sich aus dem Nutzungsmix von Einzelhandel, Gastronomie und Dienstleistungen sowie Kultur- und Freizeitangeboten ergibt, ist zu erhalten und zu entwickeln.
- Projekte, die nicht zu einer nachhaltigen Einzelhandels- und Stadtentwicklung beitragen, sind konsequent abzulehnen.
Forderung 3: Einzelhandelskonzepte entwickeln und umsetzen!
- Die Erarbeitung und regelmäßige Fortentwicklung kommunaler Einzelhandelskonzepte ist erforderlich, um Leitlinien für die zukünftige Einzelhandelsentwicklung festzulegen.
- Sortimentslisten gehören zu den wichtigsten Steuerungselementen eines Einzelhandelskonzeptes, die sich an den örtlichen Gegebenheiten auszurichten haben. Sie sollten nicht zu Lasten zentraler Versorgungsbereiche verändert werden.
- Einzelhandelskonzepte sind von Stadt- bzw. Gemeinderäten als Entwicklungsperspektive zu beschließen und sorgen für Planungssicherheit. Bestehende Bebauungspläne sind an die neuen Vorgaben anzupassen.
- Regionale Einzelhandelskonzepte sichern die überörtliche Steuerung der Einzelhandelsentwicklung.
Forderung 4: Nahversorgung sichern!
- Standorte für großflächige Einzelhandelsbetriebe zur Nahversorgung sind in den gewachsenen Orts- und Stadt(teil-)zentren anzusiedeln.
- Funktionsschädigende Auswirkungen auf bestehende Versorgungsstrukturen sind in der Ansiedlungskommune als auch in benachbarten zentralen Orten zu vermeiden.
- Lücken in der fußläufig erreichbaren Nahversorgung können durch solitäre Standorte in städtebaulich integrierter Lage, alternative Dorfladenkonzepte und mobile Handelsformen geschlossen werden.
Forderung 5: Ansiedlung von Einkaufzentren nur in Stadt- und Ortszentren!
- Einkaufszentren sind außerhalb der gewachsenen Stadt- und Ortszentren auszuschließen.
- Innerstädtische Einkaufszentren sollten den bestehenden Branchenmix sinnvoll ergänzen und hinsichtlich ihrer Größe einfügen.
- Eine attraktive städtebauliche Anbindung ist erforderlich, damit bestehende Handelslagen von dem neuen Projekt profitieren können.
Forderung 6: In Gewerbe- und Industriegebieten, die nach § 8 und § 9 der Baunutzungsverordnung ausgewiesen werden, ist zentrenrelevanter Einzelhandel auszuschließen!
- Zum Schutz zentraler Versorgungsbereiche ist zentrenrelevanter Einzelhandel in Gewerbegebieten (nach § 8 BauNVO) und Industriegebieten (nach § 9 BauNVO) über Bauleitplanung auszuschließen.
- Verkauf von vor Ort produzierten Waren (Annex-Handel) kann im Einzelfall ermöglicht werden.
Forderung 7: Erreichbarkeit der Innenstädte und Ortszentren ist sicherzustellen!
- Die Erreichbarkeit von Innenstädten und Ortszentren durch den Motorisierten Individualverkehr (MIV), den Fahrradverkehr als auch den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) muss gewährleistet sein.
- Die Erreichbarkeit der Unternehmen durch Lieferverkehre muss gewährleistet sein.
- Ein ausreichendes und kostengünstiges Parkraumangebot in Zentrumsnähe ist erforderlich.
Forderung 8: Stärkung von Kooperationen durch aktives Stadt- und Citymarketing!
- Städte und Gemeinden müssen ihr eigenes Profil schärfen und den Standort durch ihre Aktivitäten interessant machen.
- Stadt- und Citymarketing leisten einen wesentlichen Beitrag zur Attraktivitätssteigerung, in dem möglichst viele unterschiedliche Akteure eingebunden werden und innovative Ideen und Konzepte entwickeln.
- Für ein erfolgreiches Stadt- und Citymarketing muss von kommunaler Seite eine angemessene Finanzausstattung bereitgestellt werden. Die lokale Wirtschaft ist in Entscheidungen über die Mittelvergabe einzubeziehen.
Die Vollversammlung der IHK Braunschweig hat am 27. November 2017 das Positionspapier „Unsere Forderungen für starke Zentren“ einstimmig beschlossen. Die IHK Braunschweig appelliert damit an alle, die Verantwortung für unsere Region tragen und sich in den Kommunen engagieren, diese Anregungen für zukünftige Planungen und Aktivitäten zu berücksichtigen. Das Positionspapier „Unsere Forderungen für starke Zentren“ bietet verschiedene Handlungsempfehlungen für Politik und Verwaltung.
Stand: 21.07.2025