Newsletter Recht - März 2022

I. Entwurf zum Vierten Corona-Steuerhilfegesetz

Am 16. Februar hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise beschlossen.
Danach sollen insbesondere bereits bestehende Maßnahmen verlängert werden, insbesondere die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung und die erweiterte Verlustrechnung. Ebenfalls verlängert werden sollen die steuerfreien Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld sowie die steuerlichen Investitionsfristen und Fristen zur Abgabe der Steuererklärung in beratenden Fällen.
Leistet der Arbeitgeber aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Regelungen an Arbeitnehmer in bestimmten Einrichtungen (insbesondere Krankenhäusern) Sonderzahlungen zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise, werden diese bis zu einem Betrag von 3.000 Euro steuerfrei gestellt und nach SGB II nicht angerechnet.
Zugunsten der Arbeitnehmer soll ferner die Homeoffice-Pauschale verlängert werden.

II. Aktuelle Corona-Rechtsprechung

Auch in den letzten Wochen gab es im Arbeitsrecht wieder einiges an Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Eine Übersicht mit den wichtigsten Themen finden Sie hier.

III. Vorläufige Anwendung des EU-Einheitspatents

Inzwischen haben ausreichend viele Mitgliedstaaten der EU das europäische Einheitspatent ratifiziert. In der Folge hat die EU-Kommission es für vorläufig anwendbar erklärt. Das EU-Einheitspatent zentralisiert das Patentrecht in Europa, indem die Durchsetzung der angemeldeten Patente in den teilnehmenden Mitgliedstaaten erleichtert wird. Darüber hinaus werden die Gebühren für die Verlängerung eines Patents von bisher ca. 29.000 Euro für 10 Jahre deutlich auf unter 5.000 Euro reduziert. Durch dieses neue europäische Einheitspatent möchte die EU-Kommission insbesondere kleine und mittlere Unternehmen unterstützen. Das Einheitspatent wichtiger Schritt, um Innovation und Wettbewerbsfähigkeit der EU in wichtigen strategischen Bereichen zu stärken und den ökologischen und digitalen Wandel in der EU zu unterstützen.

IV. Konsultation zum Recht auf Reparatur

Zur EU-Konsultation bezüglich der Sustainable Product Initiative (SPI) können bis zum 05.04.2022 Rückmeldungen gegeben werden. Hierbei sollen Reparatur und Wiederverwendung und damit die Nachhaltigkeit von Produkten gefördert werden. Die EU erwägt zum Erreichen dieser Ziele eine Vielzahl an Optionen, die von einer Einschränkung des Verbraucherwahlrechts bei der Mängelgewährleistung zwischen Reparatur und Neulieferung bis hin zu einer Pflicht für Hersteller oder Verkäufer, Waren auch nach Ablauf der Gewährleistung zu einem fairen Preis oder in einigen Fällen sogar kostenlos zu reparieren. Eine Rückmeldung ist bis zum 05.04.2022 möglich.

V. Bericht über Kriminalität im Bereich des geistigen Eigentums

Der neueste Bericht von Europol und EUIPO über die Bewertung der Bedrohungslage der Kriminalität im Bereich des geistigen Eigentums zeigt die weitere Zunahme von Fälschungen und Produktpiraterie während der Pandemie. Diese Straftaten schädigen den Ruf der legalen Hersteller, schaden der fairen Produktion und führen zu einer Wettbewerbsverzerrung auf dem gesamten Markt. Damit sind Auswirkungen für die EU-weite Wirtschaft, die Umwelt und die Gesundheit und Sicherheit der EU-Bürger verbunden.
So wurden 2019 gefälschte oder unerlaubt hergestellte Waren im Wert von 119 Mrd. Euro in die EU eingeführt, was einen Anteil von 5,8 % der Gesamteinfuhren in die EU darstellt. Dabei agieren die vermehrt professionell organisierten kriminellen Netzwerke auch unter Ausnutzung legaler Unternehmensstrukturen und nutzen nachweislich die digitale Welt für ihre Beschaffung und den Vertrieb an die Verbraucher über Online-Plattformen, soziale Medien und Sofortnachrichtendienste.
Ein „EU-Instrumentarium zur Bekämpfung von Produktfälschungen“ der EU-Kommission wird derzeit erstellt. Mit diesem sollen Grundsätze für Maßnahmen und der Zusammenarbeit der Beteiligten beim Kampf gegen Produktfälschungen geschaffen werden. Es sollen dabei insbesondere den Rechteinhabern, Mittlern wie Online-Plattformen und Zahlungsdienste sowie Behörden klar Aufgaben und Zuständigkeiten zugewiesen werden. Zu Neuigkeiten wird an dieser Stelle wieder informiert.

VI. Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung

Im Kontext der Erhöhung des Mindestlohns hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen neuen Referentenentwurf bezüglich der geringfügigen Beschäftigung (Minijobs) vorgelegt. Aufgrund des erhöhten Mindestlohns soll die Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro auf 520 Euro erhöht werden. Dabei soll die Geringfügigkeitsgrenze an den sich verändernden Mindestlohn gekoppelt werden, sodass sie immer bei dem Lohn für zehn wöchentlichen Stunden Arbeit zu Mindestlohnbedingungen liegt.
Darüber hinaus soll die Grenze des Übergangsbereichs des Midijobs von 1.300 Euro auf 1.600 Euro angehoben werden. In diesem Bereich zahlen die Beschäftigten verringerte Sozialversicherungsbeiträge. Zusätzlich soll der Arbeitgeberbeitrag in diesem Bereich erhöht werden. Dabei sollen Arbeitgeber im unteren Übergangsbereich 28 % und fließend sinkend am oberen Ende des Bereichs nur 19,975 % zahlen.
Der Referentenentwurf soll außerdem die bisherige Regelung zur Arbeitsaufzeichnungspflicht ändern. So soll die Arbeitszeit täglich am jeweiligen Tag aufgezeichnet und elektronisch gespeichert werden. Zuvor hatten die Arbeitgeber sieben Tage nach dem jeweiligen Arbeitstag hierzu Zeit.

VII. EU-Lieferkettengesetz in Planung

Darüber, dass zum 1. Januar 2023 das deutsche Lieferkettengesetz in Kraft treten soll, haben wir bereits berichtet. Die Europäische Kommission hat nunmehr einen Vorschlag für ein Lieferkettengesetz auf Unionsebene unterbreitet. Der dort vorgeschlagene Anwendungsbereich soll dabei weiter gefasst sein als der des nationalen Gesetzgebers.
Die Richtlinie soll bereits für
  • Unternehmen in der EU mit über 500 Beschäftigen und einem weltweiten Jahresumsatz von mindestens 150 Millionen Euro
  • bzw. in eingeschränktem Maße auch schon für Unternehmen in der EU mit über 250 Beschäftigen und einem weltweiten Jahresumsatz von mindestens 40 Millionen Euro, wovon 50% des Umsatzes auf Risikosektoren (Textil- und Lederproduktion, Land- und Forstwirtschaft, Fischerei sowie in der Mineralien- und Metallbranche und bei dem Handel mit Rohstoffen) beruhen muss,
  • Unternehmen aus Drittländern mit einem Euro Jahresumsatz in der EU von mindestens 150 Millionen Euro
  • Unternehmen aus Drittländern mit einem Jahresumsatz in der EU von mindestens 40 Millionen Euro, wovon 50% des Umsatzes auf Risikosektoren beruhen muss, Anwendung finden.
Kleine und mittelständische Unternehmen sollen nach dem Vorschlag nicht unmittelbar betroffen sein. Bei einer mittelbaren Betroffenheit sollen verschiedene Unterstützungsmaßnahmen eingerichtet werden.

VIII. Haftung wegen unvollständiger Rechtsformbezeichnung

Der BGH hatte zu entscheiden, ob der Vertreter einer UG (haftungsbeschränkt) persönlich haftet, wenn die Unternehmergesellschaft ohne den Zusatz „haftungsbeschränkt“ auftritt. Eine solche Vertrauenshaftung hat der BGH bejaht.
In seiner Begründung führt der BGH aus, dass der im Rechtsverkehr auftretende Vertreter einer haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft für den unrichtigen Rechtsschein haftet, sofern dieser durch das Weglassen des nach § 5a GmbHG zwingenden Zusatzes „haftungsbeschränkt“ erzeugt wurde. Dies gilt auch für eine unzulässige Abkürzung des Rechtsformzusatzes.
Hintergrund des Erfordernisses zum Führen des Zusatzes ist, dass eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) häufig mit einem geringen Stammkapital ausgestattet ist und auch nur mit diesem haftet. Ist für den Geschäftspartner also nicht ersichtlich, dass die Haftung auf das Stammkapital beschränkt ist, wird die Vertrauenshaftung des Vertreters der Gesellschaft begründet.
BGH, Urteil vom 13.01.2022. Az. III ZR 210/20

IX. Umfassende Schuld- und Kaufrechtsreform

Im Zuge der Warenkaufrichtlinie, der Digitale-Inhalte-Richtlinie und der Modernisierungsrichtlinie der EU wurden große Teile des deutschen Schuld- und Kaufrechts reformiert. Eine Vielzahl an Änderungen gibt es insbesondere im Bereich der Mängelgewährleistung. Es kommt unteranderem nunmehr immer auch auf objektive Mängel einer Sache an und nicht zuallererst auf die vertraglich vereinbarten Merkmale der Ware. Die Beweispflicht des Verkäufers, dass der Mangel nicht schon beim Vertragsschluss vorlag, wurde auf ein Jahr verlängert. Bei einer Ware mit „digitalen Elementen“ gilt die Gewährleistung auch für diese digitalen Elemente. Den Verkäufer treffen dabei Aktualisierungspflichten.
Für digitale Inhalte und Dienstleistungen existiert fortan ein eigener Vertragstyp, der verschiedenste Neuregelungen mit sich bringt. Gerade in diesem Bereich ist es wichtig, die AGB eines Unternehmens zu überarbeiten.
Auch müssen online abgeschlossene Verträge mit einem einfachen Klick auf einen Kündigungsbutton kündbar sein. Es treffen Online-Shops weitere neue Informationspflichten und an Widerrufsbelehrungen werden neue Anforderungen gestellt.
Erstmals wurden Ordnungswidrigkeiten bei Verbraucherschutzverstößen ins deutsche Recht eingefügt. Bei solchen Verstößen drohen möglicherweise empfindliche Bußgelder.
Eine Gegenüberstellung und Erläuterung wie anhand der neuen Regelungen vorzugehen ist, finden Sie in diesem Merkblatt.