Folgen für Gesellschaften englischen Rechts mit Verwaltungssitz in Deutschland

Eine Gesellschaftsgründung nach englischem Recht war für viele Jahre besonders attraktiv. Zwar sinkt die Anzahl englischer Kapitalgesellschaften (LLCs, PLCs und LLPs) mit einem Verwaltungssitz in Deutschland. Jedoch müssen sich Gesellschafter und Geschäftsführer derzeit noch existenter englischer Kapitalgesellschaften vor dem Hintergrund des bevorstehenden Brexit Gedanken über ihre Handlungsoptionen machen.
Nach dem Brexit werden diese Gesellschaften als Drittgesellschaften angesehen, denn die Rechtsprechung in Deutschland folgt nicht der europarechtlichen Gründungstheorie, die an den Ort der Gesellschaftsgründung anknüpft, sondern der sogenannten Sitztheorie. Nach der Sitztheorie bestimmt sich das Gesellschaftsstatut, also das Recht, nach dem die Gesellschaft „entsteht, lebt und vergeht“, nach dem Recht des Staates, in dem die Gesellschaft ihren Verwaltungssitz hat. Daher werden Gesellschaften, die zwar unter englischem Recht gegründet wurden, aber ihren Sitz in Deutschland haben, nach dem Brexit nicht mehr als solche in Deutschland anerkannt.
Die Konsequenz der Anwendung der Sitztheorie für englische Kapitalgesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland ist, dass für diese Gesellschaften spätestens zwei Jahre nach der Austrittserklärung des Vereinigten Königreichs aus der EU vom 29. März 2017 deutsches Recht gilt. Da das deutsche materielle Gesellschaftsrecht aber eine Gesellschaft dieses Typs nicht kennt, werden diese Gesellschaften als Personengesellschaften eingestuft werden. Im Fall von mehreren Gesellschaftern würde dann eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder eine offene Handelsgesellschaft (oHG) vorliegen und im Fall einer Einpersonengesellschaft deren Gesellschafter als Einzelperson oder, bei Vorliegen eines Handelsgewerbes, als Einzelkaufleute gemäß § 1 Absatz 1 und 2 HGB beurteilt werden.
Auch wenn damit weiterhin am Geschäfts- und Rechtsverkehr teilgenommen werden kann, verlieren diese Gesellschaften durch den Brexit ihre Anerkennung als Kapitalgesellschaft in Deutschland. Auch sind die Gesellschafter durch die ausländische Gesellschaftsform nicht mehr haftungsprivilegiert, sondern haften zukünftig persönlich und unbeschränkt für die Gesellschaftsverbindlichkeiten.
Es gibt verschiedene Optionen, diesen eher unerwünschten Folgen des Brexit zu entgehen. Dabei empfiehlt es sich, hier zeitnah selbst aktiv zu werden. Möglich wären beispielsweise folgende Optionen:
  • Umwandlung in eine deutsche GmbH, mit welcher die Gesellschafter wieder den Vorteil der Haftungsbeschränkung gemäß § 13 Absatz 2 GmbHG hätten, wobei zu beachten ist, dass in diesem Fall gemäß § 5 Absatz 1 GmbHG das Stammkapital der Gesellschaft mindestens 25.000,- Euro betragen muss.
  • Umwandlung in eine deutsche Unternehmergesellschaft (UG), für die gemäß § 5a GmbHG ein Stammkapital in Höhe von mindestens 1,- Euro erforderlich und die ebenfalls haftungsbeschränkt ist.
  • Umwandlung in eine irische Kapitalgesellschaft. Irland ist EU-Mitgliedsstaat und folgt der Gründungstheorie, so dass Briefkastengesellschaften in Irland nach irischem Recht möglich sind.
Wir halten Sie weiterhin über die aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden. Für weitere Informationen über das Thema „Folgen für Gesellschaften englischen Rechts mit Verwaltungssitz in Deutschland“ hinaus, bietet sich die Übersicht „Ausgewählte Rechtsfragen in Zeiten des Brexit“ und die Brexit-Checkliste des DIHK an.