Brexit: Und jetzt?

Kurz vor Ende der Übergansphase haben sich die EU und das Vereinigte Königreich noch auf ein Handels- und Kooperationsabkommen einigen können, welches seit dem 1. Januar vorläufig anwendbar ist. Doch was genau bedeutet das nun für Lieferungen oder Dienstleistungen ins UK? In unserer Brexit-Rubrik finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen. 
Achtung! Trotz des jüngst vereinbarten Handels- und Kooperationsabkommen (TCA) der EU mit dem Vereinigten Königreich (VK) gilt, dass seit dem 1. Januar 2021 eine Zollgrenze zwischen der EU-27 und dem VK besteht (ausgenommen Nordirland)!
Mit dem Ende der Übergangsphase ist der Warenverkehr wie mit jedem Drittland durchzuführen, d.h. für jede grenzüberschreitende Transaktion muss in der EU eine Zollanmeldung abgegeben werden, da eine Zollgrenze überschritten wird (ausgenommen Nordirland). Auswirkungen hat dies selbstverständlich auf Exporte, Importe, Transitverkehre und Waren, die sich in einem Zolllager befinden.

1. Aktueller Stand / Handelsabkommen

Am 24. Dezember 2020 haben sich die Unterhändler der EU und des VK auf ein umfassendes Handels- und Kooperationsabkommen (TCA) geeinigt.
Das Abkommen wird seit dem 1. Januar 2021 vorläufig angewendet, bis die für das Inkrafttreten erforderlichen Verfahren (förmliche Ratifizierung mit dem Ziel eines regulären Inkrafttretens) abgeschlossen sind.
Mit der Beendigung der Übergangsphase zum 31. Dezember 2020 ist das Vereinigte Königreich (VK) trotz des Abkommens nicht mehr Teil der EU-Zollunion und des EU-Binnenmarktes. Es sind also neue Grenzen in Europa entstanden. Daran ändert auch das Abkommen nichts.
Folgende Aspekte des Abkommens gelten bereits vorläufig:
  • Im Abkommen finden sich insbesondere Regelungen zu Warenverkehr und Produktstandards. Bezüglich des Warenverkehrs ist das Vereinigte Königreich (VK) seit dem 1. Januar 2021 kein Teil der EU-Zollunion und des EU-Binnenmarkts mehr.
    Auf Unternehmen mit Warenverkehr nach und vom VK kommen daher trotz des Abkommens erhebliche administrative Belastungen zu, allein durch die erforderliche Zollabwicklung (u.a. Zollanmeldungen) und vom EU-Binnenmarkt abweichende rechtliche Regeln. Eine Ausnahme besteht für Nordirland: Hier sind keine Zollanmeldungen erforderlich.
    Das Abkommen eröffnet jedoch die Möglichkeit, dass der Warenverkehr zwischen der EU und VK in den meisten Fällen nicht zusätzlich durch Zölle belastet wird. Denn: Der Zollsatz für Waren mit präferenziellem Ursprung EU beziehungsweise United Kingdom (GB) liegt bei null. Das ist eine gute Nachricht für alle Importeure und Exporteure, hätten die Zölle ohne Handelsabkommen doch bis zu 14 Prozent des Warenwertes betragen können.
    Wichtig jedoch: Falls der Ursprung nicht nachgewiesen werden kann oder es sich um Ursprungswaren anderer Länder handelt, fällt trotz des Abkommens Zoll an!
  • Mit Blick auf rechtliche Standards gilt: Damit britische Firmen gegenüber EU-Firmen keinen unfairen Vorteil auf dem EU-Markt haben, müssen sie weiterhin ähnliche Vorgaben unter anderem bei Umweltschutz und Arbeitsrechten einhalten. Die künftigen Standards sollen nicht unter jene sinken, die derzeit gelten. Sollte eine der beiden Seiten ihre Standards so ändern, dass sie daraus einen unfairen Vorteil ziehen kann, soll das Gleichgewicht mithilfe einer Schiedslösung wiederhergestellt werden. In der Praxis bedeutet dies, dass sich im Hinblick auf Verbraucherschutz, Arbeitsschutz- und Umweltstandards zunächst einmal nichts ändern wird. Sollte die EU hier jedoch in Zukunft die Standards verschärfen, ist das Vereinigte Königreich nicht gezwungen, das Schutzniveau gleichermaßen anzuheben.
  • Mit Blick auf Entsendungen bringt das neue Abkommen nicht die erhoffte Klarheit. Mit dem 1. Januar 2021 endet grundsätzlich die Dienstleistungsfreiheit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. Das Abkommen vom 24. Dezember 2020 enthält keine Regelungen zum Entsenderecht. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer bei einer Entsendung grundsätzlich nicht davon ausgehen darf, dass das deutsche Sozialversicherungsrecht ins Vereinigte Königreich ausstrahlt – der Arbeitnehmer ist nicht automatisch dort sozialversichert. Es wurde jedoch vereinbart, hier bald eine Regelung zu treffen. Immerhin wurde bereits klargestellt, dass im Notfall vom Krankenversicherungsschutz im Heimatland Gebrauch gemacht werden kann. Was das Einreiserecht betrifft, wurde bereits geregelt, dass für Dienstreisen bis 90 Tage kein gesondertes Einreisevisum beantragt werden muss. Für längere Einreisen und ein dauerhaftes Leben und Arbeiten im Vereinigten Königreich werden jedoch neue Vorschriften gelten: In einem punktebasierten System wird anhand von Faktoren wie die Höhe des Einkommens und Branche über die Arbeits- und Niederlassungserlaubnis entschieden.
  • Beihilferecht: Ab dem 1. Januar 2021 wird ein allgemeiner Rechtsschutz im Beihilferecht eingeführt. Unternehmen im jeweiligen Land, die sich von Konkurrenz auf der anderen Seite mit Subventionen und Beihilfen konkret übervorteilt sehen, können nun hiergegen klagen. Die EU hat sich insofern durchgesetzt, als das Vereinigte Königreich eine eigene Aufsichtsbehörde zur Regulierung von Subventionen gründet.
  • Produktzertifizierungen: Entgegen dem britischen Wunsch enthält das Abkommen keine gegenseitige Zertifizierung der Warenstandards. Somit könnte eine britische Prüfanstalt ein Produkt nur für das Vereinigte Königreich zulassen, nicht aber für den Verkauf im EU-Gebiet. Der Hersteller müsste von EU-Institutionen eine zweite Zulassung einholen. Auch werden die gegenseitigen Standards für Tierprodukte nicht automatisch anerkannt, was vor allem beim Import in die EU den Kontrollaufwand erhöht. Bereits vorher klargestellt wurde, dass ab dem 1. Januar 2021 das neue UKCA-Label gilt, welches das bisherige CE-Kennzeichen ersetzen soll. Rechtmäßig mit einer CE-Kennzeichnung versehene Produkte dürfen in Großbritannien weiterhin für einen begrenzten Zeitraum bis 31. Dezember 2021 in Verkehr gebracht werden, sofern EU- und GB-Anforderungen übereinstimmen. Für die Marktzulassung in Großbritannien wird ab 1. Januar 2022 dann jedoch nur noch das UKCA-Label akzeptiert.
  • Berufsanerkennungsregelungen: Im Abkommen finden sich keine Regelungen zur gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifikationen. Ärzte, Ingenieure oder Architekten und andere Berufsgruppen mit einer entsprechenden Zulassung dürfen ihren Beruf nicht mehr automatisch im Vereinigten Königreich bzw. in der EU ausüben. Ihre Qualifikation muss gesondert beantragt und bestätigt werden. Zwar gibt es Ausnahmen für Geschäftsreisen und befristete Entsendungen. Doch eine automatische Anerkennung gibt es grundsätzlich nicht mehr. Grundsätzlich haben sich das Vereinigte Königreich und die EU jedoch verständigt, hier einen Anerkennungsmechanismus einzuführen.
Das Vereinigte Königreich ist schon seit Februar 2020 nicht mehr Mitglied der Europäischen Union. Ab Januar 2021 ist auch der Austritt aus dem EU-Binnenmarkt und der EU-Zollunion vollzogen.

2. Wie funktionieren Ausfuhren aus der EU in Richtung VK ab 2021?

Ab 1. Januar 2021 muss eine Zollabfertigung durchgeführt werden. Diese richtet sich in der EU nach den üblichen zollrechtlichen Vorschriften für Drittländer. Das bedeutet für den Export in das VK:
  1. Zollanmeldung im ATLAS-System. Eine EORI-Nummer muss vorhanden sein.
  2. Bestehende Verfahrenserleichterungen können auch für das VK genutzt werden.
  3. Die Zollanmeldung (MRN/ABD) wird an der Außengrenze, beispielsweise entlang des Ärmelkanals in Frankreich (Eurotunnel/smart border) / Belgien / Niederlande gescannt. Der LKW verlässt die EU.
  4. Zollrechtliche Versandverfahren (T1/T2/NCTS) können zusätzlich genutzt werden. Das wird durch die Spedition erfolgen.
Sonderfall Nordirland: Ausgenommen davon ist lediglich der Warenverkehr zwischen der EU und Nordirland. Hier sind keine Zollanmeldungen erforderlich. Für Nordirland sind weiterhin Intrastatmeldungen erforderlich, der entsprechende Ländercode lautet XI.

3. Wie funktioniert die Einfuhr in das VK?

  1. Britische Importeure müssen für eine Verzollung über eine “UK-EORI-Nummer” verfügen oder sich (indirekt) von einem im VK ansässigen Zollagenten (List of customs agents and fast parcel operators) vertreten lassen. Europäische Exporteure sollten – wie auch im sonstigen Drittlandshandel gängig – nicht die Einfuhrverzollung im Drittland (VK) übernehmen, da die administrativen Voraussetzungen (Ansässigkeit im VK) regelmäßig nicht erfüllt sind.
    Die zollrechtlichen Einfuhrabwicklung im Drittland (VK) wird für einen EU-Exporteure üblicherweise nur dann relevant, wenn dieser vertraglich für die Einfuhrabfertigung im VK zuständig ist (Incoterm DDP, Konsignationslager,...). Dies sollte wenn möglich unbedingt vermieden werden, soweit man nicht im VK (steuer- und zollrechtlich = Ansässigkeit) registriert ist.
    Soweit sich DDP bzw. die damit verbundene Einfuhrabwicklung durch den EU-Exporteur im VK nicht vermeiden lässt, kann ggf. ein britischer Zolldeklarant helfen: List of customs agents and fast parcel operators.
  2. Die Zollabfertigung wird im VK 2021 schrittweise eingeführt. Für die meisten Waren gelten die vollen Regularien erst zum 1. Juli 2021. Bis dahin müssen die Einfuhren zunächst lediglich im Unternehmen erfasst werden. Kontrollierte Waren (u.a. verbrauchsteuerpflichtige Waren wie Alkohol, Tabak sowie Gefahrgut) müssen ab 1. Januar 2021 vollständig und sofort per Zollanmeldung gemeldet werden, für lebende Tiere und Erzeugnisse daraus gilt dies zum 1. April 2021. Einzelheiten der Zollabfertigung sind umfassend und verständlich im Border Operating Model hinterlegt. Weitere Informationen auf der Brexit-Website der britischen Regierung.
  3. VK hat einen eigenen UK-Zolltarif veröffentlicht. Die Zollstruktur gleicht weitgehend dem EU -Tarif, allerdings sind einige Zollsätze auf volle Prozentzahlen abgerundet, niedrige Zölle unter zwei Prozent entfallen ganz. Aufgrund des Abkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich entfallen Zölle auf Waren mit präferenziellem Ursprung EU bzw. VK vollständig. Details zu den Ursprungsregeln und -nachweisen finden Sie unter Punkt 14.
  4. VK verwendet bei der Einfuhr mindestens bis Juli 2021 grundsätzlich dieselben zehnstelligen Warennummern wie die EU (TARIC) – so ist zumindest der Plan.
  5. Die britische Einfuhrumsatzsteuer wird separat vom Finanzamt erhoben und kann direkt verrechnet werden. Voraussetzung: Eigentumsübergang erfolgt. Besonderheiten sind insbesondere im E-Commerce bei Kleinsendungen zu beachten – auch für europäische Versandhändler im B2C (siehe Punkt 7).
Sonderfall Nordirland: Ausgenommen davon ist lediglich der Warenverkehr zwischen der EU und Nordirland. Hier sind keine Zollanmeldung erforderlich. Für Nordirland sind weiterhin Intrastatmeldungen erforderlich, der entsprechende Ländercode lautet XI.

4. Kann ich mit meiner EORI-Nummer aus der EU noch nach Ablauf der Übergangsfrist im VK abfertigen?

Nein. Dafür ist eine Registrierung im VK und eine “UK-EORI-Nummer” erforderlich. Unternehmen müssen eine “UK-EORI-Nummer” unter www.gov.uk/eori beantragen. Dafür benötigen Firmen ihre britische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und das Datum des Inkrafttretens der Registrierung (falls das Unternehmen für Mehrwertsteuer registriert ist) - diese befinden sich auf dem britischen Umsatzsteuer-Registrierungszertifikat. Generell verlieren alle Registrierungen und Genehmigungen wechselseitig im VK und der EU27 ihre Gültigkeit.
Als nicht im VK registriertes deutsches Unternehmen ist eine Zollanmeldung im VK üblicherweise nicht möglich – oder mit erheblichem Aufwand verbunden. DDP-Lieferungen sollten soweit wie möglich vermieden werden.
Die britische Regierung hat eine Liste britischer Zollagenten (List of customs agents and fast parcel operators) veröffentlicht.

Sonderfall Nordirland: Ausgenommen davon ist lediglich der Warenverkehr zwischen der EU und Nordirland. Hier sind keine Zollanmeldung erforderlich. Für Nordirland sind weiterhin Intrastatmeldungen erforderlich, der entsprechende Ländercode lautet XI.

5. Was gilt für Lieferungen aus der EU/Deutschland nach Nordirland und zurück?

Hier ändert sich nichts, es bleiben zumindest bis 2024 innergemeinschaftliche Lieferungen. Für Intrastatmeldungen mit Nordirlandbezug gilt der Code XI. Auch für die Exportkotrolle wird Nordirland weiter als EU-Gebiet behandelt.

6. Was gilt für Lieferungen nach Irland über Großbritannien?

Lieferungen mit dem Ziel Irland, die lediglich über das Gebiet Großbritanniens transportiert werden, sind weiterhin innergemeinschaftliche Lieferungen. Die Abwicklung entspricht einer Lieferung beispielsweise zwischen Deutschland und Italien, die durch die Schweiz führt. Hier wird das gemeinsame Versandverfahren für Unionswaren (T2) angewendet, dieses wird durch den Transporteur abgewickelt.

7. Was gilt bei der Einfuhr von Kleinsendungen?

In der EU gilt noch bis 1. Juli 2021, dass Kleinsendungen bis zu einem Warenwert von 22 Euro nicht angemeldet werden müssen. Für Sendungen unter 1000 Euro gelten reduzierte Anforderungen bzw. Datensätze. Ab Juli 2021 müssen auch Sendungen unter 22 Euro angemeldet werden!
Im VK gilt eine erleichterte Abfertigung für Waren bis 135 Pfund. Bei Lieferungen an Unternehmen (B2B) führt das einführende Unternehmen die Umsatzsteuer ab bzw. verrechnet diese. Bei Lieferungen an Privatpersonen (B2C) muss der ausländische Versender steuerlich in GB registriert sein! Weitere Details finden Sie im Merkblatt der AHK Großbritannien sowie im Border Operating Model und auf gov.uk.
Bei Kleinsendungen im B2C-Geschäft kommt es darauf an, ob der Verkauf durch einen Onlinemarktplatz unterstützt wird.
Die Frage der Steuerschuldnerschaft richtet sich danach, ob die Lieferung durch einen OMP unterstützt wird.
  • Ohne OMP Beteiligung wird die Lieferung dem Händler als Steuerschuldner zugeordnet, sodass eine britische Umsatzsteuerregistrierung zwingend  notwendig wird.  Der  Händler  muss  sicherstellen,  dass  eine  Kopie  der  Umsatzsteuerrechnung den Waren beigefügt ist oder von einem Zollagenten elektronisch hochgeladen wird.
  • Mit OMP Beteiligung gilt der OMP aus umsatzsteuerlicher Sicht als Lieferer und somit als Steuerschuldner. In dieser Konstellation ist eine britische Umsatzsteuerregistrierung des Händlers nicht notwendig.
Sonderfall Nordirland: Ausgenommen davon ist lediglich der Warenverkehr zwischen der EU und Nordirland. Hier sind keine Zollanmeldung erforderlich.Für Nordirland sind weiterhin Intrastatmeldungen erforderlich, der entsprechende Ländercode lautet XI.

8. Wie wird der Import aus dem VK in der EU ablaufen?

Im VK muss zunächst ab 1. Januar 2021 eine Ausfuhranmeldung erstellt werden. Die Zollabfertigung zum freien Verkehr in der EU wird voraussichtlich meist in Frankreich, Belgien oder den Niederlanden und nicht in Deutschland stattfinden.
Zollrechtlich gelten überall dieselben Regelungen, problematisch ist die Einfuhrumsatzsteuer. Um in diesen Fällen zu vermeiden, dass ausländische Einfuhrumsatzsteuer anfällt, die in Deutschland nicht verrechnet werden kann, wird wohl häufig das so genannte Verfahren 42 Anwendung finden. Dabei wird die Ware zum zollrechtlichen Verkehr angemeldet und durch einen Fiskalvertreter in diesem Staat in eine innergemeinschaftliche Lieferung umgewandelt. So entsteht keine Einfuhrumsatzsteuer.
Alternativ kommt die Eröffnung eines zollrechtlichen Versandverfahrens für Nicht-Unionswaren (T1) in Frage. Dieses kann im VK eröffnet werden und beispielsweise in Deutschland enden. Für Waren mit präferenziellem Ursprung VK mit entsprechendem Nachweis entfällt der Zoll vollständig (siehe Punkt 14).
Generell sollten Unternehmen prüfen, ob bestehende Aufschubkonten für Eingangsabgaben ausreichen und ob die Bestimmung des Zollwerts hinreichend klar ist. Falls bislang keine Erfahrungen mit Importen bestehen, sollte eine Abstimmung mit Dienstleistern (Spediteuren bzw. Zollagenturen / Zolldeklaranten) erfolgen. Die Haftung bleibt allerdings beim Importeur.

9. Wer ist verpflichtet, die Zollabfertigung in der EU und in GB durchzuführen?

Das hängt davon ab, was Lieferant und Kunde miteinander vereinbart haben. Häufig wird diese Frage über die INCOTERMS vertraglich geregelt. Im Normalfall regelt der Exporteur die Ausfuhr und der Importeur die Einfuhr. Durch exzessive Klauselwahl kann sich das aber ändern. Im Fall einer DDP-Lieferung in das VK (ausgenommen Nordirland) müsste der EU-Lieferant die Einfuhrverzollung im VK übernehmen – also über eine “UK-EORI-Nummer” verfügen oder sich alternativ dort indirekt vertreten lassen. Ähnlich kritisch sind Vereinbarungen wie „frei Haus” aber auch “ab Werk” bzw. “EXW”, soweit diese tatsächlich wörtlich umgesetzt werden. Weitere Informationen erhalten sie unter Punkt 3. Vor dem Brexit geschlossene Verträge gelten weiter.

10. Was passiert mit Dual-Use-Gütern / Exportkontrolle?

Nach der Übergangsfrist ist die Lieferung von Dual-Use-Gütern in das VK ausfuhrgenehmigungspflichtig (im Binnenmarkt ist dies zuvor nur selten der Fall).
Das VK wird in die Allgemeinen Genehmigung EU001 der EU aufgenommen. Damit müssten in den meisten Fällen keine Einzelgenehmigungen beantragt werden, die Lieferungen könnten unter Inanspruchnahme der Rahmenbedingungen der AGG erfolgen. Für Nordirland ändert sich nichts. Weitere Informationen finden Sie auf der BAFA-Website zum Brexit.

Weitere Informationen zur Exportkontrolle im Warenverkehr mit dem VK finden Sie auf der BAFA-Website zum Brexit.

11. Welche Zölle werden anfallen?

Das Freihandelsabkommen garantiert Zollfreiheit für präferenzielle Ursprungswaren der Abkommenspartner beim direkten Warenverkehr zwischen dem VK und der EU.
Liegt kein präferenzieller Ursprung auf Basis des Abkommens EU-VK vor oder kann dieser nicht nachgewiesen werden, fallen beim Import in die EU die normalen EU-Zollsätze (Drittlandszollsatz) an. Diese können beispielsweise unter EZT-Online recherchiert werden. Beim Import in das VK findet der UK-Zolltarif Anwendung, der seit dem 1. Januar 2021 gilt. Weitere Informationen finden Sie unter Punkt 14.

12. Wie erfolgt die Abfertigung für Waren, die aus dem VK in die EU zurückgeholt werden?

In solchen Fällen kann die Ware normalerweise abgabenfrei als Rückware abgefertigt werden. Voraussetzung dafür ist der Nachweis, dass die Ware zuvor aus der EU exportiert worden ist. Da der Nachweis bei Lieferungen vor dem 1. Januar 2021 nicht über Ausfuhrnachweise möglich ist, weil es diese nicht gibt,  können Lieferscheine oder ähnliche Unterlagen als Beleg dienen, dass der Transport in das VK innerhalb von drei Jahren vor der Wiedereinfuhr in die EU stattgefunden hat. Einzelheiten sind in der ATLAS-Info 1855/19 enthalten.
Sonderfall Nordirland: Da im Warenverkehr EU-Nordirland keine Zollanmeldungen notwendig sind, sollten Rückwaren problemlos ohne Zollformalitäten abgewickelt werden können.

13. Welche Auswirkungen hat das Abkommen auf (Langzeit-)Lieferantenerklärungen mit Präferenzursprungseigenschaft (LE / LLE)?

  • Kann ich weiterhin Lieferantenerklärungen mit Präferenzursprung (LE/LLE) für meinen Kunden im VK ausstellen oder von meinem Lieferanten im VK beziehen?
    Nein, (Langzeit-)Lieferantenerklärungen mit Präferenzursprungseigenschaft (LE / LLE) können üblicherweise nur innerhalb der EU ausgestellt werden. Das EU-VK Abkommen sieht als Ursprungsnachweis eine “Erklärungen zum Ursprung (EzU)” vor (siehe Punkt 14). Weiterhin ist die sogenannte volle Kumulation möglich, dafür gibt es Lieferantenerklärungen ohne Präferenzursprungseigenschaft. Dies ist aber ein Sonderfall und regelmäßig nicht praxisrelevant.
  • Kann das VK als präferenzberechtigtes Land in einer (Langzeit-)Lieferantenerklärungen mit Präferenzursprungseigenschaft (LE / LLE) angegeben werden?
    Das Abkommen wurde im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Daher können EU-Unternehmen seit dem 1. Januar 2021 das Vereinigte Königreich in die Lieferantenerklärung als präferenzberechtigtes Land aufnehmen (unter „ ...und den Ursprungsregeln für den Präferenzverkehr mit … entsprechen.”). Das VK wird in der Lieferantenerklärung benannt mit “Vereinigtes Königreich (GB)”. Voraussetzung ist, dass die Waren die präferenziellen Ursprungsregeln des Abkommens (siehe Punkt 14) erfüllen oder, dass für Handelsware eine LE/LLE des Vorlieferanten vorliegt, auf der das Vereinigte Königreich genannt ist. LEs/LLEs können nachgereicht werden (siehe Punkt 14, Übergangsregelung).
  • Behält Bestandsware (geliefert von VK-Lieferanten vor dem 1. Januar 2021) aus dem VK bzw. Bestandsware mit erheblichen VK-Anteil ihre Präferenzursprungseigenschaft im Handel innerhalb der EU27 bzw. im Handel der EU27 mit sonstigen Drittländern (außer VK)?
    Laut EU-Kommission und Zollverwaltung bleibt es dabei: Mit der Beendigung der Übergangphase zum 31. Dezember 2020 gelten seit dem 1. Januar 2021 Vorleistungen, die im VK erbracht wurden (Erzeugnisse, Vormaterialien oder jeder Be- oder Verarbeitungsvorgang) für die Bestimmung des präferenziellen Ursprungs einer Ware seit dem 1. Januar 2021 als "nicht Ursprungserzeugnis/-komponente". Durch das Abkommen ändert sich hieran nichts - außer im direkten Warenverkehr EU/UK.

14. Ist der Warenverkehr mit dem VK durch das Handelsabkommen zollfrei? Welche präferenzrechtlichen Aspekte sind zu beachten? Können präferenzielle Ursprungserklärungen abgegeben werden?

Zollfreiheit für Ursprungswaren

Am 1. Januar 2021 ist das Handels- und Kooperationsabkommen (TCA) EU mit dem VK vorläufig in Kraft getreten. Durch das Abkommen werden seit dem 1. Januar 2021 für präferenzielle Ursprungserzeugnisse der Vertragspartner Zölle und mengenmäßige Beschränkungen beseitigt. Ware aus anderen Ländern, die als Handelsware ausgetauscht wird, unterliegt aber dem jeweiligen Zollsatz des Importlandes unabhängig davon ob sie in der EU-27 bzw. im Vereinigten Königreich bereits einmal “verzollt“ wurde.
Anders als bei bisherigen Abkommen findet kein stufenweiser Abbau der Zölle statt. Die Handelspartner haben sich statt dessen auf eine sofortige und vollständige Zollfreiheit für Präferenzwaren (Artikel GOODS.5: Verbot von Zöllen) geeinigt. Das heißt: der Zollsatz für Waren mit präferenziellem Ursprung EU bzw. VK liegt ab dem 1. Januar 2021 bei null. Voraussetzung ist, dass die präferenziellen Ursprungsregeln des Abkommens eingehalten werden.
Tipp: Prüfen Sie im britischen Zolltarif mit Hilfe der Warennummer, ob im VK überhaupt Zoll anfällt. Wenn nicht, ist auch kein präferenzieller Ursprungsnachweis erforderlich.

Ursprungsregeln

Die Ursprungssystematik und -regeln folgen den bisheriger EU-Freihandelsabkommen. Voraussetzung zur Gewährung der Zollfreiheit ist, dass die Ware entweder vollständig im Wirtschaftsraum der EU oder des VK gewonnen oder hergestellt wurde oder die produktspezifischen Ursprungsregeln erfüllt. Diese sind häufig der Positionswechsel (Change of Tariff Heading CTH) oder/und Wertschöpfungsregeln (häufig 50 Prozent). Die produktspezifischen Ursprungsregeln finden Sie im Abkommen unter ANHANG ORIG-1 (ab S. 480) und ANHANG ORIG-2 (ab S. 489). Die Ursprungsregelungen orientieren sich inhaltlich stark am Abkommen der EU mit Japan, sie sind insgesamt recht großzügig. Für bestimmte Fischprodukte und Aluminiumwaren [ANHANG ORIG-2A] sowie für elektrische Speicher (Batterien) und Elektrofahrzeuge [ANHANG ORIG-2B] sind alternative Listenregeln möglich.
Beachten Sie bitte, dass in diesem Handelsabkommen lediglich Vormaterialien mit einem nachgewiesenen präferenziellen Ursprung der EU bzw. des Vereinigten Königreichs Vormaterialien mit präferenzieller Ursprungseigenschaft (VmU) sind! Eine multilaterale Kumulierung ist nicht vorgesehen.
Nur wenn die Ursprungsregeln des Abkommens eingehalten werden, dürfen präferenzielle Ursprungsnachweise (EzU, Lieferantenerklärungen innerhalb der EU27) ausgestellt werden. Nur für präferenzielle Ursprungswaren der EU und des VK gilt die grundsätzliche Zollfreiheit (0 Prozent Zoll) des Abkommen. Zollanmeldungen sind trotz Zollfreiheit grundsätzlich notwendig!
Bei Fragen hilft Ihnen Ihr IHK-Ansprechpartner.
Sonstige Spezifika
  • Allgemeine Toleranz [Art. ORIG.6]: 10 % Werttoleranz (mit folgenden Einschränkungen: Nicht auf Waren der Kapitel 50 bis 63 des HS (Spinnstoffe und Waren daraus) anwendbar. Bei den Kapiteln 2 und 4 bis 24 ist vorgesehen 15 % Gewichtstoleranz (ausgenommen verarbeitete Fischereierzeugnisse des Kapitels 16).
  • Kumulierung [Art. ORIG.4]: Das Abkommen sieht neben einer eingeschränkten bilateralen Kumulierung (für Vormaterialien mit Ursprung in der jeweils anderen Vertragspartei) auch eine vollständige bilaterale Kumulierung (für Vormaterialien, die in der jeweils anderen Vertragspartei be- oder verarbeitet wurden, ohne dabei den Ursprung zu erlangen) vor. Eine diagonale bzw. multilaterale Kumulierung ist nicht vorgesehen.
  • Drawback-Verbot [Art. ORIG.17]: Zunächst für die ersten 2 Jahre ab Inkrafttreten nicht vorgesehen.
  • Buchmäßige Trennung [Art. ORIG.14]: Buchmäßige Trennung möglich, und zwar nicht nur für austauschbare (gleichartige) Vormaterialien, sondern auch für austauschbare (gleichartige) Handelswaren der Kapitel 10, 15, 27, 28, 29, Position 32.01-32.07, Position 39.01-39.14. Hinweis: Bewilligungsvorbehalt in der EU über UZK.
  • Erstmals gewogener Durchschnittswert bei der Bewertung von Vormaterialien ohne Ursprung (VoU) - alternativ zur bekannten Methodik der Bewertung zum Zollwert / Einkaufspreis bzw. Worst case-Methode – möglich [ANHANG ORIG-1, Bemerkung 4]: „[...]der Wert der bei der Herstellung des Erzeugnisses verwendeten Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft kann nach den in der Vertragspartei allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätzen auf der Grundlage der Formel des gewogenen Durchschnittswerts oder einer anderen Methode zur Bewertung des Bestands berechnet werden.“

Ursprungsnachweis

Kein formeller Ursprungsnachweis (zum Beispiel EUR.1) vorgesehen: Wie bei allen jüngeren Freihandelsabkommen gilt als einzig möglicher Präferenznachweis die Erklärung zum Ursprung (EzU) auf einem Handelspapier. Diese folgt dem bekannten Wortlaut der präferenziellen Ursprungserklärung aus anderen EU-Handelsabkommen mit der Besonderheit der optionalen Angabe einer Geltungsdauer (maximal 12 Monate) für Mehrfachsendungen identischer Ursprungszeugnisse (wird selten genutzt).
  • Ursprungsnachweis: Erklärung zum Ursprung (EzU) ausgestellt in der EU
    Bis zu einem (statistischen) Warenwert der Ursprungserzeugnisse von 6.000 Euro in der Rechnung kann die “Erklärung zum Ursprung (EzU)” von jedermann erstellt werden. Ab einem (statistischen) Warenwert von 6.000 Euro dürfen nur Registrierte Ausführer (REX) eine Ursprungserklärung abgeben (Beantragung der REX-Nummer über Formular 0442 bei dem für den Exporteur zuständigen Hauptzollamt). Die REX-Nummer ist anzugeben. Der Ermächtigte Ausführer (EA) gilt nicht. Eine Unterschrift ist nicht notwendig. Die Erklärung zum Ursprung ist entsprechend den jeweiligen Fußnoten zu erstellen. Die Fußnoten müssen nicht wiedergegeben werden.
    Den Wortlaut der Erklärung zum Ursprung (EzU) finden Sie im Abkommen unter ANAHNG ORIG-4. Der englische Wortlaut ist nachstehend wiedergegeben.
(Period: from___________ to __________ (1))
The exporter of the products covered by this document (No ... (2)) declares that, except where otherwise clearly indicated, these products are of ... (3) preferential origin.
…………………………………………………………….............................................(4)
(Place and date)
…………………………………………………………….............................................
(Name of the exporter)
  1. If the statement on origin is completed for multiple shipments of identical originating products within the meaning of point (b) of Article ORIG.19(4) [Statement on Origin] of this Agreement, indicate the period for which the statement on origin is to apply. That period shall not exceed 12 months. All importations of the product must occur within the period indicated. If a period is not applicable, the field may be left blank.
  2. Indicate the reference number by which the exporter is identified. For the Union exporter, this will be the number assigned in accordance with the laws and regulations of the Union. For the United Kingdom exporter, this will be the number assigned in accordance with the laws and regulations applicable within the United Kingdom. Where the exporter has not been assigned a number, this field may be left blank.
  3. Indicate the origin of the product: the United Kingdom or the Union.
  4. Place and date may be omitted if the information is contained on the document itself.
  • Ursprungsnachweise ausgestellt im Vereinigten Königreich
    Die zuvor erläuterte Erklärung zum Ursprung (EzU) muss wertunabhängig die “UK-EORI-Nummer” des Ausstellers enthalten. Bei der Einfuhr in die EU sind folgende Unterlagencodierungen in der Zollanmdelung anzugeben:
    • U116 Erklärung zum Ursprung
    • U118 Erklärung zum Ursprung für Mehrfachsendungen identischer Ursprungserzeugnisse
    • U117 Gewissheit des Einführers
  • Gewissheit des Einführers
    Alternativ zur EzU kann eine Präferenzgewährung auch auf Grundlage der „Gewissheit des Einführers“ gewährt werden. Die Gewissheit des Einführers, dass ein Erzeugnis ein Ursprungserzeugnis der Ausfuhrvertragspartei ist, gründet auf Informationen, die belegen, dass das Erzeugnis die Ursprungseigenschaft besitzt. Bisher nur aus dem Abkommen mit Japan bekannt. Die Zollverwaltung weist im Rahmen des Abkommens mit Japan darauf hin, dass dies üblicherweise nur bei Verbundenheit und einem (elektronischen) Zugriff auf die erforderlichen Daten gewährleistet ist.
  • Übergangsregelungen: Erklärung zum Ursprung ohne vorliegende Lieferantenerklärungen mit Präferenzursprungseigenschaft
    Normalerweise sind für die Feststellung des präferenziellen Ursprungs Lieferantenerklärungen für Vormaterialien oder Handelswaren erforderlich. Erst wenn diese vorliegen, darf üblicherweise eine Erklärung zum Ursprung ausgefertigt werden. Wegen der kurzen Frist gilt für das Abkommen EU-VK eine Ausnahme: Erklärungen zum Ursprung dürfen auch ohne vorliegende Lieferantenerklärungen für Waren mit Präferenzursprungseigenschaft ausgestellt werden. Voraussetzung ist, dass die fehlenden Lieferantenerklärungen beim Exporteur bis spätestens 1. Januar 2022 eingehen. Inhaltlich wird der Exporteur das Risiko meist eingehen können, wenn für die Vormaterialien oder Handelswaren bereits in der Vergangenheit eine Lieferantenerklärung mit Ursprung Europäische Union abgegeben worden ist. Die Ausnahme wurde im Amtsblatt der EU veröffentlicht.

Nachträgliche Präferenzgewährung

Eine Präferenzgewährung kann bei der Einfuhr auch nachträglich beantragt werden. Das Abkommen [Art. ORIG.18] sieht vor, dass der “Antrag auf Zollpräferenzbehandlung spätestens drei Jahre nach dem Tag der Einfuhr” zu stellen ist, falls keine anderslautenden nationalen Vorgaben bestehen. Bei Einfuhren in die EU wird voraussichtlich Art. 92 Abs. 2 UZK-IA Anwendung finden: Hier gilt eine Frist von maximal zwei Jahren nach dem Tag der Einfuhr.

15. Guidance-Papiere zur Umsetzung der Ursprungsregeln des Handelsabkommens zwischen EU und VK veröffentlicht

Seit dem vorläufigen Inkrafttreten hat die EU-Kommission aktiv mit den Mitgliedsstaaten und den europäischen Wirtschaftsverbänden zusammengearbeitet und nun eine Reihe von Leitfäden (Guidances) verfasst. Diese Leitfäden sollen Unternehmen bei der Auslegung der neuen Ursprungsregeln und bei der Anpassung ihrer Zollprozesse im Warenverkehr mit dem VK unterstützen.
Die Leitfäden sollen nach Aussage der EU fortlaufend aktualisiert werden. Die Dokumente finden Sie hier

16. Gibt es für britische Ursprungswaren Änderungen im Ursprungszeugnis?

Ursprungsangabe
Das VK ist kein Mitglied der EU mehr. Daher lautet auf Ursprungszeugnissen die Ursprungsangabe für VK-Ursprungsware „Vereinigtes Königreich” oder „United Kingdom” bzw. der zum Vereinigten Königreich zugehörige Aspha-Code “GB” ohne den Zusatz „Europäische Union”. Hilfsweise kann die Bezeichnung “Großbritannien” verwendet werden, allerdings fehlt dann ein Teil des Vereinigten Königreichs, nämlich Nordirland.
Ursprungsnachweise
Das VK ist Drittland. Mit dem Ende der Übergangsphase ist am 1. Januar 2021 das Handels- und Kooperationsabkommen der EU mit dem Vereinigten Königreich (TCA) vorläufig in Kraft getreten. Damit ist bei Warensendungen ab dem 1. Januar 2021 der übliche Nachweiskatalog für Länder einschlägig, mit denen die EU Präferenzabkommen vereinbart hat.
Allerdings: Bei ausgewiesenem Ursprung „United Kingdom“ und/oder „EU“ und/oder eines EU- 27 Mitgliedsstaates kann die Erklärung-IHK für einen Zeitraum von 1 Jahr (beginnend zum 1. Januar 2021) auch ohne Bescheinigung einer zuständigen Behörde anerkannt werden. Diese Übergangsregelung bezieht sich ebenso auf Erklärungen-IHK mit Ursprungsnennung „United Kingdom“, die innerhalb der EU-27 ausgestellt werden. Sie umfasst ebenfalls Herstellererklärungen aus dem UK ohne Bescheinigung einer zuständigen Behörde.

17. Kann ich für das VK ein Carnet ATA verwenden?

Ja, seit 1. Januar 2021 kann für die vorübergehende Verwendung von Berufsausrüstung, Messegütern und Warenmustern sowie weiteren Waren das Carnet ATA verwendet werden.

18. Wie ist die Umsatzsteuer betroffen?

Auch aus umsatzsteuerlicher Sicht sind noch viele Fragen offen. Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat am 10. Dezember 2020 ein erläuterndes BMF-Schreiben zu den umsatzsteuerlichen Konsequenzen des Brexits veröffentlicht.
Grundsätzlich ist das Vereinigte Königreich, mithin Großbritannien und Nordirland, für umsatzsteuerliche Zwecke nach dem 31. Dezember 2021 als Drittlandsgebiet anzusehen. Eine Ausnahme gilt für Nordirland, für das im Austrittsabkommen ein besonderes Status (nur) hinsichtlich des Warenverkehrs vereinbart wurde. Im Ergebnis ist bei der Umsatzbesteuerung des Warenverkehr mit dem Vereinigten Königreich zwischen Großbritannien und Nordirland zu unterscheiden. Während Großbritannien als Dirttlandsgebiet zu behandeln ist, wird Nordirland für Zwecke des Warenverkehrs als zum Gemeinschaftsgebiet gehörig behandelt. Für nordirische Umsatzsteuer-Identifikationsnummern gibt es das Präfix “XI”.
Neben Änderungen bei der umsatzsteuerlichen Behandlung des grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehrs hat der Brexit insbesondere Auswirkungen auf das Vorsteuervergütungsverfahren (vgl. Ziffer 5 des BMF-Schreibens vom 10. Dezember 2020). Nach EU-Recht haben in der EU ansässige Unternehmen das Vorsteuervergütungsverfahren über das elektronische Portal in ihrem Ansässigkeitsstaat zu beantragen. Anträge auf Erstattung britischer Vorsteuerbeträge, die vor dem 1. Januar 2021 entstehen, haben inländische Unternehmen bis zum 31. März 2021 über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu stellen. Mit dem Statuswechsel Großbritanniens zu einem Drittland sind Anträge auf Vorsteuerbeträge, die nach dem 31. Dezember 2020 entstehen, unmittelbar bei der zuständigen Erstattungsbehörde des Vereinigten Königsreichs zu stellen. Dies gilt nicht hinsichtlich der Erstattung von Vorsteuern, die auf Warenbezüge in Nordirland oder durch nordirische Unternehmen im Inland entfallen.
Änderungen ergeben sich insbesondere auch für ausländische Onlinehändler und Online-Marktplätze. Sind diese Unternehmen bereits aufgrund der bisher geltenden Regelungen zur britischen Umsatzsteuer registriert (zum Beispiel bei Versandhandelsgeschäften), kann die bestehende Registrierung auch für die neuen Regelungen erhalten bleiben, sofern der Händler weiterhin steuerpflichtig ist. Weitere Details finden Sie im Merkblatt der AHK Großbritannien.
Bei Dienstleistungen zwischen Unternehmern mit Sitz in Deutschland und Großbritannien (§ 3a Abs. 2 Satz 1 UStG) wird die Prüfung der Unternehmereigenschaft des Geschäftspartners nicht mehr anhand der qualifizierten Bestätigung der Umsatzsteueridentifikationsnummer erfolgen können. Es sind andere Nachweise vorzulegen, z. B. eine Bestätigung der britischen Finanzbehörden (HMRC), dass die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft gegeben ist.
Soweit sich der Ort der Dienstleistung nach den Grundregeln des § 3a Abs. 1 und 2 UStG richtet, kommt es nicht auf die Ansässigkeit des Kunden innerhalb der EU an; sie gelten ebenso für Drittlandsansässige. Allerdings enthält § 3a UStG in den Abs. 4 sowie 6 bis 8 Sonderregeln für die Bestimmung des Leistungsortes, die Drittlandsbezug voraussetzen: So sind die sog. Katalogleistungen des Abs. 4 auch dann am Ort des Leistungsempfängers zu besteuern, wenn dieser kein Unternehmer und im Drittland ansässig (Wohnsitz/Sitz) ist. Dies betrifft z. B. Beratungsleistungen von Rechtsanwälten und Steuerberatern, Ingenieurleistungen, Finanzdienstleistungen oder die Überlassung von Personal. Der leistende Unternehmer muss sich dann in der Regel im Bestimmungsland registrieren und den dort geltenden nationalen Umsatzsteuervorschriften anpassen. Für die in § 3a Abs. 6, 7 und 8 UStG genannten Leistungen gilt die sog. use-and-enjoy-Regel. Sie sind dort zu besteuern, wo sie tatsächlich genutzt oder ausgewertet werden. Diese Vorschriften gelten künftig auch im Verhältnis zu Großbritannien. Sonstige Leistungen nach Großbritannien sind künftig nicht mehr nach § 18a UStG in einer Zusammenfassenden Meldung (ZM) anzugeben.
Empfangen deutsche Unternehmer sonstige Leistungen von britischen Unternehmern, bleibt es im Grundfall beim Empfängerortprinzip und damit bei der Umkehr der Steuerschuldnerschaft (Reverse-Charge-Verfahren).
(Quelle: IHK zu Köln)

19. Arbeitnehmerentsendungen in das Vereinigte Königreich

Auch deutsche Unternehmen, die ihre Arbeitnehmer in das Vereinigte Königreich (VK) entsenden möchten, müssen sich mit den Folgen des Brexits auseinandersetzen. Hierzu hat die AHK Großbritannien ein Merkblatt erstellt. Es wird lediglich auf die steuerlichen, sozialversicherungsrechtlichen und aufenthaltsrechtlichen Folgen ein. Ausführungen zu weiteren lokalen Registrierungen, Anerkennungsverfahren von Qualifikationen oder erforderlichen Genehmigungen im VK sind nicht enthalten.

20. Linkliste mit weiteren Informationen


Quelle: IHK Schleswig-Holstein