EU-Verordnung über entwaldungsfreie Produkte (EUDR)

Mit der EU-Entwaldungsverordnung (VO (EU) 2023/1115) will die Europäische Union einen Beitrag zur Eindämmung der weltweiten Entwaldung und zur Reduzierung von Waldschädigung leisten. In der EU ansässige Unternehmen, die in der VO genannte Waren auf dem Binnenmarkt in Verkehr bringen, sehen sich mit umfangreichen Compliance-Pflichten konfrontiert, die ab dem 4. Quartal 2024 einzuhalten sind. Kleine und mittelständige Unternehmen werden ab dem 2. Quartal 2025 in die Pflicht genommen.
Die Verordnung enthält Vorschriften für das Inverkehrbringen und die Bereitstellung auf dem Unionsmarkt sowie für die Ausfuhr von Waren aus der Union, die relevante Rohstoffe enthalten, mit diesen gefüttert wurden oder unter deren Verwendung hergestellt wurden.
Sicherzustellen ist, dass diese aus – seit 2020 – entwaldungsfreien Gebieten stammen und, dass die vor Ort geltenden Rechtsvorschriften eingehalten wurden.
Hierunter fallen gem. Anhang I der Verordnung die folgenden Warengruppen:
  • Rinder
  • Kakao
  • Kaffee
  • Ölpalme
  • Kautschuk
  • Soja
  • Holz
Die Europäische Union behält sich hierbei das Recht vor, im Rahmen einer Folgenabschätzung die Liste der relevanten Erzeugnisse auch um weitere Waren zu erweitern. Relevante Rohstoffe und Erzeugnisse daraus dürfen gemäß Artikel 3 nur dann in Verkehr gebracht oder auf dem Unionsmarkt bereitgestellt oder ausgeführt werden, wenn alle der folgenden Bedingungen erfüllt sind:
  • Ware ist entwaldungsfrei
  • Ware wurde gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt
  • Für die Ware liegt eine Sorgfaltserklärung vor
“Entwaldungsfrei” bedeutet, 
  • dass die relevanten Erzeugnisse relevante Rohstoffe enthalten, mit diesen gefüttert wurden oder unter deren Verwendung hergestellt wurden, die auf Flächen erzeugt wurden, die nach dem 31. Dezember 2020 nicht entwaldet wurden, und 
  • im Fall relevanter Erzeugnisse, die Holz enthalten oder unter Verwendung von Holz hergestellt wurden — dass das Holz aus dem Wald geschlagen wurde, ohne dass es dort nach dem 31. Dezember 2020 zu Waldschädigung gekommen ist.

Einhaltung einschlägiger Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes

Zusätzlich zur Entwaldungsfreiheit fordert Artikel 3 der Verordnung auch die Einhaltung einschlägiger Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes.
Bei näherer Betrachtung der hiervon erfassten Themenbereiche zeigt sich, dass hiermit ein breites Spektrum an Regelungsbereichen umfasst wird.
Laut Definition sind dies die im Erzeugerland geltenden gesetzlichen Bestimmungen zum rechtlichen Status des Erzeugungsgebiets in Bezug auf: 
  • Landnutzungsrechte, 
  • Umweltschutz,
  • forstbezogene Vorschriften, einschließlich Regelungen der Forstwirtschaft und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt, wenn sie in direktem Bezug zur Holzgewinnung stehen,
  • Rechte von Dritten,  
  • Rechte von Arbeitnehmenden, 
  • völkerrechtlich geschützte Menschenrechte, 
  • den Grundsatz der freiwilligen und in Kenntnis der Sachlage erteilten vorherigen Zustimmung (the principle of free, prior and informed consent — FPIC), auch entsprechend der Verankerung in der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte indigener Völker,
  • Steuer-, Korruptionsbekämpfungs-, Handels- und Zollvorschriften.

Sorgfaltspflicht, Informationsanforderungen, Risikobewertung

Die Sorgfaltspflicht nach Artikel 8 umfasst Folgendes:
  • die Sammlung von Informationen, Daten und Unterlagen, die erforderlich sind, um die Anforderungen gemäß Art. 9 (Informationsanforderungen) zu erfüllen;
  • Maßnahmen zur Risikobewertung gemäß Artikel 10 sowie
  • Maßnahmen zur Risikominderung gemäß Artikel 11.

Informationsanforderungen gemäß Artikel 9

  • Beschreibung des Erzeugnisses inklusive. einer Liste der relevanten Rohstoffe, die das Erzeugnis enthält oder unter Verwendung es hergestellt wurde
  • Geolokalisierung aller Grundstücke, auf denen die relevanten Rohstoffe, die das Erzeugnis enthält oder unter dessen Verwendung es hergestellt wurde sowie den Zeitpunkt der Herstellung
  • Schlüssige und überprüfbare Informationen darüber, dass das Erzeugnis entwaldungsfrei ist
  • Schlüssige und überprüfbare Informationen darüber, dass das Erzeugnis im Einklang mit den Rechtsvorschriften des Herstellungslandes erfolgt ist

Risikobewertung gemäß Artikel 10

  • Risikobewertung eines Erzeugerlandes resp. seiner Landesteile und -regionen
  • Präsenz von Wäldern und indigenen Völkern im Erzeugerland
  • Prüfung von Ansprüchen indigener Völker auf die Nutzung des Herstellungsgebietes oder dessen Eigentumsverhältnisse
  • Verbreitung der Entwaldung oder Waldschädigung im Erzeugergebiet
  • Ausmaß der Korruption, mangelnde Strafverfolgung, Verstöße gegen Menschenrechte

Maßnahmen zur Risikominimierung gemäß Artikel 11

Sofern die Bewertung nach Artikel 10 kein vernachlässigbares Risiko ergeben hat, sind vom Marktteilnehmer vor dem Inverkehrbringen geeignete Maßnahmen zur Risikominderung zu fordern.
  • Anforderung weiterer Informationen, Daten oder Unterlagen
  • Durchführung unabhängiger Erhebungen oder Audits
Verpflichtungen für Unternehmen hängen von der Höhe des Risikos ab, unter Umständen kann bei geringem Risikoprofil ein reduzierter Umfang der anzuwendenden Sorgfaltspflicht gelten. Letztlich greift ein händlerspezifisch eingeschränkter Pflichtenkanon für KMU (Artikel 5 Absätze 2 und 3).

Berichterstattung und Aufzeichnungen

Von der Verordnung Verpflichtete, die keine KMU oder natürliche Personen sind, müssen jährlich öffentlich (auch im Internet) über ihre Sorgfaltspflichtregelung berichten (Artikel 12 Absatz 3). Verpflichtete, die auch in den Anwendungsbereich anderer Rechtsakte der EU fallen, in denen Anforderungen an die Sorgfaltspflicht in der Wertschöpfungskette festgelegt sind, können ihre Berichterstattungspflichten erfüllen, indem sie die erforderlichen Informationen in die Berichterstattung im Zusammenhang mit diesen anderen Rechtsakten der EU aufnehmen. 
Die im Zusammenhang mit der Sorgfaltspflicht stehenden Unterlagen, wie beispielsweise alle Aufzeichnungen, Maßnahmen und Verfahren gemäß Artikel 8, sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren. Diese Unterlagen stellen sie auf Verlangen den zuständigen Behörden zur Verfügung. 

Durchsetzung und Sanktionen

Die EU-Mitgliedstaaten sind für die Durchsetzung und Kontrolle der Verordnung verantwortlich. In Deutschland wird die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung sein (BLE) die hierfür zuständige Behörde sein.
Verstöße gegen die neue EU-Verordnung können mit
  • hohen Bußgeldern, bis 4 Prozent des Jahresumsatzes,
  • dem Einzug der relevanten Erzeugnisse,
  • der Einziehung der Einnahmen aus der Transaktion mit den relevanten Erzeugnissen,
  • den vorübergehenden, im Höchstfall 12 Monate dauernden Ausschluss von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge und vom Zugang zu öffentlicher Finanzierung, darunter auch Ausschreibungsverfahren, Finanzhilfen und Konzessionen,
  • einem vorübergehenden Verbot des Inverkehrbringens oder der Bereitstellung auf oder der Ausfuhr aus dem Unionsmarkt von relevanten Rohstoffen / relevanten Erzeugnissen und
  • einem Verbot der Anwendung der vereinfachten Sorgfaltspflicht gemäß Artikel 13 bestraft werden.
Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten werden über ein digitales Informationssystem im Austausch sein.
Die EU-Kommission hat einen FAQ-Leitfaden in englischer Sprache erstellt, der laufend aktualisiert wird. Eine deutsche Übersetzung der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) finden Sie hier

Übergangsfrist und Verhältnis zur EU-Holzhandelsverordnung

Als unmittelbar geltendes EU-Recht muss die Verordnung nicht in nationales Recht umgesetzt werden. Sie ist grundsätzlich ab dem 30.12.2024 anzuwenden (Artikel 38 Absatz 2). Bestimmte KMU profitieren von einer längeren Anpassungsfrist, da für diese die Pflichten erst ab dem 30.06.2025 (Artikel 38 Absatz 3) gelten. 
Die EU-Holzhandelsverordnung (EU) Nr. 995/2010 wird mit Wirkung vom 30.12.2024 aufgehoben (Artikel 37). Allerdings gibt es für bestimmte Erzeugnisse Übergangsregelungen (Artikel 37). Etwa für bestimmte Erzeugnisse, die vor dem 29.06.2023 erzeugt und ab dem 30. Dezember 2024 in Verkehr gebracht wurden, besteht eine Übergangsfrist bis 31.12.2027 (Artikel 37 Absatz 1).
Im Zusammenhang mit der bisherigen Holzhandelsverordnung ist zudem darauf hinzuweisen, dass in Anhang I der Verordnung (EU) 2023/1115 eine erhebliche Ausweitung der erfassten Holzprodukte vorgenommen wurde. Folglich werden zukünftig auch zahlreiche Wirtschaftsakteure in Bezug auf Holz betroffen sein, die bislang nicht in den Anwendungsbereich der Sorgfaltspflichten nach der Holzhandelsverordnung fielen.

Stand: 18.04.2024