Was bedeutet es, ehrenamtlich Prüfer in der IHK zu sein?
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Wie lange sind Sie schon als Prüfer aktiv?
Ich bin seit 1996 im Prüfungsausschuss Bankkaufmann tätig und seit 1999 auch in den Fortbildungsprüfungen zum Bankfachwirt und Immobiliendarlehensvermittler als Mitglied aktiv – und es macht immer noch sehr viel Freude!
Warum haben Sie sich für das Engagement als Prüfer entschieden und was ist Ihre Motivation, weiterhin aktiv zu bleiben?
Mit Übernahme meiner ersten Führungsaufgabe, hatte ich auch die Verantwortung für die Ausbildung in meinem Fachbereich übernommen. Im Vorfeld war ich schon als Ausbilder vor Ort und Fachreferent tätig. Es hat mir immer Freude bereitet, jungen Mitarbeitern Unterstützung zu geben und mein Wissen und meine praktischen Erfahrungen für die Qualifizierung von Nachwuchskräften einzusetzen. Das galt dann auch für die Tätigkeit im Prüfungsausschuss. Verantwortung für die IHK und Aus- und Fortbildung junger Kollegen zu übernehmen, macht mir Spaß und daran hat sich bis heute nichts geändert!
Was macht für Sie die Arbeit im Prüfungsausschuss aus?
„Gemeinsam prüfen“ heißt auch immer gemeinsam die Qualität in der Aus- und Fortbildung sichern. Insbesondere in der Ausbildung stellt die Abschlussprüfung auch das Ende der dualen Ausbildungszeit dar und sichert mit dem Ergebnis die Qualität in der beruflichen Praxis für die ausbildenden Betriebe.
Dabei muss der Prüfungsausschuss auch als Team funktionieren und ein gemeinsames Verständnis von der Aufgabe und den Qualitätserfordernissen haben. Das bedeutet nicht, dass jedes Prüferverhalten gleich sein muss. Unterschiedlichkeit ist sogar erwünscht und Diskussionen zur Findung des gemeinsamen Prüfungsergebnisses ebenfalls.
Welchen Teil der Arbeit als Prüfer bereitet Ihnen besondere Freude?
Die Bekanntgabe und Gratulation zur bestandenen Prüfung!
Was ist die größte Herausforderung in der Tätigkeit als Prüfer?
Bei der Erstellung von Prüfungs- bzw. Situationsaufgaben für die mündliche Fortbildungsprüfung bin ich nicht an bestimmte Formulierungen gebunden. Trotzdem ist es wichtig, bei der Erstellung der Fragen eine Struktur vorzugeben, die zwischen Wissens- und Transferaufgaben unterscheidet und damit dem Prüfling konkrete Hinweise zur Handlungsaufforderung gibt. Der Grundsatz „Denke zuerst in Themen, dann in Fragen“ ist da häufig hilfreich.
Was unterscheidet Ihrer Meinung nach die Tätigkeit als Prüfer für Fortbildungsprüfungen von der Tätigkeit als Prüfer für Ausbildungsprüfungen am meisten? Oder gibt es keine Unterschiede?
Grundsätzlich sehe ich keine Unterschiede in den Anforderungen an die jeweilige Prüfungstätigkeit. Die Eigenschaften, die ein gute Prüfer mitbringen sollte, sind in beiden Fällen erforderlich. In fachlicher Hinsicht geht es in der Ausbildungsprüfung darum, die Handlungsfähigkeit für die berufliche Praxis zu bestätigen und in der Fortbildungsprüfung, spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten zu bewerten, die den Prüfling als Experten auf seinem Fachgebiet ausweisen.
Insofern sollten Prüfende in der Fortbildungsprüfung fundiertes Expertenwissen in Theorie und Praxis für ein Fachgebiet mitbringen.
Gibt es ein Erlebnis, das Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben ist?
Oh ja, vor einigen Jahren hatten wir die Abschlussprüfung zum Bankkaufmann in der Volksbank Vechelde/Wendeburg abzunehmen. Aus alter Gewohnheit traf sich der Prüfungsausschuss in den Räumlichkeiten der Volksbank Wendeburg, bis um kurz vor 9 Uhr der Anruf aus der Filiale der Volksbank Vechelde mit dem Hinweis kam: “Hier warten bereits Prüflinge auf Sie“. Auch als Prüfungsausschuss sollte man die Einladungsschreiben der IHK genau lesen.
Viele assoziieren die Tätigkeit als Prüfer mit einem erheblichen zeitlichen Mehraufwand. Wie schaut es in der Realität aus und warum lohnt sich die Arbeit?
Sicherlich ist die Tätigkeit mit zusätzlichem zeitlichem Aufwand verbunden, der aber weniger „Last“ als vielmehr „Lust“ für mich darstellt. Jeder Prüfer sollte aber auch im Vorfeld mit sich klären, ob er oder sie diesen Aufwand dauerhaft tragen kann und will, denn Ehrenamt ist Ehrensache! Ich habe das Glück, dass mein Arbeitgeber diese Tätigkeit immer aktiv unterstützt hat und dies auch weiterhin fördert.
Welchen persönlichen Gewinn können Sie aus der Mitarbeit im Prüfungsausschuss ziehen?
Jede Prüfung ist immer eine Herausforderung, sich auf aktuelle, fachliche Inhalte, Situationen und Menschen in der jeweiligen Prüfungssituation einzulassen. Langweilig wird es dabei nie. Die mündliche Prüfung ist für uns Prüfer dabei auch immer selbst eine Fortbildungsmaßnahme in vielerlei Hinsicht. Insbesondere der Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen zu verschiedenen fachlichen und berufsspezifischen Themen bildet einen realen Mehrwert für die eigene berufliche und persönliche Entwicklung.
Welche Eigenschaften sollte ein gute Prüfer mitbringen? Und welche davon ist Ihrer Meinung nach am wichtigsten?
Die Tätigkeit als Prüfer ist komplex und stellt Anforderungen in verschiedenen Disziplinen. Hohe fachliche Kompetenz, Verschwiegenheit, Eigenverantwortlichkeit, Verantwortungsbewusstsein, Objektivität, Kommunikationsfähigkeit und pädagogisches Geschick sind meines Erachtens die wesentlichen Eigenschaften, die jeder Prüfer mitbringen sollte.
Die wichtigste dabei ist allerdings die Urteilsfähigkeit über die erbrachte Prüfungsleistung sowohl bei mündlichen als auch bei schriftlichen Prüfungen.
Welchen Tipp können Sie jungen Menschen geben, die sich für das Prüferehrenamt interessieren, mit auf dem Weg geben?
Wer Interesse hat, sollte auf jeden Fall aktiv werden, auf die IHK Braunschweig zugehen und sich über die Voraussetzungen und Möglichkeiten informieren, um für sich selbst Klarheit und Verbindlichkeit über die Aufgabe zu schaffen. Gegebenenfalls kann auch eine Hospitation bei einem Prüfungsausschuss sinnvoll sein oder die Berufung zunächst als stellvertretendes Mitglied. Wir freuen uns über jeden Interessenten, denn auch das Prüfungswesen benötigt immer qualifizierten Nachwuchs.
Die Fragen hat Miriam Möllers gestellt.