Die EU-Produktsicherheitsverordnung: das Bürokratiemonster für Unternehmen
Region Bodensee-Oberschwaben:
Die am 13. Dezember 2024 in Kraft getretene EU-Produktsicherheitsverordnung (GPSR) stößt auch bei den Unternehmen in der Region Bodensee-Oberschwaben auf erhebliche Kritik. Während das Ziel des Verbraucherschutzes grundsätzlich begrüßt wird, sehen sich Hersteller und Händler mit einer Flut neuer Verpflichtungen konfrontiert, die den Geschäftsbetrieb erheblich erschweren.
Die neue EU-Produktsicherheitsverordnung (GPSR) muss von allen Unternehmen, die Verbraucherprodukte in der Europäischen Union herstellen oder vertreiben, umgesetzt werden und soll Verbraucher vor potenziellen Gefahren schützen. Es muss sichergestellt werden, dass alle Produkte sicher sind und den geltenden Sicherheitsstandards entsprechen. Dies muss entsprechend dokumentiert werden. Sitzen Hersteller oder Händler außerhalb der EU, müssen diese zusätzlich eine verantwortliche Person bestimmen, welche die Produkte prüft und als Ansprechpartner in der EU zur Verfügung steht.
Ein besonderer Dorn im Auge vor allem der Händler ist die Verpflichtung, bereits beim Online-Angebot eines jeden einzelnen Produktes die Herstellerinformationen preiszugeben, obwohl der Hersteller ohnehin auf dem Produkt genannt werden muss. Dadurch entsteht vor allem für kleinere Händler ein gewaltiger Aufwand. Außerdem werden dadurch Bezugsquellen offengelegt. „Die Händler sehen hier ihre Geschäftsgeheimnisse bedroht. Mühevoll aufgebaute Geschäftskontakte zu den Herstellern sind durch die Verordnung in Gefahr. Viele Händler wollen den Onlinehandel lieber komplett aufgeben, anstatt Herstellerinformationen preiszugeben“, sagt Dr. Sönke Voss, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben IHK. Die IHK beantworte seit Monaten täglich eine Vielzahl an Fragen von Herstellern und Händlern zur Umsetzung der EU-Produktsicherheitsverordnung.
Alle Hersteller sind durch die Verordnung nun gezwungen, für jedes Produkt, sei es noch so sicher beziehungsweise ungefährlich, eine Risikoanalyse durchzuführen, technische Unterlagen zu erstellen und diese bis zu zehn Jahren nach dem Inverkehrbringen aufzubewahren. Dies stellt insbesondere für kleine Unternehmen eine enorme Herausforderung dar, da der Aufwand in keinem Verhältnis zum möglichen Ertrag steht. Auch die erweiterten Informationspflichten, wie die Erstellung detaillierter Gebrauchsanweisungen, Sicherheitswarnungen und Entsorgungshinweise in der jeweiligen Landessprache bereitzustellen, ist ein logistischer Albtraum gerade für die internationalen Onlinehändler.
Es besteht eine zunehmende Komplexität und Überschneidung mit bereits bestehenden Regelungen. Die Unternehmen finden sich im Dschungel der Verordnungen und Richtlinien oft allein gar nicht mehr zurecht. „Wir brauchen dringend praxisnahe Lösungen und unbürokratische Umsetzungshilfen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht zu gefährden“, fordert IHK-Hauptgeschäftsführer Voss. Bisher sei jedoch nur eine FAQ – Liste mit häufig gestellten Fragen und Antworten – durch die EU-Kommission veröffentlicht worden. Leitfäden, so Voss, würden zu mehr Verständnis durch die Unternehmen beitragen.
Leider zeige sich laut IHK hier erneut, dass der von der Politik angekündigte Bürokratieabbau nicht im notwendigen Tempo angegangen werde, was aber angesichts der konjunkturellen Herausforderungen dringend von Nöten sei. „Stattdessen werden weiterhin unter anderem dem Mittelstand fast wöchentlich neue bürokratische Knüppel zwischen die Beine geworfen“, zeigt sich Voss enttäuscht.
Informative Links zum Thema EU-Produktsicherheitsverordnung
IHK-Fachartikel zur neuen Produktsicherheitsverordnung
FAQ der EU-Kommission
IHK-Veranstaltungen zur Produktsicherheitsverordnung
Medieninformation Nr. 124/2024