Wirtschaftliche Entwicklung der Region im Fokus

Region Bodensee-Oberschwaben:
Die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben befasste sich in ihrer Herbstsitzung in Meßkirch mit dem Schwerpunktthema „Regionale Entwicklungsstrategie“.
Die Entwicklung der Region Bodensee-Oberschwaben stand im Fokus der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben (IHK) bei ihrer Herbstsitzung Ende Oktober in Schloss Meßkirch. Die Versammlung stand im Zeichen aktueller wirtschaftspolitischer Herausforderungen und der weiteren Entwicklung der Region.
Die Beurteilung der regionalen Geschäftslage habe sich in den vergangenen Monaten stark eingetrübt, berichtete IHK-Präsident Martin Buck von den Ergebnissen der IHK-Herbst-Konjunkturumfrage. „Auch die Geschäftserwartungen sind in den Keller gefallen und zeigen weiter deutlich nach unten.“ Über nahezu alle Branchen hinweg seien Umsätze und Auftragseingänge eingebrochen. Die Nachfrage im In- und Ausland sinke. Nur einiges habe die Wirtschaft mittelbar in der Hand, sagte Buck und verwies auf Unwägbarkeiten wie die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, steigende Energie- und Rohstoffpreise, Inflation, sinkende Investitionen und den demografischen Wandel. Die Stimmung sei schlecht, da die Unternehmen keine Verbesserungen der politischen Rahmenbedingungen spürten, kritisierte der Präsident. Unsichere Lieferketten, die planlose Umsetzung der Energiewende, mangelhafte Infrastrukturen, Fachkräftemangel und andere Risiken, vor allem aber überbordende bürokratische Lasten und aufwändige Nachweispflichten führten zu immer größeren Unsicherheiten und machten den Betrieben zu schaffen, sagte Buck und nannte Beispiele aus der Praxis. Der IHK-Präsident mahnte aber auch mehr Leistungsorientierung an. Es dürfe nicht vergessen werden, dass die Region Bodensee-Oberschwaben zu den wirtschafts- und innovationsstärksten Industrieregionen gehöre – und dies auch künftig so bleiben solle. Von der Politik forderte Buck endlich entschlossenes Handeln, echte Beschleunigungen bei den Verfahren und vor allem einen für die Unternehmen spürbaren Bürokratieabbau. Dass sich hier überhaupt endlich etwas bewege, sei vor allem auch der entschlossenen Arbeit der IHK-Organisation in diesem Bereich zu verdanken.
„Industrieland Bodensee“
In der Bodenseeregion spiele die Industrie eine zentrale Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung und leiste einen wichtigen Beitrag für Beschäftigung und Wohlstand, sagte Dr. Roland Scherer, der an der Universität St. Gallen zur wirtschaftlichen Entwicklung der internationalen Bodenseeregion forscht. Gut jeder vierte Arbeitsplatz entfalle auf den Industriebereich. So lag beispielsweise im Jahr 2020 der Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der Beschäftigung im Landkreis Ravensburg bei 25 Prozent, im Bodenseekreis bei 32 Prozent und im Landkreis Sigmaringen bei 29 Prozent. Viele Industrieunternehmen, darunter Weltmarktführer, seien regional gut verankert und oftmals familiengeführt, so Scherer. „Sie sind stark technologiegetrieben, weisen eine hohe Innovationstätigkeit auf und agieren im globalen Markt – bei gleichzeitigem Bekenntnis zum Standort in der Bodenseeregion.“ Allein im Jahr 2019 habe das verarbeitende Gewerbe im deutschen Bodenseegebiet Investitionen in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro getätigt.
Für eine erfolgreiche Zukunft zeigte Scherer fünf Themenfelder auf. Die Industrie in der Region müsse zu einer umfassenden Transformation ihrer Produkte und Geschäftsmodelle gelangen. Der relativ geringe Anteil unternehmensbezogener Dienstleistungen zeige, dass die Region eher ländlich geprägt sei, sagte Scherer und verwies auf einen überproportional hohen Anteil der High-Tech-Industrie bei gleichzeitig deutlicher Untervertretung wissensbasierter Dienstleistungen. Letztere gelte es auszubauen. Auch das Zusammenspiel zwischen Hochschulen und Unternehmen müsse intensiviert werden. Trotz vieler Hochschulen und Forschungseinrichtungen würden bestehende Potenziale bislang nicht oder ungenügend genutzt. Zudem sei eine völlige Neudefinition des Wachstumsmodells erforderlich. „Dieses kann zukünftig nicht mehr an der Entwicklung der Beschäftigtenzahlen gemessen werden.“ Der Fach- und Arbeitskräftemangel werde sich weiter verschärfen, prognostizierte Scherer. Umfassende Optimierungen und Automatisierungen sowie ein Umdenken seien daher erforderlich. Und nicht zuletzt müsse die Industrie in der Bodenseeregion nachhaltig werden – nicht nur bei ihren Produkten.
Um Wohlstand und Wachstum in der Region auch in der aktuellen Zeit der Umbrüche zu erhalten, habe die IHK im Schulterschluss mit zahlreichen regionalen Akteuren eine Regionalstrategie erarbeitet, erklärte Sönke Voss, Hauptgeschäftsführer der IHK. Er pflichtete Scherer bei, die Stärken der Region lägen im Bereich Industrie, mahnte aber an: „Alle maßgeblichen Akteure, darunter vor allem Wirtschaft, Landkreise, Kommunen, Hochschulen und auch die Politik in Land und Bund, müssen an einem Strang ziehen, um die Region für die Zukunft gut aufzustellen. Sonst wandern Wertschöpfung und Arbeitsplätze ab.“

Medieninformation Nr. 108/2023