Sicherheitspolitischer Dialog in Stuttgart:

Nachbericht und zusätzliches Statement von Hauptgeschäftsführer Dr. Voss (IHK Bodensee-Oberschwaben)

Dr. Sönke Voss, Hauptgeschäftsführer der IHK Bodensee-Oberschwaben, Sitz der Koordinierungsstelle Gesamtverteidigung der IHK in Baden-Württemberg:
„Die Wirtschaft in Baden-Württemberg ist ein verlässlicher Partner der Gesamtverteidigung.
Sie trägt mit ihrem Know-how und ihrer Innovationskraft entscheidend zur gesamtgesellschaftlichen Resilienz bei. Die Koordinierungsstelle Gesamtverteidigung der IHKs in Baden-Württemberg unterstützt die Unternehmen dabei, ihre Potenziale optimal zu bündeln und entlang von Forschung, Produktion und Infrastruktur einzubringen. Der heutige Dialog zeigt, dass der Schulterschluss zwischen Politik und Wirtschaft bereits Realität ist. Damit die Wirtschaft ihre Innovationskraft voll entfalten und als stabiler Bestandteil der gesamtstaatlichen Verteidigungsfähigkeit wirken kann, müssen verlässliche Rahmenbedingungen, Planungssicherheit, Bürokratieabbau und beschleunigte Genehmigungsverfahren jetzt schnell und konsequent umgesetzt werden.“
Innovativer Industriestandort und Spitzenwissenschaft gehen zusammen
Die Landesregierung Baden-Württemberg hat gemeinsam mit dem Verband Unternehmer Baden-Württemberg e.V. und dem Baden Württembergischen Industrie- und Handelskammertag e.V. Akteure aus Wirtschaft, Forschung und Wissenschaft sowie der Streitkräfte und der Sicherheitsbehörden zu einem Sicherheitspolitischen Dialog am 20. November 2025 in Stuttgart eingeladen. Auch der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung, Dr. Nils Schmid, nahm an dem Austausch teil. Mit der Veranstaltung baut Baden-Württemberg sein Ökosystem „Verteidigung und Forschung“ konsequent aus. Ziel ist es, altes Silodenken zu überwinden und mit geballter Innovationskraft der klügsten Player aus Forschung, Wirtschaft und Startups schnelle und gute Lösungen und Produkte zu bieten. Deutschland und die Europäische Union müssen bis spätestens 2029 verteidigungsfähig sein. Baden-Württemberg will als starker Rüstungs- und Forschungsstandort einen Beitrag dazu leisten.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann betonte: „Wir Europäer müssen unsere Sicherheit und den Schutz unserer Freiheit in die eigenen Hände nehmen – nicht irgendwann, sondern jetzt. Damit wir schnell vorankommen, vernetzen wir mit diesem Dialogformat die Kräfte von Bund, Land, Wirtschaft, Wissenschaft und Kommunen. Baden-Württemberg ist einer der zentralen Standorte der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in Deutschland und eine der innovativsten und dynamischsten Regionen Europas. Deshalb kann Baden-Württemberg substantiell zum Hochlauf der Produktionskapazitäten, zum Schließen von Fähigkeitslücken und zum Transfer von Innovationen beitragen. Ein wichtiges Beispiel sind die vielen Dual-Use-Produkte in der Luft-und Raumfahrt – alles Technologien und Fähigkeiten, die wir seit Jahren intensiv fördern und vorantreiben. Moderne Ausrüstung braucht Künstliche Intelligenz, Quantensensorik und Satellitentechnologien. Auf diese Schlüsseltechnologien setzt Baden-Württemberg mit starken Initiativen seit Jahren. Wir wollen sie mit neuen Projekten gezielt in der Verteidigungs- und Sicherheitswirtschaft nutzen und bauen an einem neuen Ökosystem. Die Bundesregierung hat viele wichtige Entscheidungen auf den Weg gebracht, die unserer Wirtschaft helfen. Dafür sind
wir dankbar. Was wir von Bund und EU auch in Zukunft brauchen, sind kurze Genehmigungszeiten, Verlässlichkeit und Transparenz.“
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung, Dr. Nils Schmid, erklärte: „Baden-Württemberg ist ein Schlüsselland – nicht nur wegen seiner wirtschaftlichen Stärke, sondern vor allem als Heimat leistungsfähiger Industrie, innovativer Mittelständler und weltweit führender Rüstungsunternehmen. Hier wird Zukunft gestaltet, hier entstehen Lösungen, die weit über unser Land hinausstrahlen. Der Sicherheitspolitische Dialog ist eine wichtige Austauschplattform, um die Partnerschaft zwischen Bund und Baden-Württemberg weiter zu intensivieren. Wir müssen Stärken stärken, damit wir die Ziele, die wir uns innerhalb der NATO gesetzt haben, erreichen.“
Der stellvertretende Ministerpräsident und Minister des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen, Thomas Strobl, sagte: „Verteidigungsfähigkeit ist kein Ziel, das man erreicht – sie ist eine Daueraufgabe. In Baden-Württemberg stellen wir uns dieser Aufgabe mit unserem gebündelten Knowhow – als Land der Innovation, der Verantwortung und Resilienz. Nur gemeinsam, im engen Verbund zwischen Bund, Ländern, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft können wir zeigen, was Zeitenwende wirklich bedeutet: Stärke und Zusammenhalt. Klar ist freilich auch: Sicherheit kostet Geld. Die gibt es nicht zum Nulltarif. Umso mehr gilt das aktuell: Im Fall eines militärischen Angriffs auf Europa müssen wir auch in der Lage sein, alle Rüstungsgüter, die wir für unsere Verteidigung brauchen, selbst herzustellen. Dazu bedarf es einer starken Rüstungsindustrie – und die haben wir in Baden-Württemberg. Hier ist freilich Tempo gefragt: Die Feinde unserer Demokratie warten nicht auf uns. Die Zeit ändert sich
dramatisch, dramatisch schnell.“
Wissenschaftsministerin Petra Olschowski erklärte: „Wir stehen vor enormen geopolitischen Herausforderungen. Insbesondere hybride Bedrohungen sind kein abstraktes Zukunftsszenario mehr, sondern haben bereits reale Auswirkungen auf unsere Gesellschaft. Darauf werden wir
konsequent reagieren. Auch die Wissenschaft wird hier Verantwortung übernehmen. Wir haben im Land exzellente Hochschulen und Einrichtungen, die in den relevanten Technologiefeldern erfolgreich forschen. Mit unserem Innovationscampus Sicherheit und Verteidigung bündeln und vernetzen wir diese Kompetenzen und schaffen den wichtigen Transfer aus der Forschung in die Anwendung. Der Innovationscampus Sicherheit und Verteidigung wird derzeit rund um die Universität Stuttgart mit weiteren Hochschulen, Forschungsreinrichtungen und der Wirtschaft sowie der Startup-Szene des Landes gegründet. Der Startschuss dazu fällt noch im Dezember dieses Jahres.“
Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, sagte: „Unsere Sicherheit steht unter Druck. Die Lage ist ernst – und wir müssen unsere Verteidigungsfähigkeit spürbar stärken. Dafür braucht es die gebündelte Expertise aller relevanten Akteure. Der heutige Austausch ist entscheidend, um zentrale Fragen zu klären, die nicht länger offen bleiben dürfen. Ein Schwerpunkt liegt auf dem dringend notwendigen Hochlauf der sicherheits- und verteidigungsrelevanten Produktion, den mein Ressort mit Nachdruck vorantreibt.“
Nach einem internen Austausch der Teilnehmenden des Sicherheitspolitischen Dialogs folgte eine Podiumsdiskussion. Parlamentarischer Staatssekretär Schmid sowie Thomas Bürkle, Präsident der Unternehmer BW, Prof. Middendorf, Rektor der Universität Stuttgart und Harald Mannheim von Airbus Defence & Space sprachen zum Thema „Freiheit verteidigen, Kooperation vertiefen, gemeinsam vorangehen“. Am Nachmittag hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich in Workshops zu den Themen „Forschung und Transfer für Sicherheit“, „Produktion für die Verteidigungsfähigkeit – Schnell, Skalierbar, Sicher“ und „Resilienz als Standortfaktor – Angebote zur Sicherstellung der Wertschöpfungskette“ zu informieren und auszutauschen. Diese Formate sind der Startpunkt für weitere Veranstaltungen. Insgesamt konnten sich rund 200 Personen aus verschiedenen Wirtschaftsbranchen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Verbänden, Zivilschutzorganisationen und Sicherheitsbehörden austauschen. Von Bundesseite waren ebenfalls Vertreter der Agentur für Sprunginnovation des Bundes SPRIN-D und dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr BAAINBw anwesend. Das Netzwerk aus Wirtschaft, Forschung und Politik beabsichtigt, die Partnerschaft mit dem Bund weiter zu intensivieren.
Sicherheit und Verteidigung in Baden-Württemberg – Industry meets Science
Baden-Württemberg ist mit 42.000 Beschäftigten entlang der gesamten Wertschöpfungskette von Hardware bis Software einer der wichtigsten Standorte der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in Deutschland. Rund ein Viertel aller Beschäftigten der Branche in Deutschland arbeiten hier, rund 20 Prozent des Umsatzes der Branche werden in Baden-Württemberg erwirtschaftet. Gleichzeitig wirken Investitionen und Forschung in diesem Bereich als Hebel auch für zivile Innovationen.
Die Landesregierung hat Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen, Forschungseinrichtungen, des Landeskommandos und von Verbänden bereits im Frühjahr 2025 zu einem Runden Tisch zum Thema Sicherheit und Verteidigung eingeladen, um Wirtschaft, Wissenschaft und Politik besser zu vernetzen. Dieser Austausch wurde mit dem Sicherheitspolitischen Dialog erweitert und verstetigt. Das Interesse wächst beständig. Zudem wurde eine Lenkungsgruppe ins Leben gerufen, die ressortübergreifend zahlreiche Maßnahmen in den Fokus genommen hat und deren Umsetzung vorantreibt. Eine der ersten war die Erarbeitung eines Gesetzentwurfs, der Bauvorhaben der Bundeswehr deutlich beschleunigen soll.
Die IHK Bodensee-Oberschwaben hat zudem eine eigene Anlaufstelle eingerichtet und berät konkret Unternehmen bei Krisenvorsorge, Cybersicherheit und über Möglichkeiten zum Eintritt in die Lieferkette. Ebenso unterstützen die Unternehmer BW ihre Mitgliedsunternehmen gezielt.
Als weiteren Baustein der baden-württembergischen Forschungslandschaft gründet das Land jetzt den Innovationscampus Sicherheit und Verteidigung. Rund um die Universität Stuttgart mit Europas größter Fakultät für Luft- und Raumfahrt, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), den Fraunhofer-Instituten des Fraunhofer-Leistungsbereich Verteidigung, Vorbeugung und Sicherheit (VVS) und zahlreichen weiteren Hochschulen entsteht ein Ökosystem, das die wissenschaftliche Expertise mit den Unternehmen, Start-ups und relevanten Akteuren vernetzt.
Besonders herausragen wird der geplante, europaweit einzigartige Hyperschallkanal an der Universität Stuttgart. Hier werden Testverfahren und Simulationen ermöglicht werden, die sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich national und für die europäischen Partner hohe Relevanz haben.