Ausländische Fachkräfte zur Stärkung der Pflegebranche

Region Bodensee-Oberschwaben / Sigmaringen:
Über 30 Fach- und Führungskräfte aus der Pflegebranche sowie Vertreter von Krankenkassen, Wohlfahrtsverbänden, Kommunen, weiteren Dienstleistern und Einrichtungen tauschten sich Ende November beim Fachtag Pflege am Innovationscampus Sigmaringen über Möglichkeiten zur Gewinnung von ausländischen Fachkräften und Auszubildenden aus.
Eingeladen zu dem Fachtag hatte das bei der Industrie- und Handelskammer in Weingarten angesiedelte und vom baden-württembergische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus geförderte Welcome Center Bodensee-Oberschwaben. „Das Thema ist aktueller denn je“, sagte Welcome-Center-Leiterin Irina Wöhler in ihrer Begrüßung. Der Fachkräftemangel in der Pflege sei und bleibe in Deutschland ein ernstes Problem. Mit dem Fachtag verfolge man das Ziel, Wege für eine erfolgreiche Rekrutierung und Integration von ausländischen Fachkräften in der Pflegebranche aufzuzeigen – durch praxisnahe Beiträge, rechtliche Orientierung sowie Erfahrungs- und Praxisberichte. „Wir ermöglichen einen konstruktiven Austausch zwischen Akteuren aus Pflege, Verwaltung, Bildung und Migration“, so Mitorganisator Klaus Stuhlmüller, Geschäftsführer der Stuhlmüller GmbH. Mit wichtigen Informationen, Tipps aus der Praxis sowie der Vorstellung hilfreicher Anlaufstellen lege die Veranstaltung den Fokus auf nachhaltige Lösungen für den regionalen Fachkräftemangel in der Pflege.
Über die Möglichkeiten eines beschleunigten Fachkräfteverfahrens für Arbeitgeber und die Anerkennung von Qualifikationen ausländischer Fachkräfte informierte Olivia Brohl-Schaffron von der Landesagentur für die Zuwanderung von Fachkräften (LFZ), Standort Stuttgart. Voraussetzung für ein beschleunigtes Fachkräfteverfahren sei es, dass die Fachkraft oder der künftige Auszubildende in einem Drittstaat außerhalb der EU, der EWR und der Schweiz lebe, ein konkretes Arbeitsplatzangebot eines baden-württembergischen Arbeitgebers habe und über ausreichende Deutschkenntnisse verfüge. Seit dem Start des LFZ seien 1883 Anträge bearbeitet, 1006 Vereinbarungen getroffen und 824 Vorabzustimmungen erteilt worden, berichtete Olivia Brohl-Schaffron. 36 Prozent der Antragsteller kommen aus der Türkei, 13 Prozent aus Marokko und 9 Prozent aus Tunesien. Anträge und Unterlagen könnten beim LZF bequem digital eingereicht werden. „Wir beantragen auch die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufs- und Studienabschlüssen und arbeiten eng mit den für die Anerkennung zuständigen Stellen zusammen“, so Olivia Brohl-Schaffron weiter. Erst nach einer Anerkennung könne eine Berufserlaubnis in Deutschland beantragt werden, die in Pflege- und Gesundheitsfachberufen zwingend erforderlich ist.
Dominik Keicher, Fachbereichsleiter Migration und Integration beim Landratsamt Sigmaringen, informierte detailreich über Aufenthaltstitel und wichtige Formalitäten vor Ort. Er gab Tipps, wie es nach Ankunft einer Fachkraft in Deutschland weitergehen sollte, brachte Licht in den Paragraphendschungel des Aufenthaltsrechts, verwies auf Pflichten des Arbeitgebers und beantwortete viele Fragen aus dem Publikum.
Cordula Schneck vom Arbeitgeberservice der Bundesagentur für Arbeit stellte Rekrutierungsprojekte des internationalen Personalservice und der zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) vor. Die ZAV berate und unterstütze Arbeitgeber bei der Fachkräftesuche – sowohl im Rahmen einer Individualvermittlung als auch durch gezielte weltweite Bewerberansprache über spezifische Projekte und Programme. Arbeitgeber, die über private Vermittlungsagenturen ausländische Fachkräfte suchen, sollten darauf achten, dass diese Agenturen das vom Bundesministerium für Gesundheit verliehene Gütesiegel „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ tragen, empfahl sie.
Am Nachmittag stellte Irina Wöhler den Welcome Center Bodensee-Oberschwaben und dessen große Bandbreite an Unterstützungsangeboten für internationale Fachkräfte und Arbeitgeber vor. Die Einrichtung ist für die Landkreise Ravensburg, Sigmaringen und Bodenseekreis zuständig, bietet Beratung über sämtliche Berufe und Wirtschaftszweige hinweg, organisiert Veranstaltungen und betreibt aktive Netzwerkarbeit. Ergänzend stellte Rebecca Schmid das Welcome Center Sozialwirtschaft vor, das als zwölftes Welcome Center in Baden-Württemberg landesweit tätig ist und sich auf soziale Berufe, insbesondere Gesundheitsberufe, spezialisiert hat. Ursula Kirschner vom Goethe-Institut präsentierte neue Integrationsangebote speziell für Pflegeeinrichtungen. Ein kostenfreies Sprachlernangebot ist passgenau auf die Bedürfnisse der Pflegebranche zugeschnitten.
Auch Praxisbeispiele gab es: Jochen Mager von der Fidinda-Seniorenpflege GmbH berichtete über die Zusammenarbeit mit Partnern in der Türkei. Besonders eindrucksvoll war der Erfahrungsbericht eines türkischen Auszubildenden, der seine persönlichen Eindrücke und zugleich die Chancen und Herausforderungen einer grenzüberschreitenden Ausbildung schilderte. Peter Baumeister, Geschäftsleiter des Hauses Nazareth Sigmaringen, zeigte auf, wie Betriebe durch Offenheit und gezielte Unterstützung langfristig profitieren können.
In der abschließenden Diskussionsrunde tauschten sich die Teilnehmenden intensiv über zentrale Themen wie die Bereitstellung von Wohnraum, die Unterschiede in Ausbildungssystemen, sprachliche Hürden und erfolgreiche Integrationsstrategien aus. Das durchweg positive Feedback sowie der Wunsch nach weiteren Austauschmöglichkeiten machten deutlich, dass der Pflegetag nicht nur Impulse setzte, sondern auch konkrete Vernetzungsmöglichkeiten eröffnete.
Medieninformation Nr. 120/2025