Konjunkturelle Erholung bleibt aus

Region Bodensee-Oberschwaben:
Die Geschäftslage der Unternehmen bleibt unverändert und kann seit Jahresbeginn nicht weiter zulegen. Die getrübte Weltkonjunktur und die schleppende Inlandsnachfrage drücken die Aufträge. Folglich fallen die Erwartungen wieder skeptischer aus. Eine konjunkturelle Erholung kann so nicht Fuß fassen.
„Die staatlichen Energiepreisbremsen und abnehmende Materialengpässe helfen, Schlimmeres zu verhindern. Aber das Marktumfeld bleibt weiter schwierig und immens unsicher, das bremst die regionale Wirtschaft deutlich aus“, kommentiert Martin Buck, Präsident der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben (IHK), die Ergebnisse der neuesten IHK-Umfrage.
Beim Umsatz zeigt sich die aktuelle Flaute, denn über alle Branchen hinweg müssen wieder mehr Unternehmen Umsatzeinbußen hinnehmen. Die Geschäftslage kann deshalb nicht weiter zulegen: Aktuell beurteilen 49 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage als gut, 47 Prozent sind zufrieden, vier Prozent beurteilen ihre Geschäftslage als schlecht. Aber auch der Auftragseingang, der zuletzt zugenommen hatte, gibt erneut deutlich nach. Das kann zum Teil auch daran liegen, dass die hohen Lagerbestände, die in Zeiten der Lieferschwierigkeiten aufgebaut wurden, aktuell wieder abgebaut werden, was die Nachfrage in der Beschaffungskette drückt. Die Erwartungen der Unternehmen fallen deshalb wieder skeptischer aus.
Sorgen machen sich die Unternehmen zunehmend um ihre Fachkräfte: Drei Viertel der Unternehmen sehen mittlerweile den Fachkräftemangel als größtes Risiko an. Damit liegt der Fachkräftemangel wieder auf Platz 1 der Risiken. Buck: „Mit unserer bundesweiten IHK-Ausbildungskampagne ‚Ausbildung macht mehr aus uns‘ setzen wir uns für die duale Ausbildung ein. Aber auch die Politik muss liefern: Das neue Gesetz zur Fachkräfteeinwanderung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, wir fordern aber von der Landesregierung, dass sie sich im Bundesrat für weitere Verbesserungen im Sinne der baden-württembergischen Wirtschaft stark macht.“ Dazu gehören für die IHK eine grundlegende Vereinfachung der Regelungen, weniger Bürokratie und mehr Transparenz für Unternehmen und Zuwanderungswillige.
Die Energiepreise liegen im Risikoranking auf Platz 2, hier zeigt sich eine gewisse Entspannung. Dennoch stellen sie für zwei Drittel der Unternehmen nach wie vor ein Problem dar. IHK-Präsident Buck gibt deshalb keine Entwarnung: „Trotz der Strompreisbremsen haben wir in Deutschland immer noch im europäischen und internationalen Vergleich weit überdurchschnittlich hohe Strompreise, die viele Betriebe unterschiedlicher Größen und Branchen sehr belasten.“ Die Preise seien aktuell noch immer zwei- bis dreimal so hoch wie vor dem Ukrainekrieg. „Das jetzt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz vorgelegte Entlastungsmodell zielt dagegen nur auf einen sehr eng definierten Kreis von Industriebetrieben. Ausschlaggebend ist aber, dass wir für die gesamte Wirtschaft zügige und tragfähige Lösungen brauchen, um von den hohen Preisen runterzukommen.“
64 Prozent der Unternehmen sorgen sich um die Arbeitskosten, 47 Prozent um die Inlandsnachfrage. Beide Faktoren hängen unmittelbar mit der Inflation zusammen. „Die Inflation, einhergehend mit Kaufkraftverlust und gestiegenen Zinsen, hemmt das Wirtschaftswachstum auch weiterhin. Daher ist es wichtig, dass die Inflation hierzulande möglichst bald nachhaltig sinkt. Denn nur wenn die Inflation stabil auf niedrigem Niveau ist, kann auch die Wirtschaft in der Breite wieder investieren.“ Und genau da fehlt es nach den Ergebnissen der IHK-Konjunkturumfrage, denn die Investitionspläne nehmen angesichts der anhaltend schwierigen Rahmenbedingungen keine Fahrt auf. Geld wird hauptsächlich in die Hand genommen für Maßnahmen zur Digitalisierung, oder um die Energieeffizienz zu erhöhen. „Das ist gut und richtig, aber es schmälert auch das Budget für Investitionen in Innovationen. Wir brauchen dringend einen Investitionsschub, damit das Wachstum wieder in Gang kommt und wir im internationalen Vergleich nicht abgehängt werden“, so Buck.
Auch die Beschäftigungsplanung zeigt wenig Dynamik: Knapp 20 Prozent der Unternehmen suchen Personalverstärkung, 17 Prozent rechnen mit einer sinkenden Mitarbeiterzahl, 63 Prozent erwarten keine Veränderung. Die Beschäftigung wird sich weiter nur langsam aufbauen, was aber auch am zunehmenden Fachkräftemangel liegt, denn die Unternehmen, die Personal suchen, haben es schwer, passende Fachkräfte zu finden. Der Fachkräftemangel droht, die Unternehmen auch zukünftig in ihrem Wachstum einzuschränken.
Angegeben ist bei Grafik 1 und 2 jeweils die Differenz zwischen den Anteilen an positiven und negativen Antworten ohne neutrale Antworten. Die Werte können demnach zwischen -100 % und +100 % liegen. Ein Indikator von 0 % zeigt, dass sich positive und negative Antworten genau die Waage halten.
Hintergrund-Info:
An der Konjunkturumfrage „Frühjahr 2023“ haben sich 257 Unternehmen aus der Region Bodensee-Oberschwaben beteiligt. Die Befragung fand im April 2023 statt. Bei der IHK-Konjunkturumfrage werden Unternehmen einerseits zu ihrer aktuellen Geschäftslage und der Entwicklung von Umsatz und Ertrag in den vergangenen vier Monaten befragt. Nach den Fragen zum Ist-Zustand der Unternehmen werden Fragen zur Einschätzung über die wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden Monaten gestellt. Indikatoren für die Zukunft sind zum Beispiel die allgemeinen Erwartungen, die Auftragseingänge, die Umsatzerwartungen oder insbesondere in der Industrie die Exporterwartungen. Wichtige weitere Indikatoren für die Zukunft sind die Investitions- und Beschäftigungspläne der Unternehmen, die ebenfalls abgefragt werden.

Medieninformation Nr. 51/2023