Resolution zum Bodensee-Airport

Die Region Bodensee-Oberschwaben ist eine Wachstumsregion mit vielen international tätigen Unternehmen. Für internationale Fachmessen und als Tourismusregion ist sie eine erste Adresse. Die Region braucht deshalb eine gute Infrastruktur. Eine herausragende regionalwirtschaftliche Bedeutung hat dabei der Bodensee-Airport in Friedrichshafen. Dieser konnte 2015 sein 100-jähriges Jubiläum begehen und ist damit der zweitälteste Flughafen in Deutschland (nach dem Flughafen Hamburg).

Bedeutung des Bodensee-Airports für die Region

  • Luftverkehr gehört zur Infrastruktur: „Als Industriestandort in der Mitte Europas profitiert Deutschland vom Export von Waren und Dienstleistungen besonders. Zu einer funktionierenden Infrastruktur im Land gehört daher auch der Luftverkehr mit seinen Flughäfen, Regionalflughäfen und Verkehrslandeplätzen. Ein wettbewerbsfähiger Luftverkehrsstandort ist Grundlage des weltweiten Außenhandels sowie der Tourismuswirtschaft.“ (Koalitionsvertrag Baden-Württemberg 2016 – 2021, Seite 116)
  • Flughafen kompensiert Randlage: Die Verkehrsinfrastruktur (Straße, Schiene) in der Region Bodensee-Oberschwaben ist durch die Randlage und Versäumnisse in der Verkehrspolitik unzureichend und wird der wirtschaftlichen Bedeutung nicht gerecht. Daran ändert auch der Ausbau der Bundesstraßen und die Elektrifizierung der Südbahn Ulm-Lindau wenig. Erst mit dem Bodensee-Airport kann die Region ihren Nachteil entscheidend korrigieren und verfügt dadurch über ihr „Tor zur Welt“. Die IHK sieht es als öffentliche Aufgabe an, den Ländlichen Raum zu fördern und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse anzustreben, wozu auch eine Teilkompensation der Mobilitätsnachteile infolge der Randlage über eine Unterstützung des Flughafens gehört. Die Wirtschaft leistet ihren Beitrag nicht zuletzt durch Gewerbesteuer (Nettoaufkommen Bodensee-Oberschwaben 2018: 340 Millionen Euro).
  • Ein-Tages-Geschäftsreisen möglich: Für die Wirtschaft sind zeitsparende Flugverbindungen über die Drehkreuze (Frankfurt, Istanbul) und wichtige Direktverbindungen (Düsseldorf, Toulouse) von unschätzbarem Wert. Das Angebot des Flughafens erspart lange Anreisezeiten zu anderen Flughäfen (Stuttgart, Zürich, München). Die für Geschäftsreisende wichtigen Ein-Tages-Geschäftsreisen sind mit Anreisezeiten von über zwei Stunden über diese Flughäfen nahezu unmöglich. Dies trifft sowohl auf Großbetriebe wie viele KMU zu. Auch Kunden und Partnerunternehmen der hiesigen Firmen sind auf den Flughafen angewiesen. Dabei werden deutlich höhere Flugticketpreise als an den Großflughäfen in Kauf genommen. Diesen Eigenbeitrag der Wirtschaft leisten sowohl kleinere wie größere Unternehmen und besonders engagierte Großunternehmen geben sogar Abnahmegarantien für hochpreisige Ticketkontingente.
  • Sicherung des Messe-Standorts: Für die Messe Friedrichshafen ist der Bodensee-Airport insbesondere bei den internationalen Messen wie der Fakuma und der Eurobike ein Hauptargument, um den harten Standortwettbewerb in einem schwierigen Messegeschäft zu bestehen. Die effiziente Erreichbarkeit ist hierbei von hoher Bedeutung. Die AERO als weltweit führende Fachmesse für General Aviation (allgemeine Luftfahrt) beispielsweise wäre ohne die Nutzung der Flughafeninfrastruktur in dieser Form nicht mehr durchführbar.
  • Schwerpunkt Luft- und Raumfahrt: Als eine der Schwerpunktregionen für die Luft- und Raumfahrtindustrie in Deutschland, in der sich Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu einem regionalen Branchennetzwerk zusammengeschlossen haben, gibt es hier etwa 100 Unternehmen mit nahezu 10.000 Beschäftigten in diesem Sektor.
  • Stärkung des Tourismus: Die touristischen Verbindungen stärken die Tourismuswirtschaft der Region und sind für die Vierländerregion Bodensee ebenfalls bedeutsam. Wichtige internationale Konferenzen wie das Weltwirtschaftsforum in Davos oder die Nobelpreisträgertagung in Lindau zählen auf den Bodensee-Airport.
  • Regionaler ökonomischer Faktor: Der Bodensee-Airport ist Arbeitgeber und wichtiger Auftraggeber für regionale Handwerksbetriebe und Kleinunternehmen. Rund 700 Beschäftigte sind rund um den Flughafenbetrieb angesiedelt. Dazu gehören die Mitarbeiter der Flughafengesellschaft, der hier tätigen Behörden (Bundespolizei, Landespolizei, Zoll), Sicherheitsunternehmen, Fluggesellschaften, die Zeppelin Reederei, Unternehmen der Flugzeuginstandhaltung, Autovermieter, Reisebüros, Gastronomen, Duty Free Anbieter und die Flugsicherung. Mit dieser Beschäftigung entstehen erhebliche wirtschaftliche Effekte über Lohn- und Steuerzahlungen, Konsum und durch die Beauftragung überwiegend regionaler Dienstleister durch den Flughafen selbst.

Wirtschaftliche Situation der Flughafen Friedrichshafen GmbH

  • Positives operatives Ergebnis trotz Airline-Insolvenzen: Der Bodensee-Airport hatte in den letzten Jahren unverschuldet mehrere Airline-Insolvenzen zu verkraften. Als Regionalflughafen kann er die Konsequenzen und Mindereinnahmen nicht immer schnell kompensieren. Trotzdem ist es dem Bodensee-Airport im Gegensatz zu manch anderen Regionalflughäfen gelungen, im operativen Bereich seit 2011 meist schwarze Zahlen zu schreiben, das heißt das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) positiv zu gestalten. Das spricht deutlich für die hohe Effizienz, die im täglichen Flughafenbetrieb umgesetzt wird.
  • Ausgewogenes Geschäftsmodell: Ein positives operatives Ergebnis war auch deshalb möglich, weil der Flughafen über ein ausgewogenes Geschäftsmodell mit einem Mix aus bewährten und neuen Strategien in den Segmenten Drehkreuzverkehr, Touristikverkehr, Low Cost Verkehr und allgemeine Luftfahrt verfügt. Mehrere Standbeine stabilisieren den Flughafen, gleichwohl bedarf auch diese Strategie der regelmäßigen Überprüfung, wie sie derzeit durchgeführt wird.
  • Herausforderung Investitionen: Der Bodensee-Airport kann allerdings wie fast alle Flughäfen seiner Größenordnung die notwendigen Investitionen und die Finanzierung der Anlagen nicht aus dem laufenden Geschäft erwirtschaften. Eine Herausforderung der kommenden Jahre sind der Ersatz des Towers sowie einige aufgeschobene und zusätzlich notwendige Investitionen, die sich aus den veränderten Vorschriften der europäischen Luftsicherheitsbehörde (EASA) ergeben.
  • Fehlende Übernahme der Kosten der Flugsicherung: Im Gegensatz zu 16 größeren Flughäfen in Deutschland trägt der Bodensee-Airport als Regionalflughafen die Kosten für die Flugsicherung selbst. Andernorts werden sie komplett über die staatliche Deutsche Flugsicherung (DFS) abgedeckt. Die Kosten dafür summieren sich am Bodensee-Airport auf 2,0 Millionen. Euro. Von den Fluggesellschaften erhält der Flughafen rund 0,5 Millionen Euro, mehr ist aus Wettbewerbsgründen nicht möglich. Bis 2011 erhielt der Flughafen noch einen Zuschuss vom Land Baden-Württemberg in Höhe von rund 0,5 Millionen Euro jährlich, der dann aber gestrichen wurde.
  • Umweltbelange im Griff: Der Bodensee-Airport begrenzt mit seinen Nutzern (Fluggesellschaften) und der Flugsicherung, die Lärmbelastung im Rahmen der Möglichkeiten. Betreiber lauter Flugzeuge zahlen höhere Entgelte – somit gibt es einen Anreiz für den Einsatz geräuscharmer Flugzeugtypen. Die Lärmbelastung ist rückläufig und liegt deutlich innerhalb der gesetzlichen Grenzwerte. Seit 2012 müssen Fluggesellschaften, die von Flughäfen in der EU starten oder dort landen, für ihre CO₂-Emissionen Berechtigungen vorweisen. Der Flughafen investiert in umweltfreundliche Technologien: Die Befeuerung der Start-/Landebahn wird derzeit auf LED umgerüstet, für den Gepäcktransport wurde in Elektroschlepper investiert. Die Einführung klimafreundlicher Luftfahrttechnologie mit Elektro- und Hybridantrieb ist vor allem bei kleineren Flugzeugen, wie sie im Regionalflugverkehr eingesetzt werden, zu erwarten.

Die IHK Bodensee-Oberschwaben fordert

  • den Erhalt und die Weiterentwicklung des Bodensee-Airports als für die regionale Wirtschaft wichtige Verkehrsinfrastruktur.
  • eine faire öffentliche Diskussion über die Finanzierung des Bodensee-Airports – auch andere Verkehrsträger oder Infrastruktureinrichtungen sind nicht in der Lage, ihre Kosten vollständig selbst zu tragen.
  • die Anerkennung der Leistung des Bodensee-Airport, trotz widriger Umstände regelmäßig ein positives operatives Ergebnis erzielt zu haben.
  • die Unterstützung des Landes bei den notwendigen Investitionen des Bodensee-Airports, wie es der Koalitionsvertrag ausdrücklich zulässt und auch bei anderen Flughäfen zu beobachten ist.
  • den Einsatz des Landesverkehrsministeriums beim Bundesverkehrsministerium für eine Beseitigung des Wettbewerbsnachteils bei den Kosten der Flugsicherung und bis zu einer Lösung die Gewährung eines Zuschusses.
Weingarten, 15. Juli 2020