EU-Fusionskontrolle - neue Regelungen ab 1. September 2023


Die Kommission der Europäischen Union (EU) hat am 20. April 2023 ein Paket von Rechtsakten angenommen, mit dem die Verfahren zur Prüfung von Zusammenschlüssen nach der EU-Fusionskontrollverordnung weiter vereinfacht werden. Das Paket umfasst
Durch die Rechtsakte sollen Aufwand und Kosten für die Vorbereitung der Anmeldung von Zusammenschlüssen für Unternehmen und Berater erheblich sinken. Ferner wird die Prüfung unproblematischer Zusammenschlüsse durch die EU-Kommission vereinfacht und ausgeweitet (Fälle nach dem vereinfachten Verfahren). Auch sollen durchweg weniger Angaben gemacht werden müssen, um einen Zusammenschluss anzumelden, und die Übermittlung von Unterlagen soll optimiert werden. Das Paket dient dem Ziel der EU-Kommission, die Berichtspflichten um 25 Prozent zu verringern, wie es in der Mitteilung über die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der EU angekündigt wurde.
Die neuen Vorschriften gelten ab dem 1. September 2023.

Was hat sich geändert?

Die wichtigsten Änderungen an den bisherigen Vorschriften sind darauf ausgerichtet, sowohl das vereinfachte als auch das normale Fusionskontrollverfahren zu vereinfachen und zu straffen.
Dazu werden die Kategorien von Fällen, die nach dem vereinfachten Verfahren bearbeitet werden können, erweitert und präzisiert. In der Bekanntmachung werden zwei neue Kategorien von Fällen genannt, die künftig nach dem vereinfachten Verfahren bearbeitet werden können. Dabei handelt es sich um Fälle, in denen nach allen plausiblen Marktdefinitionen
  • der individuelle und der gemeinsame Marktanteil der an dem Zusammenschluss Beteiligten auf dem vorgelagerten Markt unter 30 Prozent liegt und die Unternehmen zusammen weniger als 30 Prozent der Vorleistungen auf dem vorgelagerten Markt beziehen und
  • der individuelle und der gemeinsame Marktanteil der an dem Zusammenschluss Beteiligten sowohl auf dem vor- als auch auf dem nachgelagerten Markt unter 50 Prozent bleibt, der Marktkonzentrationsindex (HHI-Delta) unter 150 Prozent liegt und das gemessen am Marktanteil kleinste Unternehmen auf dem vor- und dem nachgelagerten Markt dasselbe ist.
Für Fälle, die nicht unter eine der Standardkategorien für das vereinfachte Verfahren fallen, wird der EU-Kommission ein Ermessensspielraum eingeräumt, sodass sie entscheiden kann, ob dennoch das vereinfachte Verfahren zur Anwendung kommen soll.
Die Bekanntmachung enthält auch eine klarere und genauere Auflistung der Umstände, unter denen die EU-Kommission einen Fall, der eigentlich für das vereinfachte Verfahren infrage kommt, dennoch nach dem normalen Prüfverfahren bearbeiten kann.
Die Prüfung von Zusammenschlüssen wird gestrafft, indem die Anmeldeformulare zum jeweiligen Verfahren durch
  • Multiple-Choice-Fragen,
  • gestraffte Fragen zur Prüfung der Zuständigkeit und des Sachverhalts,
  • Bestimmung von Fallkategorien, die nach einem noch stärker vereinfachten Verfahren bearbeitet werden können,
  • Verringerung und Klarstellung der Anforderungen in Bezug auf die Angaben, die im Anmeldeformular zu machen sind,
  • Erläuterung der Möglichkeiten für Befreiungen von Informationspflichten,
  • Tabellen für Angaben zu den betroffenen Märkten und/oder
  • Streichung bestimmter Informationsanforderungen
effizienter gestaltet werden. Zudem soll die Übermittlung von Unterlagen an die EU-Kommission durch die regelmäßige Anmeldung auf dem elektronischen Weg optimiert werden.
Durch all diese Änderungen dürften sich auch Vorabkontakte einfacher gestalten und weniger Zeit in Anspruch nehmen.

Hintergrund

Die EU-Kommission hat die Aufgabe, Fusionen und Übernahmen von Unternehmen zu prüfen, deren Umsatz bestimmte Schwellenwerte übersteigt (vergleiche Artikel 1 der EU-Fusionskontrollverordnung), und Zusammenschlüsse zu untersagen, die den wirksamen Wettbewerb im gesamten oder in einem wesentlichen Teil des Europäischen Wirtschaftsraumes erheblich behindern würden. Im Rahmen wiederholter Überarbeitung des Fusionskontrollverfahrens brachte die EU-Kommission im März 2021 ihre Bewertung verfahrens- und zuständigkeitsbezogener Aspekte der EU-Fusionskontrolle zum Abschluss. Sie ergab, dass die bestehenden Regelungen bis dato eine Anwendung des vereinfachten Verfahrens in zu wenigen Fällen erlauben und daher zu erweitern, zu vereinfachen und zu präzisieren sind. Nach zwei darauf aufbauenden Konsultationen wurde nun der Folgenabschätzungsbericht mit der Bewertung der vorgeschlagenen Änderungen ebenfalls veröffentlicht (Zusammenfassung der Folgenabschätzung).

Weitere Informationen und Praxishinweise finden Sie auf der Webseite der EU-Kommission.

Quelle: Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK), EU-Kommission