Handwerk oder Industrie

Vorbemerkung

Die Frage der Zugehörigkeit eines Gewerbebetriebs zu Industrie- beziehungsweise „Nichthandwerk“ oder Handwerk, also die „Abgrenzung zum Handwerk“, beschäftigt die Industrie- und Handelskammer (IHK) in ihrem Tagesgeschäft häufig:
  • ein nichthandwerklicher Betrieb will sich einen - vermeintlichen oder tatsächlichen - handwerklichen oder handwerksähnlichen Geschäftsbereich angliedern;
  • ein Existenzgründer fragt nach seiner Zugehörigkeit und den sich daraus ergebenden Konsequenzen vor allem hinsichtlich der Berufszugangsvoraussetzungen für zulassungspflichtige Handwerke;
  • ein Fertigungsbetrieb, der sich im Grenzbereich Industrie/Handwerk bewegt, begehrt Auskunft, ob für seinen Bereich eine spezielle handwerkliche Qualifikation notwendig ist.
Die IHK ist in solchen Fällen bemüht, den Ratsuchenden eine objektive, den tatsächlichen Rechtsverhältnissen entsprechende Auskunft zu erteilen. Dabei führt oft eine von der IHK vorgenommene Überprüfung der handwerksrechtlichen Grundlagen unter besonderer Berücksichtigung der in der Handwerksordnung vorgesehenen Ausnahmetatbestände und der gerade im Abgrenzungsbereich sehr umfänglichen Rechtsprechung zu dem Ergebnis, dass eine beabsichtigte Tätigkeit ohne Eintragung in die Handwerksrolle ausgeübt werden kann.
In anderen Fällen wird die Industrie- und Handelskammer jedoch auch bestätigen müssen, dass es sich bei der beabsichtigten Tätigkeit eindeutig um eine handwerkliche oder handwerksähnliche Tätigkeit handelt und damit eine Zugehörigkeit zur Handwerkskammer gegeben ist.

Handwerksrechtliche Bestimmungen und ihre Auslegung

Zulassungspflichtiges, zulassungsfreies Handwerk, handwerksähnlich oder Industrie *)?

*) Der Gegensatz zu „Handwerk“ ist nicht immer „Industrie“. Eigentlich müsste man deshalb von „Nicht-Handwerk“ sprechen.
Dem Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (IHK) zufolge gehören diejenigen Gewerbetreibenden zur IHK, die nicht zur Handwerkskammer (HWK) gehören. In der Praxis sind allerdings viele gemischte Unternehmen beiden Kammern zugehörig.
Was ein Handwerksbetrieb ist, wird gesetzlich durch die Handwerksordnung (HwO) geregelt. Die HwO enthält in einer Anlage A ein Verzeichnis derjenigen 41 Gewerbe, die als zulassungspflichtiges Handwerk betrieben werden können, wozu es grundsätzlich der Meisterprüfung bedarf.
In der Anlage B Abschnitt 1 (B 1) ist ein Verzeichnis derjenigen 53 Gewerbe, die als zulassungsfreies Handwerk, in der Anlage B Abschnitt 2 (B 2) ein Verzeichnis derjenigen 57 Gewerbe, die handwerksähnlich betrieben werden können, aufgeführt. Für beide Gewerbearten bedarf es keiner Meisterprüfung.

Die Anlagen A und B zur Handwerksordnung finden Sie zum Herunterladen in der seitlichen Informationsleiste.

Beabsichtigt nun zum Beispiel ein gelernter Elektromaschinenbauer, einen eigenen Betrieb zu gründen, benötigt er die Handwerks-Meisterprüfung, da der Elektromaschinenbauer unter der Nummer 26 der Anlage A genannt wird. Ein Estrichleger hingegen benötigt zum Beispiel eine Meisterprüfung nicht, da dieses Gewerbe unter der Nummer 3 der Anlage B 1 aufgeführt ist, es sich also um ein zulassungsfreies Handwerk handelt.
Ein Elektromaschinenbaubetrieb würde allerdings dann, wenn man aufgrund der später noch näher zu erläuternden Abgrenzungskriterien zu dem Ergebnis käme, dass es sich nicht mehr um einen Handwerksbetrieb, sondern um einen Industriebetrieb handelt, zur IHK gehören.
Auch dann, wenn es sich um eine Fertigung handelt, welche weder der Anlage A noch der Anlage B zugeordnet werden kann, ist der Betrieb IHK-zugehörig.

Berufsbilder

Bei der Abgrenzung zwischen Nichthandwerk und zulassungspflichtigem Handwerk kommt den handwerklichen Berufsbildern lediglich ein informativer, nicht aber ein verbindlicher Charakter zu, das heißt, die bloße Erwähnung einer Teiltätigkeit in einem handwerklichen Berufsbild bedeutet nicht, dass es sich um eine handwerkliche Tätigkeit handelt - § 45 Nummer 1 HwO spricht insoweit eindeutig von einem „Meisterprüfungsberufsbild A“, das festlegt, welche Tätigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten den einzelnen zulassungspflichtigen Handwerken zum Zwecke der Meisterprüfung zuzurechnen sind. Es kommt vielmehr darauf an, dass die ausgeübte Teiltätigkeit dem jeweiligen Handwerk sein essentielles Gepräge gibt, also seinen Kernbereich ausmacht.

Einfache Tätigkeiten bei zulassungspflichtigen Handwerken

§ 1 Absatz  2 Satz 2 Handwerksordnung (HwO) definiert die einfachen, für ein zulassungspflichtiges Handwerk nicht wesentlichen Teiltätigkeiten. Er orientiert sich dabei an der herrschenden Rechtsprechung - insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts - der letzten Jahre. Danach können einfache Tätigkeiten aus Berufsbildern von zulassungspflichtigen Handwerken (Anlage A) ohne Qualifikation - also ohne Meisterbrief und auch Berufsausbildung - im Rahmen der Gewerbefreiheit generell selbstständig ausgeübt werden. Erforderlich ist lediglich eine Gewerbeanmeldung beim zuständigen Gewerbeamt der Gemeinde.
Einfache beziehungsweise keine wesentlichen Tätigkeiten sind in Bezug auf zulassungspflichtige Handwerke nach Anlage A der Handwerksordnung (HwO) solche, die
  • aus der Position des Ungelernten in bis zu drei Monaten erlernt werden können,
  • zwar eine längere Anlernzeit verlangen, aber aus der Gesamtsicht des zulassungspflichtigen Handwerks nebensächlich sind oder
  • nicht aus einem zulassungspflichtigen Handwerk entstanden sind.
Die Ausübung mehrerer einfacher Tätigkeiten zusammen ist so lange zulässig, wie sie nicht insgesamt als wesentlich bezeichnet werden müssen.

Abgrenzung von einfachen Tätigkeiten und wesentlichen (Kern-)Tätigkeiten bei zulassungspflichtigen Handwerken

  • Wer einfache, in bis zu drei Monaten erlernbare Tätigkeiten aus zulassungspflichtigen Handwerken (Anlage A) ausüben will, kann dies ohne weiteres tun. Ob entsprechend einfache Tätigkeiten vorliegen, sollte im Zweifelsfall mit den zuständigen Kammern (IHK und Handwerkskammer (HWK)) abgeklärt werden.
  • Wer weitergehende Tätigkeiten aus zulassungspflichtigen Handwerken ausüben will, kann g bei der IHK oder HWK prüfen lassen, ob es sich trotz längerer Anlernzeit um Tätigkeiten handelt, die für das Gesamtbild des betreffenden Handwerks nebensächlich sind. Muss diese Frage verneint werden, ist die Ausübung der dann wesentlichen Tätigkeit eines zulassungspflichtigen Handwerks ohne Betriebsleiter mit Meisterqualifikation nicht möglich.
  • Handelt es sich auch dann nicht um wesentliche Tätigkeiten eines zulassungspflichtigen Handwerks, wenn sie nicht aus einem solchen entstanden sind. Hierbei handelt es sich um Tätigkeiten, die zwar in dem betreffenden zulassungspflichtigen Handwerk auch ausgeübt werden (zum Beispiel der Trockenbau vom Stukkateur oder Tischler), die aber im industriellen Bereich entstanden sind bzw. entwickelt wurden.
Die Zugehörigkeit von solchen Kleinunternehmen zu IHK oder HWK richtet sich nach der beruflichen Vorbildung beziehungsweise Tätigkeit der Personen, die sich selbstständig machen. Haben sie
  • die Gesellenprüfung in einem zulassungspflichtigen Handwerk abgelegt,
  • ist die von der Selbstständigkeit erfasste Tätigkeit Bestandteil dieser mit der Gesellenprüfung abgeschlossenen Erstausbildung in einem Handwerk und
  • macht die auf der Gesellenprüfung fußende Tätigkeit den überwiegenden Teil der gewerblichen Tätigkeit aus,
dann gehören sie der Handwerkskammer, ansonsten der IHK an. Analoges gilt für entsprechende ausbildungsvorbereitende Maßnahmen, die einer handwerklichen Gesellenprüfung entsprechen. Diese Regelung über die unterschiedliche Kammerzugehörigkeit bei gleicher Tätigkeit im Rahmen eines Minderhandwerks gilt allerdings erst für Gewerbetreibende, die nach dem 30. Dezember 2003 ihr Gewerbe angemeldet haben.
Da die Definition der einfachen Tätigkeiten nur die zulassungspflichtigen Handwerke (Anlage A) betrifft, ist davon auszugehen, dass jede - also auch eine unwesentliche - Tätigkeit in einem zulassungsfreien Handwerk (Anlage B 1) bzw. auch in einem handwerksähnlichen Gewerbe (Anlage B 2) zur Handwerkskammer-Zugehörigkeit des betreffenden Gewerbetreibenden führt.

IHK-zugehörig

Kommt man zu dem Ergebnis, dass das beabsichtigte Gewerbe weder handwerklich noch handwerksähnlich, sondern industriell ausgeübt wird, so ist die IHK-Zugehörigkeit gegeben (siehe dazu Abgrenzungskriterien). Für die Gründung eines „Industriebetriebes“ bedarf es keiner gewerberechtlichen Voraussetzung - also auch nicht der Meisterprüfung. Normalerweise genügt die Anmeldung des Gewerbes bei der zuständigen Ordnungsbehörde. In Zweifelsfällen wird die Kontaktaufnahme mit Ihrer IHK empfohlen.

Meister, Ingenieur oder „Altgeselle“

  • Wer eines der in der Anlage A genannten zulassungspflichtigen Handwerke als stehendes Gewerbe selbständig ausüben will, bedarf der Eintragung in die Handwerksrolle. In diese wird eingetragen, wer in dem von ihm zu betreibenden Handwerk oder in einem verwandten Handwerk die Meisterprüfung bestanden hat.
  • Die Eintragungsvoraussetzung wird auch erfüllt durch eine Ingenieur- oder Diplomprüfung der betreffenden Fachrichtung beziehungsweise eine dem betreffenden zulassungspflichtigen Handwerk mindestens gleichwertige deutsche staatliche oder staatlich anerkannte Prüfung (zum Beispiel kann das eine Industriemeisterprüfung sein).
  • Gesellen, die eine Ausbildung in einem zulassungspflichtigen Handwerk haben, können sich nach sechs Jahren praktischer Tätigkeit in diesem Handwerk, davon vier Jahre in leitender Position, ohne Meisterprüfung selbstständig machen (Altgesellenregelung). Sie erhalten eine sogenannte Ausübungsberechtigung. Ausgenommen sind hier die Schornsteinfeger und die „Gesundheitshandwerke“.

Einzelunternehmen oder Gesellschaft; Betriebsleiter

Bei einem Einzelunternehmen muss der Alleininhaber oder ein Betriebsleiter, bei einer juristischen Person (zum Beispiel Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)) der Betriebsleiter die entsprechende Qualifikation nachweisen. Wer also einen zulassungspflichtigen Handwerksbetrieb eröffnen will und nicht über die Meisterprüfung oder eine der unter 5. genannten Voraussetzungen verfügt, kann einen Meister als Betriebsleiter einstellen. Die HWK verlangt aber einen Anstellungsvertrag über mindestens 25 Wochenstunden und bei sogenannten Gefahrenhandwerken eine ständige Präsenz des Betriebsleiters.
Für die handwerkliche Betriebsführung kann also seit 1.Januar 2004 ein Meister als Betriebsleiter unabhängig von der Rechtsform des Betriebs (also auch von einem Einzelunternehmen, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer Personengesellschaft nach Handelsgesetzbuch (HGB)) eingestellt werden. Das frühere Inhaberprinzip wurde damit abgeschafft.
Über weitere Einzelheiten zur Gründung eines Handwerksbetriebes sollte man sich bei der Handwerkskammer beraten lassen.
Für den Bodenseekreis und den Landkreis Ravensburg: HWK Ulm; für den Landkreis Sigmaringen: HWK Reutlingen.

Ausnahmebewilligung

Eine Eintragung in die Handwerksrolle kann auch mit einer - eventuell befristeten - Ausnahmebewilligung gemäß § 8 Handwerksordnung (HwO) erfolgen. Sie kann erteilt werden, wenn meistergleiche Kenntnisse und Fertigkeiten nachgewiesen werden und die Ablegung der Meisterprüfung eine unzumutbare Belastung bedeuten würde. Weiterhin liegt ein Ausnahmefall auch dann vor, wenn der Antragsteller eine Prüfung, deren Inhalt und Umfang nach dem Berufsbildungsgesetz und einer dazu erlassenen Rechtsverordnung staatlich festgelegt ist, bestanden hat.
Die Ausnahmebewilligung erteilt die Verwaltungsbehörde (Regierungspräsidium) nach vorheriger Anhörung der Handwerkskammer.

Nebenbetrieb bei zulassungspflichtigen Handwerken

Häufig will man in einem Betrieb handwerkliche und nichthandwerkliche Geschäftsbereiche nebeneinander betreiben. Oder ein schon bestehendes Unternehmen, zum Beispiel reiner Kraftfahrzeug-Handel und damit allein IHK-zugehörig, beabsichtigt, künftig auch Kraftfahrzeug-Reparaturen für Dritte auszuüben.
Das Unternehmen würde sich dann im IHK-zugehörigen Hauptbetrieb mit dem Kraftfahrzeughandel befassen, während für die Kraftfahrzeug-Reparatur ein handwerklicher Nebenbetrieb vorläge, für den es aber der handwerksrechtlichen Voraussetzungen (Meisterprüfung) bedarf, da dieser Beruf in der Anlage A der Handwerksordnung aufgeführt ist. Es handelt sich im vorliegenden Fall aber nur dann um einen handwerklichen Nebenbetrieb, wenn die Kraftfahrzeug-Reparaturen für Dritte erbracht werden und der Nebenbetrieb für sich allein betrachtet als handwerklicher Betrieb anzusehen wäre.
Ferner muss der Nebenbetrieb im Vergleich zum Hauptbetrieb von untergeordneter Bedeutung sein. Es kommt also darauf an, wo der Schwerpunkt liegt. Der Nebenbetrieb muss zudem dem Zweck des Hauptbetriebes dienen. Falls ein wirtschaftlich-technischer Zusammenhang fehlt, liegt kein Nebenbetrieb vor, sondern es handelt sich um zwei verschiedene Gewerbebetriebe. Dies wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Autohändler zusätzlich eine Bäckerei eröffnen wollte.

Unerheblichkeitsgrenze beim Nebenbetrieb

Eine Eintragung in die Handwerksrolle ist bei einem Nebenbetrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks dann nicht erforderlich, wenn innerhalb eines Industrie- oder Handelsunternehmens und dabei im Rahmen eines handwerklichen Nebenbetriebes handwerkliche Leistungen für Dritte erbracht werden, die unter die Unerheblichkeitsgrenze der Handwerksordnung fallen („unerheblicher handwerklicher Nebenbetrieb“). Die handwerklichen Leistungen sind dann unerheblich, wenn sie während eines Jahres die durchschnittliche Arbeitszeit eines ohne Hilfskräfte Vollzeit arbeitenden handwerklichen Betriebes des betreffenden Handwerkszweiges nicht überschreiten. Als durchschnittliche Jahres-Arbeitszeit kann dabei von 1664 Stunden ausgegangen werden.
Auch bei einem Ein-Personen-Betrieb kann ein handwerklicher Nebenbetrieb ohne Eintragung in die Handwerksrolle geführt werden. Voraussetzung ist, dass der Nebenbetrieb mit einem nichthandwerklichen Betriebsteil verbunden ist, bei dem wirtschaftlich das Schwergewicht liegt. Ferner ist erforderlich, dass die Leistungen des handwerklichen Betriebsteils, die sich im Rahmen der Unerheblichkeitsgrenze halten müssen, vom wirtschaftlichen Standpunkt und vom Interesse der Kunden her eine sinnvolle Ergänzung und Erweiterung des Leistungsangebotes des nichthandwerklichen Hauptgeschäftes darstellen.

Hilfsbetrieb bei zulassungspflichtigen Handwerken

Würde hingegen - um bei dem obigen Beispiel zu bleiben - der Kraftfahrzeug-Handelsbetrieb ausschließlich für die Reparatur der firmeneigenen Fahrzeuge eine Reparaturwerkstatt einrichten, handelt es sich um einen Hilfsbetrieb, für den eine Meisterprüfung nicht erforderlich ist. Eine Handwerksrolleneintragung erübrigt sich. Anders als im unerheblichen Nebenbetrieb gibt es hier keine quantitative Beschränkung nach der Arbeitszeit.
Ein Hilfsbetrieb (im engeren Sinne) wird also nicht für Dritte, sondern lediglich für den Hauptbetrieb oder für andere dem Inhaber des Hauptbetriebs gehörende Betriebe tätig. Er dient ausschließlich der wirtschaftlichen Zweckbestimmung des Hauptbetriebes (§ 3 Absatz 3 Ziffer 1 HwO).
Ein nicht handwerksrollenpflichtiger Hilfsbetrieb liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Beispiel vor, wenn ein Gebrauchtwagenhändler auch Kraftfahrzeuge zum Zwecke des Wiederverkaufs repariert, solange der reine Handel mit gebrauchten Fahrzeugen nach den erzielten Umsätzen überwiegt und der Handel dem Gesamtbetrieb das Gepräge gibt. Die an sich handwerkliche Reparaturtätigkeit (Reparatur von Kraftfahrzeugen) wird nach der Rechtsprechung im Beispielsfall nicht für Dritte ausgeübt, sondern dient der Zweckbestimmung des Hauptbetriebes, nämlich dem Handel mit gebrauchten Kraftfahrzeugen. Anders wäre es zum Beispiel, wenn überwiegend Unfallfahrzeuge zum Zwecke der Reparatur und des Weiterverkaufs angekauft würden. Hier liegt ein handwerklicher Hauptbetrieb vor.
Ein Hilfsbetrieb (im weiteren Sinne) liegt auch dann vor (§ 3 Absatz 3 Ziffer 2 HwO), wenn Leistungen für Dritte erbracht werden, die
  • als handwerkliche Arbeiten untergeordneter Art zur gebrauchsfertigen Überlassung üblich sind. Dabei kann es sich um einfachere Zusammensetzungs- und Anschlussarbeiten für die von Industrie und Handel gelieferten Anlagen handeln oder aber um die Beseitigung von kleinen Mängeln, die bei der Lieferung von Gegenständen entstanden sind. Die Arbeiten müssen - isoliert betrachtet - einfach und dürfen nicht zu aufwendig sein. Sie müssen zudem branchenüblich sein. Konkret wird man dies jeweils nur im Einzelfall für die einzelnen Branchen beantworten können.
  • in unentgeltlichen Pflege-, Installations-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten bestehen. Diese Arbeiten dürfen sich nur auf solche Gegenstände beziehen, die im Rahmen des Hauptbetriebes geliefert wurden. Dabei wird davon ausgegangen, dass diese Wartungsarbeiten bereits im Preis der Hauptleistung enthalten sind. Wird hingegen die Wartung nur gegen einen Preisaufschlag übernommen, so ist die Unentgeltlichkeit nicht mehr gegeben. Dies gilt zum Beispiel für auf einer vertraglichen oder gesetzlichen Gewährleistungspflicht wie der Sachmängelhaftung gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) und Handelsgesetzbuch (HGB) beruhenden Leistung.
  • in entgeltlichen Pflege-, Installations-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten an solchen Gegenständen bestehen, die in dem Hauptbetrieb selbst erzeugt worden sind oder für die der Hauptbetrieb als Hersteller im Sinne des Produkthaftungsgesetzes gilt. Hersteller ist nach dieser Definition, wer das Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat oder wer sich durch Anbringung seines Namens, seiner Marke oder eines anderen unterscheidungskräftigen Kennzeichens als Hersteller ausgibt. Ferner gilt als Hersteller, wer ein Produkt zum Zwecke des Verkaufs, der Vermietung, des Mietkaufs oder einer anderen Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit in den Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einführt oder verbringt.

Zulassungsfreie Handwerke und handwerksähnliche Gewerbe

Für die Ausübung eines in der Anlage B 1 aufgeführten zulassungsfreien Handwerks bzw. eines in der Anlage B 2 genannten handwerksähnlichen Gewerbes bedarf es keiner Meisterprüfung oder sonstiger Zulassungsvoraussetzungen. Der Betrieb wird lediglich in ein spezielles Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke beziehungsweise der handwerksähnlichen Gewerbe bei der Handwerkskammer eingetragen.
Eine Eintragung in diese Verzeichnisse - und damit eine Handwerkskammerzugehörigkeit - kommt dann nicht in Betracht, wenn das zulassungsfreie Handwerk oder das handwerksähnliche Gewerbe als „Nebenbetrieb“ oder „Hilfsbetrieb“ eines Industrie- oder Handelsunternehmens betrieben wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Regelungen in § 3 HwO für Haupt- und Nebenbetriebe nämlich nur auf die zulassungspflichtigen Handwerke anwendbar. Betriebe dieser Art bei zulassungsfreien Handwerken und handwerksähnlichen Gewerben gehören damit mit ihrem Hauptbetrieb gemeinsam zur IHK.

Handwerk/Kunst

Oftmals glauben speziell Existenzgründer, die über die Meisterprüfung nicht verfügen, dieses Qualifikationserfordernis dadurch umgehen zu können, dass sie sich als Künstler bezeichnen beziehungsweise ihre Tätigkeit als Kunsthandwerk.
Dazu ist festzustellen, dass es zwei Kunstbegriffe gibt, einen steuerlichen und einen gewerberechtlichen. Die Frage Handwerk oder Kunst ist bisher fast ausschließlich auf der Ebene der Finanzgerichte entschieden worden, während es auf der Verwaltungsgerichtsebene an klaren Entscheidungen fehlt.
Nach Auffassung der Handwerkskammer entscheidet über die Frage Handwerk oder Kunst die Handwerkskammer, unabhängig davon, ob eine steuerliche Anerkennung als Künstler erfolgt sei. Freiberuflicher Künstler und damit nicht mehr Gewerbetreibender ist jemand also nur dann, wenn er sowohl steuerrechtlich als auch handwerksrechtlich als Künstler anerkannt wird.
Die Erfahrung zeigt, dass es sehr schwierig ist - speziell gewerberechtlich - als Künstler anerkannt zu werden.

Gelegentliche Tätigkeiten

Schließlich kann von Gewerbsmäßigkeit im Sinne der Handwerksordnung nur gesprochen werden, wenn eine Tätigkeit fortgesetzt ausgeführt wird, das heißt Gelegenheitsarbeiten sind nicht gewerbsmäßig und schon deshalb nicht handwerksrollenpflichtig. Aber auch Gelegenheitsarbeiten können gewerbsmäßig sein, wenn sie zum Beispiel saisonbedingt sind oder die Grenze des geringfügigen Umfangs überschritten wird.

Subunternehmer

Auch wer als Subunternehmer zulassungspflichtige handwerkliche Tätigkeiten ausüben will, benötigt grundsätzlich die Meisterprüfung, es sei denn, der Subunternehmer würde weder im eigenen Namen noch auf eigene Rechnung tätig werden und in einem Umfang an Weisungen (des Generalunternehmers) gebunden sein, dass von einer handwerksmäßigen Betriebsweise, bei der noch ein gewisses Maß Eigenständigkeit bei Planung der Arbeiten und des Arbeitsablaufes gegeben sein muss, nicht mehr gesprochen werden kann. In diesem Ausnahmefall ist kein selbstständiger, dem Handwerksrecht unterliegender, Gewerbebetrieb gegeben. Die Rechtsprechung hat jedoch bisher in einschlägigen Fällen, trotz teilweise beachtlicher Einschränkung des unternehmerischen Entscheidungsspielraumes, die Selbstständigkeit von Subunternehmern fast ausnahmslos bejaht.

Abgrenzungskriterien

Während die Abgrenzung des Handels vom Handwerk vergleichsweise einfach ist, ist die Abgrenzung eines Betriebes, der nebeneinander industriell und handwerklich fertigt, häufig schwierig. Ähnlich problematisch ist die Frage, wann ein großer Handwerksbetrieb und wann ein kleiner Industriebetrieb vorliegt, das heißt wann ein Gewerbebetrieb handwerksmäßig und wann industriell betrieben wird. Es wurde vom Gesetzgeber bewusst darauf verzichtet, besondere Merkmale als charakteristisch für einen Handwerksbetrieb festzulegen.
Angesichts der Problematik der Abgrenzung zwischen Industrie- und Handwerk gibt es zu diesem Thema eine umfangreiche Rechtsprechung und Literatur.
Mit Hilfe der nachfolgend näher erläuterten wichtigsten Abgrenzungskriterien (keine abschließende Aufzählung!) lässt sich die Frage im Einzelfall, oft verbunden mit einem Betriebsbesuch von Vertretern beider Kammern, jedoch - wenn auch nicht immer einfach - beantworten. Wichtig ist, dass meist keines der folgenden und weiteren Merkmale allein zur Abgrenzung ausreicht. Umgekehrt müssen nicht sämtliche Merkmale für das Abgrenzungsergebnis erfüllt sein. Vielmehr ist die Beurteilung nach der Gesamtstruktur des Betriebes im Einzelfall entscheidend.
  • Betriebsgröße Sie wird gemessen an der räumlichen Ausdehnung des Betriebes, der Zahl der Mitarbeiter, der Höhe des Umsatzes und des Kapitaleinsatzes. Die Größe des Betriebes, insbesondere die Zahl der Mitarbeiter, ist dafür entscheidend, ob der Betriebsinhaber noch in eigener Person im gewerblich-technischen Bereich insgesamt bestimmenden Einfluss ausüben kann. Diese persönliche Einflussnahme gehört nämlich nach herkömmlichem Verständnis zur handwerksmäßigen Betriebsform (siehe auch das folgende Abgrenzungskriterium).
  • Anforderungen an Betriebsinhaber/Überschaubarkeit des Betriebes Die persönliche Mitarbeit des Betriebsinhabers im handwerklich-fachlichen Bereich kann ein wichtiges Indiz für einen Handwerksbetrieb sein. Wesentlich ist, ob der Betriebsinhaber aufgrund der Organisation des Betriebes (objektiv) in der Lage ist, die Arbeit seiner Mitarbeiter im einzelnen zu überwachen, um ihnen gegebebenfalls Anweisungen zu erteilen. Dabei ist es unwesentlich, ob er dies tatsächlich (subjektiv) auch tut. Wenn diese persönliche Einflussnahme aufgrund der Betriebsstruktur nicht mehr möglich ist, verliert das Verlangen der Handwerksordnung, dass grundsätzlich der Inhaber des Betriebes in eigener Person die fachliche Qualifikation (Meisterprüfung) nachweisen muss, seinen Sinn und seine Berechtigung.
  • Fachliche Qualifikation der Mitarbeiter Die Mitarbeiter in Handwerksbetrieben sind üblicherweise so ausgebildet, dass sie im wesentlichen alle im Betrieb anfallenden Arbeiten ausführen und daher innerhalb des Betriebes gegeneinander ausgewechselt werden können. In einem Industriebetrieb sind die einzelnen Mitarbeiter jedoch oft nur mit einzelnen Arbeitsvorgängen vertraut und nicht ohne weiteres gegeneinander auswechselbar. Entscheidend ist, ob und in welchem Umfang der Einsatz umfassend fachlich qualifizierter Arbeitskräfte des Handwerks erforderlich ist.
  • Arbeitsteilung Während in einem Handwerksbetrieb ein Mitarbeiter in allen Phasen mit der Herstellung eines handwerklichen Produktes befasst ist, spricht für einen Industriebetrieb eine weitgehende Arbeitsteilung insofern, als von den einzelnen Arbeitskräften stets nur bestimmte, in der Regel immer wiederkehrende, eng begrenzte Teilarbeiten auszuführen sind.
  • Verwendung von Maschinen Ein umfangreicher Maschineneinsatz, der für handwerkliche Arbeiten kaum noch Raum lässt, spricht für eine industrielle Betriebsweise. Hingegen deutet es auf einen Handwerksbetrieb hin, wenn die Maschinen zur Erleichterung und Unterstützung der Handarbeit eingesetzt werden.
  • Betriebliches Arbeitsprogramm Für einen Handwerksbetrieb ist es in der Regel typisch, dass Einzelfertigungen aufgrund individueller Bestellungen vorgenommen werden. Das Merkmal einer industriellen Betriebsweise ist hingegen üblicherweise die Massenfertigung für einen „anonymen Markt“, wobei im Gegensatz zum Handwerk auch auf Lager produziert wird.