Was der Arbeitgeber zum Urlaubsanspruch wissen muss

Vorbemerkungen

Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Die gesetzlichen Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes (im Folgenden abgekürzt: BUrlG) gewährleisten jedem Arbeitnehmer einen Mindesturlaubsanspruch und regeln die Modalitäten der Urlaubsgewährung und -vergütung.
Diese IHK-Information skizziert die wesentlichen Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes einschließlich der besonderen Urlaubsregeln für bestimmte Arbeitnehmergruppen. Es ist als Hilfestellung gedacht und wurde mit großer Sorgfalt erstellt. Eine Haftung für die Richtigkeit kann jedoch nicht übernommen werden.

Geltungsbereich des BUrlG

Anspruch auf Erholungsurlaub haben alle Arbeitnehmer einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, Teilzeitbeschäftigte, Aushilfsbeschäftigte, in Ferienarbeit und in Nebentätigkeit Beschäftigte und geringfügig Beschäftigte. Zu beachten ist, dass im Falle der Entsendung von Arbeitnehmern das BUrlG nur dann Anwendung findet, wenn das Arbeitsverhältnis deutschem Arbeitsrecht unterliegt. In der Praxis werden Inhalt und Umfang des Urlaubsanspruchs häufig durch vertragliche Vereinbarung für den Arbeitnehmer günstiger gestaltet. Tarifvertraglich können allerdings auch für den Arbeitnehmer ungünstigere Regelungen getroffen werden. Das heißt konkret: Abweichende Urlaubsregelungen, die für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen vorsehen, sind stets zulässig (zum Beispiel mehr Urlaubstage als der gesetzliche Urlaubsanspruch). Bei ungünstigeren Regelungen ist zu differenzieren: Regelungen (auch kollektivrechtliche), die den Mindestanspruch der §§ 1-3 BUrlG beschneiden, sind nichtig. Ansonsten sind Schlechterstellungen auf tariflicher Grundlage möglich.

Urlaubsdauer

Grundsatz

Der jährliche Mindesturlaub beträgt gemäß § 3 BUrlG 24 Werktage. Unter Werktagen in diesem Sinne versteht man alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind. Das BUrlG geht also von einer 6-Tage-Woche aus. Um den Mindesturlaub für einen geringeren Arbeitsumfang/Teilzeitkräfte festzulegen, ist folgende Rückrechnung erforderlich:
6 Tage/Woche:  24 Urlaubstage (Arbeitstage)
5 Tage/Woche:  20 Urlaubstage (Arbeitstage)
4 Tage/Woche:  16 Urlaubstage (Arbeitstage)
3 Tage/Woche:  12 Urlaubstage (Arbeitstage)
2 Tage/Woche:   8 Urlaubstage (Arbeitstage)
1 Tag/Woche:    4 Urlaubstage (Arbeitstage)
In allen Fällen ergibt sich so ein Jahresurlaub von vier Wochen. Dieser errechnete Mindesturlaub gilt unabhängig von den geleisteten Stunden an den Arbeitstagen. Entscheidend ist allein, an wie vielen Tagen der Arbeitnehmer in der Woche beschäftigt ist.

Sonderfälle: Minderjährige/Schwerbehinderte

Besonderheiten beim Mindesturlaub gelten für Minderjährige und Schwerbehinderte. Der Arbeitgeber hat Jugendlichen nach § 19 Jugendarbeitsschutzgesetz für jedes Kalenderjahr bezahlten Urlaub zu gewähren. Dieser beträgt mindestens:
  • 30 Werktage, wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 16 Jahre alt ist,
  • 27 Tage, wenn der Jugendliche noch nicht 17 Jahre alt ist und
  • 25 Werktage, falls der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahres noch keine 18 Jahre alt ist.
Schwerbehinderte haben jährlich einen Anspruch auf bezahlten zusätzlichen Urlaub von fünf Arbeitstagen bei einer 5-Tage-Woche, § 208 Abs. 1 SGB IX.

Berechnung der Urlaubsdauer bei wöchentlich unregelmäßiger Arbeitszeit

Ist die Arbeitszeit des Arbeitnehmers nicht regelmäßig auf eine bestimmte Anzahl von Wochentagen verteilt, ist die Berechnung auf das Jahr zu beziehen. Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden.

Beispiel:

Eine Arbeitnehmerin arbeitet in einem Jahr während 26 Wochen fünf Tage und während 26 Wochen vier Tage (26 x 5 + 26 x 4 = 234 Jahresarbeitstage) im Verhältnis zu den Jahreswerktagen = 312 (52 x 6) ergibt das einen Urlaubsanspruch von 18 Tagen (234 : 312 x 24 = 18).

„Sonderurlaub“

Bei kurzfristiger persönlicher Verhinderung des Arbeitnehmers ist er unter Vergütungsfortzahlung von der Arbeit freizustellen. Rechtsgrundlage dafür ist der § 616 BGB, der aussagt, dass der Arbeitnehmer bezahlt von seiner Arbeitspflicht zu befreien ist, wenn er aus einem in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit an der Arbeitsleistung verhindert ist.
Beispiele:
  • Arztbesuche, sofern dringlich und nicht auf einen Zeitpunkt außerhalb der Arbeitszeit verschiebbar
  • Gesundheitspolizeiliche Pflichtuntersuchungen
  • Wahrnehmung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten (zum Beispiel Schöffendienst)
  • persönliche Ereignisse (zum Beispiel wegen eigener Eheschließung, Geburt eines Kindes oder Tod eines nahen Angehörigen)
Die Freistellung erfolgt für eine nicht erhebliche Zeit. Das BUrlG enthält keine Regelungen hierzu. Angaben zum zu gewährenden Zeitraum sind oft in Tarifverträgen enthalten.
Hinsichtlich der Betreuung eines kranken Kindes gelten folgende Obergrenzen:
  • zehn Arbeitstage pro Kalenderjahr und Kind, maximal 25 Arbeitstage bei mehreren Kindern 
  • für Alleinerziehende 20 Arbeitstage pro Kalenderjahr und Kind, maximal 50 Arbeitstage bei mehreren Kindern.
Durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag können abweichende Regelungen getroffen werden.

Voller Urlaubsanspruch/Teilurlaub

Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben (§ 4 BUrlG). Hat der Arbeitnehmer die sechsmonatige Wartezeit erfüllt und scheidet er nach dem 30. Juni eines Kalenderjahres aus, so steht ihm der volle Urlaubsanspruch zu. Anspruch auf je 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat (nicht Kalendermonat) des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer
  • für Zeiten eines Kalenderjahres, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt; Erfasst sind hiermit alle Fälle, in denen das Arbeitsverhältnis erst nach dem 1. Juli eines Jahres begonnen wird. Dem Arbeitnehmer steht in diesem Fall für jeden vollen Monat 1/12 des Jahresurlaubs zu
  • wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet; hier sind die Fälle gemeint, in denen der Arbeitnehmer innerhalb der ersten sechs Monate des Bestehens des Arbeitsverhältnisses geht
  • wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Betroffen sind hier sämtliche Fälle, in denen zunächst ein Vollanspruch entstanden ist, das Arbeitsverhältnis dann aber bis zum Ende des 30. Juni des Kalenderjahres beendet wird.
Die Frist zur Berechnung der Wartezeit beginnt regelmäßig mit dem Anfang des Tages der vereinbarten Arbeitsaufnahme. Unerheblich ist dabei, ob die Wartezeit innerhalb ein und desselben Kalenderjahres erfüllt werden kann; sie wird durch den Jahreswechsel nicht unterbrochen.
Die Gewährung von einem Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses bedeutet auch, dass für Beschäftigungszeiten unter einem Monat überhaupt kein Urlaubsanspruch gewährt wird. Gemeint ist hier nicht der Kalendermonat. Bei einer Beschäftigung vom 15. Mai bis zum 20. Juni ist beispielsweise ein voller Monat der Beschäftigung gegeben.
Zu beachten ist weiter, dass angefangene Monate bei der Berechnung grundsätzlich keine Berücksichtigung finden, es sei denn, vertraglich wurde etwas anderes vereinbart.

Beispiel:

Eine teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin, die an zwei Tagen die Woche arbeitet, scheidet nach einem Monat und zwei Wochen aus dem Arbeitsverhältnis aus. Der (Mindest-) Jahresurlaub nach dem BUrlG beträgt acht Tage für eine 2-Tage-Woche (unabhängig von der geleisteten Stundenzahl). Nachdem die Beschäftigung nur einen vollen Monat angedauert hat, ist ein Urlaubsanspruch von einem Zwölftel von acht Urlaubstagen (0,66 Urlaubstage) entstanden. Nachdem Bruchteile von Arbeitstagen, die bei der Berechnung mindestens einen halben Tag ergeben, auf volle Urlaubstage aufzurunden sind, besteht ein Urlaubsanspruch von einem Tag.

Sonderfall: Übergang zu anderen Beschäftigungszeiten

Ändert sich die Beschäftigungszeit eines Arbeitnehmers – zum Beispiel Übergang zu einer Arbeitszeit von weniger als fünf Arbeitstagen in der Kalenderwoche - reduziert sich nicht nur der neu zu erwerbende Urlaub entsprechend der geleisteten Arbeitstage pro Woche, sondern es wird auch der gegebenenfalls noch vorhandene Resturlaub aus dem vergangenen Jahr heruntergerechnet.

Unschädlichkeit von Zeiten der Nichtbeschäftigung und kurzfristigen Unterbrechungen

Angerechnet werden nicht nur effektive Arbeitsleistungen, sondern auch sämtliche Zeiten der Nichtbeschäftigung, die den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses unberührt lassen (insbesondere Krankheit): So kann zum Beispiel ein Arbeitnehmer, der von Februar bis November krank war, dennoch den vollen Jahresurlaub beanspruchen. Ist es ihm jedoch nicht möglich, den Urlaub bis Jahresende, spätestens bis zum Ablauf des Übertragungszeitraumes (in der Regel März des Folgejahres) zu nehmen, verfällt er ersatzlos.
Eine Unterbrechung bedeutet dagegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Wann eine Unterbrechung noch als kurzfristig anzusehen ist, hängt im wesentlichen von der Dauer des Arbeitsverhältnisses - auch für die Zukunft - ab.

Anrechnung von Nichtarbeitszeiten

  • Gesetzliche Feiertage: Sie werden nicht auf den Urlaub angerechnet; maßgeblich ist nicht der Wohnort des Arbeitnehmers, sondern sein Arbeitsort. Die Bundesländer haben Feiertagsgesetze erlassen, denen die jeweils geltenden Feiertage entnommen werden können. Da zum Beispiel der 24. und 31. Dezember danach keine (vollen) gesetzlichen Feiertage sind, gelten sie als Werktage. Für eine Arbeitsbefreiung muss deshalb Urlaub beantragt werden, es sei denn, es wurde etwas anderes vereinbart.
  • Bei Arbeitsfreistellungen aus persönlichen Gründen ist zu unterscheiden: Steht der Freistellungstermin (insbesondere bei Geburten, Hochzeiten oder Todesfällen im Familienkreis) vor Urlaubsantritt fest und wird er dem Arbeitgeber bekannt gemacht, so scheidet eine Anrechnung auf den Urlaub regelmäßig aus. Entsteht dagegen der persönliche Verhinderungsgrund erst während des Urlaubs, kommt eine Freistellung grundsätzlich nicht mehr in Frage. In beiden Fällen besteht also grundsätzlich kein Anspruch auf die Anrechnung auf den Urlaub.
  • Kuraufenthalte: Diese dürfen dann nicht auf den Urlaub angerechnet werden, wenn ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nach den gesetzlichen Vorschriften über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall besteht.

Befristung und Übertragung des Urlaubs

Der Urlaub muss grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Unter bestimmten Voraussetzungen - nämlich wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen - ist eine Übertragung des Urlaubsanspruchs in das nächste Kalenderjahr möglich. Der Arbeitnehmer kann dann bis zum 31. März des Folgejahres seinen Urlaub übertragen. Einzel- und tarifvertraglich wird die Übertragungsmöglichkeit allerdings oft zugunsten des Arbeitnehmers erleichtert (zum Beispiel Übertragbarkeit bis 30. April). Eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien kann dabei auch stillschweigend - etwa durch Gewährung des Urlaubs im Übertragungszeitraum - zustande kommen.
Ein Übertragungsanspruch über den 31. März des Folgejahres hinaus besteht unter besonderen Umständen, zum Beispiel bei längerer Krankheit.

Dringende betriebliche Gründe

Dabei handelt es sich um solche Umstände, die „in der betrieblichen Organisation, dem technischen Arbeitsablauf, der Auftragslage und ähnlichen Umständen“ ihren Grund haben und die es im Hinblick auf einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf zwar nicht zwingend erforderlich, aber doch geboten erscheinen lassen, Urlaub nicht (mehr) im ablaufenden Kalenderjahr zu gewähren.

Persönliche Gründe des Arbeitnehmers

Es muss sich nicht um dringende, wohl aber um „berechtigte“ Gründe handeln.

Langandauernde Krankheit

Die Krankheit des Arbeitnehmers stellt einen persönlichen Grund dar, der es ermöglicht, den Urlaub erst im Übertragungszeitraum zu nehmen/zu gewähren. Ist der Arbeitnehmer auch über den Übertragungszeitraum hinaus arbeitsunfähig krank, verfällt sein Urlaubsanspruch nach Ablauf von 15 Monaten seit Ende des Urlaubsjahres, also am 31. März des zweiten auf das jeweilige Urlaubsjahr folgenden Jahres. Einzig wenn einzel- oder tarifvertraglich eine längere Verfallsfrist zugunsten des Arbeitnehmers aufgenommen wurde, ist diese heranzuziehen. Für die Entstehung des Urlaubsanspruchs spielt es keine Rolle, ob der Arbeitnehmer im Bezugszeitraum eine Arbeitsleistung erbracht hat oder aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert war.
Achtung: Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 20. Dezember 2022, Aktenzeichen 9 AZR 245/19, entschieden, dass der Urlaubsanspruch mit Ablauf der 15-Monats-Frist nur dann verfällt, wenn der Arbeitgeber zuvor rechtzeitig seinen Hinweis- und Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen ist. Andernfalls bleibt der Anspruch erhalten. Nähere Informationen finden Sie unter der Sprungmarke “Übertragung, Verfall und Verjährung von Urlaubsansprüchen – Hinweispflichten des Arbeitgebers”.

Sonderfall: Teilurlaub

Eine erheblich weitergehende Übertragungsmöglichkeit ist für Teilurlaub zugelassen, der wegen Nichterfüllung der Wartezeit im Kalenderjahr entsteht. Alle Arbeitnehmer, die nach dem 1. Juli eines Jahres ihr Arbeitsverhältnis aufnehmen, können die Übertragung des bis Jahresende entstehenden Teilurlaubs auf das nächste Kalenderjahr verlangen.

Urlaubsgewährung

Der Urlaub ist vom Arbeitgeber im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer zu gewähren. Voraussetzung der Urlaubsgewährung ist ein entsprechender Antrag des Arbeitnehmers mit konkreter Angabe der gewünschten Urlaubszeit. Der Arbeitgeber muss diesen Urlaubswunsch bei der Festsetzung des Urlaubs vorrangig berücksichtigen und darf nur bei Vorliegen wichtiger Gründe hiervon abweichen. Lehnt der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch ab, ohne dafür betriebliche Gründe zu nennen, so steht dem Arbeitnehmer für die Geltendmachung seines Urlaubsanspruchs das Klageverfahren zur Verfügung.

Verbot der Selbstbeurlaubung

Der Arbeitnehmer darf seinen Urlaubsanspruch nicht eigenmächtig durchsetzen; dieses Verbot der Selbstbeurlaubung gilt absolut, selbst dann, wenn
  • der Arbeitgeber dem Urlaubsantrag grundlos oder zu Unrecht nicht stattgegeben hat oder
  • bis zum Fristablauf des Urlaubsanspruchs überhaupt nur noch eine den Urlaubstagen entsprechende Zahl an Arbeitstagen zur Verfügung steht.
Tritt der Arbeitnehmer eigenmächtig einen vom Arbeitgeber nicht genehmigten Urlaub an, so verletzt er folglich seine arbeitsvertraglichen Pflichten und muss nicht nur die ordentliche, sondern im Regelfall auch die außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber hinnehmen.
Der Arbeitgeber hat demgegenüber kein Recht zur beliebigen Urlaubserteilung im Urlaubsjahr oder zur Erteilung des Urlaubs nach billigem Ermessen. Vielmehr muss er den Urlaubswunsch des Arbeitnehmers vorrangig berücksichtigen.
Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Urlaubserteilung für den vom Arbeitnehmer gewünschten Zeitraum aus zwei Gründen zu verweigern:
  • dringende betriebliche Belange
  • Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, wenn eine gleichzeitige Beurlaubung aus betrieblichen Gründen ausscheidet. Abwägungskriterien sind zum Beispiel die Betriebszugehörigkeit und die Anzahl der schulpflichtigen Kinder.

Betriebsferien

Will der Arbeitgeber den Urlaubszeitraum für sämtliche Arbeitnehmer oder für einzelne Arbeitnehmergruppen einheitlich festlegen, ist in Betrieben mit Betriebsrat zwingend dessen Zustimmung betreffend Einführung und zeitlicher Festlegung der Betriebsferien erforderlich (meist in Form einer Betriebsvereinbarung). In Betrieben ohne Betriebsrat kann der Arbeitgeber Betriebsferien dagegen im Rahmen seines Direktionsrechts einführen.
Hat ein Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Betriebsferien noch keinen Urlaubsanspruch erworben, etwa weil die Wartezeit noch nicht vorüber ist, müsste ihn der Arbeitgeber grundsätzlich weiterbeschäftigen. Tut er das nicht, bleibt er trotz fehlender Arbeitsleistung zur Vergütungszahlung verpflichtet.
In diesen Fällen hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, dem Arbeitnehmer bereits den Urlaub zu gewähren, den er sich (gedanklich) bereits erarbeitet hat. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass weder der zuviel gewährte Urlaub, noch das Urlaubsgeld zurückgefordert werden kann, wenn der Arbeitnehmer vor Ende der Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.

Ersatzurlaubsanspruch

Dieser steht dem Arbeitnehmer zu, wenn er seinen Urlaubsanspruch rechtzeitig geltend gemacht hat und der Arbeitgeber ihm diesen unzulässigerweise versagt hat. Erlischt dann der Urlaubsanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres beziehungsweise des Übertragungszeitraumes, steht dem Arbeitnehmer als Schadensersatz ein Ersatzurlaubsanspruch zu, der dem geltend gemachten Urlaubsanspruch in vollem Umfang entspricht. Dieser Ersatzanspruch ist an keine Fristen gebunden.

Urlaubsabgeltung

Urlaubsabgeltung, also die Auszahlung des Urlaubs, tritt ausnahmsweise an die Stelle der Freizeitgewährung, wenn der Urlaub nicht mehr gewährt werden kann. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Anspruch auf Auszahlung verfallenen Urlaubs besteht. Eine Urlaubsabgeltung ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG nur zulässig, wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Der Urlaubsabgeltungsanspruch entsteht erst mit Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis. Anders als der Urlaubsanspruch ist der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht zwingend an die Person des Arbeitnehmers gebunden und kann gegebenenfalls auch vererbt werden.
Die Höhe der Urlaubsabgeltung entspricht der Urlaubsvergütung, die der Arbeitnehmer bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis erhalten hätte. Die Urlaubsvergütung ist die Fortzahlung der Arbeitsvergütung während des Urlaubs.

Vermeidung von Doppelansprüchen

Um zu gewährleisten, dass ein Arbeitnehmer im Kalenderjahr insgesamt nur einmal den vollen Jahresurlaub in Anspruch nehmen kann, hat der Gesetzgeber die Entstehung derartiger Doppelansprüche weitgehend unterbunden:
Der Anspruch auf Urlaub ist danach insoweit ausgeschlossen, als dem Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist. Aus diesem Grund ist der Arbeitgeber verpflichtet, bei Beendigung d es Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr  gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen.
Nicht erfüllte - und damit noch abzugeltende - Urlaubsansprüche aus einem vorangehenden Arbeitsverhältnis können dagegen keine Anrechnung im nachfolgenden Arbeitsverhältnis rechtfertigen. Das bedeutet, dass der frühere Arbeitgeber den Arbeitnehmer, der eine ausstehende Urlaubsabgeltung einfordert, nicht auf die Geltendmachung seines auf Arbeitsfreistellung gerichteten Urlaubsanspruchs gegen den neuen Arbeitgeber verweisen kann. Das würde eine ungerechte Belastung des neuen Arbeitgebers bedeuten.

Vergütung im Urlaub

Urlaubsentgelt

Urlaubsentgelt ist das Arbeitsentgelt (Vergütung), das während des Erholungsurlaubs fortgezahlt wird. Das Urlaubsentgelt ist vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen - wobei andere Vereinbarungen möglich sind - und bemisst sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst des Arbeitnehmers in den letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn. Zur Berechnung der konkreten Höhe des Urlaubsentgelts ist der durchschnittliche Arbeitsverdienst den letzten 13 Wochen auf den Tagesverdienst des Arbeitnehmers in diesem Zeitraum umzurechnen (Verdienst der letzten 13 Wochen dividiert durch die Anzahl der Arbeitstage und multipliziert mit der Anzahl der Urlaubstage). Gesetzliche Feiertage und Krankheitstage fließen bei der Verdienstberechnung mit ein und werden nicht abgezogen. Verdiensterhöhungen, die nicht nur für kurze Zeit gelten, werden in die Berechnung einbezogen. Nicht berücksichtigt dagegen werden Verdienstkürzungen im Berechnungszeitraum und Überstundenvergütungen.
Alle Abreden, nach denen der Arbeitnehmer während des Urlaubs eine geringere Arbeitsvergütung erhält als während seiner Beschäftigung, sind nichtig.
Das Urlaubsentgelt ist wie das Arbeitsentgelt zu versteuern, da das Urlaubsentgelt der gesetzlichen Bestimmung nach den laufenden Bezügen für einen der Dauer des Urlaubs entsprechende Lohnzahlung entspricht. Entsprechend sind auch die Sozialversicherungsabgaben abzuführen.

Urlaubsgeld

Urlaubsgeld ist eine betriebliche Sonderzahlung, die der Arbeitnehmer neben dem zu gewährenden Urlaubsentgelt vom Arbeitgeber als freiwillige zusätzliche Leistung erhalten kann. Diese zusätzliche Vergütung kann der Arbeitnehmer jedoch nur aufgrund von Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Einzelverträgen beanspruchen. Weiterhin kann sich ein Anspruch aus betrieblicher Übung ergeben. Dies ist der Fall, wenn das Urlaubsgeld mindestens drei Mal ohne einen deutlichen Hinweis auf die Freiwilligkeit ausbezahlt worden ist.
Urlaubsgelder sind als einmalige Einnahmen in dem Lohnzahlungszeitraum für die Beitragsberechnung der Sozialversicherung heranzuziehen. Auch ein zusätzlich neben dem Arbeitslohn gezahltes Urlaubsgeld ist lohnsteuerpflichtig.

Erwerbstätigkeit beziehungsweise Krankheit im Urlaub

Während des Urlaubs darf der Arbeitnehmer keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten. Nebentätigkeiten, die der Arbeitnehmer auch sonst zulässigerweise neben seinem Arbeitsverhältnis ausübt, sind hiervon jedoch nicht betroffen.
Dem Urlaubszweck widersprechen solche entgeltlichen Tätigkeiten, die bereits nach ihrem zeitlichen Umfang der suspendierten Arbeitspflicht entsprechen und dem Arbeitnehmer die Möglichkeit nehmen, „sich während seines Urlaubs zu erholen“.
Nimmt der Arbeitnehmer dennoch während des Urlaubs eine verbotene Tätigkeit auf, kann der Arbeitgeber Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen. Des Weiteren können je nach Einzelfall eine Abmahnung und eine (außerordentliche) Kündigung in Betracht kommen.
Erkrankt ein Arbeitnehmer während seines Erholungsurlaubs, so ist die Erfüllung des Urlaubsanspruchs für den Zeitraum der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit unmöglich. Gemäß § 9 BUrlG können Tage, an denen der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, nicht auf seinen Jahresurlaub angerechnet werden, vorausgesetzt, der Arbeitnehmer kann einen Nachweis seiner Arbeitsunfähigkeit durch ein ärztliches Attest erbringen. Der Erholungsurlaub wird dann für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit unterbrochen und ist neu zu gewähren.

Übertragung, Verfall und Verjährung von Urlaubsansprüchen – Hinweispflichten des Arbeitgebers

Der Urlaub muss grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr, also vor Ablauf des 31. Dezembers eines Jahres gewährt und genommen werden (§ 7 Absatz 2 Satz 1 BUrlG). 
Eine Übertragung in das nächste Kalenderjahr ist nur zulässig, wenn dringende betriebliche Gründe oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen (§ 7 Absatz 2 Satz 2 BurlG).
  • Dringende betriebliche Gründe: Dabei handelt es sich um Umstände, die in der betrieblichen Organisation, dem technischen Arbeitsablauf oder der Auftragslage ihren Grund haben und die es im Hinblick auf einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf es zwar nicht zwingend erforderlich, aber doch geboten erscheinen lassen, Urlaub nicht mehr im ablaufenden Kalenderjahr zu gewähren (zum Beispiel Hauptsaison, Grippewelle im Betrieb et cetera). 
  • In der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe: Klassischer Fall ist hier die lang anhaltende Erkrankung eines Arbeitnehmers, aufgrund derer die Gewährung des Urlaubs im Urlaubsjahr ausgeschlossen ist. 
In diesen Fällen muss der übertragene Urlaub grundsätzlich bis zum 31. März des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden, ansonsten kann er verfallen.
Vereinbarungen über weitergehende Übertragungszeiträume (zum Beispiel Übertragbarkeit bis 30. Juni) in Arbeits- oder Tarifverträgen sind zulässig und werden häufig praktiziert. Eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien kann dabei auch stillschweigend – etwa durch Gewährung des Urlaubs im Übertragungszeitraum – zustande kommen. 
In bestimmten Fällen verfällt der Urlaubsanspruch aber nicht mit Ablauf des 31. Dezembers beziehungsweise des Übertragungszeitraums: 
  • Andauernde Arbeitsunfähigkeit: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte bereits 2009 entschieden, dass der Mindesturlaubsanspruch nicht deshalb verfallen darf, weil er wegen Krankheit nicht genommen werden kann. Dauert die Erkrankung des Arbeitnehmers bis zum 31. März des folgenden Kalenderjahres beziehungsweise bis zum Ende des vertraglich vereinbarten Übertragungszeitraums, verfällt dieser erst 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist (EuGH, Urteile vom 20. Januar 2009, C-350/06 sowie C-520/06; BAG, Urteil vom 7. August 2012, 9 AZR 353/10). 
Hinweis: Für den vertraglichen Zusatzurlaub kann vereinbart werden, dass dieser am 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres oder mit Ablauf des Übertragungszeitraums auch dann verfällt, wenn er wegen Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht genommen werden kann. Voraussetzung ist aber eine deutliche Differenzierungsklausel. 
Gesetzliche Erweiterung der Übertragung bei Elternzeit und Mutterschutz: Hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin den ihm oder ihr zustehenden Urlaub vor dem Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten, hat der Arbeitgeber den Resturlaub nach der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren (§ 17 Absatz 2 BEEG). Entsprechendes gilt auch im Falle eines Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG). Hat eine Frau ihren Urlaub vor Beginn eines Beschäftigungsverbots nicht oder nicht vollständig erhalten, kann sie nach dem Ende des Beschäftigungsverbots den Resturlaub im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beanspruchen (§ 24 Satz 2 MuSchG). 
Achtung: Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BAG verfallen und verjähren Urlaubsansprüche aber generell nicht, wenn der Arbeitgeber bestimmten Hinweispflichten nicht nachkommt, siehe nachfolgend. 

Rechtsprechung zum Verfall von Urlaubsansprüchen

Der EuGH hatte im November 2018 entschieden, dass Arbeitnehmer ihre erworbenen Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub nicht automatisch zum Jahresende oder mit Ablauf des zulässigen Übertragungszeitraums verlieren, nur weil sie keinen Urlaub beantragen. Zu einem Verfall kommt es nach dem EuGH nur dann, wenn der Arbeitgeber beweist, dass der Arbeitnehmer freiwillig auf seinen Urlaub verzichtet hat, nachdem der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer durch eine angemessene Aufforderung und Belehrung tatsächlich in die Lage versetzt hat, rechtszeitig Urlaub zu nehmen (EuGH, Urteile vom 6. November 2018, C-619/16 und C-684/16). Das BAG hat sich dieser Auffassung angeschlossen (BAG, Urteil vom 19. Februar 2019, 9 AZR 541/15). 
Die Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten des Arbeitgebers gelten grundsätzlich nur für den gesetzlichen Mindesturlaub. Nach dem BAG gelten sie aber auch für den vertraglichen Zusatzurlaub, wenn arbeitsvertraglich oder in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung keine andere Regelung getroffen wurde (BAG, Urteil vom 25. Juni 2019, 9 AZR 546/17; BAG, Urteil vom 25. August 2020, 9 AZR 214/19). Daher sollte im Arbeitsvertrag klar zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem vertraglichen Zusatzurlaub differenziert werden.
Die Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten des Arbeitgebers gelten auch für den gesetzlichen Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen nach § 208 SGB IX. Erlangt der Arbeitgeber aber keine Kenntnis von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers und ist diese nicht offenkundig, kann er den Arbeitnehmer auch nicht dazu auffordern, seinen gesetzlichen Zusatzurlaub wahrzunehmen. Ohne diese Kenntnis verletzt der Arbeitgeber seine Hinweisobliegenheit nicht und der Anspruch auf den gesetzlichen Sonderurlaub verfällt. Die Hinweisobliegenheiten des Arbeitgebers entstehen, wenn er von einer Schwerbehinderung oder Anerkennung Kenntnis erlangt (BAG, Urteil vom 26. April 2022, 9 AZR 367/21).

Verfall von Urlaubsansprüchen langzeiterkrankter Arbeitnehmer

Die Frage, ob die Urlaubsansprüche langzeiterkrankter Arbeitnehmer 15 Monate nach Ende des jeweiligen Urlaubsjahres verfallen, wenn der Arbeitgeber seinen Hinweisobliegenheiten nicht nachgekommen ist, war lange Zeit ungeklärt. Grundsätzlich machen eine Belehrung und Aufforderung von Seiten des Arbeitgebers nur dann Sinn, wenn der Arbeitnehmer in der Lage ist, auf diese zu reagieren und den Urlaub tatsächlich zu nehmen. Hier ist nach neuester Rechtsprechung zu differenzieren. Nach dem BAG (Urteil vom 20. Dezember 2022, 9 AZR 245/19) kann der Urlaubsanspruch bei längerer Krankheit des Arbeitnehmers nach Ablauf von 15 Monaten nach Ende des Urlaubsjahres auch ohne Hinweis des Arbeitgebers verfallen. Das gilt aber nur dann, wenn der Arbeitnehmer vom Beginn des Urlaubsjahres bis einschließlich 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert war, seinen Urlaub anzutreten, also durchgängig arbeitsunfähig war. Für diesen Fall kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber seinen Hinweisobliegenheiten nachgekommen ist, weil diese nicht zur Inanspruchnahme des Urlaubs hätten beitragen können.
Wenn der Arbeitnehmer hingegen im Urlaubsjahr tatsächlich gearbeitet hat, bevor er arbeitsunfähig geworden ist, verfällt der Urlaubsanspruch nur, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit durch entsprechenden Hinweis in die Lage versetzt hat, seinen Urlaub auch tatsächlich zu nehmen.
Dieselbe Frage stellt sich auch bei Arbeitnehmern, die ihren Jahresurlaub aufgrund voller, aber nicht dauerhafter Erwerbsminderung nicht nehmen konnten.

Rechtsprechung zur Verjährung von Urlaubsansprüchen

Aus Gründen der Rechtssicherheit verjähren Urlaubsansprüche nach §§ 195, 199 BGB grundsätzlich drei Jahre nach dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und Kenntnis vorlag.
Der EuGH hat aber kürzlich entschieden, dass der Urlaub nicht nur nicht verfällt, sondern auch nicht verjährt, wenn der Arbeitgeber seine Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten nicht erfüllt (EuGH, Urteil vom 22. September 2022, C-120/21). Das BAG hat die Vorgaben des EuGH umgesetzt und entschieden, dass Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern nur verjähren, wenn der Arbeitgeber seinen Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten rechtzeitig nachgekommen ist (BAG, Urteil vom 20. Dezember 2022, 9 AZR 266/20). Dies gelte nach dem BAG auch für die Jahre vor 2019, als das BAG erstmals entschieden hat, dass Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer aktiv über den ausstehenden Urlaub und seinen drohenden Verfall informieren müssen. 

Praxistipps für Arbeitgeber, um den Verfall und die Verjährung von Urlaubsansprüchen zu ermöglichen

Der Arbeitgeber sollte zu Beginn jeden Kalenderjahres und am besten ein zweites Mal in der zweiten Jahreshälfte rechtzeitig vor Ende jeden Kalenderjahres schriftlich oder in Textform (zum Beispiel E-Mail) über Folgendes informieren: 
  • Im Betreff des Schreibens/der E-Mail sollte auf die Wichtigkeit des Inhalts hingewiesen werden (beispielsweise: “Wichtig / Achtung: Urlaub 2023, Urlaubsübertrag und Verfall”)
  • Jedem einzelnen Mitarbeiter muss konkret mitgeteilt werden, wie viele Urlaubstage einschließlich der aus Vorjahren übertragenen Resturlaubstage ihm im Kalenderjahr zustehen. Dies muss individualisiert erfolgen. Abstrakte Angaben in Verträgen oder allgemeine Rundschreiben genügen nicht. Kann der Arbeitnehmer seine Urlaubstage bspw. in einem digitalen System selbst einsehen, dürfte auch ein konkreter Hinweis genügen, wo die Anzahl der Urlaubstage eingesehen werden kann (zum Beispiel Link zu Self-Service im Intranet). 
  • Jeder Arbeitnehmer muss aufgefordert werden, seinen Jahresurlaub so rechtzeitig zu beantragen, dass er innerhalb des laufenden Kalenderjahres genommen werden kann. 
  • Jeder Arbeitnehmer muss darüber belehrt werden, dass nicht entsprechend der Aufforderung beantragter und nicht genommener Urlaub mit Ablauf des 31. Dezember 20XX, spätestens mit Ablauf des Übertragungszeitraums, verfällt.
  • Vor dem Hintergrund der neuen Rechtsprechung zur Verjährung von Urlaubsansprüchen sollte auch der Hinweis aufgenommen werden, dass Urlaubsansprüche der dreijährigen Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB unterliegen. 
Wir empfehlen Ihnen, Ihre internen Prozesse entsprechend anzupassen und beim Versand des Hinweisschreibens/Hinweismail darauf zu achten, dass dieser so rechtzeitig erfolgt, dass der (Rest-)Urlaub auch tatsächlich noch genommen werden kann. Was “rechtzeitig” bedeutet, haben die Gerichte nicht festgelegt. Jedenfalls muss der Hinweis so frühzeitig erteilt werden, dass der restliche Urlaub in der Zeit nach dem Hinweis bis zum Verfallszeitpunkt noch in vollem Umfang genommen werden kann. Es empfiehlt sich zudem, eine Zugangs- beziehungsweise Lesebestätigung anzufordern. Zudem sollte der gesamte Vorgang entsprechend dokumentiert werden. 
Unterbleibt der Hinweis, kann man sich als Arbeitgeber grundsätzlich weder auf den Verfall noch auf die Verjährung berufen. 

Quelle: IHK Region Stuttgart
Hinweis: Diese Informationen wurden - als Service Ihrer IHK - mit der gebotenen Sorgfalt erstellt. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann jedoch keine Gewähr übernommen werden.