Hintergrundinformationen zum Breitbandausbau

Immer wieder ist die Rede von Hürden, Verzögerungen und Problemen beim Breitbandausbau. Was sich im Einzelfall dahinter verbergen kann und welche Fortschritte dennoch erzielt wurden, haben wir in einer Übersicht zusammengefasst.

Einleitung

Für eine Einordnung möglicher Einflüsse auf den Breitbandausbau ist es zunächst erforderlich, einige Grundkonzepte zu betrachten. Es gibt keineswegs „den einen“ Breitbandausbau, der sich kurzerhand alleine durch zusätzliche finanzielle Mittel oder eine Gesetzesänderung beliebig beschleunigen ließe. Vielmehr existieren unterschiedlichste Szenarien, wie der Ausbau im Detail ablaufen kann. Hieraus ergeben sich wiederum ganz unterschiedliche Instrumente und damit verbundene Herausforderungen. Zunächst ist beim leitungsgebundenen Ausbau grob zu unterscheiden zwischen
  • marktgetriebenem Ausbau: Hierbei besteht in der Regel eine hohe Nachfrage nach Breitband-Produkten, die Dichte an Nutzern ist vergleichsweise hoch (zum Beispiel Städte und Verdichtungsräume).
  • staatlich gefördertem Ausbau: Ein Ausbau ist beispielsweise aufgrund geringer Nutzerzahl oder –dichte ohne Förderung in absehbarer Zeit nicht wirtschaftlich (zum Beispiel entlegene Dörfer oder Gebiete).
Die Betrachtung der Wirtschaftlichkeit kann hierbei bei vereinfachter Betrachtung auf wenige Faktoren reduziert werden: Ausbaukosten spielen sich in einer Größenordnung ab 100 bis 200 Euro pro Meter (bei versiegelter Fläche) ab, bei einer Entfernung von einem Kilometer ist also mit mindestens 100.000 Euro zu rechnen. Werden mit dieser Ausbaumaßnahme nur 5 Nutzer erreicht, müssen in irgendeiner Form alleine für den Ausbau mindestens 20.000 Euro pro Nutzer aufgebracht werden – aktive Infrastruktur, Wartung und Service oder konkrete Breitbandprodukte sind hierbei noch nicht berücksichtigt. Solange sich nicht jeder oder zumindest die Mehrheit der Nutzer auf eine exzessive Preissteigerung für den genutzten Breitbandanschluss oder eine hohe Einmalzahlung einlässt, ist der Ausbau de facto nicht finanzierbar. Gleichzeitig ist die Bereitstellung von Telekommunikations-Diensten (per Gesetz) eine privatwirtschaftliche Aufgabe und daher nicht unmittelbar mit anderen Infrastrukturmaßnahmen wie dem Straßenbau vergleichbar.
Auf dieser Basis lassen sich bereits einige Rahmenbedingungen zusammenfassen:
  • Der Breitbandausbau beziehungsweise die Bereitstellung von Telekommunikations-Dienstleistungen ist in erster Linie Aufgabe privatwirtschaftlicher Anbieter und wird von diesen auch in erheblichem Umfang vorangetrieben.
  • Im Umkehrschluss ist der Breitbandausbau keine primäre Aufgabe des Staates oder der Kommunen. Der Ausbau muss somit nach Möglichkeit marktgetrieben und unter Wettbewerbsbedingungen erfolgen.
  • Wenn jedoch ein „Marktversagen“ vorliegt und ein marktgetriebener Ausbau nachweislich nicht absehbar ist, kommt ein staatlich geförderter Ausbau in Frage.
Dieses Grundprinzip findet sich nicht nur in unzähligen Rechtsvorschriften, Verwaltungsvorschriften oder Förderrichtlinien auf Bundes- und Landesebene wieder. Auch die Europäische Kommission lässt keinen Zweifel daran, dass der geförderte Ausbau keinen Selbstzweck darstellt, sondern in einem ausgewogenen Verhältnis mit dem privatwirtschaftlichen Ausbau stehen muss und auf diese Weise beispielsweise den Wettbewerb fördern soll.
Vor diesem Hintergrund haben sich verschiedene Mechanismen und Förderkonzepte entwickelt, die das Ergebnis jahrelanger Rechtsprechung und politischer Diskussionen sind. Stark vereinfacht zusammengefasst erfolgt der leitungsgebundene Ausbau einerseits privatwirtschaftlich durch die Telekommunikations-Anbieter und andererseits von Kommunen und Zweckverbänden getrieben, die hierfür Fördergelder von Bund und Land einsetzen. Zusätzlich leisten diese einen erheblichen Eigenanteil, der in vielen Fällen nicht ohne weiteres refinanziert werden kann. Je nach Begebenheiten vor Ort wird der Ausbau somit entweder über spätere Einnahmen refinanziert wird oder – bei Bedarf an Fördergeldern – über Steuern und damit de facto in Form einer Solidargemeinschaft.
Im Bereich des Mobilfunks stellt sich die Situation ebenso vielschichtig dar. Aufgrund der Reichweite von Funkwellen lassen sich mit vertretbarem Aufwand häufig hohe Nutzerzahlen generieren. Die Zahlungsbereitschaft der Nutzer ist zudem recht hoch, weshalb es für Anbieter zunächst attraktiv ist, sich Mobilfunkfrequenzen zu sichern. Um eine ausreichende Versorgung ländlicher beziehungsweise entlegener Regionen sicherzustellen, wird die Versteigerung dieser Frequenzen durch die Bundesnetzagentur jedoch mit Versorgungsauflagen verbunden. Ein Anbieter, der einen Frequenzblock ersteigert, muss im Gegenzug somit beispielsweise einen bestimmten Versorgungsgrad in ländlichen Regionen sicherstellen. Diese Versorgungsauflage verringert wiederum die Attraktivität und damit den Wert von Frequenzzuteilungen. Versorgungsauflagen können daher nicht unbegrenzt erhöht werden, da der Wert der Frequenzen ab einem bestimmten Punkt negativ wäre – der Staat müsste letztlich dafür bezahlen, dass Anbieter Frequenzen ersteigern.
Zudem ist vorgesehen, dass ein Teil der Erlöse aus Frequenzversteigerungen wiederum in Förderprogramme für den leitungsgebundenen Ausbau fließt. Sind die Erlöse bei der Frequenzversteigerung also zu gering, stehen weniger Mittel für den staatlich geförderten leitungsgebundenen Ausbau zur Verfügung.
Alleine anhand dieser vereinfachten Darstellung ausgewählter Aspekte wird deutlich, dass rund um den Breitbandausbau ein komplexes Geflecht an Rechtsvorschriften, Regulierungs- und Marktmechanismen mit zahlreichen Wechselbeziehungen und Abhängigkeiten besteht. In den folgenden Kapiteln werden einige Aspekte weiter vertieft.

Grundlagen zum geförderten Breitbandausbau

Bund und Länder haben eine Reihe von Förderprogrammen aufgelegt, über welche Kommunen und Zweckverbände im Falle eines Marktversagens den Ausbau vorantreiben können. In Gebieten, in denen ein marktgetriebener Ausbau nicht absehbar ist, wird dies bereits seit vielen Jahren vorangetrieben, häufig auch in enger Abstimmung mit Telekommunikations-Unternehmen. Vielfach verfügen Gemeinden beispielsweise über langfristige Planungen und Ausbaustrategien, ebenso bestehen auf Landkreisebene häufig übergreifende Backbone- oder sogar Gesamt-Planungen sowie Zweckverbände. Auf dieser Basis werden beispielsweise im Rahmen ohnehin anstehender Tiefbaumaßnahmen Leerrohre mitverlegt, in welche direkt oder zu einem späteren Zeitpunkt Glasfaserkabel eingezogen werden. Indem Gebiete in Zweckverbänden gebündelt werden, werden derartige Gesamtgebiete für einen Netzbetreiber attraktiv. Bei rein lokalen Ausbaumaßnahmen ist es vereinzelt sehr schwierig, nach Abschluss des Netzausbaus einen Betreiber zu finden.
Diese langjährige Nutzung von Synergien ist erforderlich, um den Ausbau unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sowie in Hinblick auf verfügbare Planungs-, Verwaltungs- und Tiefbaukapazitäten überhaupt stemmen zu können. Für einen flächendeckenden Ausbau mit Glasfaser bis ins Gebäude (FTTH/B) müssen nahezu jede Straße sowie weitere Flächen aufgerissen und im Tiefbau Rohre und Leitungen eingezogen werden. Auf jedem Grundstück müssen die Leitungen ebenso verlegt und durch (Keller-)Wände geführt werden. Nicht zuletzt müssten unzählige Nutzer nahezu zeitgleich teurere Breitband-Produkte buchen, um die erheblichen Investitionen refinanzieren zu können.
Mittlerweile wurde – auch infolge intensiver politischer Arbeit der IHK-Organisation – zwar auf politischer Ebene erkannt, dass der bisherige Ausbau zu langsam vorangeschritten ist und ohne einen deutlich schnelleren Ausbau erhebliche Risiken für Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und damit für Wohlstand und Arbeitsplätze bestehen. In der Folge kam es zu einer deutlichen Aufstockung von Förderprogrammen sowie einer Professionalisierung verschiedenster Verwaltungsvorgänge. Zudem wurden Anpassungen in Rechtsvorschriften vorgenommen. Dennoch sind Planungs- und Tiefbaukapazitäten weiterhin endlich, weshalb der Ausbau zwar beschleunigt, jedoch nicht „sofort“ realisiert werden kann. Nicht zu unterschätzen ist in diesem Kontext auch die geringe Zahlungsbereitschaft für höhere Bandbreiten. Bei höherer Zahlungsbereitschaft der Nutzer würden sich verschiedene der hier dargestellten Hemmnisse für den Breitbandausbau zumindest deutlich reduzieren.
Unter diesen Rahmenbedingungen treiben im Fall eines Marktversagens Kommunen und Zweckverbände den Ausbau voran, indem sie zunächst ermitteln, ob ein privatwirtschaftlicher Ausbau absehbar ist. Wenn dies nicht der Fall ist, werden Anträge auf eine Förderung für Planungs- beziehungsweise Ausbaumaßnahmen in bestimmten Gebieten gestellt. Nach Bewilligung der Anträge werden die Maßnahmen umgesetzt, die beispielsweise die Mitverlegung passiver Infrastruktur im Rahmen von Tiefbaumaßnahmen umfassen können. Je nach Fördermodell werden die Fördermittel eingesetzt, um die sogenannte Wirtschaftlichkeitslücke eines Telekommunikations-Anbieters zu schließen oder – in Baden-Württemberg bislang die Regel – eine Gemeinde wird Eigentümer der passiven Infrastruktur und verpachtet diese später an einen Betreiber, der den Netzbetrieb übernimmt.
Was auf den ersten Blick recht einfach erscheint, führt in der Praxis zu einer Vielzahl von Herausforderungen und Fallstricken. So muss beispielsweise die Markterkundung, also die Abfrage ob ein privatwirtschaftlicher Ausbau geplant ist, innerhalb festgelegter Fristen vor einem Förderantrag erfolgen. Wurde diese zum Beispiel für eine komplette Gemeinde durchgeführt und nur ein Teilgebiet unter Nutzung von Fördermitteln ausgebaut, so muss die Markterkundung ab einem bestimmten Zeitpunkt für spätere Förderanträge wiederholt werden. Weitere Fallstricke brachte beispielsweise die Landesförderung mit Festbeträgen bis Anfang 2019 mit sich. Dadurch wurden fixe Förderbeträge ausbezahlt, beispielsweise 80 Euro pro laufendem Meter. Entstanden bei der tatsächlichen Ausbaumaßnahme dann deutlich höhere Kosten, musste die Gemeinde einen unerwartet hohen Eigenanteil tragen. Da für einen flächendeckenden Ausbau in einer mittelgroßen Gemeinde ohne weiteres Kosten in einer Größenordnung mehrerer (zehn) Millionen Euro zu erwarten sind, ist der entsprechende Eigenanteil nicht ohne weiteres leistbar, zumal zahlreiche weitere finanzielle Verpflichtungen bestehen. Mit der Neuausrichtung der Landesförderung und einer dadurch möglichen kombinierten 90-prozentigen Förderung von Bund und Land hat sich diese Situation im Jahr 2019 verbessert.

Grundlagen zum Mobilfunkausbau

Im Bereich des Mobilfunks stellt sich die Situation ähnlich vielschichtig dar. Hier liegt die Verantwortung für den Ausbau bei den privatwirtschaftlichen Mobilfunknetzbetreibern. Der Ausbau wird auf absehbare Zeit insbesondere durch folgende Mechanismen vorangetrieben:
  • den privatwirtschaftlichen Ausbau
  • den auflageninduzierten Ausbau (Versorgungsauflagen aus Frequenzauktionen)
  • das Mobilfunkförderprogramm des Bundes
In dicht besiedelten Gebieten sowie entlang stark frequentierter Verkehrswege stellt der privatwirtschaftliche Ausbau den wichtigsten Faktor dar. Hier ist ein wirtschaftlicher Betrieb möglich, zudem besteht ein Wettbewerb zwischen den Anbietern, die Milliardensummen in den Ausbau investieren. Der auflageninduzierte Ausbau dient der Erreichung politischer Breitbandziele. So wurde beispielsweise die 5G-Auktion im Jahr 2019 unter anderem mit der Auflage einer Versorgung von mindestens 98 Prozent der Haushalte je Bundesland mit mindestens 100 MBit/s verknüpft, um eine möglichst flächendeckende Versorgung sicherzustellen. Eine weitere Auflage zur Versorgung der Autobahnen und Bundesstraßen zielt wiederum auf eine geeignete Infrastruktur für die Mobilität der Zukunft ab.
Über das Mobilfunkförderprogramm des Bundes werden durch eine Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft Fördergelder an Infrastrukturgesellschaften und Mobilfunknetzbetreiber verteilt. Mit diesen Geldern sollen in weißen Flecken, wo keine Ausbauverpflichtungen bestehen und ein eigenwirtschaftlicher Ausbau nicht möglich ist, Funkmasten errichtet werden. In diesem Zusammenhang identifiziert die Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft unter anderem versorgungsfähige Gebiete, führt eine Markterkundung durch, sucht nach geeigneten Standorten und bereitet eine mögliche Realisierung mit Kommunen, Eigentümern und Mobilfunkbetreibern vor.

Überbau oder Wettbewerb?

Zeitweise ist zudem die Rede von einem „Überbau“ staatlich geförderter Ausbaumaßnahmen. Dieses Thema ist eng mit der oben dargestellten Markterkundung im Vorfeld von Förderanträgen verbunden. Demnach wird in Einzelfällen berichtet, dass im Rahmen der Abfrage durch Kommunen, ob privatwirtschaftliche Anbieter einen Ausbau planen, keine entsprechende Rückmeldung erfolgt ist. Nachdem der Förderantrag gestellt und bewilligt war und mit den Baumaßnahmen begonnen wurde, beanspruchte ein Anbieter demnach sein im TKG verankertes Recht zur Mitverlegung eigener Infrastruktur, über welche dann wiederum Kunden mit eigenen Breitband-Produkten versorgt werden. Für geförderte Ausbauprojekte entsteht in dieser Konstellation das Risiko, dass durch „Abwanderung“ von Nutzern die ursprüngliche Kalkulation hinfällig und in Extremfällen das gesamte Ausbauvorhaben trotz Förderung unwirtschaftlich ist. Wenngleich die genauen Umstände und die Anzahl derartiger Vorgänge nicht transparent sind, führte offenbar alleine das mit diesem Szenario verbundene Risiko teilweise zu Zurückhaltung beim geförderten Ausbau. Andererseits existieren ebenso Berichte, wonach der „Überbau“ dankend akzeptiert wurde, da im Ergebnis eine Verbesserung der Versorgungssituation eingetreten war.
Ein Beschluss der Bundesnetzagentur in einem derarigen Fall fasst die durchaus vielschichtigen Argumente für die Möglichkeit der Mitverlegung ("Überbau") zusammen. So wird etwa argumentiert, dass das DigiNetzG nicht auf eine Gewinnerzielung der öffentlichen Hand abziele, indem "in quasi-monopolistischen Strukturen eine Netzpacht als Zufluss gesichert wird". Mehrfach wird auf die Vorteile durch den eintretenden Wettbewerb hingewiesen, wobei geringere Wirtschaftlichkeit infolge einer Mitverlegung als unternehmerisches Risiko anzusehen sei. Die Positionen von Verbänden zu diesem Thema sind dementsprechend vielfältig.

Tiefbaukapazitäten

Im Zuge des beschleunigten Ausbaus wurde insbesondere im Jahr 2018 zunehmend auf fehlende Tiefbaukapazitäten hingewiesen. Dieses Thema war unter anderem Gegenstand einer WIK-Studie. Demnach bestehen vielfältige Herausforderungen in diesem Bereich, die vom generellen Fachkräftemangel über bürokratische Markteintrittshürden für ausländische Tiefbauer bis hin zu fehlenden Kapazitäten in den Kommunen im Kontext von Genehmigungsverfahren reichen. Ohne Umsetzung eines breiten Bündels an Maßnahmen gehen die Autoren davon aus, dass bis ins Jahr 2025 maximal die Hälfte der deutschen Haushalte mittels FTTH/B versorgt werden könnte.
Die Empfehlungen zur Verbesserung der Situation reichen vom Abschluss von Rahmenverträgen zwischen Telekommunikations- und Tiefbauunternehmen über Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen im Tiefbausektor bis hin zur Qualifizierung des mit Genehmigungsverfahren befassten Personals oder Änderungen im Telekommunikationsgesetz mit Blick auf das Thema Wegerechte.

Aufgreifschwelle und EU-Beihilferecht

Auf den ersten Blick erscheint die sogenannte Aufgreifschwelle lediglich als Formalie in Zusammenhang mit der Breitbandförderung. Demnach kam eine Förderung in der Vergangenheit nur in Gebieten in Betracht, in denen die verfügbare Bandbreite unterhalb 30 MBit/s lag. Mit der Graue-Flecken-Förderung wurde dieser Wert im Jahr 2021 auf 100 MBit/s erhöht.
Wird dieser Wert also beispielsweise überschritten, indem ein Gebiet mittels Vectoring-Technologie oder auf andere Weise aufgerüstet wurde, kommt keine Ausbauförderung mehr in Frage. Erlaubt das aufgerüstete Netz jedoch keine weitere Aufrüstung hin zu Gigabit-Bandbreiten, wird ein möglicherweise angestrebter weiter in die Zukunft gerichteter Ausbau auf diese Weise verzögert. In diesem Kontext hatte die EU-Kommission im November 2020 die deutsche Beihilferegelung zum Ausbau sogenannter grauer Flecken genehmigt.

Künftige Entwicklung

Wie viele Themen kann auch der Breitbandausbau nicht ausschließlich auf Bundes- oder Landesebene betrachtet werden. Vielmehr sind verschiedene Aspekte in einen europäischen Rechtsrahmen eingebettet. Dies betrifft beispielsweise das europäische Beihilfenrecht. Die Breitbandförderung stellt wie andere Förderungen (zum Beispiel für Forschung und Entwicklung) eine Subvention dar, die nur unter eng definierten Voraussetzungen zulässig ist. Zu diesen Voraussetzungen gehört beispielsweise, dass der Markt nicht in unnötigem Maß beeinflusst wird. Hieraus ergeben sich verschiedene Rahmenbedingungen der Förderprogramme für den Breitbandausbau wie beispielsweise die Aufgreifschwelle oder die erforderliche Markterkundung.
Erhebliche Auswirkungen dürften die strategischen Ziele der Europäischen Kommission für das Jahr 2025 haben. Diese umfassen
  • Gigabit-Anbindung für alle sozio-ökonomischen Treiber
  • Flächendeckende 5G Abdeckung für alle städtischen Gebiete sowie wichtige Verkehrswege
  • Breitbandanbindung von mindestens von 100 MBit/s für alle Haushalte
Es ist davon auszugehen, dass sich diese übergeordneten politischen Ziele auf zahlreiche in diesem Artikel dargestellte Rahmenbedingungen auswirken werden. So hängt die oben genannte Genehmigung der Beihilferegelung zum Ausbau grauer Flecken beispielsweise mit dem Ziel einer Breitbandanbindung von mindestens 100 MBit/s für Haushalte zusammen. Die Versorgung wichtiger Verkehrswege mit 5G war Gegenstand der im Jahr 2018 auch öffentlich intensiv diskutierten Auflagen im Zuge der Frequenzversteigerung. In Netzabdeckungskarten einiger Betreiber erkennt man (Stand Ende 2020) sehr gut die bereits recht durchgängige 5G-Abdeckung entlang zentraler Verkehrsadern. Die flächendeckende Versorgung kann in einigen Gebieten wiederum de facto nur mit staatlicher Förderung realisiert werden, was eine Erhöhung von Fördergeldern nahelegt.
Über diese Beispiele hinaus bestehen auf verschiedenen politischen Ebenen unzählige weitere Maßnahmen und Überlegungen. Exemplarisch zu nennen ist etwa eine Universaldienstverpflichtung, also letztlich eine – wie auch immer finanzierte - Pflicht zur Bereitstellung „ausreichender“ Breitbandzugänge. Eine Universaldienstverpflichtung darf allerdings nicht mit einer universellen Pflicht zur Bereitstellung von Gigabit-Internet verwechselt werden. Im Falle einer Umsetzung lassen bisherige Entwürfe erwarten, dass hiermit in erster Linie Basis-Dienste wie E-Mail, Surfen im Internet oder Videokonferenzen in Standard-Auflösung adressiert werden könnten. In der Region Bodensee-Oberschwaben wären nach aktuellem Kenntnisstand nur sehr wenige Teilgebiete von einer entsprechenden Regelung betroffen, so dass diese nicht geeignet erscheint, um einen flächendeckenden Gigabit-Ausbau sicherzustellen.
Auf operativer Ebene lässt die erhöhte Förderquote erwarten, dass der Ausbau in Baden-Württemberg sich in den kommenden Jahren deutlich beschleunigen wird. Hürden und Hemmnisse dürften weniger in fehlendem politischem Willen oder unzureichender Finanzierung zu suchen sein, vielmehr dürften die bereits erkannten Herausforderungen wie Fachkräfte- und Kapazitätsengpässe bei nahezu allen für den Ausbau relevanten Akteuren noch mehr zur Geltung kommen. Derartige Herausforderungen müssen frühzeitig und systematisch analysiert werden, zu diesem Zweck haben sich bereits verschiedenste Allianzen und vergleichbare Formate gebildet.

Situation in der Region und Maßnahmen der IHK

Die IHK Bodensee-Oberschwaben betont seit mehr als zehn Jahren auf allen verfügbaren Ebenen sowie öffentlich die Notwendigkeit einer zukunftsfähigen Breitbandversorgung für Unternehmen. Der Bedarf ist nicht auf aktuelle Trends wie Industrie 4.0, Künstliche Intelligenz oder automatisiertes Fahren beschränkt, sondern umfasst von der Online-Kollaboration im Home Office über ERP- oder PDM-Systemanbindungen im Handel bis zu X as Service Lösungen aller Art Unternehmen aller Branchen und Größenordnungen. Ohne den zeitnahen Aufbau einer leistungsfähigen Breitband-Infrastruktur sind Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft gefährdet.
Anhand der obigen Darstellungen wird jedoch deutlich, dass die bloße Forderung nach einem schnelleren Breitbandausbau oder die Betonung der Bedeutung einer zukunftsfähigen Breitbandversorgung für die Wirtschaft als alleinige Instrumente nicht ausreichend sind. Auf nahezu allen relevanten Ebenen ist die Bedeutung eines schnelleren Ausbaus – auch infolge verschiedener IHK-Studien und –Aktivitäten - längst erkannt. Unzureichend versorgte Gebiete sind umfassend dokumentiert, beispielsweise durch die Mobilfunkkarte, die Funklochkarte, den Breitbandatlas sowie viele weitere Datengrundlagen. Dadurch stellt sich die Situation vollkommen anders dar, als noch vor einigen Jahren, als der regelrecht explodierende Bandbreitenbedarf und die strategische Bedeutung digitaler Geschäftsmodelle für unseren Wirtschaftsstandort noch nicht von allen Akteuren erkannt waren.
In der Region Bodensee-Oberschwaben waren bereits seit dem Jahr 2010 zwei Zweckverbände aktiv, in denen zahlreiche Gemeinden Aktivitäten sowie Know-how bündeln und ihre Ausbauplanungen gemeinsam koordinieren. Diese Zweckverbände zählten damit zu den landesweiten Vorreitern, teilweise werden in anderen Regionen erst rund zehn Jahre später Breitband-Zweckverbände aufgebaut. Ein dritter Zweckverband in der Region Bodensee-Oberschwaben kam im Jahr 2019 hinzu. Bereits im Jahr 2018 wurden 56 Ausbaumaßnahmen in der Region Bodensee-Oberschwaben vom Land gefördert. Im Jahr 2021 flossen insgesamt 212 Millionen Euro Fördergelder für den Breitbandausbau – und damit jeder vierte Euro der in Baden-Württemberg bereitgestellten Fördermittel – in die Region Bodensee-Oberschwaben. Auf Landesebene berücksichtigt die Breitbandförderung seit mehreren Jahren explizit den erhöhten Bedarf der Wirtschaft an symmetrischen Hochgeschwindigkeitsanschlüssen. Mit der im Jahr 2019 eingeleiteten Kombination von Bundes- und Landesmitteln stehen für Kommunen Förderquoten beim Breitbandausbau von bis zu 90 Prozent zur Verfügung, wodurch sich der Eigenanteil trotz aller Herausforderungen in einer realistischen Größenordnung bewegt. In der Folge treiben verschiedene Kommunen geförderte Ausbaumaßnahmen mit einem Volumen in zweistelliger Millionenhöhe voran. Darüber hinaus findet auch in der Region Bodensee-Oberschwaben an verschiedenen Standorten ein privatwirtschaftlicher Ausbau durch die Telekommunikations-Anbieter statt.
Dennoch müssen diese Rahmenbedingungen genutzt werden, um den Ausbau so schnell wie möglich weiter voranzutreiben. Mit ihrer Standortumfrage hatte die IHK schon im Jahr 2012 festgestellt und 2017 bestätigt, dass die Breitbandversorgung den wichtigsten Standortfaktor für Unternehmen in der Region darstellt. In der Folge wurde unter anderem dafür sensibilisiert, dass Standortverlagerungen wegen schlechter Breitbandanbindung tatsächlich stattfinden und dies einen wichtigen Faktor im Wettbewerb um Unternehmensstandorte darstellt. Mit einem Leitfaden für Unternehmen mit schlechter Breitbandanbindung hatte die IHK Bodensee-Oberschwaben einen vielfach genutzten Katalog an Handlungsoptionen entwickelt, der von weiteren Institutionen übernommen wurde. Auf politischer Ebene reichen die Aktivitäten von den regelmäßigen Politikkontakten und -Gesprächen über eine Integration des Themas Breitbandversorgung in Studien wie den DIHK-Innovationsreport oder die Umfrage zur Technologiepolitik des Landes bis zu einer Reihe von Positionspapieren. Neben vielen weiteren Maßnahmen machte ein gemeinsam mit weiteren Verbänden entwickeltes Diskussionspapier zum Design der 5G-Frequenzauktion die fachliche Tiefe der Aktivitäten deutlich. Auf diese Weise werden stets die aktuell bestehenden beziehungsweise neu entstandenen Herausforderungen adressiert. So war zum Beispiel die im Jahr 2019 eingeleitete bessere Kombinierbarkeit von Bundes- und Landesförderung eine der zentralen IHK-Forderungen, die zuletzt im Jahr 2018 durch ein Positionspapier beschlossen wurde.
Öffentlichkeitsarbeit sowie best practice Berichte in IHK-Medien ergänzen die politischen Maßnahmen sowie das Informationsangebot, indem greifbare Beispiele aus der Praxis entweder Handlungsbedarf aufzeigen oder die Potenziale durch digitale Geschäftsmodelle und Geschäftsprozesse auf Basis einer leistungsfähigen Breitbandversorgung unterstreichen. Teilen Sie uns auch gerne jederzeit Ihr Praxisbeispiel in Zusammenhang mit der Breitbandversorgung mit. Wenngleich eine Veröffentlichung nicht garantiert werden kann, sind derartige Beispiele im Rahmen unserer politischen Kontakte und Gespräche sehr hilfreich.

Weitere Informationen

Wenn Sie sich für weitere Details aus diesem breiten Themenfeld interessieren, finden Sie im Folgenden eine Übersicht ausgewählter Informationsquellen zu verschiedenen Teilgebieten.
EU-Breitband-Strategie
Kurze Übersicht über die zentralen Breitband-Ziele der Europäischen Kommission
EU-Kodex für elektronische Kommunikation
EU-Richtlinie zur elektronischen Kommunikation
Digitale Strategie 2025 (Deutschland)
Zehn Schritte beziehungsweise Maßnahmen bis in das Jahr 2025
Breitbandförderung des Bundes
Übersicht über die Breitbandförderung des Bundes, Förderrichtlinie, Leitfäden
Breitbandatlas des Bundes
Interaktive Karte mit Verfügbarkeiten, Zuwachs bei der Verfügbarkeit, Statistiken
Breitbandausschreibungen
Öffentlich zugängliche Übersicht der aktuellen Breitbandausschreibungen
Beschlüsse der Bundesnetzagentur zu Frequenzauktionen
Umfangreiche Hintergrundinformationen und Details zum Thema 5G-Frequenzen
Informationen des Innenministeriums Baden-Württemberg und Breitbandförderung des Landes
Übersicht über die Aktivitäten des Landes, Förderrichtlinie des Landes
Evaluation der Breitbandförderung in Baden-Württemberg
Umfangreiche Studie als Basis für die Weiterentwicklung der Breitbandförderung Baden-Württemberg nach 2018
Publikationen des WIK-Instituts
Zahlreiche Studien und Handlungsempfehlungen zu verschiedenen Teilaspekten des Breitbandausbaus
Leitfaden Schnelles Internet für Unternehmen
Kurzer Leitfaden mit Handlungsoptionen für Unternehmen mit unzureichender Breitbandanbindung
DIHK-Innovationsreport
Exemplarisches Umfrageergebnis zur Breitbandverfügbarkeit als Innovationshemmnis
Vereinbarung zwischen kommunalen Spitzenverbänden und Mobilfunkbetreibern über den Informationsaustausch und die Beteiligung der Kommunen beim Ausbau des Mobilfunknetzes
Dialoginitiative der Bundesregierung zu 5G, unter anderem mit Informationen und Diskussionen rund um gesundheitliche Auswirkungen
Zweckverbände Landkreis Ravensburg, Landkreis Sigmaringen, Bodenseekreis
Überblick über die Aktivitäten der Zweckverbände beziehungsweise vergleichbarer Zusammenschlüsse in der Region
Die Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft betreut unter anderem das Mobilfunkförderprogramm des Bundes und unterstützt den Ausbau in weißen Flecken