Selbständige Kraftfahrer ohne eigene Fahrzeuge

Personalengpässe durch Urlaub und Krankheit sind ein ständiges Problem jedes Unternehmers und müssen durch eine Personalreserve oder Aushilfskräfte kompensiert werden. Ein Weg, den Verkehrsunternehmer nicht beschreiten sollten, ist einen selbständigen Kraftfahrer ohne eigenes Fahrzeug einzusetzen.
Von Rentenversicherungsträgern und Krankenkassen werden derart eingesetzte Kraftfahrer ausnahmslos wie abhängig beschäftigte Arbeitnehmer behandelt, für die Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden müssen (sogenannte Scheinselbständige). Diese Rechtsauffassung der Sozialversicherungsträger ist durch zwei inzwischen rechtskräftige Entscheidungen von Landessozialgerichten bestätigt worden. Die Begründung liegt darin, dass der angeblich selbständige Kraftfahrer in diesen Fällen in die Betriebsorganisation des Verkehrsunternehmens eingebunden ist, damit eine persönliche Abhängigkeit hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung besteht und er kein eigenes betriebliches Risiko trägt. An dieser sozialrechtlichen Bewertung ändert sich auch dann nichts, wenn das zuständige Gewerbeamt eine entsprechende Gewerbeanmeldung ohne Einwände entgegennimmt und auch das Finanzamt diesen „selbständigen Kraftfahrer“ zur Einkommensteuer aus Gewerbebetrieb veranlagt!
Wird ein solches Beschäftigungsverhältnis bei einer Betriebsprüfung festgestellt, können vom Auftraggeber die Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherungsbeiträge vier Jahre rückwirkend eingefordert werden. Dies kann auch zu strafrechtlichen Konsequenzen führen, wenn ein Betrug zu Lasten der Sozialversicherungsträger festgestellt wird.
Die Sozialversicherungsträger haben in einem „Katalog bestimmter Berufsgruppen zur Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit“ folgende Kriterien festgelegt:

Güterbeförderung

Frachtführer/Unterfrachtführer:
„Es ist davon auszugehen, dass Frachtführer im Sinne der §§ 407 fortfolgende HGB dann ein selbständiges Gewerbe ausüben, wenn sie beim Transport ein eigenes Fahrzeug einsetzen und für die Durchführung ihres Gewerbes eine Erlaubnis nach § 3 Güterkraftverkehrsgesetz oder die Gemeinschaftslizenz nach Artikel 3 der Verordnung (EWG) 881/92 besitzen. Dies gilt auch dann, wenn sie als Einzelperson ohne weitere Mitarbeiter nur für ein Unternehmen tätig sind und dabei die Farben oder ein „Logo“ dieses Unternehmens nutzen. Voraussetzung ist allerdings, dass ihnen weder Dauer noch Beginn und Ende der Arbeitszeit vorgeschrieben wird und sie die – nicht nur theoretische – Möglichkeit haben, Transporte auch für weitere eigene Kunden auf eigene Rechnung durchzuführen. Ob sie diese Möglichkeit tatsächlich nutzen, ist nicht entscheidend. Um ein eigenes Fahrzeug im Sinne der vorherigen Ausführungen handelt es sich nur dann, wenn es auf den Erwerbstätigen zugelassen ist und von ihm mit eigenem Kapitalaufwand erworben oder geleast wurde. Eine indirekte oder direkte Beteiligung an der Fahrzeug-/Leasingfinanzierung durch den Auftraggeber spricht gegen die Annahme einer selbständigen Tätigkeit.“

Personenbeförderung

Omnibusfahrer:
„Omnibusfahrer, die keine eigenen Busse besitzen, jedoch für Busunternehmen Linienfahrten, Reiserouten, Schulfahrten et ceterea ausführen, sind auf Grund der damit verbundenen Eingliederung in die Betriebsorganisation des Busunternehmens und der persönlichen Abhängigkeit hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung als Arbeitnehmer zu beurteilen.“
Taxifahrer: (analog der Mietwagenfahrer)
„Taxifahrer, die kein eigenes Fahrzeug verwenden, gehören auf Grund der damit verbundenen persönlichen Abhängigkeit zu den abhängig Beschäftigten. Taxifahrer mit eigenem Fahrzeug sind als Selbständige anzusehen, wenn Sie über eine Konzession verfügen. Eine Arbeitgebereigenschaft der „Taxizentrale“ gegenüber diesen Personen scheidet aus.“
Dies macht auch deutlich, dass es auch nicht ausschlaggebend ist, wie viele verschiedene Auftraggeber ein angeblich „selbständiger Kraftfahrer“ hat.

Handlungsempfehlung

Da theoretisch die Möglichkeit besteht, dass es Fälle gibt, in denen auch ein „selbständiger Kraftfahrer“ ohne Fahrzeug im sozialversicherungsrechtlichen Sinne selbständig ist, können sich Auftraggeber und Auftragnehmer vor Beginn oder unmittelbar nach Aufnahme der Tätigkeit Gewissheit darüber verschaffen, indem sie einen so genannten Statusfeststellungsantrag nach § 7a des Sozialgesetzbuches IV bei der Deutschen Rentenversicherung stellen. Das Statusfeststellungsverfahren ist nur objektiven Zweifelsfällen vorbehalten. Die Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung ob es sich um eine selbständige Tätigkeit handelt, ist verbindlich.
Einen Statusfeststellungsantrag und weitere Informationen sind erhältlich bei:
Deutsche Rentenversicherung, Ruhrstr. 2, 10709 Berlin (Wilmersdorf)
Tel. 0800 10 00 48 00