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"Bringen Sie die Wirtschaft wieder in Fahrt"
Nur noch wenige Tage bis zur vorgezogenen Bundestagswahl: Laut einer aktuellen Blitzumfrage der IHK Mittleres Ruhrgebiet wünschen sich die Unternehmer:innen aus Bochum, Herne, Witten und Hattingen von der neuen Bundesregierung vor allem Planungssicherheit, mehr Investitionen in die Infrastruktur, eine verlässliche und zugleich preiswerte Energieversorgung sowie eine Senkung der Steuerlast. Wir haben Unternehmer:innen aus unserem Kammerbezirk gefragt, wo bei ihnen der Schuh drückt und was jetzt getan werden muss.
Von Christina Kiesewetter und Sven Frohwein
Katja Lohmann-Hütte fand bereits beim Besuch von Wirtschaftsminister Robert Habeck in Bochum deutliche Worte. „Wir Mittelständler wollen ja nachhaltig arbeiten. Das ist doch gar nicht die Frage. Aber es kann doch nicht sein, dass wir diese hohen Standards allein in Deutschland haben. Damit schaffen wir uns doch selbst ab“, sagte die Geschäftsführerin der Friedr. Lohmann GmbH aus Witten im Sommer 2024. Dem traditionsreichen Stahlunternehmen sitzt die Konkurrenz aus China im Nacken. Die Folge: Auftragsflaute und Kurzarbeit. Dazu kommen hohe Kosten für Energie.
Vermissen eine klare Strategie, um für die Zukunft planen zu können: Friedrich Lohmann-Voß, Katja Lohmann-Hütte und Gunnar Lohmann-Hütte (v.li.).
Eine Meinung, die Dr. Peter-Christian Zinn teilt: „Das Wichtigste für Deutschland ist schlicht, dass nicht noch länger von der Substanz gelebt wird, sondern diese absolut lachhafte Obsession von der ,Schwarzen Null‘ endlich aus den Köpfen der Politiker verschwindet“, sagt der ManagingPartner der Industrieberatung Industrial Analytics Lab GmbH aus Bochum. „Nur so können wir wieder international wettbewerbsfähig werden.“
Forder ein massives Investitionsprogramm: Dr. Peter-Christian Zinn.
Für Seran Bahtijari und Lukas Rüger ist Deutschlands überbordende Bürokratie ein Problem. „Es gibt ein riesiges Expertentum in Deutschland, das treibt manche Blüten“, sagt Gastronom Rüger, der mit seinem Partner unter anderem das Restaurant Livingroom in Bochum betreibt. So sitze jährlich jemand von der Berufsgenossenschaft bei ihnen am Tisch, um zu kontrollieren, ob beispielsweise die Verbandskästen noch fachgerecht bestückt seien. Zu jedem Teil könne dieser einen Vortrag halten. „Natürlich ist Arbeitssicherheit wichtig, aber die Dimension und die Ansprache irritiert, da fehlt im Bezug zu wichtigen Themen die Verhältnismäßigkeit, das wirkt fast schon wie Selbstzweck“, sagt Rüger. Bahtijari ergänzt: „Ich muss mehreren Behörden monatlich statistische Angaben mailen. Warum tauschen diese die vorhandenen Daten nicht untereinander aus?“ Solche Zeitfresser nerven und sind teuer.
Beklagen überbordende Bürokratie: Seran Bahtijari und Lukas Rüger (re.).
© www.saschakreklau. de
Die Livingroom GmbH & Co. KG mit rund 120 Mitarbeiter:innen in der Bochumer Restaurantfamilie Livingroom, FIVE, Strätlingshof und Zum Grünen Gaul kämpft außerdem mit den hohen Lohnnebenkosten. „Ich freue mich über jeden Euro, den unsere Leute mehr auf dem Konto haben“, sagt Bahtijari. „Aber von den durchschnittlich 25 % Lohnerhöhung, die es seit 2022 gab, und die nächsten 6 % kommen ab Mai 2025, kommt viel zu wenig bei den Arbeitnehmern an. Die Unternehmenskosten sind dadurch allerdings erheblich gestiegen.“
Dass die Wirtschaft zu wenig gehört wird in der Politik, kann Horst Lautenschläger aus direkter Erfahrung bestätigen. 30 Jahre war er direkt in die Steuerung globaler Lieferketten bei drei Herner Maschinenbau-Unternehmen eingebunden. „Ich habe es sehr positiv gewertet, dass ich bei den Vorbereitungen zum Lieferkettengesetz gehört wurde und meine Expertise einbringen konnte“, berichtet er. Aber im Gesetz selbst sei dann nichts von seiner Vorschlägen übrig geblieben. „Die Gesetze zur Lieferkettensorgfalt wenden Unternehmen eigentlich seit Jahrzehnten an. Mit dem Zoll und dem BAFA arbeiten sie vertrauenswürdig zusammen zum Thema Exportkontrolle und Importbeschränkungen. Warum werden die Vorgaben nicht weiterhin über den Zoll kontrolliert?“ fragt Lautenschläger. „Unternehmen wollen keine dummen Belastungen zur Abgabe von Schönwetter-Jahresberichten. Von der nächsten Bundesregierung wünsche ich mir, dass sie diese unsinnige Bürokratie schnellstens wieder abgebaut wird.“
Hans-Christian Otto wünscht sich mehr Verlässlichkeit von der Politik.
© sascha kreklau
Direkt weiterlesen:
Hier geht es zu den Ergebnissen der IHK-Blitzumfrage zur Bundestagswahl
Hier geht es zum Kurzinterview mit Philipp Böhme, Präsident der IHK Mittleres Ruhrgebiet, zu den wirtschaftspolitischen Positionen der Kammer.
“Vieles läuft in den USA unbürokratischer” - Interview mit Dr. Christoph Schemionek , Delegierter der Deutschen Wirtschaft bei der Auslandshandelskammer in der US-Hauptstadt Washington
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