Recht und Steuern

Die persönliche Haftung von GmbH-Geschäftsführern

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist für den Unternehmer nicht zuletzt daher eine so attraktive Gesellschaftsform, weil die Haftung gegenüber den Gläubigern – das heißt im Außenverhältnis – gemäß § 13 Abs. 2 GmbH-Gesetz auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt ist. Das persönliche Risiko lässt sich daher grundsätzlich auf ein Minimum reduzieren, jedenfalls so weit nicht eine Inanspruchnahme im Innenverhältnis (durch die Gesellschaft) nach § 43 Abs. 2 GmbH-Gesetz in Betracht kommt.
Im Laufe der letzten Jahre ist eine steigende Tendenz der Rechtsprechung ersichtlich, auch den Gläubigern gegenüber neben der begrenzten Gesellschaftshaftung eine unmittelbare Inanspruchnahme der GmbH-Geschäftsführer und –Gesellschafter zuzulassen, die demzufolge mit ihrem Privatvermögen einzustehen haben. Diese Entwicklung mag zwar auf den ersten Blick mit dem Grundsatz der beschränkten Haftung unvereinbar sein, jedoch zeigt sich bei näherem Hinsehen, dass die Rechtsprechung die Haftungserweiterung auf das Privatvermögen der Verantwortlichen überwiegend in den Bereichen vorantreibt, in denen die Berufung auf eine Haftungsbeschränkung wegen pflichtwidrigen Verhaltens missbräuchlich wäre oder in denen Dritten gegenüber ein die persönliche Haftung begründender Rechtsschein gesetzt wurde.
Insofern sind die Risiken eingrenzbar und mit der Kenntnis der Gefahrenquellen ist auch die Möglichkeit gegeben, sich durch pflichtgemäßes Verhalten vor einer persönlichen Inanspruchnahme zu schützen. Im folgenden soll daher ohne Anspruch auf Vollständigkeit ein Überblick über die in Betracht kommenden Haftungstatbestände gegeben werden.

Haftung gegenüber der Gesellschaft und den Gesellschaftern

Im Innenverhältnis kann der Geschäftsführer bei Pflichtverletzungen sowohl von der Gesellschaft selbst als auch von den Gesellschaftern in Anspruch genommen werden.

Haftung bei Obliegenheitsverletzung, § 43 GmbHG

Gegenüber der Gesellschaft haftet der Geschäftsführer gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG, wenn er seine Obliegenheiten verletzt. Sorgfaltsmaßstab für die Erfüllung seiner Aufgaben ist dabei gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes. Der Geschäftsführer hat die Pflicht, auf der Grundlage der Vorgaben der Gesellschafter den Gesellschaftszweck aktiv zu fördern und Schaden von der GmbH abzuwenden. Er ist gehalten, mit anderen Organen der Gesellschaft kooperativ zusammenzuarbeiten. Neben den einzelvertraglich festgelegten Aufgaben obliegen ihm Berichts- und Auskunftspflichten sowie Organisations-, Überwachungs- und Loyalitätspflichten.
Im einzelnen existiert zu diesem Sorgfaltsmaßstab eine umfangreiche Kasuistik, die hier nur ansatzweise erläutert werden kann. So wird ein Geschäftsführer dann nicht dem Sorgfaltsmaßstab im Sinne des § 43 Abs. 1 GmbHG gerecht, wenn er Forderungen nicht auf ihre Berechtigung hin überprüft. Er muss daher der Gesellschaft Schadensersatz in der Höhe leisten, in der auf Grund unterlassener Rechnungsprüfung unberechtigte Forderungen Dritter beglichen wurden.
Ebenfalls ist es nach der Rechtsprechung nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar, wenn ein Geschäftsführer infolge Telefonierens am Steuer einen Verkehrsunfall mit einem Firmenwagen verursacht. Der Geschäftsführer haftet der Gesellschaft jedenfalls dann nach § 43 GmbHG für einen Schaden an einem von ihm geführten Firmenwagen, wenn ihm grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. (Es wird in diesem Zusammenhang im übrigen diskutiert, die arbeitsrechtliche Haftungsbeschränkung wegen gefahrgeneigter Arbeit entsprechend anzuwenden, so dass eine Haftung jedenfalls bei leichtester Fahrlässigkeit entfiele).

Haftung bei Verletzung der Kapitalaufbringungsvorschriften

Bei schuldhafter Verletzung des Grundsatzes der Erhaltung des Stammkapitals gemäß § 30 GmbHG haftet der Geschäftsführer (mehrere solidarisch) bei Auszahlungen an Gesellschafter nach § 31 Abs. 6 GmbHG den übrigen Gesellschaftern gegenüber auf vollen Ersatz der Zuwendungen. Der Verschuldensmaßstab ist wiederum dem § 43 Abs. 1 GmbHG zu entnehmen, wonach die Auszahlung dann schuldhaft erfolgte, wenn nicht die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes angewandt wurde. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer haftet unter Umständen auch ohne Verschulden nach § 31 Abs. 3 GmbHG oder auch nach Abs. 1, wenn er selbst Empfänger der Leistung ist. Der Gesellschaft gegenüber ist der Geschäftsführer bei verbotenen Auszahlungen nach § 43 Abs. 3 GmbHG zum Ersatz verpflichtet.

Allgemeine Anspruchsgrundlagen

Vertragliche Anspruchsgrundlage kann zudem der Geschäftsführervertrag mit der Gesellschaft sein, wobei dieser keine Schutzwirkung zugunsten der einzelnen Gesellschafter entfaltet. Weitergehende Ansprüche aus dem Zivilrecht, zum Beispiel wegen ungerechtfertigter Bereicherung nach §§ 812 ff. BGB oder wegen unerlaubter Handlung gemäß §§ 823 ff. BGB, werden durch die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften nicht verdrängt, sondern lediglich ergänzt.

Haftung gegenüber Dritten

Umfangreicher und daher auch von erheblich größerer praktischer Bedeutung ist die im Außenverhältnis gegenüber den Gesellschaftsgläubigern bestehende Haftung des GmbH-Geschäftsführers.

Vertragliche Haftung

Schon der Vertragsabschluss selbst birgt Risiken einer persönlichen Inanspruchnahme, wenn nicht deutlich zum Ausdruck gebracht wird, wer genau aus dem Rechtsgeschäft verpflichtet sein soll.

Rechtsscheinhaftung

Die Rechtsscheinhaftung wegen Fortlassung des nach § 4 GmbHG vorgeschriebenen Rechtsformzusatzes "GmbH" kann nicht nur den Geschäftsführer der GmbH treffen, sondern auch jeden anderen Vertreter des Unternehmens, der durch sein Zeichen der Firma ohne den Rechtsformzusatz das berechtigte Vertrauen des Geschäftspartners auf die Haftung mindestens einer natürlichen Person hervorgerufen hat.
Allerdings wird zugunsten des Geschäftsführers ein berechtigtes Vertrauen des Vertragspartners dann nicht angenommen, wenn die ungenaue oder unrichtige Bezeichnung im Rahmen eines unternehmensbezogenen Geschäfts erfolgt, selbst wenn der Geschäftspartner infolge dessen Fehlvorstellungen unterliegt. Allerdings wird sich oftmals die "Unternehmensbezogenheit" des Geschäfts, wenn nicht aus dessen Gegenstand (zum Beispiel die Bestellung von Büroartikeln, EDV-Zubehör und Weiteres ist insofern "neutral"), gerade erst aus der Verwendung des Firmen-Zusatzes ergeben. Um jeglichen Zweifel auszuschließen, sollte daher spätestens bei der schriftlichen Auftragsbestätigung der Firmenzusatz verwandt werden.

Verschulden bei Vertragsabschluss (culpa in contrahendo)

Grundsätzlich hat die Gesellschaft selber für schuldhafte Pflichtverletzungen ihres Geschäftsführers bei Vertragsabschluss einzustehen. Typischerweise finden sich unter diesem Oberbegriff beispielweise Fälle fahrlässig unterlassener oder unvollständiger Aufklärung, der Verletzung der Verkehrssicherungspflichten. Seit nach langem anerkannten Grundsätzen ist neben der Haftung der Gesellschaft eine eigenständige Haftung des Geschäftsführers gegeben, wenn er ein eigenes, ihm persönlich entgegen gebrachtes Vertrauen in Anspruch genommen hat (1.) oder wenn er am Vertragsschluss nachhaltig persönlich interessiert ist (2.).
  1. Die Fälle der eigenen Verschuldenshaftung wegen persönlich entgegengebrachten Vertrauens sind eher selten. Gerade im Rahmen länger andauernder Geschäftsbeziehungen wird naturgemäß auch der Person des Geschäftsführers ein erhebliches Vertrauen entgegengebracht, woraus sich nicht ohne weiteres eine persönliche Haftung ableiten lässt. Die Haftung wegen einer solchen Vertrauensbasis setzt erst dann ein, wenn dem Geschäftsführer ein eigenes, ausschließlich seiner Person geltendes Vertrauen entgegengebracht wird, welches er in Anspruch nimmt. An Bedeutung gewinnt diese Abgrenzung jedoch in denjenigen Unternehmensbereichen, in denen gerade das Vertrauen in die einzelne Person die Geschäftsbeziehungen prägt (so zum Beispiel bei einer Sachverständigen-GmbH). In Zusammenhang mit der vorvertraglichen Verschuldenshaftung wird auch darauf hingewiesen, dass eine Haftung des Geschäftsführers wegen einer Bürgschaftsübernahme nach den §§ 765 ff. BGB in Betracht kommt, wenn dieser bei Vertragsabschluss deutlich gemacht hat, für "seine" Gesellschaft einstehen zu wollen. Ist dieser Haftungstatbestand wegen fehlender Schriftform der Äußerungen (§ 766 BGB) nicht begründet, so verbietet sich in der Regel auch ein Rückgriff auf die Verschuldenshaftung nach den Grundsätzen der c.i.c. Auch die im Bereich des persönlich entgegengebrachten Vertrauens in Betracht kommende Haftung des Geschäftsführers auf Grund eines Schuldbeitritts erlangt in der Praxis kaum Bedeutung. Lediglich wenn bei Vertragsabschluss ein noch über die Bürgenhaftung hinausgehender Verpflichtungswille des Geschäftsführers (bei eigenem rechtlichem oder wirtschaftlichem Interesse) erkennbar ist, wird man ihn mit dieser Haftungsfolge belegen dürfen.
  2. In den Fällen eines erkennbaren Eigeninteresses haftet der Geschäftsführer zudem auch für Verschulden bei Vertragsabschluss persönlich. Um einer unüberschaubaren Ausweitung dieses Haftungstatbestandes entgegenzuwirken, ist von der Rechtsprechung festgestellt worden, dass allein die Eigenbeteiligung des Geschäftsführers an der Gesellschaft nicht ausreicht, um ein haftungsbegründendes Eigeninteresse anzunehmen, ebenso wenig wie die weitergehende Bestellung von Sicherheiten für die Gesellschaft oder die Gewährung von Krediten an die Gesellschaft. Denn in allen vorgenannten Fällen trägt der Geschäftsführer mit seinen Investitionen auch das Risiko mit – er sitzt sozusagen mit den Gläubigern "in einem Boot". Eine persönliche Verantwortlichkeit auf Grund von Eigeninteresse kann sich aber dann ergeben, wenn das Handeln des Geschäftsführers nur der Beseitigung von Schäden dient, für die er ansonsten von seinem Unternehmen (also im Innenverhältnis) persönlich in Anspruch genommen werden könnte, oder wenn er bereits bei Vertragsabschluss die Absicht hatte, den wirtschaftlichen Nutzen des Geschäfts eigenen Zwecken zuzuführen.

Verantwortlichkeit für unerlaubte Handlungen (Deliktsrecht) 

Eine Verantwortlichkeit für unerlaubte Handlungen kann sich (1.) aus §§ 823 Abs. 1 BGB bei Verletzung eines der dort genannten Rechtsgüter oder (2.) aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einem Schutzgesetz ergeben.
  1. Im Grundsatz ist unzweifelhaft, dass ein Geschäftsführer, wenn er aktiv gehandelt hat, neben der GmbH, die für seine Handlungsweise nach § 31 BGB einzustehen hat, verantwortlich ist. Die eigentliche Problematik beginnt dort, wo der Geschäftsführer nicht selber gehandelt, sondern lediglich Handlungsweisen oder auch Einzelmaßnahmen anderer Mitarbeiter der GmbH, für die diese nach §§ 31 oder 831 BGB einzustehen hat, nicht verhindert hat. Hat in diesen Fällen der Geschäftsführer Kenntnis von der rechtsverletzenden Handlung und hat er zudem die Rechtspflicht, das bedrohte Rechtsgut vor Schaden zu bewahren (Garantenstellung), so kommt ein Begehen durch Unterlassen auch für den Geschäftsführer in Betracht. Diese Verantwortlichkeit für das Handeln seiner Mitarbeiter trifft den Geschäftsführer unter Umständen sogar dann, wenn er von der rechtsverletzenden Handlung keine Kenntnis hatte, weil diese gar nicht in seinen Tätigkeitsbereich fällt. Die Gerichte haben in diesen Fällen bereits mehrfach dahingehend entschieden, dass ein Geschäftsführer sich nicht dadurch entlasten kann, dass er sich auf eine innerbetriebliche Aufgabenaufteilung beruft, mit dem Hinweis, er sei für den Unternehmensbereich, in dem die unerlaubte Handlung vorgenommen wurde, nicht zuständig. Entgegenwirken kann der Geschäftsführer einer daraus resultierenden Haftungsausweitung jedoch, indem er im Rahmen des Möglichen an einer innerbetrieblichen Organisation mitwirkt, die der Vornahme rechtsgutsverletzender Handlungen im Unternehmen vorbeugt. Jeder Geschäftsführer hat in diesem Zusammenhang auch Überwachungs- und Kontrollpflichten gegenüber den anderen Geschäftsführern, und erst wenn er diesen im Rahmen des Zumutbaren nachgekommen ist, kann ihm nach der Rechtsprechung kein haftungsbegründendes Fehlverhalten vorgeworfen werden.
  2. Eine Haftung wegen Verletzung eines Schutzgesetzes nach § 823 Abs. 2 BGB kommt unter Berücksichtigung der zuvor dargestellten Haftungsprinzipien dann in Betracht, wenn dem Geschäftsführer ein Sachverhalt vorgeworfen wird, der in den persönlichen (Soll der Gläubiger durch die Norm geschützt werden?) und sachlichen (Soll das vorgeworfene Verhalten durch die Norm sanktioniert werden?) Schutzbereich der geltend gemachten Vorschrift fällt. Solche Schutzgesetzqualität haben zum Beispiel § 266 StGB bei Veruntreuung von Gesellschaftsvermögen, § 266 a StGB zugunsten der Sozialversicherungsträger, § 64 Abs. 1 GmbHG zugunsten sämtlicher Gesellschaftsgläubiger (so weit auch der sachliche Schutzbereich eröffnet ist) oder die Körperverletzungstatbestände des StGB zugunsten der Geschädigten (Produkthaftungsfälle!).

Haftung aus Steuerverpflichtungen der GmbH 

Infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der Pflichten aus dem Steuerschuldverhältnis haftet der Geschäftsführer nach §§ 69 i. V. m. 34 Abs. 1 Abgabenordnung persönlich. Auch hier gilt: Aufteilung der innerbetrieblichen Zuständigkeiten entlastet den einzelnen Geschäftsführer nicht. Ebensowenig lässt sich ein Entlastungsnachweis mit dem Argument führen, die Erledigung der steuerlichen Pflichten sei einem Dritten (Steuerberater) übertragen worden. Zwar ist der Geschäftsführer nicht verpflichtet, die steuerlichen Angelegenheiten der GmbH selbst zu erledigen. Er ist aber verpflichtet, diejenigen Personen, denen er die Erledigung dieser Angelegenheiten überträgt, sorgfältig auszuwählen und zu überwachen, vor allem sich ständig so eingehend über den Geschäftsgang zu unterrichten, dass er unter normalen Umständen mit der ordnungsgemäßen Erledigung der Geschäfte rechnen kann, beziehungsweise, dass für ihn ein Fehlverhalten des beauftragten Dritten rechtzeitig erkennbar wird.
Dabei sind nach Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs an die Überwachungsmaßnahmen eines Geschäftsführers um so größere Anforderungen zu stellen, je weniger dieser sich anhand von tatsächlichen Anhaltspunkten (Persönlichkeit, Geschäftsgebaren und Ähnliches) ein Bild von der Zuverlässigkeit der für die Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten herangezogenen Personen machen kann. Zudem wird teilweise bei Verletzung der Buchführungspflicht auch §§ 823 Abs. 2 i. V. m. § 41 GmbHG als Anspruchsgrundlage gegen den Geschäftsführer in Betracht gezogen. Der BGH hat dies bisher noch abgelehnt, jedoch lediglich unter Verweis darauf, dass andere Normen hinreichend Schutz bieten. Es muss daher damit gerechnet werden, dass in den Fällen, in denen sich der Gläubigerschutz durch die anerkannten Anspruchsgrundlagen als nicht hinreichend erweisen sollte, hier noch eine Ausweitung der Haftung über § 41 GmbHG erfolgen wird.

Haftung gegenüber Sozialversicherungsträgern

Auch gegenüber den Sozialversicherungsträgern hat der Geschäftsführer dafür zu sorgen, dass die GmbH ihren Pflichten nachkommt. Die bei der GmbH beschäftigten Arbeitnehmer sind bei dem Krankenversicherungsträger anzumelden (§ 28 a SGB IV), und die dann fällig werdenden Beiträge sind durch die GmbH einzuzahlen. Der Geschäftsführer haftet für einbehaltene und nicht abgeführte Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherungsbeiträge deliktisch nach § 823 Abs. 2 i. V. m. § 28 e SGB IV.
Im Insolvenzfall droht bei unterlassener Abführung der Sozialabgaben gemäß § 823 Abs. 2 i. V. m. § 64 Abs. 1 GmbHG oder § 266 a StGB eine Eigenhaftung auf Schadensersatz in Höhe der Arbeitnehmeranteile, wenn der Geschäftsführer in der Krise nicht die erforderlichen Maßnahmen ergreift, damit die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung vorrangig abgeführt werden. Er sollte daher Zahlungen an die Einzugsstelle mit einer ausdrücklichen schriftlichen Tilgungsbestimmung des Inhalts versehen, dass alle Beitragszahlungen vorrangig mit rückständigen Arbeitnehmeranteilen zu verrechnen sind.
Unterbleibt eine derartige Tilgungsbestimmung, so werden Sozialversicherungsbeiträge zunächst nach einer gegebenenfalls bestehenden Absprache (Tilgungsvereinbarung) mit dem Sozialversicherungsträger getilgt. Für den Fall, dass eine Tilgungsvereinbarung nicht getroffen worden ist, wird eine hälftige Zahlung auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile geleistet. Bei mehrgliedriger Geschäftsführung treffen den einzelnen Geschäftsführer wiederum die bereits erläuterten Überwachungspflichten im Hinblick auf die jeweils zuständigen Mitgeschäftsführer. Strafrechtliche Konsequenzen können sich bei der Nichtabführung von Sozialabgaben aus § 266 a i. V. m. § 14 StGB ergeben.

Sonstige Haftungstatbestände

In nahezu allen Rechtsbereichen, die durch unternehmerische Tätigkeit berührt werden, gibt es spezialgesetzliche Normen, die bei pflichtwidrigem Verhalten entsprechende Sanktionen androhen. Diese Normen ersetzen nicht etwa die zitierten allgemeinen zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen, sondern liefern eine zusätzliche Handhabe, um den Geschäftsführer zivil- oder auch strafrechtlich zu belangen. Dabei finden die zuvor erläuterten allgemeinen Haftungsprinzipien (Kontroll- und Aufsichtspflichten im Rahmen der betrieblichen Organisation und Weiteres) auch in diesen Rechtsbereichen Anwendung. Nur beispielhaft soll hier dargestellt werden, in welchen unternehmerischen Tätigkeitsbereichen speziell normierte Haftungsfragen relevant werden können.
Wettbewerbsverstöße werden nach den Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) mit strafrechtlichen oder zivilrechtlichen Sanktionen belegt, §§ 3, 4, 8 UWG. Grundsätzlich haftet die juristische Person für wettbewerbswidriges Verhalten ihrer Organe (§§ 31, 89 BGB). Daneben besteht auch hier eine persönliche Haftung des Geschäftsführers jedenfalls dann, wenn er "geistiger Urheber" des UWG-Verstoßes ist. Er haftet jedoch nicht nur für eigenes wettbewerbswidriges Verhalten, sondern zudem auch für das Verhalten einer anderen Person im Betrieb, von deren wettbewerbswidrigem Handeln er Kenntnis hatte und das er hätte verhindern können.
Auch kann er sich regelmäßig nicht darauf berufen, von dem Wettbewerbsverstoß nichts gewusst zu haben, wenn er grundsätzlich Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft hat, auf Grund einer internen Verteilung innerhalb der Geschäftsführung aber selbst nicht mit dem operativen sowie dem Tagesgeschäft betraut ist.
Bei umweltrechtlichen Verstößen sind zum Beispiel im Immissionsschutz die §§ 62 i. V. m. § 52 a Bundes-Immissionsschutzgesetz als Sanktionsnormen sowie die §§ 324 (Gewässerverunreinigung), 325 (Luftverunreinigung und gesundheitsschädlicher Lärm, 326 (umweltgefährdende Abfallbeseitigung) ff. Strafgesetzbuch zu nennen.
Bei Verstößen gegen das Außenwirtschaftsrecht drohen nach § 33 Abs. 5 Außenwirtschaftsgesetz Bußgeldverfahren ebenso wie strafrechtliche Sanktionen nach § 34 AWG. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass auch bei Lieferung von Ersatzteilen und Reparaturen sowie Wartung an Gegenständen, die einstmals legal ins Ausland verbracht worden sind, rechtswidriges Handeln vorliegen kann.
Auch im Kriegswaffenkontrollgesetz sind ab § 19 Strafvorschriften und Ordnungswidrigkeiten– regelungen enthalten. 

Haftung des Geschäftsführers einer Sachverständigen-GmbH

Besonderheiten können sich auch in Haftungsfragen bei solchen Unternehmen ergeben, die zwar die Geschäfte in der Rechtsform der GmbH betreiben, bei denen die Geschäftsbeziehungen jedoch gleichwohl in besonderem Maße von der Integrität, Kompetenz und Persönlichkeit der einzelnen geschäftsführenden Personen geprägt sind. Es kommt dann eine persönliche Haftung des Geschäftsführers (auch für Verschulden bei Vertragsabschluss) in Betracht, wenn er das Mandat für seine Gesellschaft maßgeblich auf Grund seiner eigenen besonderer Sachkunde erhalten hat.
Vertragsverhandlungen sollten von daher immer so geführt werden, dass die Sachkompetenz des Unternehmens als Gesamtheit (natürlich getragen durch seine personelle Struktur) in den Vordergrund rückt. Im übrigen haftet der Geschäftsführer nach den allgemeinen zur vertraglichen und deliktsrechtlichen Haftung dargestellten Grundsätzen.

Verlustübernahmepflicht im GmbH-Konzern

Ist ein alleiniger Geschäftsführer zugleich Allein- oder Mehrheitsgesellschafter einer GmbH, so trifft ihn ein zusätzliches Haftungsrisiko, wenn er sich gleichzeitig noch in anderen Bereichen unternehmerisch betätigt. Bei wirtschaftlicher Betätigung in verschiedenen Unternehmen kann sich eine persönliche Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Verluste an dem Gesellschaftsvermögen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus den Grundsätzen über den qualifizierten faktischen Konzern ergeben.
Diese in der Praxis nicht selten anzutreffende Unternehmensstruktur liegt dann vor, wenn ein herrschendes Unternehmen die Geschäfte der abhängigen GmbH jedenfalls im Wege einzelner Leitungsmaßnahmen führt.
Beispiel: Ein geschäftsführender Allein- oder Mehrheitsgesellschafter einer GmbH betätigt sich zusätzlich als Einzelkaufmann, als Mitgesellschafter einer anderen GmbH oder in ähnlicher, geschäftsleitender Weise. Bereits dann ist der Betroffene auf Grund seiner Einflussmöglichkeiten in der Lage, seine wirtschaftlichen Interessen nicht nur in der GmbH, sondern außerdem in einem weiteren wirtschaftlichen Tätigkeitsbereich zu verfolgen, was ihn als Einzelperson in entsprechender Anwendung des § 17 AktG zum herrschenden Unternehmen im oben genannten Sinn macht. Es greift dann der Gedanke der gesetzlichen Vermutung des § 18 Abs. 1 S. 3 AktG, wonach der Geschäftsführer auf Grund seiner beherrschenden Stellung mit der GmbH als abhängiges Unternehmen einen Konzern bildet.
Wegen des sich daraus für den Geschäftsführer ergebenden Interessenkonflikts (mit dem Risiko der Vernachlässigung der Belange der abhängigen GmbH) zieht die Rechtsprechung hier die Parallele zur Haftungsverteilung bei dem aktienrechtlichen Vertragskonzern nach §§ 302, 303 AktG.
Allerdings hat der Bundesgerichtshof sich zwischenzeitlich davon distanziert, alleine auf Grund der faktisch beherrschenden Stellung des Geschäftsführers dessen Haftung für Verluste der abhängigen GmbH zu bejahen. Voraussetzung ist nach aktueller Rechtsprechung zudem, dass der Gläubiger Umstände darlegt und beweist, die die Annahme zumindest nahe legen, dass bei der Unternehmensführung im Hinblick auf das Konzerninteresse die eigenen Belange der GmbH über bestimmte, konkret ausgleichsfähige Einzeleingriffe hinaus beeinträchtigt worden sind.
Als Indizien für eine solche Interessenverletzung werden zum Beispiel gesehen
  • Abzug von Liquidität zu unangemessenen Bedingungen, insbesondere ein drakonisches cash-Management mit Abzug aller Liquidität und deren Konzentration bei dem beherrschenden oder einem anderen von diesem geführten Unternehmen,
  • Abzug von notwendigem Personal,
  • Schließung von Produktionsstätten zwecks Überleitung der Produktion auf das beherrschende Unternehmen,
  • Aufgabe wesentlicher Unternehmensfunktion wie Forschung und Entwicklung oder Vertrieb.
Um dieser Indizwirkung, die sich der Gläubiger für seine Beweisführung zunutze machen kann, entgegenzuwirken, ist es ratsam, den Unternehmensgegenstand der abhängigen GmbH satzungsmäßig zu konkretisieren, da zum Beispiel die Aufgabe von Vertriebsabteilungen dann keine Interessenverletzung im haftungsrechtlichen Sinn darstellt, wenn die davon betroffene GmbH nach der Satzung eine reine Forschungsgesellschaft ist.
Gelingt dem Gläubiger der Beweis der Interessenverletzung, ergibt sich eine analoge Anwendung der Haftungsgrundsätze für den aktienrechtlichen Vertragskonzern (§§ 302, 303 AktG), was dazu führt, dass der GmbH-Geschäftsführer mit seinem Privatvermögen dem haftungsrechtlichen Zugriff ausgesetzt ist, so weit die übrigen Voraussetzungen vorliegen (Verschulden des herrschenden Unternehmens, § 93 Abs. 2 S. 2 AktG analog, mangelnde Isolierbarkeit des erlittenen Nachteils). 

Gründungshaftung

Auch schon in der Gründungsphase einer GmbH können für den Geschäftsführer (der bereits vor Handelsregistereintragung zu bestellen ist) relevante haftungsrechtliche Fragen auftreten. Zum Schutz der noch im Entstehen begriffenen Gesellschaft ist in § 9 a Abs. 1 GmbHG die gesamtschuldnerische Haftung von Geschäftsführern und Gesellschaftern für den Fall geregelt, dass während des Eintragungsverfahrens oder in engem Zusammenhang mit diesem Angaben gemacht werden, die die tatsächliche Kapitalsituation nicht wahrheitsgemäß wiedergeben. Die Gesamtschuldner haben dann dafür Sorge zu tragen, dass die angegebene Umstände durch Bar- oder auch Sacheinlagen tatsächlich hergestellt werden.
Bereits vor Abschluss des Gesellschaftsvertrages kann die so genannte Vorgründungsgesellschaft Geschäfte aufgenommen haben. Deren Beteiligte haften dann unbeschränkt für die Unternehmensverbindlichkeiten nach den Vorschriften über die BGB-Gesellschaft, § 705 ff. BGB oder die OHG, § 105 ff. HGB, je nachdem, ob schon ein vollkaufmännisches Handelsgewerbe aufgenommen wurde oder nicht. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die persönliche Haftung der Beteiligten – anders als bei dem Übergang von der Vor-GmbH zur eingetragenen GmbH – auch nach Abschluss des Gesellschaftsvertrages und der dadurch erfolgten Gründung der Vor-GmbH weiter fortbesteht. Die Rechte und Verbindlichkeiten der Vorgründungsgesellschaft gehen nicht automatisch auf die Vor-GmbH bzw. die GmbH über. Allerdings kann die Rechtsnachfolge für jeden Einzelfall mit dem jeweiligen Vertragspartner vereinbart werden.
Die durch Abschluss des Gesellschaftsvertrages errichtete, aber noch nicht eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Vor-GmbH) unterliegt einem Sonderrecht, das den gesetzlichen und vertraglichen Gründungsvorschriften und dem Recht der eingetragenen GmbH entspricht, so weit nicht die Eintragung im Handelsregister unverzichtbar ist. Daher kann auch die Vor-GmbH am Rechtsverkehr teilnehmen, jedoch haftet der Geschäftsführer in diesem Gründungsstadium gemäß § 11 Abs. 2 GmbHG für Gesellschaftsschulden nur dann persönlich, wenn diese durch sein eigenes rechtsgeschäftliches oder rechtsgeschäftsähnliches Handeln begründet wurden. So haftet er zum Beispiel nicht persönlich für die Beitragsschuld gegenüber einem Sozialversicherungsträger, da diese Schuld nicht durch Rechtsgeschäft mit der Vor-GmbH begründet wurde (jedenfalls haftet der Geschäftsführer nicht aus § 11 Abs. 2 GmbH, davon unberührt bleibt allerdings eine etwaige Haftung aus §§ 823 ff. BGB bei schuldhafter, rechtswidriger Nichtabführung der Beiträge).

Haftung in der Insolvenz

Nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 64 GmbH-Gesetz haftet der Geschäftsführer für Schäden, die Gläubigern der Gesellschaft durch einen verspätet gestellten Insolvenzantrag entstanden sind. Auch dieser Verantwortung kann der Geschäftsführer sich nicht mit dem Hinweis darauf entziehen, die die Insolvenz herbeiführenden Ereignisse seien nicht in seinen Geschäftsbereich gefallen. Inhaltlich umfasst die Kontrollpflicht des Geschäftsführers das Gebot, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ständig im Auge zu behalten. Sobald die GmbH in eine ernsthafte wirtschaftliche Krise gerät, muss ihr Geschäftsführer sich umgehend durch Aufstellung eines Vermögensstatus einen Überblick über den Stand der Gesellschaft und damit eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung verschaffen, ob ein Insolvenzverfahren zu beantragen ist.
Hinzu kommt, dass der Geschäftsführer bei Abweisung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse jedenfalls subsidiär auch für die bis dahin angefallenen Kosten des Insolvenzverfahrens persönlich haftet, wenn er entgegen den Vorschriften des Gesellschaftsrechts den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens pflichtwidrig und schuldhaft nicht gestellt hat, §§ 26 Abs. 3, 207 Abs. 1 S. 2 InsO. Die dort ebenfalls normierte Beweislastumkehr zugunsten des Kostengläubigers lässt dem Geschäftsführer nur noch den Raum, sich durch den Nachweis pflichtgemäßen, schuldlosen Verhaltens der persönlichen Haftung zu entziehen. Demgemäß ist nicht nur eine ständige Überwachung der finanziellen Situation des Unternehmens erforderlich, sondern in Anbetracht der Beweispflicht auch eine aussagekräftige Dokumentation der ergriffenen Kontrollmaßnahmen.
Der damit verbundene Aufwand ist auch insofern im "Ernstfall" die Mühe wert, da auch die Verjährungsvorschriften die Position des Gläubigers im Falle der Insolvenz der Gesellschaft weiter stärken. So verjährt ein Deliktsanspruch gegen den Geschäftsführer gem. § 852 BGB nicht etwa innerhalb von drei Jahren ab der Vermutung einer Insolvenzverschleppung, sondern vielmehr beginnt die Verjährungsfrist erst dann zu laufen, wenn der Gläubiger durch Einsicht in die Insolvenzverwalterakte sichere Kenntnis von der verspäteten Konkursantragstellung des Geschäftsführers hat.

Fazit

Es bleibt festzustellen, dass ein Gesellschaftsgläubiger vielfältige Möglichkeiten hat, auch den Geschäftsführer einer GmbH persönlich in Anspruch zu nehmen. Andererseits ist das Risiko für den Geschäftsführer durch eine sorgfältige Organisation und transparente Unternehmensführung in beachtlichem Maße zumindest reduzierbar, wenn nicht sogar umgehbar. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass nicht nur der förmlich bestellte und in das Handelsregister eingetragene Geschäftsführer mit den oben dargestellten Haftungsrisiken konfrontiert werden kann, sondern auch ein so genannter faktischer Geschäftsführer.
So treffen die Geschäftsführerpflichten auch denjenigen, der in der GmbH eine überragende Stellung in der Geschäftsführung innehat. Eine solche überragende Stellung wird dann angenommen, wenn der Betroffene von den acht klassischen Merkmalen im Kernbereich der Geschäftsführung (Bestimmung der Unternehmenspolitik, Unternehmensorganisation, Einstellung von Mitarbeitern, Gestaltung der Geschäftsbeziehungen zu Vertragspartnern, Verhandlung mit Kreditgebern, Gehaltshöhe, Entscheidung der Steuerangelegenheiten, Steuerung der Buchhaltung) mindestens sechs erfüllt.