Unternehmensservice - Ausgabe 07-08/2022

Nur zusammen kann man etwas erreichen

Jasmin Hartmann ist Geschäftsführerin des Hotels Deynique in Westerburg. Als die dreifache Mutter im Fernsehen Berichte von Geflüchteten aus der Ukraine sieht, lassen sie die Bilder nicht mehr los. Die Vierundvierzigjährige zögert nicht lange und beschließt, zu helfen. Schnell wird der Helferkreis größer. Die Unternehmerin gibt uns einen Einblick, wie sich aus einer einzelnen Hilfsaktion eine ganze Welle der Hilfsbereitschaft entwickeln kann:
Portrait der Geschäfsführerin des Hotels
© Hotel Deynique
„Anfang März 2022 wurde unser Augenmerk auf den Krieg in der Ukraine gelenkt. Überall sah und hörte man von Frauen und Kindern, die ihr Heimatland verlassen mussten, weil ihre Häuser zerstört waren und der Krieg immer näher rückte. Ich fragte mich: Was würdest du tun, wenn du mit deinen Kindern und ohne deinen Mann das Land verlassen müsstest? Wo würdest du hingehen? Wo findest du eine sichere Unterkunft?
Dann kam mir die Idee, wie ich helfen konnte: Mensch Jasmin, du hast doch ein Hotel. Und das steht seit fast zwei Jahren aufgrund der Corona Pandemie sowieso leer.
Also habe ich mich mit der Summerfield Kids Foundation in Verbindung gesetzt, die Familien mit Bussen in den Westerwald brachte. Keine 24 Stunden später hatten wir aus unserem Tagungshotel eine Familienunterkunft gemacht. Mein Team und ich haben alles organisiert, was die angekündigten 25 Menschen anfangs benötigten - von Pampers, über Babynahrung, Hygieneartikel, Süßigkeiten bis Bekleidung.
Einen Tag später rief eine Mitarbeiterin von Summerfield an und sagte, dass weitere 70 Personen auf dem Weg in den Westerwald seien. Diese müssten für eine Nacht irgendwo untergebracht werden, bis die Gastfamilien sie am Folgetag abholen könnten. Wir hatten nicht mehr genügend Platz, also rief ich kurzerhand den Direktor eines benachbarten Hotels an, schilderte ihm die Situation und fragte ihn, ob wir die Geflüchteten auf unsere zwei Hotels aufteilen könnten. Er überlegte nicht lange und sagte zu. Dann rief ich im Spielwarengeschäft in Westerburg an und schilderte der Geschäftsführerin die Situation. Ich bat sie, mal zu schauen, ob sie nicht noch Spielsachen aus der Vorsaison habe, die sie nicht mehr verkaufen könne. Was dann kam hat mich überwältigt: Vier große Kartons mit Puzzlen, Malsachen, Stiften, Barbies, Playmobil und vieles mehr. Die leuchtenden Kinderaugen werde ich nie vergessen.
Eine Freundin von mir betreibt eine Bäckerei und beliefert unser Hotel schon seit Jahren mit Backwaren. Ein kurzes Telefonat, und nun stellt sie uns täglich frisches Brot kostenfrei für die Geflüchteten zur Verfügung. Befreundete Gastronomen riefen mich an und fragten mich, wie die Verpflegung der Flüchtlinge regelt sei. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir die Verpflegung noch aus eigener Tasche finanziert, um den Familien wenigstens abends eine warme Mahlzeit im Restaurant anzubieten. Daraufhin spendierten drei Gastronomen jeweils ein Abendessen für alle, obwohl auch sie monatelang unter der Pandemie gelitten hatten. Mit dem Frauenzentrum in Westerburg organisierten wir einen Sprachkurs, und die Kinder konnten in den Schulen anmeldet werden, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch kein Wohnsitz feststand.
Sei es der Schreiner, der in den zwischenzeitlich gefundenen Wohnungen etwas gemacht hat, oder der Elektriker - jeder, den ich angesprochen habe, hat kostenlos geholfen. Und auch das ganze Hotelteam stand hinter meiner Aktion. Obwohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wegen der Kurzarbeit sehr gebeutelt waren, hat wirklich jeder meine Idee unterstützt, geholfen, übersetzt oder Einkäufe mit den ukrainischen Familien erledigt. Das ist und war nicht selbstverständlich, denn im Grunde steckten wir ja alle selbst noch in einer Krise.
Letzte Woche war ich bei einer ukrainischen Familie zum Essen eingeladen. Was eine der Frauen sagte, hat mich sehr bewegt: „Wir haben vielleicht unsere Familien verloren, aber wir haben hier auch eine neue Familie gefunden. Aus Freunden wurden durch den Krieg plötzlich Fremde. Aber hier wurden aus Fremden Freunde.““
Jasmin Hartmann
Geschäftsführerin Hotel Deynique
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