Informationen/Service

Strategien zur Vermeidung von Zahlungsausfällen

Es gibt verschiedene Strategien zur Vermeidung von Zahlungsausfällen. Mit Hilfe von Informationen über den Geschäftspartner kann das Risiko der Zahlungsunfähigkeit erkannt und vermieden werden (Firmendatenservice, Handelsregister, Schuldnerverzeichnis, Bonitätsauskunft). Vertragliche Kreditsicherungsmittel helfen, sich gegen Zahlungsausfälle abzusichern (Vorkasse, Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung/-abtretung). Mit einer Kreditversicherung kann man sich gegen den Ausfall von Forderungen versichern.
Zahlt ein Schuldner nicht, können Forderungen im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden. Zur Zwangsvollstreckung bedarf es eines "Vollstreckungstitels". Dieser kann im gerichtlichen Verfahren (Mahnverfahren oder Klageverfahren) oder im außergerichtlichen Verfahren (Schiedssprüche oder außergerichtliche Vergleiche) erworben werden. Ist eine Forderung unbestritten, bietet sich das Mahnverfahren an. Es ist schneller und günstiger als das Klageverfahren. Ist die Forderung bestritten, muss sie im Klageverfahren geltend gemacht werden. Zahlt ein Schuldner trotz "Vollstreckungstitels" nicht, setzt das eigentliche Vollstreckungsverfahren ein. Der Vollstreckungstitel wird mit einer Vollstreckungsklausel versehen. Der Gerichtsvollzieher pfändet beim Schuldner.

Vorbeugung 

Vorbeugen ist besser als heilen. Es kommt daher in erster Linie darauf an, wirksame Strategien zur Vermeidung von Zahlungsausfällen zu entwickeln, zumindest jedoch deren Risiko zu minimieren. Hierfür können Sie Informationen über die Kreditwürdigkeit der Vertragspartner nutzen oder vertragliche Kreditsicherungsmittel bzw. eine Kreditversicherung in Betracht ziehen.


Informationen über die Geschäftspartner 

Informationen über die Geschäftspartner dienen dazu, mögliche Risiken in der Zahlungsfähigkeit frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden. Als Informationsquellen bieten sich insbesondere an: 
Eigene Informationen
Am einfachsten zugänglich sind die Informationen über Ihre Geschäftspartner, die Sie schon selber haben. Voraussetzung für eine gezielte Nutzung dieser Daten ist allerdings in der Regel, dass Sie über eine moderne Buchhaltungs-EDV verfügen, mit deren Hilfe Sie sich schnell einen Überblick über Auftragsvolumen, Fälligkeiten und Zahlungsstand der Aufträge eines Kunden verschaffen können. 
Gewerbeauskunft
Die Grunddaten aller bei den Berliner Bezirksämtern gemeldeten Unternehmen (Name, betriebliche Anschrift, angezeigte Tätigkeit) können Sie kostenfrei bei der Online-Gewerbeauskunft der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung unter www.berlin.de/gewerbeauskunft recherchieren. 
Auskunft aus dem Handelsregister und Unternehmensregister 
Das Handelsregister ist öffentlich. Im Handelsregister sind allerdings nicht alle Gewerbetreibenden verzeichnet, sondern nur diejenigen, die im Bezirk des jeweiligen Amtsgerichts ihren Sitz haben und ihr Gewerbe entweder vollkaufmännisch betreiben oder freiwillig eingetragen sind. Im Handelsregister sind insbesondere folgende Informationen verzeichnet: Firma, Sitz, Gegenstand des Gewerbes, Gesellschafter, vertretungsberechtigte Personen, Haftungskapital bei Kapitalgesellschaften sowie ggf. Insolvenzanträge und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Wenn Ihr Geschäftspartner in einem Handelsregister eingetragen ist, finden Sie auf seinem Geschäftspapier einen Hinweis auf das zuständige Amtsgericht sowie die Ordnungsnummer, unter der er dort registriert wurde. Handelsregistereinträge, weitere zum Register eingereichte Dokumente sowie alle wichtigen veröffentlichungspflichtigen Unterlagen (z.B. Jahresabschlüsse) deutscher Unternehmen können unter www.unternehmensregister.de recherchiert werden. Die Recherche nach einzelnen Firmen und die Einsicht in Veröffentlichungen und die Unternehmensträgerdaten sind kostenfrei. Für jeden Abruf der zu einer Registernummer angebotenen Daten entsteht jeweils eine Gebühr.  
Auskunft über Insolvenzverfahren
Wer wissen möchte, ob über das Vermögen eines (potenziellen) Vertragspartners ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, kann sich an das Amtsgericht des Geschäftssitzes des Unternehmens wenden. Die Insolvenzgerichte veröffentlichen außerdem bundesweit unter www.insolvenzbekanntmachungen.de Informationen zu gerichtlichen Verfügungen, nachdem ein Insolvenzverfahren bei Gericht beantragt worden ist, wie z.B. die Anordnung von Verfügungsverboten für den Schuldner, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder die Abweisung eines Insolvenzantrags mangels Masse. Dort können Sie auch in einem Gerichtsverzeichnis das zuständige Insolvenzgericht herausfinden.
Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis 
Das Schuldnerverzeichnis ist ein Register, in dem Eintragungen im Rahmen von
Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzverfahren erfasst und gesammelt werden. Es enthält
Eintragungen über Einzelpersonen und Gesellschaften. In dem Gemeinsamen Vollstreckungsportal der Länder werden seit dem 1.1.2013 die bundesweiten Daten aus den Schuldnerverzeichnissen elektronisch bereitgestellt. Die Auskünfte aus dem Schuldnerverzeichnisportal können nach erfolgter Registrierung kostenpflichtig eingeholt werden. Sie enthalten Vermögensauskünfte, Haftbefehle zur Erzwingung solcher und Insolvenzanträge, die mangels Masse abgelehnt wurden, für die zurückliegenden drei Jahre. 
Bonitätsauskunft 
Sie können Ihren Geschäftspartner bitten, dass er seine Kreditwürdigkeit durch Vorlage einer Selbstauskunft der SCHUFA (Schutzgemeinschaft für Allgemeine Kreditsicherung) nachweist, oder dass er Ihnen die Einholung einer SCHUFA- Auskunft über Ihre Hausbank gestattet. Bei der SCHUFA sind unter anderem Daten darüber gespeichert, ob sich eine Person vertragsmäßig verhalten hat, ob Scheckkarten missbraucht wurden, Schecks mangels Deckung zurück oder Wechsel zu Protest gegangen sind, Mahnbescheide beantragt oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchgeführt wurden. Aber Achtung: Manche Geschäftspartner könnten sich durch ein solches Verlangen abgeschreckt fühlen. Ohne Kenntnis Ihres Geschäftspartners können Sie Bonitätsauskünfte durch die Einschaltung von kommerziellen Wirtschaftsauskunfteien einholen. Kontaktinformationen finden Sie im Berliner Branchenbuch unter dem Stichwort "Wirtschaftsauskunfteien".

Vertragliche Kreditsicherungsmittel 

Unbedingt anzuraten ist es, sich vertraglich soweit wie möglich gegen Zahlungsausfall abzusichern. Hierzu bieten sich verschiedene Vertragsklauseln gegenüber Ihren Geschäftspartnern an. Standardformulierungen finden Sie u. a. in den sogenannten Vertragshandbüchern. Bei größeren Forderungen sollten Sie sich im Einzelfall von einem Rechtsanwalt beraten lassen. Folgende Gestaltungen haben in der Praxis die größte Bedeutung:
Vorkasse/Vorschuss 
Das weitestgehende vertragliche Sicherungsmittel ist die Vereinbarung von Vorkasse. Hierbei erfolgt die Lieferung bzw. die Dienstleistung nur dann, wenn Ihr Geschäftspartner zuvor gezahlt hat. Bei einem Vorschuss machen Sie Ihre Leistung davon abhängig, dass Ihr Vertragspartner zumindest einen Teil der Forderung vor Ihrer Leistung zahlt. Es muss jedoch im Einzelfall abgewogen werden: Die Bereitschaft zur Vorleistung wird in der Regel gerade bei neuen Kunden gering sein. Diese könnten sich von einem derartigen Ansinnen eher abgeschreckt fühlen. 
Eigentumsvorbehalt 
Bei Kaufpreisforderungen ist die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehaltes ein gutes Sicherungsmittel. Dabei bleibt der Verkäufer auch nach Übergabe an den Käufer bis zur vollständigen Bezahlung Eigentümer der Ware. Erst wenn der Kaufpreis vollständig gezahlt ist, wird der Käufer Eigentümer der Sache. Diese Vertragsgestaltung bietet insbesondere bei Insolvenzfällen eine gute Sicherheit für den Verkäufer. Ein Eigentumsvorbehalt kann auch bei Werklieferungsverträgen vereinbart werden, bei denen der Unternehmer etwas aus Materialien herstellt, die er selbst beschafft. Bei einem "verlängerten" Eigentumsvorbehalt wird vereinbart, dass der Verkäufer Rechte am Verkaufserlös oder an Forderungen seines Kunden erhält, die dieser für die Weiterveräußerung der Sache bekommt bzw. Rechte an einem Endprodukt, wenn der Käufer die unter Eigentumsvorbehalt stehende Sache weiter verarbeitet. 
Sicherungsübereignung/-abtretung 
Bei einer Sicherungsübereignung lassen Sie sich zur Sicherung Ihrer Forderung Sachen von Ihrem Kunden übereignen.
Dabei können die sicherungsübereigneten Sachen in der Regel bei Ihrem Kunden verbleiben, wenn er auf diese (z. B. Maschinen) angewiesen ist. Wichtig ist bei diesem Sicherungsmittel, dass der Sicherungsgegenstand so genau wie möglich angegeben wird und dass sein Wert nicht außer Verhältnis zu der gesicherten Forderung steht. Ansonsten könnte die Sicherungsübereignung wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein.
Bei der Sicherungsabtretung lassen Sie sich zur Sicherung Ihrer Forderung eine andere Forderung Ihres Kunden gegen einen Dritten übertragen. Ihr Schuldner muss seinen Geschäftsbetrieb nicht dadurch beeinträchtigen, dass er die Abtretung gegenüber dem Dritten offen legt. Wird die Abtretung nicht offengelegt, kann sich allerdings der Dritte von seiner Schuld befreien, wenn er an Ihren Kunden (seinen ehemaligen Gläubiger) zahlt.

Kreditversicherungen 

Wer sich durch Informationen und vertragliche Absicherung noch nicht ausreichend gegen Forderungsausfall geschützt sieht, sollte den Abschluss einer Kreditversicherung erwägen. Hierbei versichern Sie sich gegen den Ausfall einer oder aller Ihrer Forderungen bei einer Versicherungsgesellschaft. Diese spezialisierten Versicherer werden in der Regel eine Bewertung und Risikoeinschätzung Ihrer Forderungen vornehmen. Die Versicherungsprämie wird dann anhand des Ausfallrisikos festgestellt. Da die Prämien bei riskanten Forderungen recht hoch sein können, wird sich der Abschluss einer Kreditversicherung für kleinere und mittelständische Betriebe oftmals nur dann lohnen, wenn schon der Ausfall einer bestimmten Forderung existenzbedrohend für das gesamte Unternehmen sein kann. 

Durchsetzung von Forderungen 

Wenn Ihr Schuldner trotz aller Vorsorgemaßnahmen eine berechtigte Forderung nicht bezahlt, können Sie diese im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen. Eine Zwangsvollstreckung setzt einen sog. Vollstreckungstitel voraus. Vollstreckungstitel können im Gerichtsverfahren erwirkt werden (Urteil, Vollstreckungsbescheid) oder Ergebnisse von Schiedsgerichtsverfahren bzw. außergerichtlichen Einigungen (z.B. Anwaltsvergleich) sein. Ist eine Forderung unbestritten, bietet sich das gerichtliche Mahnverfahren an. Es ist schneller und günstiger als das Klageverfahren. Ausführliche Informationen zum Mahnverfahren finden Sie in dem Merkblatt „Das außergerichtliche und gerichtliche Mahnverfahren (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 180 KB)“ (Dok.-Nr. 19542). Ist die Forderung bestritten, muss sie im Klageverfahren geltend gemacht werden.
Klageverfahren 
Bestreitet Ihr Schuldner von vornherein die Berechtigung Ihrer Forderung, bietet sich ein Klageverfahren an. Dies dauert zwar in der Regel länger und kostet mehr als ein unstreitiges Mahnverfahren. Ein Mahnverfahren ist jedoch dann sinnlos, wenn Sie ohnehin damit rechnen müssen, dass Ihr Schuldner eine "Verzögerungstaktik" betreiben wird.
Die Klage müssen Sie bei dem örtlich und sachlich zuständigen Gericht erheben. Liegt die sachliche Zuständigkeit beim Landgericht, muss die Klage von einem Rechtsanwalt eingereicht werden. Aber auch bei Zuständigkeit des Amtsgerichtes kann die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes zur Fertigung der Klageschrift sinnvoll sein. Rechtsanwälte in Berlin können unter www.rak-berlin.de gefunden werden. 
Das Gericht wird erst tätig, wenn Sie einen Kostenvorschuss eingezahlt haben. Am Ende des Gerichtsverfahrens ergeht ein Urteil über die geltend gemachten Forderungen. Darin wird gleichzeitig festgesetzt, wer die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat und wie das Urteil vollstreckbar ist. In der Regel ist das Urteil bis zum Ablauf einer Rechtsmittelfrist nur vorläufig vollstreckbar. Ist ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Gerichts nicht mehr möglich, haben Sie mit dem Urteil einen endgültigen Vollstreckungstitel in Händen, aus dem Sie die Zwangsvollstreckung 30 Jahre lang betreiben können.
Haben Sie für den Rechtsstreit Kosten aufgewendet, insbesondere für die Einschaltung eines Anwaltes, können Sie diese bei Gericht mit einem Antrag auf Erlass eines Kostenfestsetzungsbescheids geltend machen. Soweit Ihre Kosten zur Rechtsverfolgung notwendig waren, erlässt das Gericht darauf einen Kostenfestsetzungsbescheid, der ebenfalls ein Vollstreckungstitel ist. 
Zwangsvollstreckungsverfahren
Zahlt ein Schuldner trotz Vollstreckungstitels nicht, setzt das eigentliche Zwangsvollstreckungsverfahren ein. Der Vollstreckungstitel wird mit einer Vollstreckungsklausel versehen. Bei Verpflichtung zur Zahlung eines Geldbetrages wird sich die Zwangsvollstreckung danach richten, über welche Vermögensgegenstände der Schuldner verfügt. Der Gläubiger kann in das bewegliche und das unbewegliche Vermögen sowie in Geldforderungen vollstrecken lassen. Nähere Informationen zu den Vollstreckungsarten enthält das Merkblatt „Das außergerichtliche und gerichtliche Mahnverfahren (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 180 KB)“ (Dok.-Nr. 19542).
Die Veröffentlichung von Fachartikeln ist ein Service der IHK Berlin für ihre Mitgliedsunternehmen. Dabei handelt es sich um eine zusammenfassende Darstellung der rechtlichen Grundlagen, die erste Hinweise enthält und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Sie kann eine umfassende Prüfung und Beratung durch einen Rechtsanwalt/Steuerberater im Einzelfall nicht ersetzen.