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Das Regelinsolvenzverfahren

Das Insolvenzverfahren ist ein Gesamtvollstreckungsverfahren im Gläubigerinteresse, d.h. die Gläubiger sind die eigentlichen "Herren" des Verfahrens. Das Insolvenzgericht ist lediglich Hüter der Rechtmäßigkeit des Verfahrens. Der Insolvenzverwalter ist den Interessen sämtlicher am Verfahren Beteiligter verpflichtet. Für Selbständige, d. h. auch Gewerbetreibende, ist in der Insolvenzordnung das Regelinsolvenzverfahren vorgesehen.
Juristische Personen (wie z.B. eine GmbH) und Personengesellschaften ohne natürliche Person als unbeschränkt haftenden Gesellschafter (wie z.B. GmbH & Co. KG) sind gesetzlich dazu verpflichtet, innerhalb von maximal drei Wochen nach Eintritt der Insolvenzreife den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Die Vertretungsorgane dieser Gesellschaften sollten beachten, dass die schuldhafte Verletzung dieser Antragspflicht zivilrechtliche Folgen (Schadensersatz) und strafrechtliche Folgen für sie persönlich haben kann. Insolvenzgründe sind drohende Zahlungsunfähigkeit, Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. 

Wo ist der Insolvenzantrag zu stellen?

Das Insolvenzverfahren wird nur auf Antrag eröffnet. Der Antrag kann beim zuständigen Insolvenzgericht schriftlich gestellt oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. In Berlin ist das Amtsgericht Charlottenburg zentrales Insolvenzgericht. 

Wer kann einen Insolvenzantrag stellen? 

Sowohl Gläubiger als auch Schuldner können einen Insolvenzantrag stellen. Insolvenzfähige Unternehmen sind: GmbH, UG (haftungsbeschränkt), AG, eingetragener Kaufmann (e. K.), Einzelunternehmen, OHG, KG, GbR, Partnerschaftsgesellschaften, Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigungen (EWIV), Societas Europea (SE) und ausländische Gesellschaften, die ihren Verwaltungssitz und Betrieb im Inland haben. Für Unternehmen gilt das Regelinsolvenzverfahren. Davon zu unterscheiden ist das sog. Verbraucherinsolvenzverfahren, das bis auf wenige Ausnahmen nur natürlichen Personen ohne unternehmerische Tätigkeit offen steht. 
Der Antrag kann zurückgenommen werden, solange das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet ist. Die Gerichte entscheiden in der Regel binnen ca. 4 bis 8 Wochen über den Antrag. Wird der Antrag zurückgenommen, werden die Verfahrenskosten dem Antragsteller auferlegt.

Gläubigerantrag

Der Gläubiger muss zunächst ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben. Dabei ist zu beachten, dass die Forderung nicht völlig unbedeutend sein darf. So reichen beispielsweise rückständige Zinsen und Mahnkosten grundsätzlich nicht aus, soweit die Hauptforderung beglichen ist. Auch darf der Antrag nicht als unlauteres Druckmittel missbraucht werden (z.B. zur Schädigung des Antragsgegners als Wettbewerber).
Der Gläubiger hat die Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft zu machen. Dazu müssen entsprechende Unterlagen zum Nachweis der Forderungen vorgelegt werden. Darüber hinaus muss dargelegt werden, dass der Schuldner außerstande ist, diese Verbindlichkeiten zu erfüllen. Ausreichend dafür ist beispielsweise die Bescheinigung eines Gerichtsvollziehers über einen erfolglosen Vollstreckungsversuch (Fruchtlosigkeitsbescheinigung) oder eine Vermögensauskunft des Schuldners nach § 802c ZPO. Ist der Gläubigerantrag zulässig, hat das Insolvenzgericht den Schuldner anzuhören.

Schuldnerantrag

Bei juristischen Personen und Handelsgesellschaften ist zum Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens jedes Mitglied des Vertretungsorgans bzw. jeder persönlich haftende Gesellschafter berechtigt. Wird der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans bzw. allen persönlich haftenden Gesellschaftern gestellt, muss der Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht werden. Im Fall der sogenannten Führungslosigkeit einer juristischen Person (d.h. bei Fehlen eines organschaftlichen Vertreters, wie z.B. des Geschäftsführers einer GmbH) ist jeder Gesellschafter, bei einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft zudem auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Antragstellung berechtigt. In der Regel wird der Geschäftsführer bzw. der Vorstandsvorsitzende bzw. der persönlich haftende Gesellschafter den Antrag selbst stellen. Der Schuldner bzw. seine Vertretungsorgane sind dem Insolvenzgericht gegenüber unbeschränkt auskunftspflichtig.
Erforderliche Unterlagen:
  • Antragsformulare finden Sie im Internet unter https://www.berlin.de/gerichte/was-moechten-sie-erledigen/artikel.1348546.php
  • Dem Antrag ist ein Vermögensverzeichnis beizufügen, aus dem durch Gegenüberstellung der Aktiva und Passiva unter Berücksichtigung von Liquidationswerten ein vollständiger Überblick über die Vermögenslage gewonnen werden kann. 
  • Ein Gläubiger- und Schuldnerverzeichnis ist mit genauer Bezeichnung der Gläubiger und Schuldner sowie deren Anschriften beizufügen. Bei jeder Forderung und Verbindlichkeit sind der Betrag und der Schuldgrund anzugeben. Weiterhin sollte ersichtlich sein, ob seitens Dritter Ansprüche auf Herausgabe von Gegenständen oder Rechte zur abgesonderten Befriedigung (z.B. aus einem Vermieterpfandrecht) bestehen.

Wann ist Insolvenzantrag zu stellen?

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt voraus, dass ein Eröffnungsgrund besteht. Insolvenzeröffnungsgründe sind Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. 

Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO

Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Von der Zahlungsunfähigkeit zu unterscheiden ist die bloße Zahlungsstockung. Diese liegt vor, wenn der Schuldner die berechtigte Erwartung hat, er werde die Forderungen der Gläubiger innerhalb eines Zeitraums, der üblicherweise als nur vorübergehend anzusehen ist, erfüllen können. Der Schuldner muss also kurzfristig (Zeitraum einzelfallabhängig, Richtwert: etwa 2-3 Wochen) imstande sein, sich die erforderlichen flüssigen Mittel zu beschaffen, um die Verbindlichkeiten zu begleichen. Nur dann kann von einer bloßen Zahlungsstockung ausgegangen werden, die noch keinen Insolvenzgrund darstellt. Die Abgrenzung kann im Einzelfall sehr schwierig sein. Deshalb wird an dieser Stelle unbedingt zur Einschaltung von Fachleuten geraten. Typische Indizien der Zahlungsunfähigkeit sind: 
  • Nichtzahlung von Lieferanten
  • Nichtzahlung von Löhnen, Gehältern und Sozialversicherungsbeiträgen
  • Hingabe ungedeckter Schecks
  • Wechselproteste
  • Zwangsvollstreckungen / Vorliegen von Vollstreckungsanträgen
  • Antrag zur Abgabe einer Vermögensauskunft des Schuldners

Drohende Zahlungsunfähigkeit, § 18 InsO

Der Schuldner hat außerdem die Möglichkeit, schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen. Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. In aller Regel ist ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen.
Der Gesetzgeber wollte dem Schuldner die zusätzliche Möglichkeit einräumen, auch schon dann Insolvenzantrag zu stellen, wenn die Zahlungsunfähigkeit bereits absehbar ist und ein weiteres Zuwarten die Sanierungschancen des Unternehmens nur noch weiter verschlechtern würde (z. B. Abwanderung der besten Arbeitnehmer, Schuldenanstieg). Von der Möglichkeit des Eigenantrags des Schuldners wegen drohender Zahlungsunfähigkeit sollte deshalb dann Gebrauch gemacht werden, wenn Sanierungschancen für das angeschlagene Unternehmen in Aussicht sind.

Überschuldung, § 19 InsO 

Bei juristischen Personen, wie einer GmbH, kann auch die Überschuldung Eröffnungsgrund für ein Insolvenzverfahren sein. Überschuldung liegt vor, wenn die bestehenden Verbindlichkeiten höher sind als das Vermögen des Schuldners, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Neben der rechnerischen Überschuldung - wenn also das auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesene Vermögen kleiner ist als die auf der Passivseite ausgewiesenen Verbindlichkeiten - ist die positive Fortführungsprognose für die Beurteilung des Insolvenzgrundes der Überschuldung maßgeblich. Dadurch können rechnerisch überschuldete Unternehmen der Insolvenzantragspflicht entgehen, sofern sie eine positive Fortführungsprognose aufstellen können. 
Bewertungskriterien:
Die Überschuldungsbilanz ist nicht mit der Handelsbilanz identisch, sondern stellt eine eigenständige Sonderbilanz dar. Dafür sind allein die tatsächlichen Zeitwerte zu ermitteln ohne Rücksicht auf die handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften. Die positive Fortführungsprognose setzt voraus, dass der Wille besteht, das Unternehmen fortzuführen (subjektives Element) und dass die Fortführung objektiv erfolgsversprechend erscheint. Maßgeblich ist, ob ein ordentlicher Geschäftsleiter auf der Grundlage einer gewissenhaften, sachkundigen Prüfung aller am Stichtag erkennbaren wesentlichen Umstände sich für eine Fortführung des Unternehmens entscheiden würde. Objektiv erfolgsversprechend ist die Fortführungsprognose, wenn das Unternehmen in den nächsten 12 Monaten voraussichtlich nicht zahlungsunfähig wird. Dies wiederum ist anhand eines konkreten Unternehmenskonzeptes zu prüfen und zu belegen.
Im Zeitraum zwischen dem 9. November 2022 und dem 31. Dezember 2023 ist anstelle des Zeitraums von zwölf Monaten ein Zeitraum von vier Monaten zugrunde zu legen (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 SanInsKG). Bereits ab dem 01.09.2023 ist der ursprüngliche Prognosezeitraum von zwölf Monaten wieder relevant, wenn absehbar ist, dass auf Grundlage der ab dem 01.01.2024 wieder auf einen zwölfmonatigen Zeitraum zu beziehenden Prognose eine Überschuldung bestehen wird.
Grundsätzlich wird es als unumgänglich angesehen, die Fortführungsprognose durch einen Finanzplan sowie eine Liquiditätsrechnung zu belegen, da nur so ermittelt werden kann, ob die zukünftige Zahlungsfähigkeit gewährleistet ist. Die wesentlichen Prämissen und Bestandteile der Überschuldungsprüfung, insbesondere auch die der Fortführungsprognose zugrunde gelegten Tatsachen, Annahmen und Schlussfolgerungen, sollten dokumentiert und erläutert werden. Die Auswirkungen des Unternehmenskonzeptes sind darzulegen. Die ordnungsgemäße Dokumentation ist auch vor dem Hintergrund einer Minderung der Haftungsrisiken bedeutsam.

Antragsfrist 

Für juristische Personen (GmbH, UG (haftungsbeschränkt), AG) und Personenhandelsgesellschaften, bei denen der persönlich haftende Gesellschafter keine natürliche Person ist (z.B. GmbH & Co. KG), gelten Antragsfristen. Ist eine solche Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Geschäftsführer bzw. Vorstände ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen (§ 15a InsO). Gleiches gilt für vergleichbare Auslandsgesellschaften, die ihren Sitz im Inland haben. Aufgrund § 4a SanInsKG ist die Insolvenzantragsfrist im Falle der Überschuldung vom 9. November 2022 bis 31. Dezember 2023 auf acht Wochen erweitert worden. Wird die Antragstellung schuldhaft verzögert, unterlassen oder erfolgt sie fehlerhaft, machen sich die Antragspflichtigen sogar strafbar. Außerdem ist eine Haftung mit dem Privatvermögen in unter Umständen erheblicher Höhe möglich. 
Im Fall der Führungslosigkeit einer GmbH ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer AG oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis. Besonderes Augenmerk ist außerdem auf die pünktliche Zahlung der Sozialabgaben für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu richten. Hier droht ebenfalls eine Strafbarkeit nach § 266a StGB, wenn die Sozialabgaben nicht fristgemäß an die Träger überwiesen werden.

Wie läuft das Insolvenzverfahren im Einzelnen ab?

Bis zur Entscheidung über den Insolvenzantrag durch Beschluss hat das Gericht alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich scheinen, um eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhindern. Das Gericht kann insbesondere:
  • einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen.
  • dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen oder anordnen, dass die Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.
  • Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner untersagen oder einstweilen einstellen, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind.
  • eine vorläufige Postsperre anordnen.
Wird ein Insolvenzgutachter oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, so wird dieser zunächst prüfen, ob das Vermögen des Schuldners die Kosten des Verfahrens decken wird. Der vorläufige Insolvenzverwalter wird Maßnahmen treffen, um das Vermögen des Schuldners zu sichern und zu erhalten. Dazu kann er das Unternehmen bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortführen oder das Unternehmen mit Zustimmung des Insolvenzgerichts stilllegen. Wenn das Gericht seine Ermittlungen (ggf. mit Hilfe eines Insolvenzgutachters) abgeschlossen hat, kann es entweder: 
Wird der Antrag als unbegründet abgewiesen, so trägt der Antragsteller die Kosten des Verfahrens. Weitere Konsequenzen für das Unternehmen gibt es nicht. Die Antragsabweisung mangels Masse führt bei juristischen Personen zu deren Auflösung. Sie werden dann kraft Gesetzes aus dem Handelsregister gelöscht. Natürliche Personen (z. B. Kaufleute, persönlich haftende Komplementäre) werden im Schuldnerverzeichnis eingetragen (§ 26 Abs. 2 InsO). Die Löschungsfrist beträgt fünf Jahre. Liegen die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vor, erlässt das Gericht einen Insolvenzeröffnungsbeschluss. In diesem wird der Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens genau bezeichnet und ein Insolvenzverwalter bestimmt. Gleichzeitig werden die Gläubiger aufgefordert, ihre Forderungen innerhalb einer bestimmten Frist beim Insolvenzverwalter anzumelden. Die Frist beträgt mindestens zwei Wochen, höchstens jedoch drei Monate.
Die Gläubiger werden im Eröffnungsbeschluss aufgefordert, dem Insolvenzverwalter ihre Sicherungsrechte mitzuteilen. Den Schuldnern wird aufgegeben, nur noch an den Verwalter zu leisten. Außerdem werden der sogenannte Berichtstermin und der Prüfungstermin im Eröffnungsbeschluss bestimmt. Im Berichtstermin wird die Situation des Unternehmens dargestellt und entschieden, ob das Vermögen des Schuldners liquidiert wird oder ob Aussichten bestehen, das Unternehmen im Ganzen oder in Teilen zu erhalten und welche Möglichkeiten für einen Insolvenzplan oder eine übertragende Sanierung bestehen. Im späteren Prüfungstermin werden die von den Gläubigern angemeldeten Forderungen ihrem Rang und Betrag nach geprüft. Berichts- und Prüfungstermin können bei einfach gelagerten Fällen verbunden werden. Wenn die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar und die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering sind, kann auf den Berichtstermin verzichtet werden. Der Eröffnungsbeschluss und der Beschluss, mangels Masse den Antrag abzulehnen werden öffentlich bekannt gemacht. 
Die öffentlichen Bekanntmachungen des Insolvenzgerichts erfolgen unter www.insolvenzbekanntmachungen.de.

Welche Besonderheiten gelten für Arbeitsverträge?

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt nicht zu einer Auflösung der Arbeitsverträge. Diese bestehen vielmehr fort. Wird ein Insolvenzverwalter bestellt, so nimmt dieser sämtliche Arbeitgeberrechte und -pflichten wahr. Das Gleiche gilt auf Anordnung des Insolvenzgerichts für den vorläufigen Insolvenzverwalter. Ausnahmsweise bleibt der Schuldner rechtlich in der Arbeitgeberstellung, wenn das Insolvenzgericht in dem Eröffnungsbeschluss auf Antrag des Schuldners mit Zustimmung der Gläubiger die Eigenverwaltung angeordnet hat.

Sozialversicherung des Arbeitnehmers

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers berührt nicht die Verpflichtung zur Beitragszahlung zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Lediglich die Beiträge zur Unfallversicherung können entfallen, wenn die Arbeitnehmer nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur fristgerechten Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses von der Arbeit freigestellt wurden.

Kündigung

Wenn zwischen den Vertragspartnern nicht ohnehin eine kürzere Kündigungsfrist gilt, beträgt diese drei Monate zum Monatsende. Diese verkürzte Kündigungsfrist setzt sich gegenüber sämtlichen längeren Kündigungsfristen, Befristungen oder Unkündbarkeitsregelungen durch, gleichgültig, ob diese auf Gesetz, Tarifvertrag oder Einzelarbeitsvertrag beruhen.

Insolvenzgeld

Ist ein Arbeitgeber zahlungsunfähig und haben Arbeitnehmer deshalb ihre Gehälter nur noch teilweise beziehungsweise gar nicht mehr erhalten, zahlt die Agentur für Arbeit unter bestimmten Voraussetzungen die ausstehenden Entgeltansprüche an die betroffenen Arbeitnehmer in Form von Insolvenzgeld (§ 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Anspruch auf Insolvenzgeld besteht bei Vorliegen eines Insolvenzereignisses (z. B. Insolvenzeröffnung, Ablehnung der Insolvenzeröffnung mangels Masse) für die davor liegenden letzten drei Monate (Insolvenzgeld-Zeitraum) des Arbeitsverhältnisses. Innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis können Arbeitnehmer bei der zuständigen Arbeitsagentur Insolvenzgeld beantragen.
Zuständig ist die Arbeitsagentur, in deren Bezirk die für den Arbeitgeber zuständige Lohnabrechnungsstelle liegt. Hat der Arbeitnehmer aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, die Ausschlussfrist versäumt, kann er innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses den Antrag nachholen. 
Weitere Informationen zum Insolvenzgeld und Antragsformulare stellt die Arbeitsagentur auf folgender Seite zur Verfügung: https://www.arbeitsagentur.de/unternehmen/finanziell/insolvenzgeld

Was sind die Folgen des Insolvenzverfahrens?

Soweit der Unternehmer für die Unternehmensschulden mit seinem privaten Vermögen  persönlich haften muss und zu erwarten ist, dass der Unternehmer auch nach dem Insolvenzverfahren auf einem Schuldenberg sitzen bleiben wird, kann es für den Schuldner sinnvoll sein, zusätzlich einen Antrag auf Restschuldbefreiung beim Insolvenzgericht zu stellen. Dem redlichen Schuldner kann nach einer Wohlverhaltensperiode von 3 Jahren die sog. Restschuldbefreiung erteilt werden.
Die Restschuldbefreiung bewirkt, dass der Schuldner von den restlichen Verbindlichkeiten gegenüber allen Gläubigern befreit wird. Voraussetzung für die Restschuldbefreiung ist i.d.R. jedoch, dass der Schuldner einer Erwerbstätigkeit nachgeht und sich ernsthaft bemüht seine Gläubiger zumindest teilweise zu befriedigen. Verletzt der Schuldner die Erwerbsobliegenheit und ist dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt, kann ihm die Restschuldbefreiung versagt werden. Die Restschuldbefreiung kann auch versagt werden, wenn der Schuldner wegen Insolvenzstraftaten nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuches rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt wird. 
Schulden aus einer vorsätzlichen und pflichtwidrigen Verletzung der gesetzlichen Unterhaltspflicht oder aus einer Steuerstraftat des Schuldners nach §§ 370, 373 oder 374 der Abgabenordnung bleiben trotz Restschuldbefreiung bestehen. Außerdem nehmen an der Restschuldbefreiung solche Forderungen nicht teil, die aufgrund einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Schuldners begründet worden sind. 


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