Recht und Steuern

Das neue Prostituiertenschutzgesetz

Das Prostitutionsgesetz gibt es bereits seit 2002 und hat die rechtliche Situation von Sexarbeitenden deutlich verbessert. Sexarbeitende haben seitdem gegenüber
ihrer Kundschaft das Recht, den vereinbarten Lohn einzufordern und notfalls
bei Gericht einzuklagen. Auch Arbeitsverträge und andere Verträge zwischen Sexarbeitenden und Betreibenden können seitdem rechtswirksam abgeschlossen werden.
Neben dem Prostitutionsgesetz gilt seit dem 1. Juli 2017 das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG). Dadurch wurden bisher nicht vorhandene Regelungen für die Aufnahme und Ausübung des Prostitutionsgewerbes eingeführt. In diesem Merkblatt werden die wesentlichen Regelungen des neuen ProstSchG sowohl für Sexarbeitende als auch für Prostitutionsgewerbetreibende zusammengefasst.

Hinweise für Sexarbeitende

Anmeldepflicht von Sexarbeitenden

Wer sexuelle Dienstleistungen gegen Entgelt erbringen möchte, muss die Tätigkeit vor deren Aufnahme persönlich anmelden (§ 3 ProstSchG). Zuständig ist die Behörde an dem Ort, an dem überwiegend gearbeitet werden soll. In Berlin ist dies die Anmeldestelle Probea in Tempelhof-Schöneberg. Wer Prostitution in mehreren Städten oder Bundesländern ausüben möchte, muss dies bei der Anmeldung angeben. Die Orte werden in die Anmeldebescheinigung eingetragen. Kommt später ein neuer Ort hinzu, muss dieser nachgetragen werden.
Bei der Anmeldung findet ein Informations- und Beratungsgespräch in einem vertraulichen Rahmen statt. Bei diesem Gespräch erhalten Sexarbeitende von der Anmeldebehörde Informationen zu ihren Rechten und Pflichten sowie zu gesundheitlichen und sozialen Beratungsangeboten und zur Erreichbarkeit von Hilfe in Notsituationen.
Über die Anmeldung wird eine Bescheinigung ausgestellt, welche von Sexarbeitenden während der Arbeit stets bei sich geführt werden muss um sie ggf. vorlegen zu können. Die Anmeldebescheinigung gilt für Personen ab 21 Jahren für zwei Jahre, für Personen unter 21 Jahren nur für ein Jahr. Zusätzlich zu der Anmeldebescheinigung mit dem richtigen Namen kann man sich von der Behörde auch eine sogenannte „Alias-Bescheinigung“ ausstellen lassen. Auf dieser wird statt des echten Namens ein frei wählbarer Name, also ein Alias (z. B. Arbeitsname, Pseudonym), eingetragen.
Wer als SexarbeiterIn seine Tätigkeit nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig anmeldet, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld bis zu 1.000 Euro geahndet werden kann, § 33 Abs. 1 Nr. 1 ProstSchG.

Voraussetzungen für die Anmeldung

Bevor eine Anmeldung möglich ist, muss der Sexarbeitende zu einer gesundheitlichen Beratung gehen (§ 10 ProstSchG). Dazu wird ein Termin im Berliner Zentrum für gesundheitliche Beratung vereinbart. Nach der Beratung wird eine Bescheinigung ausgestellt, welche zur persönlichen Anmeldung bei der Anmeldestelle Probea mitgebracht werden muss.
Die Beratung wird nach der Anmeldung für Personen unter 21 Jahren alle sechs Monate und für Personen über 21 Jahre alle zwölf Monate wiederholt.

Versagung der Anmeldebescheinigung

Die Anmeldebehörde darf keine Anmeldebescheinigung erteilen, wenn die oder der Sexarbeitende - jünger als 18 Jahre ist, - jünger als 21 Jahre ist und andere Personen sie oder ihn zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution veranlasst haben, - sich in einer Zwangslage befindet und zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution gebracht wird, - schwanger ist und in den nächsten sechs Wochen entbindet.

Soziale Absicherung von Sexarbeitenden

Sexarbeitende können ihre Tätigkeit als Selbstständige oder angestellte Beschäftigte ausüben. Angestellte Sexarbeitende haben die gleichen Rechte wie andere Arbeitnehmende. Sie sind auch sozialversichert, d.h. sie zahlen ebenso wie andere Arbeitnehmende in die Kranken-, Arbeitslosen-, Renten-, Pflege- und Unfallversicherung ein. Wer selbstständig arbeitet, kann freiwillig Mitglied in einzelnen Zweigen der Sozialversicherung werden. Hierzu gibt die Deutsche Rentenversicherung Auskunft.
Im Unterschied zu anderen Angestellten kann die Arbeitsleistung von Sexarbeitenden bei Arbeitsverweigerung aber nicht zwangsweise durchgesetzt werden.

Steuern

Die Einkünfte aus sexuellen Dienstleistungen unterliegen der Einkommenssteuer (bei Selbstständigen) bzw. der Lohnsteuer (bei Angestellten). Es gibt noch verschiedene weitere Arten von Steuern, die für Sexarbeitende von Bedeutung sind. Selbstständige zahlen z. B. auch Gewerbesteuer. Daraus folgt auch eine Mitgliedschaft bei der Industrie- und Handelskammer. Denn alle Gewerbetreibenden, die zur Gewerbesteuer veranlagt werden, sind Mitglieder ihrer örtlichen IHK.
Angestellte müssen bei Beschäftigungsbeginn von ihren Arbeitgebern bei der Finanzverwaltung angemeldet werden. Der Arbeitgeber behält die Lohnsteuer ein und führt sie an das Finanzamt ab. Am Ende des Kalenderjahres und wenn die Anstellung endet, erhält die oder der Angestellte darüber eine Lohnsteuerbescheinigung.
Selbstständige Sexarbeitende müssen die Eröffnung ihres Betriebs dem zuständigen Finanzamt melden und jährlich eine Einkommenssteuererklärung abgeben. Hinzu kommt ggf. eine Umsatzsteuer in Höhe von derzeit 19%, wenn die Einnahmen im vorangegangenen Jahr mehr als 17.500 Euro betragen haben und im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 Euro übersteigen werden.

Beratungsanlaufstellen

Bei Fragen zu den rechtlichen Regelungen berät die Industrie- und Handelskammer Berlin gern. Bei Fragen zu Gesundheit und Vorsorge, zur Sozialversicherung oder zu finanziellen Problemen gibt es spezielle Beratungsstellen, wie beispielsweise Hydra e.V. Berlin oder eine der 14.000 bundesweiten Beratungsstellen zu verschiedenen Themen.

Hinweise für Prostitutionsgewerbetreibende

Betreiben eines Prostitutionsgewerbes

Ein Prostitutionsgewerbe ist ein Betrieb, in dem gewerbsmäßig Leistungen im Zusammenhang mit der Erbringung sexueller Dienstleistungen durch mindestens eine andere Person angeboten oder gewerbsmäßig Räumlichkeiten hierfür bereitgestellt werden (§ 2 Abs. 3 ProstSchG). Darunter fallen
  • Prostitutionsstätten wie Bordelle, Swinger-Clubs, Laufhäuser oder sonstige Räume und ortsfeste Anlagen, die zur Erbringung sexueller Dienstleistungen zur Nutzung angeboten werden,
  • Prostitutionsfahrzeuge wie Busse, Campingmobile, Wohnanhänger, Boote und sonstige mobile Anlagen, die zur Erbringung sexueller Dienstleistungen bereitgestellt werden,
  • Prostitutionsveranstaltungen, die für einen offenen Teilnehmerkreis organisiert oder durchgeführt werden, bei denen von mindestens einer der unmittelbar anwesenden Personen sexuelle Dienstleistungen gegen Entgelt angeboten werden sowie
  • Prostitutionsvermittlungen, wie Call-Girl/Boy-Agenturen, Escortvermittlungen und andere Vermittlungen von Personen zur Erbringung von sexuellen Dienstleistungen außerhalb der Prostitutionsstätten des Betreibers.
Der Betrieb eines Prostitutionsgewerbes unterliegt einer Erlaubnispflicht (§ 12 Abs. 1 S. 1 ProstSchG). Das Erlaubnisverfahren für Prostitutionsgewerbe nach §§ 12 ff. ProstSchG sieht eine Reihe neuer gesetzlicher Regelungen für Prostitutionsgewerbe vor.

Die Erlaubnis ist bei dem zuständigen Ordnungsamt zu beantragen. Die Erteilung unterliegt folgenden Voraussetzungen:
  • Volljährigkeit des Antragstellers
  • Persönliche Zuverlässigkeit
  • Erfüllen der jeweiligen Mindestanforderungen für Prostitutionsstätten, -fahrzeuge, -veranstaltungen nach §§ 18 ff. ProstSchG
Wer ein Prostitutionsgewerbe ohne gültige Erlaubnis betreibt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit Bußgeld bis zu 10.000 Euro geahndet werden kann, § 33 Abs. 2 Nr. 1 ProstSchG.

Steuern

Wie bei jedem anderen Gewerbe gilt für den Betrieb eines Prostitutionsgewerbes, dass die Eröffnung des Gewerbebetriebs dem zuständigen Finanzamt zu melden und jährlich eine Einkommenssteuererklärung abzugeben ist. Hinzu kommt ggf. eine Umsatzsteuer in Höhe von derzeit 19%, wenn die Einnahmen im vorangegangenen Jahr mehr als 22.000 Euro betragen haben und im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 Euro übersteigen werden. Auch eine Gewerbesteuer fällt an, weshalb auch Prostitutionsgewerbetreibende Mitglied ihrer ortsansässigen IHK sind.