Jugendschutz in Gaststätten
Seit dem 1. April 2003 sind das Jugendschutzgesetz (JuSchG) und der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) in Kraft. Neben den allgemeinen Regelungen enthalten sie auch zahlreiche Vorschriften, die von Betreibern von Gaststätten zu beachten sind. Dieses Merkblatt soll einen Überblick über die wesentlichen Inhalte der gesetzlichen Regelungen vermitteln.
Begriff der Gaststätte
Unter den Begriff der Gaststätte im Sinne des JuSchG fallen alle Betriebe des Gaststättengewerbes. Nicht hingegen Einrichtungen, die – wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht – nicht gewerblich betrieben werden. Ebenfalls nicht hierunter fallen sogenannte Ausschankstellen, z. B. Automaten, Kühlschränke oder sonstige kleine Verkaufsstände, die nur Tee, Kaffee, Kakao und keine alkoholischen Getränke anbieten, sofern sie keinen eigenständigen Gastbereich mit einer gaststättentypischen Ausstattung aufweisen.
- Was darf angeboten werden?
Branntwein und alkoholische GetränkeGemäß § 9 JuSchG dürfen branntweinhaltige Getränke und Lebensmittel an Kinder und Jugendliche, sowie andere alkoholische Getränke an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren, nicht abgegeben werden, noch darf ihnen der Verzehr gestattet werden. Gestattet ist die Abgabe von branntweinhaltigen Getränken und Lebensmitteln, wenn der Branntwein nur in geringfügigen Mengen enthalten ist.
Dabei ist zu beachten, dass der Branntwein-Begriff im Sinne des JuSchG nicht mit dem Begriff aus der Verordnung des EG-Rates (EG 1576/89) vom 29.05.1989 übereinstimmt.
Branntwein umfasst im Rahmen des JuSchG vielmehr alle Spirituosen einschließlich des unvergällten Alkohols. Die „anderen alkoholischen Getränke“ werden zwar durch alkoholische Gärung, aber ohne Destillation hergestellt, beispielsweise Obstwein oder Bier.Die Menge des in Getränken oder Lebensmitteln enthaltenen Branntweins ist dann als geringfügig anzusehen, wenn sie 1 Vol.-% nicht übersteigt.
Im Übrigen gilt das Verbot der Abgabe anderer alkoholischer Getränke nach § 9 Abs. 2 JuSchG nicht, sofern der Jugendliche – nicht hingegen ein Kind nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 JuSchG - von einer personensorgeberechtigten Person im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 JuSchG begleitet wird; die Begleitung einer erziehungsbeauftragten Person gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 JuSchG genügt dagegen nicht.
Zu beachten ist des Weiteren, dass die sogenannten „Alko-Pops“ nach § 9 Abs. 4 JuSchG nur mit dem Hinweis „Abgabe an Personen unter 18 Jahren verboten“ in den Verkehr gebracht werden dürfen.
Bei dem Aufstellen von alkoholische Getränke enthaltenden Automaten ist § 9 Abs. 3 JuSchG zu beachten. Es ist entweder durch Aufstellen an einem für Kinder und Jugendliche unzugänglichen Ort oder durch technische Vorrichtungen oder durch ständige Aufsicht sicherzustellen, dass Kinder und Jugendliche die alkoholischen Getränke nicht entnehmen können.
Neben diesen Vorschriften ist im Übrigen § 20 GaststättenG zu beachten. Hiernach ist es u. a. verboten, Branntwein oder überwiegend branntweinhaltige Lebensmittel in Automaten anzubieten sowie alkoholische Getränke an erkennbar Betrunkene auszuschenken.Alkoholmissbrauch – Flatrate-Partys sind verbotenAuf Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums hat der Bund-Länder-Ausschuss Flatrate-Partys für rechtlich nicht zulässig erklärt. Auf diesen Veranstaltungen zahlt der Gast einen Festpreis und darf dafür unbegrenzt trinken. Wer als Wirt dennoch solche Partys anbietet, muss mit Sanktionen rechnen - bis hin zum Entzug der Gaststättenerlaubnis.Die Flatrate-Partys zielten darauf ab, Alkohol an Betrunkene auszuschenken. Gewerberechts-Experten halten dies für rechtswidrig. Eine Gesetzesänderung ist für das Verbot der Flatrate-Partys demnach nicht nötig. Die bestehenden Regelungen im Gaststättengesetz reichten aus. Auch Werbung für diese Veranstaltungen sei nicht erlaubt, hieß es im Beschluss. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing, begrüßte die deutliche Klarstellung. "Jetzt ist klar, Vollzugsbehörden der Länder können aktiv gegen diese Form von Veranstaltungen zum Betrinken und deren Bewerbung vorgehen", sagte sie. Behörden, Handel und Gastronomie müssten jetzt die Einhaltung der Gesetze kontrollieren. Einzelne Bundesländer hätten bereits entsprechende Rundschreiben an die Kommunen veranlasst. Der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Walther Otremba, erklärte dazu: "Ich hoffe, dass wir damit einen unbürokratischen und vor allem schnellen und effektiv durchsetzbaren Beitrag zur Reduzierung des Alkoholkonsums von Jugendlichen und junge Erwachsenen schaffen konnten."TabakwarenNach § 10 JuSchG dürfen Tabakwaren an Kinder oder Jugendliche weder abgegeben werden, noch darf ihnen das Rauchen gestattet werden; dies gilt auch, wenn sie von einer personensorgeberechtigten Person begleitet werden. Unter Tabakwaren fallen dabei alle aus der Tabakpflanze gewonnenen Genussmittel.
Zu beachten ist auch, dass die Abgabe von Tabak durch Automaten seit 01.01.2009 ebenfalls einer Beschränkung unterliegt. Nach § 10 Abs. 2 JuSchG müssen die Automaten entweder an einem für Kinder und Jugendliche unzugänglichen Ort aufgestellt sein oder es muss durch technische Vorrichtungen oder ständiger Aufsicht sichergestellt sein, dass Kinder und Jugendliche die Tabakwaren nicht entnehmen können. - Wer darf sich in Gaststätten aufhalten?
Reine GaststätteHandelt es sich bei der Gaststätte um eine Nachtbar, einen Nachtclub oder einen vergleichbaren Vergnügungsbetrieb so ist nach § 4 Abs. 3 JuSchG der Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen generell nicht gestattet.
In den übrigen Gaststätten gelten, sofern das Kind bzw. der Jugendliche nicht von einer personensorgeberechtigten bzw. erziehungsbeauftragten Person (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 3 und 4 JuSchG) begleitet wird, folgende Beschränkungen:Ohne Begleitung dürfen sich Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nur in Gaststätten aufhalten, wenn sie in der Zeit zwischen 5 Uhr und 23 Uhr eine Mahlzeit oder ein Getränk einnehmen. Jugendlichen ab 16 Jahren darf der Aufenthalt ohne diese Einschränkung in der Zeit von 5 Uhr bis 24 Uhr gestattet werden.Diese Beschränkungen gelten nach § 4 Abs. 2 JuSchG indes nicht, wenn Kinder oder Jugendliche an einer Veranstaltung eines anerkannten Trägers der Jugendhilfe teilnehmen oder sich auf Reise befinden. Unter die Reise fallen auch die notwendigen Wartezeiten, sowie Fahrradtouren und Wanderungen.Im Übrigen kann nach § 4 Abs. 4 die zuständige Behörde Ausnahmen von den Beschränkungen genehmigen.Gaststätten mit TanzveranstaltungenFinden in der Gaststätte öffentliche Tanzveranstaltungen statt, so darf Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren ohne Begleitung die Anwesenheit gemäß § 5 JuSchG nicht gestattet werden. Jugendlichen ab 16 Jahren darf die Anwesenheit ohne Begleitung längstens bis 24 Uhr gestattet werden. Unter Tanzveranstaltung fallen alle Veranstaltungen mit Tanzgelegenheit, die nicht einem begrenzten bekannten Personenkreis vorbehalten sind.Wird die Veranstaltung von einem anerkannten Träger der Jugendhilfe durchgeführt oder dient sie der künstlerischen Betätigung bzw. der Brauchtumspflege, darf nach § 5 Abs. 2 JuSchG Kindern der Aufenthalt bis 22 Uhr und Jugendlichen unter 16 Jahren bis 24 Uhr gestattet werden. Unter die künstlerische Betätigung fallen beispielsweise Ballettaufführungen, der Brauchtumspflege unterliegt etwa die Fastnacht.
Ausnahmen von diesen Regelungen kann nach § 5 Abs. 3 wiederum die zuständige Behörde genehmigen.
Gaststätte im Spielhallenbetrieb?Wird die Gaststätte im Rahmen einer Spielhalle oder ähnlichen vorwiegend dem Spielbetrieb dienenden Räumen betrieben, so darf nach § 6 Abs. 1 JuSchG Kindern und Jugendlichen – auch wenn sie in Begleitung einer personensorgeberechtigten Person sind – die Anwesenheit nicht gestattet werden. Zu beachten ist hier, dass es nicht um eine Nutzung der Einrichtung geht, sondern die generelle Anwesenheit ausgeschlossen ist.
Bietet die Gaststätte Spiele mit Gewinnmöglichkeit an, ohne Spielhalle zu sein, so darf Kindern und Jugendlichen die Teilnahme nach § 6 Abs. 2 JuSchG nur gestattet werden, wenn die Spiele im Rahmen eines Volksfestes, Schützenfestes, Jahrmarkts, Spezialmärkten oder ähnlichen Veranstaltungen angeboten werden und wenn der Gewinn in Waren von geringem Wert besteht. Nach der Anlage zu § 5 a der Spielverordnung liegt dieser Wert bei 60 € (Einkaufswert der ausgespielten Ware).
Gaststätte im InternetcaféBietet die Gaststätte ausschließlich Unterhaltungsspielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit an (insbesondere Internetcafés), so gelten seit Ende Januar 2012 hinsichtlich des Zutritts von Jugendlichen die obigen Regeln zur „reinen Gaststätte“. Für den Zugang zu den Spielen gelten gesonderte Regeln, insbesondere zur Altersfreigabe.
JugendgefährdungIm Übrigen kann die zuständige Behörde nach §§ 7 und 8 JuSchG die erforderlichen Maßnahmen treffen, Kinder und Jugendliche vor eine Gefährdung zu schützen. So kann sie etwa anordnen, dass der Gewerbetreibende Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten darf, oder jedenfalls nur zu bestimmten Zeiten oder nur Jugendlichen in einem bestimmten Alter. Des Weiteren kann sie das Kind bzw. den Jugendlichen zum Verlassen des Ortes auffordern und das Jugendamt über den jugendgefährdenden Ort unterrichten. - Was hat der Gaststättenbetreiber noch zu beachten?
PrüfungspflichtNach § 2 JuSchG hat der Gastwirt die Pflicht, das von Kindern und Jugendlichen erforderliche Alter sowie die Berechtigung ihrer Begleitung zu überprüfen. Zu beachten ist hierbei, dass auch die irrtümliche Annahme der Berechtigung bzw. des Alters für einen Verstoß ausreichend ist (vgl. § 11 Abs. 1 OWiG). Um einen Verstoß zu vermeiden, muss der Gewerbetreibende daher zwingend nachfragen.AushangpflichtNach § 3 JuSchG hat der Gaststättenbetreiber zudem auf die für ihn geltenden Bestimmungen nach den §§ 4 bis 13 JuSchG durch deutlich sichtbaren Aushang hinzuweisen. Soweit Gastwirte öffentliche Filmveranstaltungen anbieten, kommt zusätzlich eine besondere Kennzeichnungs- und Informationspflicht nach §§ 11 bis 14 JuSchG hinzu.
VerstößeNach §§ 27 und 28 JuSchG liegt das Höchststrafmaß bei einer Gefängnisstrafe von einem Jahr, das höchstmögliche Bußgeld bei 50.000 €. Zu beachten ist, dass bei Gewerbetreibenden auch das fahrlässige Handeln geahndet wird. - Achtung: Irreführende Werbung zu Aushangtafeln
Es kommt immer wieder vor, dass Gaststättenbetreiber von unseriösen Anbietern telefonisch oder per Post hinsichtlich ihrer Aushänge zum Jugendschutzgesetz kontaktiert werden. Die Anbieter behaupten, dass nur die von ihnen zu einem Preis von über 90 € angebotenen Aushangtafeln den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und der Gaststättenbetreiber mit seinem aktuellen Aushang gegen Urheberrechte verstoßen würde. Das ist nicht richtig!
Sollten ein Gaststättenbetreiber auf ein solches irreführendes Angebot bzw. einen Anruf eingegangen sein, eine Hinweistafel bestellt und möglicherweise sogar bereits eine „Auftragsbestätigung“ mit der Aufforderung zur Zahlung des Preises erhalten haben, hat er nach wie vor die Möglichkeit, dieser zu widersprechen. Zudem sollte der angeblich geschlossene Vertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten werden.
Wichtig: ein gesetzliches Widerrufsrecht besteht in diesen Fällen nicht, da dieses nur von Verbrauchern geltend gemacht werden kann.
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Gesetzestext
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