IHK Berlin

Beratungen zum Doppelhaushalt 2022/23: Wirtschaft braucht klug gesetzte Prioritäten bei Digitalisierung, Fachkräften und Stadtentwicklung

Mit der ersten Lesung des Haushaltsentwurfs im Plenum beginnen heute die Haushaltsberatungen für die Jahre 2022/23. Die enormen Herausforderungen, vor denen Berlin aktuell steht, können aus Sicht der Berliner Wirtschaft nur durch nachhaltiges Wirtschaftswachstum bewältigt werden. Die IHK Berlin appelliert daher, im neuen Haushalt die Rahmenbedingungen für neue Wirtschaftskraft durch zukunftsorientierte Prioritäten bei den Themen Digitalisierung und Verwaltung, (Aus-)Bildung und Fachkräftesicherung sowie lösungsorientierte Stadtentwicklung zu schaffen.

Sebastian Stietzel, Vizepräsident der IHK Berlin:
„Der Berliner Doppelhaushalt für die Jahre 2022/23 steht angesichts der pandemiebedingten Verwerfungen und der Auswirkungen des Ukraine-Kriegs vor besonderen Herausforderungen. Bei den anstehenden Beratungen im Parlament muss nun der Weg zwischen Sparsamkeit und intelligent gesetzten Prioritäten gefunden werden. Berlin muss sich mit neuer Wirtschaftskraft aus den pandemiebedingten Rekordschulden herausentwickeln und eine angemessene Risikovorsorge für die kommenden Jahre treffen. Um die Grundlage für nachhaltiges Wirtschaftswachstum und damit für zukunftsfeste Arbeitsplätze und sichere Steuereinnahmen zu schaffen, müssen aus Sicht der Wirtschaft im Haushalt für die Jahre 2022/23 vor allem ausreichend Mittel für die Themen Digitalisierung und Verwaltung, (Aus-)Bildung und Fachkräftesicherung sowie lösungsorientierte Stadtentwicklung bereitgestellt werden. Kritisch zu sehen ist das Vorhaben des Senats, im neuen Haushalt trotz bereits bestehender Rekordschulden erneut Kredite von über 1 Milliarde Euro aufzunehmen – dies droht den finanziellen Spielraum der Stadt langfristig weiter einzuschränken."

Konkret müssen aus Sicht der IHK Berlin insbesondere folgende Themen bei den Beratungen zum Haushalt in den Fokus genommen werden:

Digitalisierung und Verwaltung
Ein starker Wirtschaftsstandort Berlin braucht im neuen Haushalt ein ausreichendes Budget für die Umsetzung der Berliner Gigabitstrategie und deren Flankierung durch das berlinspezifische Glasfaserförderprogramm und die Kofinanzierung des Bundesförderprogramms für die sogenannten Grauen Flecken. Letzteres ist gerade mit Blick auf die Spitzenbedarfe einer Digitalmetropole von großer Bedeutung. Damit der neue Chief Digital Officer (CDO) erfolgreich sein kann, muss außerdem eine ausreichende Budgetausstattung für eine Reihe wichtiger Digitalisierungsvorhaben bereitstehen, die weit über den Flickenteppich der letzten Legislaturperiode hinausgeht. Zentrales Augenmerk muss dabei auf den Mitteln für die Digitalisierung und Optimierung von Verwaltungsprozessen und auf ihrer tatsächlichen Verausgabung liegen. Zu oft sind finanzielle Mittel zwar für die richtigen Projekte verplant aber nur unzureichend ausgegeben worden, was tendenziell kein Zeichen mangelnden Bedarfs, sondern vielmehr struktureller investitionspolitischer Flaschenhälse ist.
 
(Aus-)bildung und Fachkräftesicherung
Bildung ist der zentrale Zukunftsmotor der Stadt, der Fachkräfte für Berlin und Jugendlichen eine nachhaltige Zukunft sichert. Die Berliner Wirtschaft fordert daher, die Berliner Schulen in ihrer Eigenverantwortung weiterhin zu stärken und die Mittel aus dem Verfügungsfonds nicht zu reduzieren. Von ähnlicher Bedeutung ist eine Aufstockung der Ausgaben für die Digitalisierung an den beruflichen Schulen. Dazu gehört auch mindestens ein IT-Administrator pro Schule, um die Investitionen aus dem Digitalpakt auch administrieren zu können. Für die Ausbildungsoffensive aus dem Koalitionsvertrag braucht es eine Finanzierung. Gewachsene Projektstrukturen zur Integration Geflüchteter in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt müssen, gerade auch im Hinblick auf die ankommenden Menschen aus der Ukraine, aufgestockt werden. Begleitend zur steigenden Anzahl an Unternehmen, die Fachkräfte aus dem Ausland attrahieren wollen, braucht es im neuen Haushalt zudem ein höheres Budget für das Landesamt für Einwanderung.
 
Lösungsorientierte Stadtentwicklung
Für die Umsetzung stadtentwicklungspolitischer Ziele im Bereich Wohnungsbau und Gewerbeimmobilien ist es wichtig, das Personalbudget in den planenden und genehmigenden Behörden entsprechend aufzustocken. Angesichts der Herausforderungen, vor denen Berlins Stadtzentren und Einkaufsstraßen aufgrund von Corona und Digitalisierung stehen, bedarf es zudem ausreichender Mittel zur Unterstützung der lokalen Akteure sowie für Pilotprojekte und andere Attraktivitätssteigerungen. Auch die Entwicklung des ehemaligen Flughafens Tegel zur Urban Tech Republic als Leuchtturmprojekt muss weiterhin auf einer soliden finanziellen Grundlage stehen. In Anbetracht stark steigender Baukosten muss aus Sicht der Wirtschaft schließlich ebenfalls ein ausreichendes Budget für die überfällige Sanierung der Berliner Infrastruktur (Brücken, U-Bahn-Tunnel) bereitgestellt werden.

24. März 2022