IHK Berlin

Mit Wachstum aus der Krise – Impulspapier mit 54 Vorschlägen der IHKs Berlin und Brandenburg

Die Metropolregion ist auf dem Weg aus der Corona-Krise. Um die Erholungstendenzen und damit die Rückkehr zur wirtschaftlichen Normalität zu stärken, sind aus Sicht der Wirtschaft nun konjunkturfördernde Maßnahmen der Politik notwendig. Die Industrie- und Handelskammern in Berlin und Brandenburg haben deshalb in einem Maßnahmenpaket 54 Vorschläge erarbeitet, die die Wirtschaft in der Metropolregion auf den Wachstumspfad der Vor-Corona-Zeit zurückbringen sollen. 
Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören nach Ansicht der Kammern, die Finanzierungssituation der Unternehmen durch steuerliche Entlastungen zu verbessern und Bürokratie-Hürden abzubauen. Kürzere Bearbeitungszeiten in den Behörden, Entlastung bei statistischen Berichtspflichten für die Unternehmen sowie die seit Jahren überfällige Digitalisierung der Verwaltung gehören deshalb ebenso zu den Vorschlägen wie Maßnahmen, um die Innenstädte und Kieze zu revitalisieren. Hier fordern die Kammern die Aussetzung von City Tax und Bettensteuer sowie den temporären Verzicht auf Sondernutzungsgebühren für Außengastronomie und Einzelhandel. Um den für beide Bundesländer so wichtigen Tourismus wieder anzukurbeln, schlagen die Kammern eine breitangelegte Kampagne für den Neustart vor. Dazu gehört auch, in Kurorten, Ausflugs- und Erholungsorten den touristischen Warenkorb zu erweitern. 
Für bundesweit wichtige Entlastungen sollten sich die Landesregierungen auch bei Steuern und Finanzierung sowie beim Thema Gründung und Förderung einsetzen. Auf neue finanzielle Belastungen muss verzichtet sowie die Ausweitung des Verlustrücktrags ermöglicht werden. Die in der Krise aufgenommenen KfW-Kredite sollten nachträglich in Mezzanine-Kapital umgewandelt werden, die Unternehmen brauchen gerade jetzt finanzielle Mittel für den Neustart. Um die Metropolregion als „Hotspot“ für Gründer weiter auszubauen, sollten bessere Rahmenbedingungen für Wagniskapitalgeber geschaffen und zusätzliche Finanzierungsinstrumente für Start-ups in der Metropolregion implementiert werden.
Nicht zuletzt sollten beide Länder Nachhaltigkeit und Digitalisierung als Wachstumshebel nutzen. Dazu gehört nach Ansicht der Kammern neben der Sicherung des Breitbandausbaus auch ein Sonderprogramm für den nachhaltigen Verkehr. Staatliche Investitionsanreize müssen Unternehmen zudem auf dem Weg in die Klimaneutralität unterstützen.

Jan Eder, Hauptgeschäftsführer IHK Berlin:
„Jetzt muss gelten: Vorfahrt für die Wirtschaft. Alles, was Wachstum fördert, muss beherzt angepackt und umgesetzt werden. Wenn rund die Hälfte der Berliner Unternehmen in der aktuellen Konjunkturumfrage die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als großes Risiko für die geschäftliche Entwicklung nennen, sehen wir, dass akuter Handlungsbedarf besteht. Nur mit einer florierenden Wirtschaft werden wir die Folgen der Pandemie überwinden, den Standort international konkurrenzfähig halten und dadurch Beschäftigung sichern können. Das ist harte Arbeit, denn Wachstum gibt es nicht auf Knopfdruck. Wir brauchen eine ganze Palette von Maßnahmen. So muss der Technologietransfer in der Metropolregion strategisch geplant und entsprechend gefördert werden; Innovationsgutscheine für KMU benötigen wir ebenso wie Flächenerschließungen für industrielle Ansiedlungen. In den Verwaltungen fehlt noch immer die Mindestausstattung, um ein digitales Serviceversprechen umzusetzen, das Berliner Vergaberecht ist ein Investitionshemmnis sondergleichen. Der Breitbandausbau geht nur langsam voran. Und wenn Berlin – was wir sehr begrüßen – Wasserstoffstandort werden will, dann müssen schnellstens weitere Testfelder in Abstimmung mit der Wirtschaft entwickelt werden – um nur einige Beispiele zu nennen. Vor allem aber braucht es das Bekenntnis und den Willen der Politik, die Metropolregion als Investitionsstandort nach vorne zu bringen.“

Mario Tobias, Hauptgeschäftsführer der IHK Potsdam für die Brandenburger Kammern:
„Über Gründungsstipendien und eine nachhaltige Wachstumsfinanzierung muss die Start-up-Szene in der Hauptstadtregion wieder angekurbelt werden. Denn trotz – und für manchen wegen – der Krise versuchen mutige Unternehmerinnen und Unternehmen gerade jetzt den Sprung in die Selbstständigkeit. Dafür braucht es natürlich weitgehend einheitliche Finanzierungs- und Förderstrukturen in Berlin und Brandenburg. Wer hier gründet, sollte hier auch wachsen können - unabhängig auf welcher Seite der ohnehin nicht mehr sichtbaren Landesgrenze zwischen Berlin und Brandenburg. Gleiches gilt für die Vermittlung von Auszubildenden, die in beiden Bundesländern großartigen Bedingungen für ihre Karriere mit Lehre finden. Zudem muss die Politik ein abgestimmtes Flächenmanagement und eine damit verbundene aktive Ansiedlungspolitik wird die gesamte Region betrieben, denn auch in Brandenburg werden die ausgewiesenen Gewerbeflächen langsam knapp. Ohne ein Investitionsprogramm in ein Kommunales Flächenmanagement für Kreise, Städte und Stadtbezirke und ein aktives Citymanagement werden wir unsere Innenstädte nur schwer wiederbeleben. Wir sollten daher gerade jetzt der einzigartigen Stärken unserer Region bewusstwerden und die Strahlkraft der Hauptstadtregion nicht nur in Deutschland und Europa, sondern weltweit weiter bekannt machen. Dabei darf es auch keinerlei Denkverbote für scheinbar abgehandelte Themen geben – wie beispielsweise für liberalisierte Sonn- und Feiertagsöffnungszeiten, die den Bund nichts kosten.“
Alle Vorschläge des gemeinsamen Papiers „Mit Wachstum aus der Krise“ finden Sie hier: www.ihk-berlin.de/wirtschaftswachstum (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 1304 KB).

Die Auswirkungen der Corona-Krise in der Metropolregion:
  • Die Arbeitslosenquote in Berlin ist von 7,8 Prozent im Vorkrisenjahr auf 10,5 Prozent gestiegen. Allein der flächendeckende Einsatz von Kurzarbeitsregelungen und Liquiditätshilfen hat einen deutlich stärkeren Anstieg verhindert. Die Kurzarbeiterquote beträgt in Berlin 9,1 und in Brandenburg 7,8 Prozent.
  • Die Wirtschaftskraft schrumpfte im vergangenen Jahr in Berlin um 3,3 Prozent, in Brandenburg um 3,2 Prozent – stärker als in der Finanzkrise.
  • In fast jedem vierten Unternehmen der Region verringerte sich das Eigenkapital erheblich, im Gastgewerbe sogar bei zwei von drei Unternehmen. Und selbst in der nicht so stark von den Corona-Einschränkungen betroffenen Industrie melden 16 Prozent der Unternehmen einen wesentlichen Rückgang des Eigenkapitals.

21. Mai 2021