IHK Berlin

Späte Auszahlung der Hilfen gefährdet Existenzen - Ergänzende Maßnahmen des Landes notwendig

Immer noch ist unklar, ab wann Unternehmen, die vom aktuellen Lockdown betroffen sind, mit der angekündigten Überbrückungshilfe III rechnen können. Die ersten Abschlagszahlungen der sogenannten Novemberhilfen wurden zwar überwiesen, diese decken aber nur einen Bruchteil der Kosten der Unternehmen, die seit Beginn des Teil-Lockdowns Anfang November ihre Geschäftstätigkeit einstellen mussten. Die IHK Berlin hält deshalb ergänzende Maßnahmen des Landes für notwendig, um die Existenz der angeschlagenen Betriebe zu sichern. 
Die meisten Betriebe, die aktuell geschlossen sind, leiden noch unter den Folgen des ersten Lockdowns im Frühjahr und verfügen deshalb in vielen Fällen nicht mehr über die finanziellen Reserven, um die Zeit bis zur Überweisung der angekündigten Hilfen zu überbrücken. Mit den erweiterten Hilfspaketen (insbesondere November- und Dezemberhilfe, Überbrückungshilfe III und der so genannten Neustarthilfe) kann vielen Betroffenen geholfen werden. Allerdings zieht sich sowohl die Auszahlung der dringend benötigten Gelder immer weiter hinaus, und für viele Betroffene – gerade diejenigen mit geringen betrieblichen Fixkosten – tun sich weiterhin erhebliche Lücken auf.
Vor diesem Hintergrund fordert die IHK Berlin Nachbesserungen an der bestehenden Förderkulisse.  Insbesondere in fünf Bereichen könnte das Land Förderlücken schließen und dabei die besonderen Anforderungen der Berliner Wirtschaft in den Fokus nehmen:
  • Entlastung der besonders betroffenen Unternehmen durch eine an besondere Bedingungen geknüpfte Ausweitung des Zuschusses für Gewerbemieten und für die Tilgung von gewerblichen Immobilienkrediten über die Monate des Lockdowns hinaus. Für eine Zuschusssumme von über 20.000 Euro muss der Vermieter 50 Prozent der Miete erlassen und erhält hierfür 25 Prozent der erlassenen Miete durch das Land.
  • Zuschüsse für Investitionsausgaben zur Einhaltung der Corona-Hygieneanforderungen wie Lüftungsanlagen, Trennwände, etc., damit sich unter anderem die Veranstaltungsbranche auf eine geordnete Öffnung nach dem Lockdown vorbereiten kann.
  • Erweiterte Härtefallregelungen und Einzelfallbetrachtung für betroffene Unternehmen, die bislang durch das Förderraster fallen (z.B. neugegründete Unternehmen, die keine ausreichenden Vergleichsumsätze vorweisen können) sowie stärkere Berücksichtigung von Unternehmen, die keine hohen betrieblichen Fixkosten aufweisen (vor allem Solo-Selbständige).
  • Einrichtung eines speziellen Corona-Beteiligungsfonds für Unternehmen mit mehr als 50 und bis zu 250 Mitarbeitern. Danach sollen system- und standortrelevante Unternehmen mit einem Beteiligungsvolumen von min. 800.000 Euro gestützt werden. Eine Co-Beteiligung der Privatwirtschaft ist dabei möglich.
  • Mit Blick auf ein Ende des Lockdowns im neuen Jahr: Kostenfreie Bereitstellung von freien Flächen (wie z.B. Messegelände) für die Wirtschaft. Clubs sind geschlossen, Theater können durch Abstandsregeln nicht kostendeckend arbeiten. Gleichzeitig finden praktisch keine Messen statt, und die landeseigene Messegesellschaft muss gestützt werden. Theater- wie Musikveranstaltungen wären in Messehallen unter Wahrung der Abstandsregeln möglich.
Beatrice Kramm, Präsidentin der IHK Berlin:
 „Viele Berliner Gewerbetreibende wissen nicht, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen. Auch das Kurzarbeitergeld – so überlebenswichtig es auch ist – muss schließlich zunächst vom Arbeitgeber vorfinanziert werden. Angesichts dieser aktuell großen wirtschaftlichen Not darf die politische Verantwortlichkeit nicht mit dem Verweis auf die Corona-Hilfen enden! Vor allem nicht, wenn es diese Hilfsprogramme in Teilen bislang nur in der Theorie gibt. Deshalb ist hier auch der Berliner Senat gefordert, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Notlagen auszugleichen. Dabei müssen die Hilfen als Kompensationsleistung sowohl Betriebskosten, gezielte Investitionen als auch gerade bei sehr kleinen Unternehmen einen fiktiven Unternehmerinnen- und Unternehmerlohn berücksichtigen.  Hinzu kommt: Mit der Verhängung des Lockdowns und dem Warten auf den Beginn der Impfungen ist es nicht getan. Auch wenn nicht absehbar ist, wie lange dieser Lockdown anhalten wird: Jetzt ist die Zeit, die Konzepte für eine geordnete und sichere Rückkehr zu einer wie auch immer gearteten Normalität auszuarbeiten. Hier ist nach dem ersten Lockdown einiges versäumt worden. Berlin hat dank der Innovationskraft der hiesigen Unternehmen, dank seiner Stärke als Forschungsstandort und seiner nach wie vor großen Anziehungskraft für Toptalente aus aller Welt die Chance, gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Dafür braucht die Berliner Wirtschaft aber gerade jetzt die richtigen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen.“
In der Corona-Umfrage der IHK Berlin vom November zeigte sich, dass branchenabhängig ein Fünftel bis nahezu 100 Prozent der Unternehmen staatliche Corona-Hilfen beziehen. Mit dem erneuten Lockdown, der seit dem 16.12.2020 gilt, ist zu erwarten, dass auch Anfang nächsten Jahres in dieser Entwicklung keine Wende bevorsteht. 
Für Branchen mit hohen Fixkosten durch beispielsweise Gewerbemieten reichen etwa die aktuellen Überbrückungshilfen nicht aus. Dazu zählen unter anderem Hotels, Veranstalter und Clubs. Neugegründete Betriebe fallen dagegen häufig komplett durch das Förderraster, da sich die Hilfsprogramme oftmals auf Gründungsdaten beziehen.