14.02.2018

Ausbildungsbilanz 2017: Mehr Betriebe bilden aus, weniger Jugendliche wollen Ausbildung machen

Auch 2017 konnten die Berliner Unternehmen nicht alle bei den Berliner Arbeitsagenturen gemeldeten Ausbildungsplätze besetzen: 1.197 Plätze blieben unbesetzt – mehr als viermal so viele wie 2009. Gleichzeitig stieg die Zahl der Ausbildungsbetriebe auf 5.018, das sind 99 mehr als 2016. Die Zahl der gemeldeten Bewerber ist im Vorjahresvergleich weiter rückläufig (2016: 21.703/ 2017: 20.816).
Auch die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist leicht gesunken. 2016 waren es 8.447 betriebliche Verträge, 2017 8.317 Verträge. Während die Zahl der betrieblichen Verträge bei gewerblich-technischen Berufen mit 2.195 Verträgen stabil blieb, sank sie bei den kaufmännischen und sonstigen Berufen um 1,8 Prozent von 6.249 auf 6.092. Die IHK fürchtet angesichts der Zahlen eine weitere Verschärfung des Fachkräftemangels und fordert eine bildungspolitische Reformagenda unter dem Motto „Vorfahrt für die Ausbildung“.
So schlägt die IHK vor, die Anmeldetermine für Ausbildungsgänge an den Oberstufenzentren (OSZ) in den Spätsommer zu verschieben. Immer noch können sich de facto Jugendliche bereits ab Ende Februar an einem OSZ anmelden. „So entsteht eine Konkurrenzsituation zwischen vollzeitschulischer und dualer Ausbildung, die wir für nicht zielführend halten“, so Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin. „Durch eine Anmeldung erst nach Ausbildungsbeginn  für Jugendliche ohne Ausbildungsplatz ließe sich das ändern.“ Auch ein Ausbau des „Berliner Ausbildungsmodells“ (BAM), bei dem Jugendliche zunächst testweise die berufliche Ausbildung in einem Betrieb und am OSZ absolvieren, ist nach Ansicht der IHK Berlin ein richtiger Ansatz.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Verbesserung der beruflichen Orientierung während der regulären Schulzeit. Unklare Berufsvorstellungen sind laut IHK-Aus- und Weiterbildungsumfrage das größte Ausbildungshemmnis und haben den größten Einfluss auf Vertragslösungen. Die IHK fordert deshalb, die Berufsorientierung an den Schulen besser auszustatten.
„Wir packen da durchaus auch selbst mit an“, erläuterte Jan Eder. „So beteiligen wir uns mit rund drei Millionen Euro am geplanten „Talente Check Berlin“, wir richten Ausbildungsbörsen aus und beraten Jugendliche wie Betriebe intensiv im Rahmen der Passgenauen Besetzung.“ 
Eine weitere Herausforderung sieht die IHK in der mangelnden Ausbildungsreife vieler Jugendlicher. 9 von 10 Unternehmen beklagen hier Mängel, mehr als jedes dritte Unternehmen gibt seinen Azubis auf eigene Kosten Nachhilfe um die Defizite auszugleichen.
„Der Berliner Ausbildungsmarkt hat ein Bewerber- und Besetzungsproblem. Berlin kann es sich daher nicht länger leisten, Reformen auf die lange Bank zu schieben“, so Jan Eder. „In unserer aktuellen Konjunkturumfrage haben mehr als 60 Prozent der Unternehmen angegeben, dass sie den Fachkräftemangel für eines der größten Konjunkturrisiken halten. Schon jetzt fehlen der Berliner Wirtschaft 28.000 beruflich qualifizierte Fachkräfte. Hier muss also dringend gegen gesteuert werden und das heißt: Vorfahrt für die duale Ausbildung.“
Link zur Bildungspolitischen Agenda 2018:
IHK-Ausbildungszahlen 2017:
www.ihk-berlin.de (Dok.nummer 58660)