18. Oktober 2017

Konjunktur-Bericht: Unternehmen weiter optimistisch – Sorge um Fachkräftemangel wächst

IHK Berlin und Handwerkskammer Berlin haben für den Konjunktur-Bericht im Herbst die Antworten von mehr als 1000 Unternehmen ausgewertet. Demnach beurteilen 94 Prozent der Befragten die wirtschaftliche Lage als gut oder zufriedenstellend. Der Geschäftsklima-Index, der Lage und Erwartungseinschätzungen der befragten Unternehmen widerspiegelt, liegt wie schon im Vorjahr und im Frühjahr bei 142 Punkten. Leicht rückgängig entwickeln sich dagegen die Erwartungen. Hier sank der Index um drei Punkte im Vergleich zum Frühjahr und um sieben Punkte im Vergleich zum Vorjahr auf aktuell 34 Punkte. Der drohende und stellenweise schon gravierende Fachkräftemangel bereitet den Unternehmen Sorge.
Das konjunkturelle Klima in Berlin bleibt im dritten Jahr in Folge nahezu ungetrübt. Die Geschäfte entwickeln sich überwiegend gut oder zufriedenstellend. Die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen ist in den vergangenen Monaten gewachsen, begünstigt durch steigende Realeinkommen und nach wie vor niedrige Zinsen. Erfreulich ebenfalls: Unternehmen wollen weiter investieren, mehr noch als vor einem Jahr (Investitionssaldo im Herbst 2016: 37 Punkte, Herbst 2017: 40 Punkte).
Sorge bereitet vielen Unternehmen der drohende Fachkräftemangel. So geben aktuell 62 Prozent der Befragten den Fachkräftemangel als Risiko für den Unternehmenserfolg an. 2010 waren es gerade einmal 34 Prozent und vor drei Jahren 50 Prozent. Besonders ausgeprägt ist der Engpass bei qualifizierten Fachkräften im Gastgewerbe – rund 85 Prozent der Befragten fürchten, dass dieser die geschäftliche Entwicklung bremsen wird. Grundsätzlich wollen Berliner Unternehmen auch in Zukunft mehr Mitarbeiter einstellen. Die Zahl der neu geschaffenen Stellen wird aber u.a. davon abhängen, ob es gelingt, überhaupt genügend Fachkräfte zu rekrutieren.
Die Investitionslaune ist weiterhin gut, die meisten Unternehmen planen, in den kommenden Monaten zu investieren. Besonders erfreulich ist, dass in weiteres Wachstum investiert werden soll. Insgesamt geben 51 Prozent der befragten Unternehmen an, sie planen in die Ausweitung von Produktionskapazitäten zu investieren. Das sind vier Prozentpunkte mehr als im vergangenen Herbst.
Das Handwerk verzeichnet Rekordwerte. In Berlin wird die beste konjunkturelle Lage seit der Wiedervereinigung verzeichnet. Die Erwartungen sind sehr optimistisch und sorgen für eine expansive Investitions- und Personalplanung.
„Der goldene Boden des Berliner Handwerks funkelt und glänzt wie nie zuvor“, sagt der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Berlin, Jürgen Wittke. „Die Auftragsbücher sind im Durchschnitt so prall gefüllt, dass sie für knapp 11 Wochen reichen. Ein noch höheres Wachstum im Handwerk scheitert nur am fehlenden Fachpersonal. Dennoch erfreuten sich noch nie so viele Betriebe an guten Geschäften, noch nie liefen die Geschäfte bei so wenigen Betrieben schlecht. Die gute Laune zieht sich durch fast alle Gewerke des Berliner Handwerks.“
Christian Wiesenhütter, stellvertretender Hauptgeschäftsführer IHK Berlin: „Die Stadt wächst, das beflügelt die Konjunktur. Aber das ist kein Selbstläufer. Die Politik muss jetzt zukunftsfähige und nachhaltige Rahmenbedingungen schaffen, damit wir weiterhin attraktiv sind für Wirtschaft und Menschen. Infrastruktur und Verwaltung müssen angepasst werden an die Bedürfnisse einer wachsenden Stadt: Wir brauchen genügend Wohnraum, Gewerbeflächen, digitale Infrastruktur – um nur die drängendsten Aufgaben zu nennen.“

Branchenspezifische Ergebnisse:

Handwerk
Rekordwerte im Berliner Handwerk: Der Geschäftsklimaindex steht bei 133 Punkten – neues Allzeithoch. Bei 54 Prozent der befragten Betriebe laufen die Geschäfte gut. Nur 6 Prozent der Betriebe gaben an, dass die Geschäfte schlecht laufen. Somit steht der Saldo zur Geschäftslage mit 48 Punkten im Plus – ein neuer Rekordwert. Die Berliner Handwerker sind optimistisch: Der Erwartungssaldo liegt mit 20 Punkten im Plus. Grundlage ist die anhaltend lebhafte Binnenkonjunktur und der starke Arbeitsmarkt. Die Produktions- und Dienstleistungskapazitäten sind zu 90,5 Prozent ausgelastet. 18 Prozent der Betriebe stockten ihr Personal auf. Ausschlaggebend für den hohen Anstieg des Klimaindex´ dürfte auch die überaus erfreuliche Entwicklung der Umsätze sein.
Bauindustrie
Die Geschäfte der Berliner Industrie florieren: Während sich die Industrieunternehmen noch vor einem Jahr in einer Schwächephase sahen, schätzen sie die aktuelle Geschäftslage wieder als sehr gut ein. Der das Niveau der laufenden Geschäfte abbildende Indikator zählte im vergangenen Jahr noch 30 Punkte, jetzt sind es 65 Punkte. Mit Blick auf die Zukunft beabsichtigen nicht nur mehr Unternehmen zu investieren als vor einem Jahr, auch das geplante Investitionsvolumen wollen die Unternehmen erhöhen. Als wichtigstes Investitionsmotiv nennen 63 Prozent der Industriebetriebe den Ausbau der Produktionskapazitäten. Allerdings sehen 57 Prozent der Befragten den Fachkräftemangel als Zukunftsrisiko Nummer eins. Noch nie haben so viele Unternehmen aus der Industrie Sorgen hierzu angemeldet.
Handel
Auch der Handel schätzt seine aktuelle Lage sehr positiv ein: Der Saldo aus positiven und negativen Einschätzungen steigt von 49 Punkten im Frühjahr auf aktuell 54 Zähler – und markiert zugleich den neuen Spitzenwert der Zeitreihe. Die steigende Zahl Beschäftigter in Berlin und in der Metropolregion Berlin-Brandenburg, die moderate Inflation und eine anhaltende touristische Dynamik in der Stadt sorgen für reichlich Kaufkraft. Der private Konsum ist daher weiterhin der wesentliche Impulsgeber für das anhaltend hohe Tempo der Handelskonjunktur. Da sich diese Außenbedingungen in den kommenden Monaten sehr wahrscheinlich nicht ändern werden, dürfte sich die gute Handelskonjunktur in diesem Zeithorizont fortsetzen. Entsprechend sind die meisten Unternehmen der Branchen optimistisch gestimmt.
Gastgewerbe
55 Prozent der befragten Unternehmen im Gastgewerbe schätzen ihre Geschäftslage als gut ein. Nur fünf Prozent der Befragten sind mit der gegenwärtigen Lage unzufrieden. Die Erwartungen sind etwas weniger optimistisch als noch im Frühjahr oder in den zurückliegenden Jahren: Die Unternehmen gehen zunehmend von einer gleichbleibenden Konjunktur aus. Die Erwartungen liegen aber weiterhin über der Schwelle von null Punkten – der Anteil optimistisch gestimmter Unternehmen überwiegt also den pessimistisch gestimmter. Bei den Plänen zur Beschäftigtenentwicklung hält sich die Zahl der Unternehmen, die Beschäftigung aufbauen und abbauen wollen, die Waage. Das ist ein Signal für einen etwas weniger dynamischen Beschäftigungsaufbau in den kommenden Monaten. Auch in dieser Branche kommt man nicht umhin darauf hinzuweisen, dass diese Zurückhaltung aus dem leergefegten Fachkräftemarkt resultieren mag. So benennen 85 Prozent der Unternehmen den Fachkräftemangel als Risiko für ihre Geschäftsentwicklung.
Dienstleistungsunternehmen
Die Erwartungen der Dienstleistungsunternehmen sind im Vergleich zum Vorjahr deutlich weniger zuversichtlich. Sollte sich diese Tendenz fortsetzen, ist mittelfristig mit einer Verschlechterung der Lage zu rechnen. Eine der möglichen Ursachen für die gedämpften Erwartungen könnten auch hier die Sorgen um die Fachkräftegewinnung sein. 60 Prozent der Dienstleistungsunternehmen sehen die fehlende Verfügbarkeit von Fachkräften als Risiko für die weitere Unternehmensentwicklung. Damit liegt dieses Risiko in der Branche auf Platz eins. Dennoch planen die Unternehmen weiterhin Beschäftigung aufzubauen. Lediglich neun Prozent der 191 befragten Dienstleistungsunternehmen geben an, ihre Beschäftigtenzahl in den kommenden Monaten verringern zu wollen.
Den ausführlichen Konjunkturbericht finden Sie im Internet unter www.hwk-berlin.de und www.ihk-berlin.de/konjunktur.