7. Februar 2017

Konjunktur in Hochform

Geschäfte der Berlin-Brandenburger Wirtschaft weiter auf Rekordniveau. Trotz möglicher Risiken vorerst keine Zeichen einer Abschwächung in Sicht. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammern in Berlin, Potsdam, Cottbus und Ostbrandenburg.
Zu keinem Zeitpunkt konnte bisher ein derart stabiles konjunkturelles Hoch in der Region gemessen werden. Statt des gewohnten Auf und Ab bewegt sich die Stimmung der Berlin-Brandenburger Unternehmen auf einem konstant hohen Niveau. Getragen wird dieses von der guten Lageeinschätzung der Unternehmen in Berlin und den optimistischen Erwartungen der Brandenburger Unternehmen. Im Ergebnis hält sich der Geschäftsklimaindikator*, der sowohl die aktuelle Lage wie Erwartungen misst, seit einem Jahr auf Rekordhöhe. Aktuell zählt er 135 Punkte.
Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin: „Nie zuvor in der gemeinsamen Konjunkturumfrage der vier IHKs war die Stimmung der Wirtschaft über einen solch langen Zeitraum derart gelöst. Im Moment scheint nichts den konjunkturellen Schwung in der Region ernsthaft bremsen zu können: Weder die wieder steigenden Energiepreise, noch die sich abzeichnende Verschlechterung wichtiger internationaler Handelsbeziehungen lassen die Unternehmen in Pessimismus verfallen. Diese vertrauen vielmehr auf ihre Konkurrenzfähigkeit und die Stärken der Region – etwa die Anziehungskraft des Berliner Ballungsraumes auf qualifizierte Fachkräfte aus aller Welt, die positive Entwicklung des Arbeitsmarktes und die dynamische Kaufkraftentwicklung. Dennoch blicken wir auf ein Jahr voller Ungewissheiten: Wie sich der Zugang zum – vor allem für Berliner Unternehmen – bedeutenden US-Markt entwickeln wird scheint unberechenbar. Und ob der nahende Brexit sich in unserer Region eher negativ oder positiv auswirkt, ist kaum vorauszusehen. Allerdings haben wir die begründete Hoffnung, dass Berlin für Unternehmen aus Großbritannien als sicherer europäischer Hafen fungieren wird.“
Maik Bethke, stv. Hauptgeschäftsführer der IHK Cottbus: „Die Unternehmen in Berlin und Brandenburg  zeigen eine hohe Investitionsbereitschaft. 71 Prozent der befragten Unternehmen wollen im Jahr 2017 investieren, wobei Berlin mit 73 Prozent und Brandenburg mit 70 Prozent im Wesentlichen gleichauf liegen. Diese Werte liegen nur geringfügig unter dem Vorjahresniveau, so dass man sagen kann: Die Investitionslaune ist gut, wenn auch nicht gerade euphorisch. Das Potenzial für die Investitionen speist sich vor allem aus der guten Binnennachfrage und der guten Ertragslage der Unternehmen in den vergangenen Jahren.  Allerdings sehen die Unternehmen zentrale wirtschaftspolitische  Rahmenbedingungen wie Steuern, Arbeitskosten und bestimmte Rechtvorschriften als Investitionshemmnisse. Genau hier muss die Politik ansetzen, damit der Schwung der guten Konjunktur nicht ins Leere läuft, sondern jetzt an den richtigen Stellen in die Zukunft des Standortes Berlin-Brandenburg investiert wird.“
Gundolf Schülke, Hauptgeschäftsführer der IHK Ostbrandenburg: „Sorgen macht den Unternehmern weiterhin der Fachkräftemangel: Mehr als die Hälfte der Befragten sehen darin das größte Risiko für die Entwicklung ihrer Firma in den nächsten zwölf Monaten. Damit ist der Wert im Vergleich zu 2016 noch einmal gestiegen. Umso wichtiger ist es, dass die Berliner und Brandenburger noch besser als bisher von ihrem Wohnort zur Arbeit kommen - da sind sich die Unternehmer einig. Drei Viertel plädieren für mehr Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, die größten Defizite sehen sie beim Schienenpersonenverkehr und den Straßenverbindungen. Die Bundesländer müssen hier besser zusammenarbeiten: Wirtschaftsfreundliche Lösungen für Straße, Schiene und Wasserwege müssen auch über das Berliner Umland hinaus geplant und umgesetzt werden. Der Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion könnte dafür den Weg ebnen. Im Entwurf bleibt der ländliche Raum in Brandenburg aber weitgehend unbeachtet. Damit sich der positive Wirtschaftstrend auch in der Uckermark, der Lausitz und der Prignitz fortsetzen kann, muss die Politik nachbessern.“
Mario Tobias, Hauptgeschäftsführer der IHK Potsdam: „Auch Energiekosten bleiben für die Unternehmen ein wichtiger Faktor. Hierzu erhielten wir aus Berlin und Brandenburg abweichende Antworten. Während für 61 Prozent der Berliner Unternehmen diese keinen und nur für ein Drittel einen hemmenden Einfluss haben, sieht es in Brandenburg anders aus. Hier mahnen mit 53 Prozent mehr als die Hälfte, dass sich die Energiekosten ungünstig auswirken. Da in Brandenburg diese Kosten bundesweit bereits mit auf dem höchsten Niveau liegen, überrascht dieses Ergebnis kaum. Auch die jüngste Änderung des Gesetzes zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur wird hier nur geringe Verbesserungen für märkische Unternehmen bringen. Dem Gesetzgeber ist es erneut nicht gelungen, den Rahmen für bundesweit einheitliche Netzentgelte zu schaffen. Das heißt: Wegen des überdurchschnittlich guten Ausbaus der Erneuerbaren Energien drohen durch die geltende Umlagepraxis im Land Brandenburg überproportional hohe Belastungen für den Netzausbau. Noch immer nicht geschlossen ist die Breitbandlücke, die schon im vergangenen Jahr insbesondere von Brandenburgs Unternehmerschaft beklagt wurde: Dreiviertel der Berliner sind zufrieden – in Brandenburg sind es nur knapp Zweidrittel. Nachholbedarf signalisieren beide.“
* Der Geschäftsklimaindikator ist das geometrische Mittel der Salden aus positiven und negativen Einschätzungen der aktuellen und der erwarteten Geschäftslage (neutral=100).
Der Konjunkturreport 2017 zum Herunterladen unter www.ihk-berlin.de/konjunkturreport
Eine gemeinsame Pressemitteilung der IHK Berlin, IHK Potsdam, IHK Cottbus und IHK Ostbrandenburg vom 7. Februar 2017.