28. Dezember 2015

Energiewende im Bund und in Berlin: IHK zieht Bilanz für 2015 und blickt nach vorn

2015 war ein energiegeladenes Jahr. Im Fokus der letzten Wochen stand der Klimagipfel von Paris. Aber auch auf nationaler und lokaler Ebene wurde im abgelaufenen Jahr an den Rahmenbedingungen für die Energiewende gearbeitet. Die IHK Berlin erläutert, welche Spuren die Energiepolitik im Bund und in Berlin 2015 hinterlassen hat und welche Hausaufgaben im kommenden Jahr zu erledigen sind.
Wirtschaft – Belastungen bleiben hoch
Trotz einer verbesserten Tendenz überwiegt auch in der vierten Ausgabe des bundesweiten „Energiewende-Barometers“ der IHK-Organisation die Skepsis der Unternehmen. Eines der herausragenden Probleme bleiben steigende Preise. Aber auch die erstmalige Einführung einer Energieauditpflicht für Nicht-KMU hat den Belastungsdruck erhöht.
IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder resümiert: „Knapp ein Drittel der Unternehmen verzeichnete für 2015 steigende Preise. Der Trend ist ungebrochen, im neuen Jahr klettert die EEG-Umlage auf ein Rekordhoch und treibt den staatlichen Anteil am Strompreis auf deutlich über 50 Prozent. Außerdem tritt zu Beginn des neuen Jahres die verschärfte Energieeinsparverordnung in Kraft und lässt die Kosten im Gebäudebereich steigen. 2016 wird die Politik daher sehr genau auf die Kostenbilanz ihrer aktuellen Vorhaben blicken müssen – das gilt für die Umsetzung der Energieeffizienzstrategie im Gebäudesektor ebenso wie für die bevorstehenden Regelungen zur Eigenversorgung mit Strom. Wenn die Belastungen zu hoch werden, nimmt das gesamte Projekt Energiewende Schaden.“
Energiemarkt – das freie Spiel der Kräfte unter Druck
Insbesondere im Bereich der Marktordnung hat sich die Energiepolitik 2015 aktiv gezeigt. Bei der Förderung erneuerbarer Energien, der Einführung einer Kapazitäts- und Klimareserve für den Strommarkt oder der Reform von Emissionshandel und Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz: Die Interventionsspirale dreht sich weiter und drängt an vielen Stellen den Markt zurück.
Jan Eder sagt: „Auch im vergangenen Jahr hat sich der Trend fortgesetzt, auf die Herausforderungen der Energiewende mit mehr Regulierung und mehr Dirigismus zu reagieren. Oberste Aufgabe der Politik ist es aber, den Wettbewerb um die kosteneffizientesten Technologien und Dienstleistungen für eine nachhaltige Energieversorgung zu organisieren. 2016 wird es darum gehen, insbesondere den Energiemarkt als Gesamtsystem zu optimieren – also die Frage zu beantworten, wie erneuerbare Energien, Verbrauchszentren und unterschiedliche Infrastrukturen wie Gas, Strom und Wärme sinnvoll miteinander verknüpft werden können. Auf diesem Weg wird die Hauptstadtregion eine herausragende Rolle spielen.“
Zu Recht ist das Verbundprojekt „WindNODE“ mit Partnern von Mecklenburg-Vorpommern über Berlin bis nach Sachsen kürzlich zu einem von fünf Schaufenstern für intelligente Energie ausgewählt worden. In Berlin bietet die Wirtschaft darüber hinaus mit der Initiative „Meine Energie für meine Stadt“ Ideen für eine Verknüpfung von Erzeugung und intelligentem Verbrauch eine neue Plattform.
Berlin – Energiewende bleibt eine Gestaltungsaufgabe jenseits der Rekommunalisierung
Nach langem Stillstand war 2015 auch für Berlin wieder ein energie- und klimapolitisch ereignisreiches Jahr. Mit dem Energie- und Klimaschutzprogramm liegt seit kurzem eine umfangreiche Maßnahmenliste für die Energiewende in Berlin vor. Parallel dazu hat die parlamentarische Enquete-Kommission „Neue Energie für Berlin“ eine eigene, ambitionierte Agenda präsentiert. Das lange angekündigte Energiewendegesetz liegt hingegen noch im Dornröschenschlaf.
Eder bilanziert: „Die Konzepte liegen vor, aber wer die Berliner Energie- und Klimapolitik kennt, weiß auch: Zu lange sollten sie nicht liegen, sonst erblicken sie das Tageslicht nicht mehr. Für das Wahljahr 2016 gilt, dass nach der theoretischen Vorarbeit jetzt Struktur und Tempo in die Umsetzung der Energiewende kommen müssen. Gut ist, dass die Enquete-Kommission und das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm die von der IHK Berlin entwickelte Idee einer Energiewende-Agentur aufgegriffen haben. Wenig Impulse für die Energiewende verspricht hingegen der leidige Dauerbrenner Rekommunalisierung. Die seit Jahren andauernde Hängepartie um die Strom- und Gasnetze muss schnellstens beendet werden. Dass der Senat jetzt auf das Know-how industrieller Partner setzen will, ist zwar positiv. Ob er diese Strategie gerade vor dem Hintergrund der parallel laufenden Konzessionsvergabe noch in dieser Legislaturperiode umsetzen kann, darf bezweifelt werden.“