8. Juli 2015

Aus- und Weiterbildungsumfrage: Unternehmen wollen Image der Ausbildung verbessert sehen

Die Chancen und Potentiale der dualen Ausbildung in den Vordergrund zu rücken, ist den Unternehmen laut der Aus- und Weiterbildungsumfrage 2015 wichtigstes Anliegen. Über zwei Drittel der befragten Betriebe unternehmen eigene Anstrengungen, um die Attraktivität der beruflichen Bildung gegenüber dem akademischen Bildungsweg zu stärken. Vor allem an Gymnasien muss nach Ansicht von 90 Prozent der Unternehmen besser über die duale Berufsausbildung informiert werden. Die Aus- und Weiterbildungsumfrage fand in der Zeit vom 11. bis 29. März 2015 statt. 382 Unternehmen haben sich beteiligt.
Die wichtigsten Ergebnisse der Aus- und Weiterbildungsumfrage 2015:
Beruflich qualifizierte sind nicht durch akademische Fachkräfte ersetzbar: Aktuelle Fachkräfteprognosen werden durch die Unternehmen bestätigt. 93 Prozent der befragten Unternehmen planen ihren Bedarf an beruflich qualifizierten Fachkräften nicht durch Akademiker zu ersetzen. Die Fachkräftesicherung ist für 89 Prozent der Unternehmen das wichtigste Motiv, in die duale Ausbildung zu investieren.
Unklare Berufsvorstellungen sind ein zentrales Ausbildungshemmnis für die Unternehmen: 42 Prozent der Unternehmen stellen Ausbildungshemmnisse fest. Darunter beklagen 77 Prozent von ihnen mit Abstand die unklaren Berufsvorstellungen der Auszubildenden als zentrales Ausbildungshemmnis. Für eine erfolgreiche Ausbildung sind die Berufsschulen den Unternehmen ein wichtiger Partner und die Umfrageergebnisse zeigen, dass die Zusammenarbeit für viele Unternehmen auch funktioniert. Dennoch ist das Ergebnis, wonach knapp ein Viertel der Unternehmen Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit der Berufsschule feststellen (23 Prozent), ein Signal, die angekündigte Berufsschulreform weiter voranzutreiben.
Motivation wichtiger als Deutsch und Mathe: Die Unternehmen sehen weiterhin große Defizite bei den Deutsch- (54 Prozent) und Mathematikkenntnissen (44 Prozent) ihrer Auszubildenden. Allerdings wiegen soziale Kompetenzen, speziell die Leistungsbereitschaft und Motivation der Jugendlichen, immer schwerer. Weit über die Hälfte der Betriebe stellen bei der Motivation der Auszubildenden Mängel fest (56 Prozent), 2012 waren es 45 Prozent. Nach Ansicht von 47 Prozent der Unternehmen gibt es zudem Probleme mit der Disziplin und unzureichender Belastbarkeit (46 Prozent) der Jugendlichen. 
„Mismatch“ wirkt noch in die Ausbildung hinein: 36 Prozent der Unternehmen konnten 2014 ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen. Laut Umfrage liegen die Gründe für 65 Prozent der Unternehmen darin, dass keine geeigneten Bewerbungen vorlagen. 30 Prozent geben an, dass die Ausbildungsverträge vorzeitig durch die Auszubildenden gelöst werden, rund ein Viertel, dass sie als Unternehmen den Vertrag beendet haben (24 Prozent). Das „Mismatch“ bezieht sich also nicht nur darauf, dass Ausbildungssuchende und Ausbildungsbetriebe nicht zusammen finden, sondern sich oft vorzeitig trennen und Ausbildungsplätze so unbesetzt bleiben. Die Auswirkungen des „Mismatch“ sind beträchtlich. Die Vertragslösungsquote liegt in Industrie, Handel und Dienstleistung bei 30 Prozent. Gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen führt das „Mismatch“ dazu, dass diese den frei gewordenen Ausbildungsplatz nicht umgehend nachbesetzen können oder sich ganz aus der Ausbildung zurückziehen. Deshalb ist frühzeitige und betriebsnahe Berufsorientierung, wie sie im Landeskonzept Berufs- und Studienorientierung vorgesehen ist, auch ein wichtiges Instrument, um Besetzungsproblemen und vorzeitigen Vertragslösungen vorzubeugen.
Azubigewinnung findet vorwiegend online und über Praktika statt: Das Internet ist für die Unternehmen das zentrale Instrument, um Bewerber anzusprechen (75 Prozent). 75 Prozent schalten Anzeigen auf der eigenen Unternehmenshomepage, in der IHK-Lehrstellenbörse (64 Prozent) und anderen Online-Börsen (43 Prozent). Auch die Sozialen Medien gewinnen sehr an Bedeutung (2015: 32 Prozent, 2014: 25 Prozent). Um die zukünftigen Azubis allerdings besser kennenlernen und ihre praktischen Fähigkeiten beobachten zu können, ist für 47 Prozent das Praktikum zweitwichtigstes Instrument zur Bewerberakquise.
Unternehmen setzen sich für die Attraktivität dualer Ausbildung ein: Karriereoptionen nach der Ausbildung zu verdeutlichen, ist die wichtigste, von Unternehmen eingesetzte Methode, um Bewerber von der Attraktivität der dualen Ausbildung zu überzeugen (64,9 Prozent). Während der Ausbildung setzen über die Hälfte darauf, die Ausbildungsinhalte noch attraktiver zu gestalten (51 Prozent). Rund ein Viertel besetzt Stellen gleichwertig durch akademische und beruflich gebildete Fachkräfte (24 Prozent).
Bei Gymnasiasten und deren Eltern muss die duale Ausbildung ins Blickfeld gerückt werden: Die Unternehmen reagieren darauf, dass sich immer mehr Jugendliche für den akademischen Ausbildungsweg entscheiden. Waren es 2011 noch 17 Prozent, die Studienabbrecher als neue Bewerbergruppe erschließen wollten, sind es heute über die Hälfte (52 Prozent). Deshalb wollen die Unternehmen vor allem bei der wichtigen Bewerbergruppe der Gymnasiasten das Image der dualen Ausbildung aufgewertet sehen. Die Vorzüge dualer Ausbildung sind Abiturienten zu oft nicht bekannt. 90 Prozent der Unternehmen halten es für wichtig, dass auch an Gymnasien über die Chancen einer dualen Ausbildung informiert wird. Eine weitere wichtige Adressatengruppe sind nach Meinung von 70 Prozent der ausbildenden Unternehmen die Eltern, die zum Beispiel auf Elternabenden über Vorteile und Perspektiven der beruflichen Bildung diskutieren sollten.
Schlechtes Image betrieblicher Ausbildung brennt den Unternehmen unter den Nägeln: Die Verbesserung des Images der beruflichen Bildung ist nicht nur eine Aufgabe der Unternehmen und Schulen. 71 Prozent der befragten Unternehmen finden, dass Politik, Gesellschaft und Medien die Gleichwertigkeit der dualen Ausbildung gegenüber der akademischen Bildung, 64 Prozent die Karriereperspektiven und Verdienstmöglichkeiten verdeutlichen sollten. Die Hälfte fordert zudem eine Imagekampagne für die duale Ausbildung (50 Prozent).
Pressemitteilung der IHK Berlin vom 7. Juli 2015.