30. Juni 2016

Aus- und Weiterbildungsumfrage: Viele Ausbildungsplätze blieben 2015 unbesetzt

Mit 37 Prozent erreicht der Anteil der Unternehmen mit unbesetzten Ausbildungsplätzen 2015 ein Rekordniveau. Das sind mehr als doppelt so viele wie noch 2008. Hochgerechnet auf alle Ausbildungsbetriebe ergibt sich, dass rund 1.500 Plätze 2015 nicht besetzt werden konnten. Besetzungsschwierigkeiten zeigen sich auch daran, dass jeder zehnte Betrieb überhaupt keine Bewerbungen erhält. Dies sind die zentralen Ergebnisse der Aus- und Weiterbildungsumfrage 2016 der IHK Berlin.
„1.500 unbesetzte Ausbildungsplätze in 2015 machen deutlich, dass die Popularität der duale Ausbildung gestärkt werden muss“, sagt Dr. Beatrice Kramm, Präsidentin der IHK Berlin. „Das Thema muss im bevorstehenden Wahlkampf und in der anschließenden Legislaturperiode eine deutlich zentralere Rolle spielen, damit sich künftig wieder mehr Jugendliche für den Weg in eine Ausbildung entscheiden. So könnte eine Landesregierung zum Beispiel die ‚berufliche Bildung‘ in die Ressortbezeichnung der Senatsverwaltung aufnehmen oder einen Staatssekretär für ‚berufliche Bildung‘ einführen. Dies wäre ein klares Signal zur Stärkung der Ausbildung“, so Dr. Kramm weiter und greift damit eine Idee aus den Prüfsteinen zur Abgeordnetenhauswahl von Handwerkskammer Berlin und IHK Berlin auf.
Die Betriebe reagieren auf das geringere Bewerberpotenzial durch zunehmende Angebote von Praktika und die Erschließung neuer Bewerbergruppen, beispielsweise Studienaussteiger. Aus Sicht der Betriebe sind vor allem unklare Berufsvorstellungen der Bewerber das größte Ausbildungshemmnis.
Die wichtigsten Ergebnisse der Aus- und Weiterbildungsumfrage 2016 im Überblick:
Besetzungsprobleme in Berlin höher als im Bund: Insgesamt 37 Prozent der befragten Unternehmen konnten 2015 nicht alle angebotenen Ausbildungsplätze besetzen. Das sind mehr als doppelt so viele wie noch 2008. Bundesweit waren es 31 Prozent der befragten Unternehmen.  Hochgerechnet auf alle Ausbildungsbetriebe ergibt sich, dass in Berlin rund 1.500 Plätze im Ausbildungsjahr 2015 unbesetzt blieben.
Unternehmen vor immer größeren Herausforderungen bei der Ausbildungsplatzbesetzung:  Als Hauptgrund für unbesetzte Ausbildungsplätze nennen nach wie vor 71 Prozent der befragten Unternehmen, dass keine geeigneten Bewerbungen vorlagen. 34 Prozent der Betriebe mit unbesetzten Plätzen geben als Grund an, die Ausbildungsplätze wurden von den Azubis nicht angetreten (2008: 22 Prozent). Auf Platz drei der Gründe für unbesetzte Plätze landet mit 30 Prozent die Tatsache, dass Azubis ihren Vertrag nach Beginn der Ausbildung aufgelöst haben (2008: 17 Prozent). 26 Prozent der Betriebe gaben an, dass überhaupt keine Bewerbungen vorlagen (2008: 4 Prozent). Hochgerechnet auf die Gesamtzahl der Betriebe erhält damit jeder zehnte Ausbildungsbetrieb keine Bewerbungen mehr.   
Unternehmen reagieren vielfältig auf geringeres Bewerberpotenzial: Die wichtigsten Maßnahmen in Reaktion auf wachsende Besetzungsprobleme sind für rund jeden zweiten Betrieb die Erschließung neuer Bewerbergruppen sowie das Angebot von Praktika. 35 Prozent stärken ihr Ausbildungsmarketing. Schul- und Hochschulkooperationen sind für 19 bzw. 17 Prozent der Unternehmen ein Weg zur Erschließung neuer Bewerberpotenziale. 17 Prozent der Unternehmen weiten ihre Bewerbersuche auf andere Regionen aus. Die Ausbildung im Verbund praktizieren oder prüfen 16 Prozent. Das Angebot von Zusatzqualifikationen (15 Prozent) oder materielle bzw. finanzielle Benefits (10 Prozent) sind weitere Wege, Bewerber zu gewinnen.
Unklare Berufsvorstellungen größtes Ausbildungshemmnis: 43 Prozent aller Unternehmen stellen Ausbildungshemmnisse fest. Dabei stehen unklare Berufsvorstellungen mit 82 Prozent auf Platz 1 der Ausbildungshemmnisse. Die Entscheidung der Azubis für andere Karrierewege nach der Ausbildung sowie schlechte Erfahrungen in der Ausbildung sind für jedes vierte Unternehmen ein Ausbildungshemmnis. 18 Prozent benennen Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit der Berufsschule, 12 Prozent die unsichere wirtschaftliche Situation für ihren Betrieb als  Ausbildungshemmnisse.
Fehlende Soft Skills bereiten Unternehmen die meisten Sorgen: Aus Sicht der Betriebe sind es zunehmend Defizite im Bereich der Soft Skills, welche die Ausbildungsreife der Jugendlichen einschränken. Während vor drei Jahren fehlendes mündliches und schriftliches Ausdrucksvermögen noch am stärksten bemängelt wurden, sehen die Unternehmen mittlerweile fehlende Leistungsbereitschaft und Motivation (64 Prozent) sowie Belastbarkeit (60 Prozent) als die größten Probleme an.  In diesen Bereichen ist es für Unternehmen weitaus schwieriger, Versäumnisse aus Schule und Elternhaus auszugleichen. Anders gestaltet es sich bei der fachlichen Nachhilfe, die mittlerweile 35 Prozent der Unternehmen anbieten.
Die Aus- und Weiterbildungsumfrage 2016 fand in der Zeit vom 11. April bis 8. Mai statt. Es beteiligten sich 436 Unternehmen. Alle Ergebnisse unter www.ihk-berlin.de/ausbildungsumfrage
Die Prüfsteine der Berliner Wirtschaft zur Wahl des Abgeordnetenhauses unter www.ihk-berlin.de/wahlpruefsteine

Pressemitteilung der IHK Berlin vom 30. Juni 2016.