29. Oktober 2014

Berliner Konjunktur robuster als der Bund

Die in den vergangenen Monaten gewachsenen politischen und wirtschaftlichen Risiken im internationalen Umfeld haben auch in der Berliner Wirtschaft ihre Spuren hinterlassen: Der rasante Stimmungsaufschwung der vergangenen zwei Jahre ist vorerst beendet. Das ergab die Auswertung der Konjunktur-Umfrage von Handwerkskammer Berlin und IHK vom Herbst 2014. Dennoch ist die konjunkturelle Delle nicht so tief wie bundesweit. Dies zeigt der Vergleich mit den Ergebnissen der deutschlandweiten Konjunkturumfrage des DIHK.

Der gemeinsam von Handwerkskammer Berlin und IHK erhobene Geschäftsklimaindex sank von 144 Zählern im Frühsommer 2014 auf nunmehr 131 Punkte und befindet sich damit wieder auf dem Niveau des vergangenen Herbstes. „Ich würde nicht so weit gehen, von Stagnation oder gar Rezession zu sprechen, aber die Hoffnung, die Konjunktur befände sich weiterhin auf einem stabilen Aufwärtstrend, wurde vorerst enttäuscht“, so der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Berlin, Jürgen Wittke, anlässlich der Vorstellung des Konjunkturberichts.

Die Ursachen für den Rückgang sehen die Kammern sowohl in der Struktur- und Wirtschaftskrise in der Eurozone als auch in den Krisen in Osteuropa und im Nahen Osten. Diese führten zu einer tiefen Verunsicherung über die künftige Entwicklung internationaler Beziehungen und die daraus erwachsenden wirtschaftlichen Folgen. Darüber hinaus scheint die Berliner Wirtschaft angesichts verschiedener bundespolitischer Reformen verunsichert. Erstmals seit drei Jahren bezeichneten die Unternehmen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen wieder als größtes Wachstumsrisiko.

Trotz des konjunkturellen Gegenwinds wird die Geschäftslage von den meisten Unternehmen als gut eingeschätzt, wenn auch der Saldo gegenüber dem Frühsommer sieben Punkte verliert und nun bei 42 Zählern liegt. Bei den Geschäftserwartungen zeigt sich die Verunsicherung deutlicher: Hier verliert der Saldo zwischen optimistischen und pessimistischen Einschätzungen im Vergleich zur Vorumfrage 19 Punkte und liegt nur noch bei 20 Punkten. Zwar ist der Wert nach wie vor im positiven Bereich, doch ist der Rückgang dieses Indikators ein deutliches Warnsignal.

„Obwohl sich die Zukunftsaussichten eingetrübt haben, zeigen sich die Personalpläne der Berliner Wirtschaft robust“, erklärte der Stellvertretende Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin, Christian Wiesenhütter. Der Saldo aus steigend und abnehmend geplanter Beschäftigungsentwicklung beträgt neun Punkte, das sind vier Punkte weniger als im Frühsommer. „Dies ist eine moderate Korrektur, die eine nach wie vor solide Arbeitsmarktdynamik in den kommenden Monaten erwarten lässt“, so Wiesenhütter.


Weiterhin auf hohem Niveau befindet sich die Investitionsbereitschaft der Berliner Unternehmen: Fast drei Viertel der befragten Betriebe beabsichtigen, in den kommenden Monaten mit gleich bleibenden oder steigenden Investitionsausgaben zu operieren. Dies entspricht nur einem geringfügigen Rückgang gegenüber den Vorumfragen.

Die Exportkonjunktur verliert an Dynamik. Hier beträgt der Saldo aus positiven und negativen Einschätzungen nur noch sechs Punkte gegenüber 36 Punkten im Frühsommer des Jahres. Der Rückgang dieses Indikators ist auf die gravierende Nachfrageschwäche der wichtigsten Exportmärkte zurückzuführen. Positive Meldungen kamen in den vergangenen Monaten nur aus den USA, und auch diese stehen unter dem Vorbehalt, dass die Erwerbstätigenzahlen nur langsam steigen.

Verunsichert hinsichtlich der nahen Zukunft zeigt sich die Industrie. Der Saldo aus optimistischen und pessimistischen Einschätzungen bricht um 24 Zähler auf nunmehr zwölf Punkte ein. Dies ist angesichts der rückläufigen Auftragseingänge, von denen ein Viertel der Industrieunternehmen berichtet, und der deutlich nach unten korrigierten Umsatzerwartungen wenig überraschend.

Im Berliner Handwerk beflügelte der Schwung des ersten Halbjahres auch die Geschäftsergebnisse der Betriebe in der zweiten Jahreshälfte. Die Bewertungen der Handwerksunternehmen zu ihren aktuellen Geschäftsergebnissen liegen weiterhin auf einem hohen Niveau, der Saldo aus guten und schlechten Urteilen liegt aktuell bei 21 Punkten und damit nur zwei Punkte unter dem Vorjahreswert.

Angesichts der zahllosen Baustellen in Berlin überraschen die im Vergleich zum Frühsommer schlechteren Einschätzungen der aktuellen Geschäfte in der Bauindustrie. Hier sank der Saldo aus positiven und negativen Einschätzungen der aktuellen Geschäftslage deutlich von 55 Punkten auf nunmehr 26 Punkte.

Der Saldo aus positiven und negativen Einschätzungen der aktuellen Geschäftslage im Handel gibt drei Punkte nach, liegt aber noch bei sehr soliden 40 Zählern. Hier bewertet der Großhandel die aktuelle Geschäftslage optimistischer als der Einzelhandel.

Relativ unbeeindruckt von der schwierigen Konjunktur zeigt sich die wichtigste Berliner Branche, das Dienstleistungsgewerbe. Hier berichten die meisten Betriebe von gut laufenden Geschäften. Allerdings haben sich die Geschäftserwartungen in dieser Branche eingetrübt – der Saldo aus optimistischen und pessimistischen Erwartungen erreicht mit 24 Zählern nur noch die Hälfte des Wertes aus dem Frühsommer.

Gute Stimmung herrscht beim Berliner Gastgewerbe. Der Saldo aus positiven und negativen Einschätzungen der aktuellen Geschäftslage steigt im Vergleich zur Vorumfrage deutlich an und erreicht einen Wert von 41 Punkten.


Den ausführlichen Konjunkturbericht sowie allgemeine Informationen zur Konjunkturberichterstattung von IHK Berlin und Handwerkskammer finden Sie im Internet unter www.hwk-berlin.de und unter www.ihk-berlin.de, Dokumentennummer 93926.