22. Januar 2014

IHK Berlin fordert vom Senat bildungspolitische Reformagenda

Die Berliner Wirtschaft verstärkt ihre Bemühungen, mit eigener betrieblicher Ausbildung ihren Beitrag gegen den zunehmenden Fachkräftemangel zu leisten. Verbundausbildung, „Matching“ (Passgenaue Vermittlung) und eine neue Hotline ergänzen das bisherige Angebot der IHK Berlin, um möglichst vielen jungen Menschen eine fundierte Ausbildung zu ermöglichen. Aber auch die Berliner Politik muss ihrer Anstrengungen verstärken – die IHK Berlin fordert daher vom Senat eine klare bildungspolitische Reformagenda für das Jahr 2014.
„Es ist höchste Zeit zu handeln“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder heute bei der Verkündung der Ausbildungsbilanz 2013 und nahm damit die Berliner Politik in die Pflicht. Aktuell prognostiziert der IHK-Fachkräftemonitor der Berliner Wirtschaft über alle Qualifikationen und Wirtschaftszweige hinweg einen Fachkräfteengpass von 59.000 Personen. Allein bei den beruflich Qualifizierten fehlen 48.000 Arbeitnehmer. „Die gute Entwicklung am Berliner Arbeitsmarkt und in der Berliner Wirtschaft darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass uns bereits heute der gut ausgebildete Nachwuchs fehlt. Im Jahr 2013 ging die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge um 6,7 Prozent zurück“, bilanzierte Eder. „Ob Wirtschaft, Politik, Schulen, Gesellschaft oder in der eigenen Familie – alle müssen ihren Beitrag leisten, damit junge Menschen dank einer guten Ausbildung zu den Fachkräften von morgen werden. Als Berliner Wirtschaft nehmen wir unsere Verantwortung sehr ernst und haben unsere Anstrengungen nochmals verstärkt.“
In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass immer mehr Betriebe nicht alle angebotenen Ausbildungsplätze besetzten können. Die Besetzungsprobleme führen vor allem in kleinen Unternehmen dazu, dass sie sich aus der Ausbildung zurückziehen. 2013 sankt die Zahl der ausbildenden Berliner Betriebe um 1,3 Prozent. Deshalb hat die IHK Berlin zusammen mit der Handwerkskammer, den Unternehmensverbänden (UVB) und dem Verband der Freien Berufe sowie mit Finanzierung der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen das Projekt der Verbundberatung gestartet. Kleinere Unternehmen, die eine Ausbildung nicht alleine stemmen können, können sich hier zukünftig zusammenschließen.
Außerdem verstärkt die IHK Berlin ihre „Matching“-Aktivitäten, um freie Ausbildungsplatzangebote und ausbildungsplatzsuchende Jugendliche noch besser zusammenzuführen. Zusätzlich zu den Tagen der Berufsausbildung im Juni wird gemeinsam mit Handwerkskammer und der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg Anfang September im Rahmen der Last-minute Börse für freie Ausbildungsplätze ein Azubi-Casting angeboten. Unternehmen können persönlich vor Ort Jugendliche für noch oder wieder frei gewordenen Ausbildungsplätze finden.
Nicht zuletzt hat die IHK Berlin eine Ausbildungs-Hotline für Unternehmen mit Besetzungsschwierigkeiten eingerichtet: 030 – 315 10 -165. Unternehmen, die Schwierigkeiten bei der Besetzung ihrer Ausbildungsplätze haben oder neu ausbilden wollen, können ab heute die Ausbildungshotline nutzen. Die IHK Berlin berät u.a. zum Thema „In 7 Schritten zum passenden Azubi“.
Die IHK Berlin nimmt die Politik in die Pflicht
Die IHK Berlin hat eine bildungspolitische Reformagenda formuliert, damit künftig kein Jugendlicher auf dem Weg zu einer Berufsausbildung mehr verloren geht – und kein Ausbildungsplatz unbesetzt bleibt. Folgende Punkte wurden heute in Berlin vorgestellt (siehe auch Anlage zur Pressemitteilung):
1. „Übergänge mit System“ statt „Warteschleifen“: Vorfahrt für die duale Ausbildung.
2. Jugendberufsagentur gründen: Kein Jugendlicher darf verloren gehen.
3. Leistungsschwächeren Jugendlichen wirksam helfen: Kein Ausbildungsplatz darf unbesetzt bleiben.
4. Die Berliner Berufsschulreform muss wieder an Fahrt gewinnen.
5. Anschluss- und Qualifizierungsgarantie für alle Schulabgänger.
IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder resümiert: „Die Leitidee in Berlin muss lauten: Jeder Schulabgänger hat eine Qualifizierungsgarantie. Bereits heute stellt die Berliner Wirtschaft sicher, dass jeder Jugendliche, der kann und will, ein Ausbildungsangebot erhält.“ Um allen Schulabgängern eine Anschluss- und Qualifizierungsgarantie geben zu können, müssten die Reformvorschläge 1 bis 4 umgesetzt werden. Damit wäre die im Koalitionsvertrag erwähnte „Ausbildungsgarantie“ für Berlin umgesetzt. Eder: „Nur wenn die bildungspolitische Agenda 2014 zur politischen Chefsache erklärt wird, gelingt es in Berlin nachhaltig, das „Matching“ von Jugendlichen und Ausbildungsbetrieben zu verbessern. Die IHK Berlin steht der Politik gerne als Partner zur Seite.“
Pressemitteilung der IHK Berlin vom 22. Januar 2014.