Fachkräfte

Mit Berlins Talenten mutig aus der Krise kommen

Der Corona-Pandemie und die gestiegenen Energiepreise beschleunigen die Digitalisierung und Dekarbonisierung. Für diese Herausforderungen braucht die Wirtschaft ausreichend Fach- und Arbeitskräfte. Dafür wiederum sind verlässliche Rahmenbedingungen zentral. Berlin braucht gute Bildung, nachhaltige Arbeitsvermittlung und bedarfsgerechte Weiterqualifizierung, um gesellschaftlich und wirtschaftlich zu wachsen. Nur so kann Berlin als Standort attraktiv sein und ein Modernisierungsstau bzw. Wohlstandsverlust im verhindert werden. Standortattraktivität ist im Angesicht des Fachkräftemangels ein wichtiger Erfolgsfaktor. 

Update zur Wahlwiederholung 2023

Die Koalition hat viel Positives geleistet

  •  Die Budgetaufstockung beim Landesamt für Einwanderung war sinnvoll, da dauerhaft eine hohe Zuwanderung erwartet wird.
  • Die höhere Finanzierung von öffentlich geförderter Beschäftigung war angesichts der gestiegenen Arbeitslosigkeit sinnvoll. Übergänge in nichtgeförderte Jobs sollten aber besser berücksichtigt werden.
  • Ansätze zur Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten wie bspw. die Einführung einer Beratungshotline zur Anerkennung von Abschlüssen waren wichtig

Handlungsbedarf besteht weiterhin

  • Die Umsetzung der geplanten Fachkräftestudie mit Brandenburg erfolgte bislang nur schleppend.
  • Eine auskömmliche Finanzierung der Berliner Jobcenter ist nicht gegeben. Personalschlüssel können nicht gehalten und Budgetkürzungen bei Arbeitsmarktmaßnahmen müssen vorgenommen werden.
  • In der beruflichen Weiterbildung sind mehr Beratung, übersichtliche Informationen und unbürokratische Förderungen erforderlich. Der Fokus auf Bundesmittel greift zu kurz, die Arbeitstrennung zwischen Bildungs- und Arbeitsverwaltung erweist sich als Hemmnis.

Das muss aus Sicht der IHK in der weiteren Legislatur prioritär umgesetzt werden:

  • Die Roadmap Duales Studium empfiehlt einen deutlichen Ausbau dualer Studienplätze, um das Land auf die vorderen Plätze zu holen und Bedarfe in der IT sowie der Lehrkräftebildung für Berufsschulen zu decken.
  • Maßnahmen des Bundes zur Einwanderung von Fachkräften müssen flankiert werden durch bspw. ein Welcome Center für internationale Talente und
    eine Willkommens-App.
  • Die IHK erwartet ein klares Commitment zur Fachkräftesicherung. Das Land braucht eine Fachkräftestrategie samt zuständigem Chief Talent Officer und
    muss Lösungen entwickeln, um Wohnraum für Fachkräfte zu schaffen
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Mit Schulqualität Fachkräfte sichern

Die Bildungsarmut vieler Berliner Schüler gefährdet die Fachkräftesicherung. Angesichts der Ergebnisse in bundesweiten schulischen Vergleichsarbeiten wird deutlich, dass Berlin weiterhin einen enormen Handlungsbedarf hat. In der kommenden Legislaturperiode muss daher die Absicherung sprachlicher, mathematischer und digitaler Kompetenzen im Fokus stehen. Dafür bedarf es nicht mehr Geld, sondern einer besseren Steuerung der vorhandenen Mittel und Förderprogramme sowie der gezielten Unterstützung von Schulen und Lehrkräften. Bei der sachgerechten Ausstattung der Schulen müssen die Bezirke in die Pflicht genommen werden, die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen.

Mehr duales Studium in KMUs ermöglichen

Neben der dualen Ausbildung ist das duale Studium ein Grundpfeiler der Fachkräftesicherung. Berlin hat mittlerweile eine Roadmap Duales Studium, die im Kern die Schaffung zusätzlicher dualer Studienplätze v. a. im MINT-Bereich fordert, verbindliche Qualitätsstandards fixiert und die Einrichtung einer Landesagentur Duales Studium empfiehlt, die Unternehmen und Schulabgänger berät und qualitätssichernd wirkt. Speziell für KMU sollte es beim dualen Studium die Möglichkeit der Verbundausbildung geben, damit deutlich mehr kleine Unternehmen von dieser Ausbildungsform profitieren können. Der Fahrplan liegt auf dem Tisch, jetzt müssen die Vorschläge zeitnah umgesetzt werden.

Passgenau Zukunftsjobs fördern

Damit der Arbeitsmarkt resilienter gegenüber Krisen wird, bedarf es vor allem Investitionen in die Berliner Innovationssektoren. Diese versprechen zusätzliches Beschäftigungswachstum. Einwanderungsprozesse von Hochqualifizierten müssen schnell und unbürokratisch erfolgen. Der Strukturwandel verändert den Arbeitsmarkt, der institutionelle Rahmen muss diese Veränderung ermöglichen. Das Vorbeschäftigungsverbot verhindert hier z. B. ein rasches Zusammenkommen von Arbeitskräfteangebot und -nachfrage. Weiter hat es Priorität, Langzeitarbeitslosigkeit und Jugendarbeitslosigkeit effektiv zu bekämpfen. Passgenaue Vermittlung und Requalifizierung bleiben zentral, um die Langzeitfolgen der Corona-Krise effektiv in den Griff zu bekommen. Schon jetzt zeigt sich, dass viele Beschäftigte für ihre derzeitige Tätigkeit überqualifiziert sind und an anderer Stelle als wichtige Fachkraft benötigt würden.

Neue Chancen für Vereinbarkeit

Um die Dauerkombination „Personalmangel und große Kitaplatz-Lücke“ zu lösen, sind langfristige Investitionen in Qualität und Quantität nötig, müssen Zuständigkeiten klar sein, unternehmerisches Engagement gefördert werden, aber auch ein einheitliches Flächen- und Grundstücksmanagement unterstützt werden. Es fehlen Anreize, wie die Einführung von Familienarbeitszeit, damit der Erwerbsumfang von Frauen und Männern nicht weiter auseinanderklafft. Vereinbarkeit bedeutet auch flexibles, digitales Arbeiten samt Jobsharing und Sabbaticals. Hier hält das analoge Arbeitsrecht längst nicht mehr Schritt. Um Beschäftigten maximale Flexibilität zu bieten, bedarf es eines Übergangs zur Höchstwochenarbeitszeit sowie einer Neuregelung der Ruhezeiten. 

Fort- und Weiterbildung heißt Zukunftssicherung

Kompetenzaufbau ist Katalysator der (Nach-)Krisenbewältigung und die Antwort auf eine sich wandelnde Arbeitswelt. Fort- und Weiterbildungsaktivitäten müssen daher einfach zugänglich und betriebsnah sein. Zentral sind die Bedarfe von KMU und eine unbürokratische Beantragung von Fördermitteln. Die Qualifizierungsoffensive der Bundesagentur für Arbeit und auch die Honorierung von Weiterbildung während Kurzarbeit ab Juli 2021 (Erstattung von Sozialleistungen) müssen umfassend kommuniziert werden.

Forderungen

  • Für gute Schulbildung Empfehlungen der Qualitätskommission umsetzen 
  • Mathematischen, digitalen und sprachlichen Kompetenzerwerb in den Schulen sicherstellen
  • Für ein modernes Arbeitsrecht einsetzen 
  • Jetzt den Strukturwandel gestalten und die Digitalisierung vorantreiben
  • Unternehmensnahe Integrationsmaßnahmen gegen Langzeitarbeitslosigkeit
  • Jugendarbeitslosigkeit unter Bundesdurchschnitt senken
  • Fachkräfte schnell und passgenau vermitteln
  • Flächendeckenden Zugang zu berufsbezogenen Deutschkursen garantieren
  • Weiterbildungslücke zwischen Hoch- und Geringqualifizierten schließen
  • Betriebliche Weiterbildung realitätsgerecht gestalten