Standortpolitik

Wasserstraßen in der Hauptstadtregion erhalten und vernetzen

Die wirtschaftliche Entwicklung einer Region ist abhängig von der Qualität und Quantität ihrer Verkehrsinfrastruktur. Gleichzeitig haben Infrastrukturprojekte auch immer verschiedene Umwelteffekte, wie z.B. Auswirkungen auf die Luft- und Lärmemissionen. Wasserstraßen leisten einen zentralen wirtschaftlichen Beitrag und sind dabei umweltfreundlich, kostengünstig und sicher. Daneben hat sich der Wassertourismus in Berlin und Brandenburg zu einem bedeutenden touristischen Angebotssegment entwickelt. Das Potential der Wasserstraßen kann noch erhöht werden, wenn die letzten Nadelöhre verschwinden.
Systemvorteile der Wasserstraße besser nutzbar machen
Der relativ kostengünstige Transport ist seit jeher ein Vorteil der Schifffahrt. Mit den gut ausgebauten Verkehrswegen der Straße und Schiene steht die Binnenschifffahrt auf der Wasserstraße aber in starker Konkurrenz zur Eisenbahn und zum Lkw. Doch die Perspektiven der Wasserstraße sind gut. Hat die Wasserstraße bei der Schnelligkeit das Nachsehen, kann sie insbesondere in Punkto Kosten und Umweltbeeinträchtigungen ihre Vorteile ausspielen. Der Primärenergiebedarf ist durchschnittlich rund ein Viertel niedriger als bei der Schiene und mehr als zwei Drittel niedriger als bei der Straße. Dieser Umweltvorteil wirkt sich natürlich auch positiv auf die Kosten aus. Außerdem sind, wie die Kennzahlen belegen, die CO²-Emissionen wesentlich geringer als beim Lkw und der Bahn. Allerdings erschweren verstärkte Sparzwänge im Bereich der Wasserstraßen eine zukunftsgerichtete positive Entwicklung sowohl in der Binnenschifffahrt als auch im Wassertourismus.
VDE 17 zügig vollenden und Vernetzung Richtung Polen vorantreiben
Schon heute (Stand 2014) werden rund 1,1 Millionen Tonnen Brennstoffe, Baumaterial, Industrie- und Recyclinggüter per Schiff von und nach Berlin transportiert – mehr als doppelt so viel wie noch 2009. Ein modernes Binnenschiff ersetzt 105 Lkw und entlastet damit die Straße. Ohne das Binnenschiff hätten wir folglich jährlich rund 55.000 Lkw mehr auf den Berliner Straßen. Doch für viele Transporte ist die Berliner Binnenschifffahrt nach wie vor nicht konkurrenzfähig. Ein Indiz dafür ist der steigende Lkw-Verkehr. Auf der Relation Hamburg – Berlin (2009 ggü. 2014) hat er um fast 15 Prozent zugenommen. Zur Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit ist primär die Beseitigung letzter Nadelöhre im Berlin-Brandenburger Wasserstraßennetz erforderlich, dazu zählt vor allem die verbesserte Anbindung an den Hamburger Hafen und der ARA-Häfen in den Benelux-Staaten. Das 2016 neu gestartete Planfeststellungsverfahren für den reduzierten Ausbau der Berliner Nordtrasse (Untere Havel-Wasserstraße, Spree-Oder-Wasserstraße, Westhafenkanal bis zum Berliner Westhafen) muss nun zügig durchgeführt werden, um spätestens 2021 das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 17 (VDE 17) abschließen zu können. Darüber hinaus muss der Netzgedanke für Wasserstraßen auch in Richtung unserer osteuropäischen Nachbarn vorangetrieben werden. Für die bessere Anbindung auf der Wasserstraße Richtung Stettin und Schlesien dürfen fehlende Restinvestitionen u.a. in die Havel-Oder-Wasserstraße und in die Verlängerung der Schleuse Fürstenwalde die bisherigen Milliardeninvestitionen nicht entwerten – auch Public-Private-Partnership-Finanzierungen sollten dabei nicht außer Acht gelassen werden.
Wassertourismus bei der zukünftigen Finanzierung der Wasserstraßen bedenken
Dass der Wassertourismus für viele Regionen ebenfalls ein bedeutender Standortfaktor ist, hat auch der Bund erkannt. Sein geplantes Wassertourismuskonzept ist ein richtiger Schritt für die Weiterentwicklung dieses Wirtschaftszweiges. Allein in Berlin und Brandenburg erwirtschaften über 2.000 direkt Beschäftigte einen Jahresbruttoumsatz von rund 200 Millionen Euro. Die eingeführte Kategorisierung der Bundeswasserstraßen, die bislang lediglich die Tonnage der Güterschifffahrt berücksichtigt, konterkariert jedoch die Entwicklungspotentiale des Wassertourismus in der Metropolregion. Berlin muss daher beim Bund darauf drängen, dass die Berechnungsgrundlagen für die Finanzierung der Wasserstraßen in unserer Region neu konzipiert werden.