Standortpolitik

Industriepolitik in Berlin

Eine prosperierende Industrie regt wie kein anderer Sektor zum Wachstum der gesamten Wirtschaft an. Mit ihren attraktiven Löhnen steigern Produzierende Unternehmen zudem die Kaufkraft und tragen darüber hinaus fast im Alleingang die Kosten der privaten Forschung. Doch die moderne Berliner Industrie ist weit mehr als nur ein Wirtschaftszweig: Sie ist ein Schlüsselakteur der Smart City Berlin und der Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise. Dennoch ist eine aktive und ressortübergreifende Industriepolitik in der Hauptstadt noch immer keine Selbstverständlichkeit.

Mehr als nur ein Wirtschaftsfaktor

Berlins Industriebranche ist relativ klein: Mit einer Bruttowertschöpfung von 9,3 Mrd. € trug sie in 2021 mit 6,3 % zur Berliner Wirtschaftsleistung bei und beschäftigte rund 107.000 Menschen. Sie weist aber eine hohe Wettbewerbsfähigkeit auf, was sich unter anderem in einer hohen Exportquote niederschlägt: 2022 wurde anteilig rund 44,7 % des Umsatzes auf ausländischen Märkten erzielt.
Darüber hinaus sorgt Berlins Industrie unter der Oberfläche für zusätzliche Impulse. Seit Jahren verdichten sich die Wechselbeziehungen insbesondere zwischen Industrie und Dienstleistungssektor. Unternehmen aus Bereichen wie Instandhaltung, Logistik, IT-Service oder Beratung finden in der Industrie ihre wichtigsten Abnehmer. Darüber hinaus stand das Verarbeitende Gewerbe in 2021 für rund 63 Prozent der privaten Aufwendungen für Forschung und Entwicklung.

Treiber von Innovation

Die Hauptstadtregion verfügt über eine exzellente Forschungslandschaft und eine florierende High-Tech Gründerszene. Hierdurch können Industrieunternehmen, Startups und Forschungseinrichtungen innerhalb von Netzwerken und synergetischen Kooperationen gemeinsam die Weiterentwicklung des Innovationsstandorts Berlin vorantreiben. Hierzu tragen unter anderem die Zukunftsorte Berlins bei, beispielweise der Wissenschafts- und Technologiepark Adlershof, der EUREF-Campus oder der CleanTech Business Park. Die IHK Berlin hat weitere Industrie- und Innovationsstandorte untersucht, für die Perspektiven und erste Handlungsempfehlungen zur weiteren Entwicklung erarbeitet wurden. Dabei wurde vor allem deutlich, dass Standorte, die eine spezielle Nachbarschaft zwischen Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen, technologieorientierten und produzierenden Unternehmen aufweisen, noch gezielter als bisher unterstützt werden müssen. Darüber hinaus müssen brachliegende Bestandsflächen und ungenutzte Bestandsgebäude aktiviert und das hier vorhandene Potential gehoben werden.
Dies gilt für die gesamte Hauptstadtregion. Daher soll seit 2011 die Innovationsstrategie Berlin-Brandenburg (innoBB)  durch Vernetzung, Wissens- und Technologietransfer sowie Förderung in der Region, innovatives Handeln katalysieren. Die innoBB vernetzt in fünf Clustern die innovativen Kerne der Metropolregion, führt Entrepreneure zusammen und vermarktet die Wissensregion international. Bei der anstehenden Überarbeitung der innoBB 2025 hin zu einer innoBB 2030 muss die Strategie in eine flexiblere Form überführt werden. Ein permanentes Gremium aus Vertretern der Länder sowie Wirtschaft und Wissenschaft sollte die Ausrichtung der Strategie monitoren und gegebenenfalls zwischenzeitliche Anpassungen vornehmen. So können Trends und Potenziale frühzeitig in die Strategie einfließen und ein Verlieren des Anschlusses und der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Innovationsstandorte vermieden werden.
Trotz der regionalen Dichte an Hochschulen und innovativer Wirtschaft haben es vor allem kleine Unternehmen häufig schwer, sich in der komplexen Hochschulwelt zu orientieren. Hier schafft das neue KMU-Büro an der HTW Abhilfe, welches sich als Lotse und Vernetzer spezifisch an kleine und mittlere Unternehmen richtet, die mit einer Hochschule kooperieren wollen, bisher aber noch wenig oder keine Erfahrung damit haben. Ziel muss es sein, dieses Modell auszubauen und zum Standard an allen Berliner Hochschulen zu machen. Weitere kompetente Anlaufstellen für Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft haben wir auf dieser Seite zusammengestellt. 

Kiez-Player in der nachhaltig wachsenden Stadt

Industriebetriebe verdienen Akzeptanz in der Stadt. Im Rahmen von Netzwerkinitiativen übernehmen sie ökologische sowie gesellschaftliche Verantwortung und spielen als lokale Multiplikatoren eine tragende Rolle. Unternehmerinnen und Unternehmer der Hauptstadtindustrie vernetzen sich z.B. mit Schulen, um gemeinsame Berufsorientierungstage oder Praktika zu planen. Außerdem ermöglichen unternehmerische Zusammenschlüsse in Industriegebieten Sammelbestellungen bzw. Sharing-Modelle für Mobilitätsangebote oder Logistik im direkten Umfeld und verringern damit den Lieferverkehr in der überfüllten Stadt. Mit der Entwicklung neuer platzsparender Produktionskonzepte bringt das Verarbeitende Gewerbe die Themen Urban Manufacturing und Zukunft der Arbeit voran.
Zur Erlangung einer nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Berlin bedarf es die Entwicklung von neuen, grünen Industrie- und Gewerbestandorten, auch im Stadtzentrum. Wie auch bestehende Standorte nachhaltig transformiert werden können, zeigt zum Beispiel das UnternehmensNetzwerk Motzener Straße mit dem Projekt Null Emission Motzener Straße auf. Hier wird ein Klimaschutzkonzept umgesetzt mit überbetrieblichen Maßnahmen, wie zum Beispiel die Versorgung mit regenerativem Strom oder die Nutzung und Speicherung von Abwärme, die Reduktion des Verkehrs und die Förderung klimafreundlicher Mobilität, Reststoffverwertung und Tausch sowie die Verbesserung des Kleinklimas durch Begrünung und Regenwasserversickerung, 

Erfolg braucht gute Rahmenbedingungen

Der Senat muss sich der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schlüsselrolle der Industrie ressortübergreifend bewusstwerden und dauerhaft für attraktive Rahmenbedingungen sorgen. Entscheidungsgremien wie der Steuerungskreis Transformation der Berliner Industrie (SKIP) beim Regierenden Bürgermeister sollten als wirksamer Knotenlöser bei übergreifenden Problemlagen fungieren – z.B. beim Thema Flächennutzungskonflikte.
Gleichzeitig muss der 2022 vom Berliner Senat bis 2026 fortgeschriebene Masterplan Industriestadt Berlin (MPI) wieder zur industriepolitischen Leitstrategie des Landes werden. Wesentlich sind dabei aus Sicht der Wirtschaft eine zügige Umsetzung der neu aufgelegten Projekte und eine verlässliche Einbindung aller Ressorts. Der Masterplan legt fest, welche Ressorts für einzelne Aufgaben verantwortlich sind. Hier bedarf es zügig der Zeit - und Umsetzungspläne aus den involvierten Ressorts. 

IHK-Aktivitäten

  • Langjähriger Partner im Steuerungskreis Industriepolitik beim Regierenden Bürgermeister
  • Mitglied des Netzwerks Industriepolitik der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe
  • Interessenvertretung auf Bundesebene über den DIHK-Ausschuss Industrie und Forschung
  • Veröffentlichung der Studie “Berliner Standorte für die Industrie von morgen”
  • Mitentwicklung des KMU-Büros an der HTW