Standortpolitik

4. Handlungsfeld: Digitale Verwaltung

BERLINER STATUS QUO

Eine leistungsfähige digitale Verwaltung ist Pflichtbestandteil jedes modernen Wirtschaftsstandorts. Da die Berliner Verwaltung hier nicht angemessen aufgestellt ist, entstanden in der Corona-Krise für Unternehmen zusätzliche Schwierigkeiten. Zu oft treffen die Firmen auf eine zwar kooperationsbereite, aber schlecht ausgestattete Verwaltung. Vor allem jetzt zeigt sich der eklatante Widerspruch zwischen den Anforderungen der Wirtschaft und der Gesellschaft an die Verwaltung und deren tatsächlicher Leistungsfähigkeit. Mangelnde Investitionen werden nun deutlich sichtbar – nur ein Bruchteil aller Verwaltungsangestellten ist angemessen für das Homeoffice ausgestattet. Die Folge: Anträge werden in einigen Bereichen verzögert oder gar nicht bearbeitet, Informationen über Eingang und Bearbeitungsstand bleiben teilweise aus. Verschärft wird die Situation durch die bislang ausgebliebene Vereinheitlichung der Strukturen in den Bezirken. Die Servicequalität und Genehmigungsdauer variieren nach wie vor je nach Bezirksamt. Außerdem bleibt das Servicekonto Berlin nach seinem Start im Jahr 2018 noch immer weit hinter den Anforderungen der Wirtschaft zurück.
Der schleppende Digitalisierungsfortschritt in der Berliner Verwaltung ist ein hausgemachtes Problem, dessen beharrliche Existenz angesichts der innovativen Lösungsmöglichkeiten, die die Berliner Unternehmen vorschlagen, nicht nachzuvollziehen ist. Die Ausschreibungs- und Vergabepraxis als einzig möglicher Türöffner wird dabei nur unzureichend genutzt. Anstatt sich als Referenzanwender für innovative Lösungen aus dem Mittelstand zu positionieren, lässt Berlin diesen im Regen stehen. Das Land Berlin vergibt dabei die Chance, sich als moderner und unternehmensfreundlicher Dienstleister zu platzieren: Konkret verzichtet er auf neue Technologien als Grundlage für eine zukunftsweisende, serviceorientierte Verwaltungsstruktur als 24-h-Ansprechpartner für Wirtschaft und Bürger.
WAS KURZ- BIS MITTELFRISTIG GETAN WERDEN MUSS 
STANDPUNKTE AUS DER UNTERNEHMERSCHAFT
Christin Friedrich, Geschäftsführerin Innovestment GmbH: „Zu langsam, zu unflexibel, zu kompliziert – in der Berliner Verwaltung sieht man, dass Digitalisierung nicht bedeutet, einfach nur Computer hinzustellen. Wir brauchen infrastrukturelle und behördenübergreifende digitale Strategien. Das ist wichtig für Bürger, Unternehmer und nicht zuletzt auch, um die Berufe in der Verwaltung wieder attraktiver zu gestalten. Ich bin überzeugt, dass das Berliner Verwaltungshandeln zukünftig den Erfolg des Wirtschaftsstandorts noch stärker beeinflussen wird.“
Siegmar Gumz, Geschäftsführer HOFFMANN-LEICHTER Ingenieurgesellschaft mbH: „Starke Unternehmen brauchen starke Partner – auch in der Verwaltung. In der Krise zeigt sich, welchen Wert digital gestütztes Arbeiten für diese Partnerschaft hat. Die Berliner Verwaltung muss dringend digital krisenfest werden. Dann kann sie auch in Zeiten physischen Abstands so-wohl Dienstleister für Bürgerinnen und Bürger als auch Ansprechpartner, Auftraggeber und Geschäftspartner für die Hauptstadtunternehmen sein.“
Philipp Zettel, Prokurist Neue Werte GmbH: „Im innovativen Mittelstand stecken die Ideen, die Berlin braucht, um seine Verwaltung in das 21. Jahrhundert zu holen. Ihnen müssen nur die Türen der Beschaffungs- und Vergabepraxis des Landes geöffnet werden. Das gelingt, wenn die öffentliche Hand bereit ist, Leistung und Qualität zu marktüblichen Konditionen zu erwerben und nicht sofort beim billigsten Angebot schwach zu werden. Als Unternehmer erwarte ich von meinem Gegenüber im Bieterverfahren mehr Kompetenz zu aktuellen Markt- und Technologieentwicklungen und einen Austausch dazu auf Augenhöhe. Dann klappt das auch mit dem bislang nicht vorhandenen Mut des Landes, mal ja zu innovativen Lösungen zu sagen.“  
Kerstin Bock, Co-Founder & CEO Openers GmbH: "In einer Stadt wie Berlin, die von ihrer kreativen und digitalen Branche lebt, müssen auch die Strukturen im Hintergrund zeitgemäßer werden. Es kann nicht sein, dass es länger dauert seine Umsatzsteuernummer zu bekommen oder ein Visum für einen Mitarbeiter zu beantragen, als einen Business Case zu entwickeln. Deshalb müssen wir als Landes- und Gründerhauptstadt aufholen und Prozesse effizienter gestalten."
Alexandro Lahmann, Ressort Bildung und Entrepreneurship Wirtschaftsjunioren Berlin: „Der Digitalisierungsrückstand der Berliner Verwaltung zeigt sich vor allem in Zeiten wie diesen. Innovationswettbewerbe bieten die passende Plattform, notwendige Lösungen zu erarbeiten und zu präsentieren. So kann dem Verwaltungsbedarf von Unternehmern und Bürgern auch zukünftig serviceorientiert begegnet werden.“ 

Direkt & Digital! Beteiligen Sie sich. Reden Sie mit. Der gemeinsame Dialog und die Zusammenarbeit stehen für zukünftige Erfolge und Weiterentwicklung im Vordergrund: Wir rufen Sie daher als Unternehmer auf, uns Ihre Erfahrungen und Handlungsnotwendigkeiten für die zukünftige Entwicklung einer landespolitischen Digitalisierungsstrategie unter www.ihk-berlin.de/ihreerfahrungen mitzuteilen. Wir freuen uns auf Ihre Unterstützung und neuen Ideen!