IHK Umfrage 2025

Open Source Software ist ein wichtiger Faktor für den IT-Standort Berlin

Angesichts der zunehmenden geopolitischen Unsicherheiten und transatlantischen Spannungen gewinnt das Thema „Digitale Souveränität“ weiter an Bedeutung. Das Streben nach technologischer Unabhängigkeit und die verstärkte Nutzung von Open Source Software bietet zugleich eine große Chance für die regionale Wertschöpfung. Denn wie eine repräsentative Umfrage der IHK Berlin zeigt, sind bereits heute sowohl das Angebot als auch die Nachfrage nach Open Source Lösungen und Services in der Berliner Wirtschaft groß und ein wichtiger Faktor für die IT-Branche.
Open Source bezeichnet Software, deren Quellcode öffentlich zugänglich ist und nach Möglichkeit auf offene Standards und Schnittstellen setzt. Im Zeitraum vom 18. März bis 14. April 2025 beteiligten sich 507 Berliner Unternehmen (überwiegend aus der IT- und Dienstleistungsbranche) an der Umfrage.

Digitale Souveränität in Zeiten geopolitischer Spannungen

Das Thema Digitale Souveränität ist keinesfalls neu. Doch die Dringlichkeit, dass Deutschland und Europa ihre technologischen Abhängigkeiten von einzelnen Lösungen und Anbietern (meist aus den USA) reduzieren müssen, ist nicht zuletzt durch die aktuellen geo- und handelspolitischen Spannungen weiter verschärft worden. Das gilt für Politik und Wirtschaft gleichermaßen. Über 80 Prozent der Berliner Unternehmen gehen laut der IHK-Umfrage davon aus, dass die Relevanz von digitaler Souveränität bei der Softwarebeschaffung in den nächsten Jahren (stark) zunehmen wird. Für mehr als die Hälfte der Unternehmen ist die Zusammenarbeit mit regionalen IT-Dienstleistern ein (sehr) wichtiger Faktor bei der Beschaffung oder der Umsetzung von IT-Projekten.
Open-Source-Umfrage-2025_Grafik-6
Auch in der Bundes- und Landespolitik hat die digitale Souveränität mittlerweile Priorität: Als einen Schlüssel dazu plant die neue Bundesregierung gemäß Koalitionsvertrag eine ambitionierte und strategische Förderung von Open-Source-Lösungen, u.a. indem der Staat vermehrt als Ankerkunde für die hiesige digitale Wirtschaft auftritt. Im März 2025 sprachen sich die Ministerpräsidenten der Länder in einem gemeinsamen Beschluss ausdrücklich für Open-Source-Modelle, Software und Hardware aus, um damit die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit Deutschlands zu sichern.

Berliner Unternehmen setzen auf Open Source Software

Open-Source-Umfrage-2025_Grafik-1
Für die Berliner Wirtschaft und den Digitalstandort ist Open Source Software (OSS) schon heute ein wichtiger Faktor. Drei von Vier Berliner Unternehmen nutzen bereits heute OSS-Lösungen wie bspw. LibreOffice, OpenProject, Firefox oder Linux. Dabei gaben sogar 53 Prozent der befragten Betriebe an, besonders stark auf OSS zu setzen. Für einen Großteil der Unternehmen (58 Prozent) ist ein Open-Source-Ansatz ein entscheidendes Kriterium bei der Auswahl von Software-Lösungen – vorausgesetzt die Leistungsstärke der Alternativen ist vergleichbar.
Open-Source-Umfrage-2025_Grafik-2
Ein ähnliches deutliches Bild zeigt sich auf der Angebotsseite. 15 Prozent der Berliner Unternehmen gaben an, eigene Open Source Software zu entwickeln und anzubieten; weitere 26 Prozent der Unternehmen bieten Services rund um OSS an. Andererseits erklärte die Hälfte der Betriebe, dass sie weder OSS Lösungen oder Services anbietet, noch das sie dies absehbar plant.
Die große Bandbreite der OSS-Angebote wurde bereits auf dem Berliner Open Source Tag deutlich, den die IHK Berlin im vergangenen Sommer erstmalig gemeinsam mit der Open Source Business Alliance und der Senatskanzlei ausgerichtet hat. Eine Neuauflage ist für November/Dezember 2025 geplant. Besonders hervorzuheben sind zudem die innovativen Open Source Projekte, die von der Technologiestiftung bzw. dem CityLAB Berlin entwickelt wurden und werden (mehr dazu in diesem Blog-Beitrag der TSB).
Open-Source-Umfrage-2025_Grafik-3

Unabhängigkeit geht mit Umstellung einher

Erwartungsgemäß nennen die Berliner Unternehmen mit großem Abstand (75 Prozent) die Unabhängigkeit von einzelnen Anbietern als wesentlichen Vorteil von Open Source Software. Zudem verweisen 58 Prozent der Betriebe vor dem Hintergrund der teils signifikant gestiegenen Lizenzkosten für die Softwarenutzung proprietärer Anbieter auf die Kosteneinsparungen durch einen OSS-Einsatz. Für jeweils ein Drittel der Unternehmen fallen insbesondere Argumente wie größere Transparenz oder die individuelle Anpassungsmöglichkeiten der Softwarelösungen durch die Offenlegung des Codes ins Gewicht. 30 Prozent der Unternehmen versprechen sich von Open Source ein höheres Sicherheitsniveau.
Aufseiten der Herausforderungen verweist die Hälfte der Unternehmen vor allem auf den Aufwand, der mit einer Umstellung der IT-Infrastruktur und Nutzungsgewohnheiten auf OSS-Lösungen verbunden ist. Jeweils rund 40 Prozent verbinden mit Open Source Lösungen zudem mangelnde Wartung und Support oder Kompatibilitätsprobleme. Allgemeiner zum Thema Open Source Lösungen fehlt es gut einem Viertel der Unternehmen an dem notwendigen Know-How.
Open-Source-Umfrage-2025_Grafik-4

Erwartungen an die Berliner Open Source Strategie

Nachdem Schleswig-Holstein Ende 2024 einen ambitionierten Maßnahmenkatalog vorgelegt hat und mittelfristig mit der kompletten Landes-IT auf quelloffene Lösungen umsteigen will, plant auch die Berliner Senatskanzlei eine landeseigene Open Source Strategie. Das Vorhaben finden sich schon lange auf der digitalpolitischen To-Do Liste des Senates und der Vorgängerregierung. In diesem Jahr soll es jedoch endlich so weit sein und eine Strategie verabschiedet werden.
Geht es nach den Berliner Unternehmen, sollte der Senat dabei in erster Linie die Priorisierung von Open Source Lösungen bei öffentlichen Vergaben und Aufträgen verankern (65 Prozent) und mit einer konsequenten Umstellung der Verwaltungs-IT auf Open Source Lösungen vorangehen (59 Prozent). Ein wichtiger Anknüpfungspunkt dafür ist das Open Source Kompetenzzentrum im ITDZ Berlin, welches im November 2023 eröffnet wurde.
Open-Source-Umfrage-2025_Grafik-5
Allerdings sollte die Strategie auf ein verwaltungsübergreifendes Bewusstsein und ein stärkeres Commitment der Hausleitungen und IT-Abteilungen für Open-Sources Lösungen in der Landes-IT abzielen. Gut die Hälfte der Unternehmen empfehlen in dem Kontext, dass der Senat Open Source Projekten finanziell unterstützen und das Berliner Open Source Ökosystem durch verwaltungsinterne Informations- und Weiterbildungsangebote sowie den Aufbau von Netzwerken und Kooperationen zwischen Verwaltung und Wirtschaft stärken sollte.