Drei Fragen. Drei Antworten. Das Interview mit Hildegard Bentele.

Ihr Fazit nach 100 Tagen im Amt: Was war bisher das prägendste Ereignis?
Es ein großer Erfolg, dass wir unsere deutsche EVP-Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen im Juli erneut zur Kommissionspräsidentin wählen konnten und mit Manfred Weber weiterhin ein starker Politiker aus unseren Reihen die EVP-Fraktion führt.
Für mich persönlich war die Berufung in das europäische Critical Raw Materials Board, in dem ich als einzige Parlamentsvertreterin die Umsetzung des von mir federführend mitverhandelten Rohstoffgesetzes begleiten darf. In den kommenden Wochen werden wir die ersten Strategischen Projekte auswählen, die Europa ein Stück unabhängiger von risikobehafteten Drittländern machen sollen. Die Rückmeldungen aus der Industrie und Wirtschaft sind sehr gut und es macht mich ein klein wenig stolz, an dieser entscheidenden Stelle für unser Europa mitwirken zu dürfen.
Stellen Sie sich vor, Sie wären EU-Wirtschaftskommissar*in: Welche drei Punkte würden Sie angehen?
Wäre ich Wirtschaftskommissar, würde ich mich um die Themen Bürokratieabbau, Finanzmarktunion und mehr europäische Zusammenarbeit kümmern. Unternehmen beklagen nicht erst seit gestern, dass sie durch den enormen Verwaltungsaufwand vor einem „Bürokratie-Burnout“ stehen. Echte Innovation kann nur entstehen, wo Unternehmen und Industrie nicht durch unsinnige, manchmal zu tiefgreifende Regelungen blockiert werden. Gleiches gilt beim Thema Finanzen: Durch die fehlende Kapitalmarktunion fehlt es immer noch an Zugang zu Risikofinanzierung, die gerade KMU und Startups dringend brauchen, um in Europa zu wachsen. Außerdem macht uns unser Binnenmarkt stark, und deshalb sollten wir öfter Verordnungen statt Richtlinien annehmen, die in der ganzen EU einheitlich - und am besten obligatorisch digital - umgesetzt werden. So geben wir unseren Unternehmen den besten Boden zum Wachsen.
Woran wollen Sie sich am Ende Ihrer Legislaturperiode messen lassen: Was wollen Sie für die Berliner Wirtschaft erreichen?
Politik hat die gesamtgesellschaftliche Aufgabe für Sicherheit, für Wohlstand, den Fortbestand unserer sozialen Marktwirtschaft und den Erhalt unserer natürlichen Lebensbedingungen zu sorgen. Dafür müssen Politik und Wirtschaft zusammenarbeiten, dafür brauchen wir Raum für Innovationskraft, Unternehmergeist und Exzellenz. All das ist in Berlin vorhanden und ich werde darauf achten, dass seitens der EU diese Qualitäten verstärkt und nicht ausgebremst werden. Ich werde mich weiterhin für den Erhalt unseres Forschungsetats stark machen, von dem Berlin sehr profitiert und mich für einen guten Zugang der Berliner Startup-Szene zur neuen Startup-Kommissarin einsetzen. Und auch wenn es in der Politik gerade ein weniger beliebtes Thema ist: die Berliner Wirtschaft braucht dringend eine geregelte und unbürokratische Fachkräftezuwanderung, insofern werde ich auch dieses Thema nicht aus den Augen verlieren.