IHK Berlin

Macro-Trend: Resiliente Lieferketten

Lieferketten bestehen aus komplexen, global vernetzten Systemen und genau aufeinander abgestimmten Prozessen, die für eine Vielzahl einzelner Störfaktoren anfällig sind. Bereits kleine lokale Fehler in einem Teilsystem können globale Lieferketten zum Erliegen bringen. Eine der Kernaufgaben des Supply Chain Managements ist daher die Konstruktion von Lieferketten, die über große Widerstandsfähigkeit gegenüber bekannten und unbekannten Einflussfaktoren verfügen.

Agile Kettenglieder

Resilient Supply Chains zeichnen sich nicht nur durch die eigentliche Widerstandsfähigkeit gegen und den fortlaufenden Betrieb bei dennoch eintretenden Störungen aus. Sie können sich bei einer Störung auch agil an den Kontext anpassen. Durch Neuorganisation einzelner Kettenglieder finden sie schnell zu alter Leistungsfähigkeit zurück.

Risikomanagement und Digital Twins

Die Unkalkulierbarkeit von Störungen wie operative Fehler, Umweltkatastrophen, politische Ereignisse oder ein spontaner Wandel von Kundenpräferenzen oder Geschäftsbeziehungen verlangt nach einem Risikomanagement in Form von Echtzeit Big Data Analysen oder der Konzeption eines spezifischen digitalen Zwillings. Mit diesem Digital Twin lassen sich verschiedene Ereignisse und deren Auswirkungen in einem digitalen Stresstest fortlaufend simulieren.

Treiber

HÄUFUNG VON UMWELTKATASTROPHEN

Die Zunahme von Umweltkatastrophen beziehungsweise extremer Wetterereignisse kann nicht nur die Produktionskapazitäten von Lieferantinnen und Lieferanten unterschiedlicher Güter zerstören. Sie wirkt sich zugleich auch auf die Infrastruktur der kostenorientierten und Just in Time Lieferketten aus.

E-COMMERCE

Mit dem rasanten Wachstum des Onlinehandels nimmt das globale Sendevolumen zu. Zugleich steigt auch die Erwartungshaltung der Kundinnen und Kunden an die zugehörige Logistik. Singuläre E-Commerce-Events sorgen zudem für extreme Auslastungen beziehungsweise Überlastung der Lieferketten in den jeweiligen Aktionszeiträumen.

POLITIK UND HANDELSBARRIEREN

Politische Ereignisse sind nur zum Teil vorhersehbar, können aber kurzfristig ganze Lieferketten lahmlegen. Das Errichten von Handelsbarrieren in Form von Export oder
Einfuhrbeschränkungen und neu aufgesetzte Zollregelungen haben massiven Einfluss auf traditionelle Lieferketten.

Aus der Praxis

VERNETZTE PLATTFORM FÜR VERPACKUNGEN
Tetra Pak hat eine vernetzte Verpackungsplattform erstellt, über die Produzentinnen und Produzenten, Händlerinnen und Händler sowie Kundinnen und Kunden Informationen über Milch- und Saftverpackungen abrufen können. Dabei kommen Code-Erzeugung, Digitaldruck sowie Datenmanagement zum Einsatz. Mithilfe der Plattform können Produzentinnen und Produzenten sowie Händlerinnen und Händler die Lieferkette lückenlos nachverfolgen und sich in Echtzeit benachrichtigen lassen, wenn etwa Lieferprobleme entstehen. Konsumentinnen und Konsumenten hingegen sollen mit den Verpackungen interagieren, um zu erfahren, woher ein Produkt
stammt und wie die Verpackung recycelt werden kann.
HYPERLOKALE MOBILE LEBENSMITTELFABRIK
Der Lebensmittelkonzern Unilever erprobt in den Niederlanden eine voll digitalisierte Mini Lebensmittelfabrik, die sich in einem 40 Fuß großen Standardschiffscontainer befindet. Darin können binnen acht Stunden 300 Tonnen Flüssigbrühe produziert werden. Die Fabrik benötigt laut Unilever lediglich Strom und Wasserzufuhr und deckt den gesamten Produktionsprozess von der Materialverarbeitung bis zur Verpackung ab. Mit zentral gesteuerten, flexiblen Fabriken will das Unternehmen die Produktion verschiedener Lebensmittel schnell an die Nachfrage anpassen. Die Fabriken sollen kurzfristig dort aufgestellt werden, wo die
Zutaten bezogen werden.
VIRTUELLE FABRIK OPTIMIERT PRODUKTIONSABLÄUFE
Der Autohersteller BMW hat mit dem Technologiekonzern Nvidia eine virtuelle Fabrik erstellt, um Produktionsabläufe zu optimieren. Die "Omniverse Plattform" stellt einen originalgetreuen digitalen Zwilling dar. Er zeigt photorealistische Details. So kann der gesamte Produktionsablauf durchgespielt werden, bevor eine Schraube fixiert wird. Ein Vorteil des Systems ist, dass physische Begebenheiten wie unterschiedliche Materialien, die Schwerkraft und sogar Menschen und ihre Interaktion als Avatare in das Modell einbezogen werden können. Langfristig sollen Roboter in neue Abläufe integriert werden können, indem sie die Daten des Zwillings nutzen. 
HOLZLIEFERKETTEN ÜBER BLOCKCHAIN STEUERN
Das Start-up iov42 hat ein blockchainbasiertes System entwickelt, das Transparenz und Rechenschaftspflicht entlang von Lieferketten fördert, die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften sicherstellt und die Integrität der Lieferkette verbessert. So hat das Start up unter anderem "Timber Chain" gelauncht, um die Transparenz und Effizienz der gesamten
Holzrohstoffversorgung zu verbessern. Timber Chain minimiert das Risiko willkürlicher und unbegründeter Fällentscheidungen und fördert stattdessen eine datengesteuerte Entscheidungsfindung und einen transparenten Prüfpfad entlang aller Maßnahmen.