Wichtige Infos für Prüferinnen und Prüfer

Widersprüche bearbeiten

Kennen Sie das nicht auch? Die Prüfung ist vorbei, die Erinnerungen an die Prüfung beginnen zu verblassen und plötzlich erreicht Sie die Information der IHK: „Der Prüfungsteilnehmer hat Widerspruch eingelegt.“ Was nun?
Kurz und knapp: Im Widerspruchsverfahren kümmert sich die IHK um die Formalien, sie kommuniziert mit den Beteiligten, erstellt und versendet den Bescheid. Die Prüfer sind allein für die Überprüfung ihrer Bewertung zuständig, sie geben die Inhalte des Bescheides vor.


Warum gibt es das Widerspruchsverfahren?

Kein Grund zur Aufregung! Das Widerspruchsverfahren ist gesetzlich geregelt und soll dem Prüfungsteilnehmer die Möglichkeit eröffnen, den Prüfungsausschuss zum Überdenken der Prüfungsentscheidung zu bewegen. Man könnte meinen, den Prüfungsteilnehmer auf den Rechtsweg zu verweisen müsste doch genügen. Nein! Das wäre nicht ausreichend, denn in einem Klageverfahren ist die Prüfungsentscheidung nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Die Einschätzung des Schwierigkeitsgrads einer Aufgabe, die Bewertung der Qualität der Darstellung und Überzeugungskraft der Argumentation, die Gewichtung der Fehler einer Bearbeitung sowie die auf durchschnittliche Anforderungen bezogene Einschätzung der Leistung unterliegen dem Beurteilungsspielraum der Prüfer. Gerichtlich kann hier nur überprüft werden, ob dieser Spielraum überschritten wurde, das Prüfungsverfahren ordnungsgemäß war, allgemeine Bewertungsmaßstäbe beachtet und keine sachfremden Erwägungen angestellt wurden. 

Ein substantiierter Widerspruch des Prüfungsteilnehmers leitet das Verfahren ein

Keine Sorge, nicht jede Unzufriedenheit der Prüfungsteilnehmer führt dazu, dass die Prüfer die Prüfungsentscheidung überprüfen müssen. Der Prüfungsteilnehmer, der ein Überdenkungsverfahren wünscht, muss konkret vortragen, in welchen Punkten er die Bewertung anzweifelt und warum. Allein das Gefühl des Teilnehmers, die Bewertung hätte besser ausfallen müssen, genügt nicht, um das Überdenkungsverfahren in Gang zu setzen. Übrigens: Bei jährlich 25.000 Prüfungen in der Aus- und Weiterbildung haben wir an die 60 Widersprüche. 

IHK und Prüfende (be-)arbeiten Hand in Hand

Der Widerspruch erreicht zunächst die IHK, die die formellen Vorgaben des Verfahrens (Form und Frist) überprüft und ggf. eine Begründung beim Prüfungsteilnehmer nachfordert. Sobald diese vorliegt und den beschriebenen Erfordernissen genügt, wird die Widerspruchsbegründung an den Prüfungsausschuss weitergeleitet. 

Der Prüfungsausschuss überdenkt seine Bewertung und nimmt Stellung

Nun haben Sie Gelegenheit die Bewertung zu überprüfen. Nach den rechtlichen Vorgaben muss dies zunächst jeder Prüfer für sich tun. Anschließend tauschen Sie sich im Prüfungsausschuss über Ihre Ergebnisse des Überdenkens aus und verfassen eine gemeinsame Stellungnahme. Punkt für Punkt der Rüge des Teilnehmers wird erfasst und dazu Ihrerseits Stellung bezogen, ganz sachlich und nachvollziehbar begründet. Ihre von allen Mitgliedern des Prüfungsausschusses unterschriebene Stellungnahme leiten Sie anschließend an die IHK weiter. Wichtig: Je besser Sie die Prüfungsbewertung auf den Bewertungsbögen dokumentiert haben, desto leichter wird Ihnen das Überdenken fallen!

Fristen, Fristen, Fristen

Alles hat auch einen zeitlichen Rahmen: Der Prüfungsteilnehmer muss innerhalb eines Monats nach Erhalt des Widerspruches den Widerspruch einlegen. Nur so kann gewährleistet werden, dass insbesondere bei mündlichen und praktischen Prüfungen noch ausreichend Erinnerungen der Prüfer vorhanden sind. Eine Frist für die Erarbeitung der Stellungnahme ist gesetzlich nicht geregelt. Ziel ist es jedoch, das gesamte Verfahren spätestens innerhalb von drei Monaten abzuschließen, um eine Untätigkeitsklage zu vermeiden. 

Zustellung des Widerspruchbescheides beendet das Verfahren

Das Ergebnis Ihres Überdenkungsprozesses, die gemeinsame Stellungnahme des Prüfungsausschusses, wird von der IHK in einen Widerspruchsbescheid gefasst und vor dessen Versand an den Prüfungsteilnehmer noch einmal rechtlich überprüft. Mit dem Versand des Widerspruchsbescheides ist das Widerspruchs- und Überdenkungsverfahren beendet. Dem Prüfungsteilnehmer steht jetzt der Klageweg offen.