Im Interview

Gestalter/-in immersive Medien - ein neuer Beruf

Die Medienbranche befindet sich in einem ständigen Wandel, angetrieben von technologischen Innovationen und sich verändernden Konsumgewohnheiten. In diesem dynamischen Umfeld entstehen immer wieder neue Berufsbilder, die auf die Bedürfnisse einer digitalen und vernetzten Welt zugeschnitten sind. Einer diesen neuen Berufe ist Gestalter/-in für immersive Medien.
Welche Fähigkeiten sind gefragt und welche Herausforderungen gilt es bei den ersten Prüfungen in diesem Beruf zu meistern? Wir fragten Dirk Pachael, Ingenieur der Elektrotechnik, Berufsschullehrer am Oberstufenzentrum Kommunikations-, Informations- und Medientechnik (OSZ KIM) und IHK-Prüfer für diesen Beruf.
Herr Pachael, wie lange sind Sie schon Prüfer?
Ich bin ganz neu dabei, seit dem 3. Juli 2024. Meine erste Zwischenprüfung bei den Gestalter/-innen für immersive Medien(GiM) werde ich im März 2025 abnehmen.
Haben Sie einen besonderen Bezug zu dem neuen Beruf?
Ja, ich bin Berufsschullehrer am OSZ KIM und unterrichte die GiM in verschiedenen Lernfeldern. Außerdem unterrichte ich in der Berufsfachschule und am beruflichen Gymnasium die Fächer Audiotechnik, Digitale Welten, Medientechnik, Videotechnik und Webtechnologien. Zusätzlich wurde ich von meiner Schule zum Koordinator der GiM-Ausbildung berufen. Mein Schwerpunkt und meine Leidenschaft ist die immersive Audioproduktion. Am Beruf fasziniert mich vor allem der Bezug zur Technik und gleichzeitig der gestalterische Aspekt. Bevor ich Lehrer an einer Berufsschule wurde, habe ich u.a. Eye-Tracker entwickelt. Dabei war ich vor allem als Softwareentwickler tätig.
Was verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff "immersive Medien"?
Der Begriff "immersive Medien" beschreibt Technologien und Inhalte, die darauf abzielen, Benutzer*innen vollständig in eine virtuelle oder erweiterte Realität einzutauchen. Das Ziel dieser Medien ist es, ein Gefühl der Präsenz und Interaktion zu schaffen, das so realistisch wie möglich ist. Unter den Begriff "immersive Medien" fallen üblicherweise die Themen Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR), Extended Reality (XR), 360°-Video und 3D-Audio. Durch die Schaffung realistischer und interaktiver Erlebnisse bieten sie neue Möglichkeiten für Kreativität und Innovation in den unterschiedlichsten Bereichen.
Was unterscheidet immersive Medien von anderen Medienformen?
In traditionellen Medien wie Fernsehen, Radio und gedruckten Büchern ist die Interaktivität stark eingeschränkt. Der Konsumierende nimmt eine passive Rolle ein und hat wenig bis keine Kontrolle über den Inhalt. Immersive Medien bieten hingegen ein hohes Maß an Interaktivität. Benutzer/-innen können mit der virtuellen oder erweiterten Umgebung interagieren, Entscheidungen treffen und direkten Einfluss auf das Erlebnis nehmen. Dies kann beispielsweise durch Technologien wie VR-Headsets und haptisches Feedback (z.B. Handschuhe oder Anzüge, die Vibrationen oder Druck simulieren) erreicht werden. Immersive Medien bieten damit ein tieferes, interaktiveres und sensorisch reichhaltigeres Erlebnis im Vergleich zu traditionellen Medienformen. Sie haben das Potenzial, die Art und Weise, wie wir Inhalte konsumieren und mit ihnen interagieren, grundlegend zu verändern.
Warum brauchte es hierfür einen eigenen Ausbildungsberuf?
Die Entwicklung und der Einsatz von immersiven Medien erfordern spezialisierte Kenntnisse und Fähigkeiten, die über das hinausgehen, was in traditionellen Medienberufen vermittelt wird. Ein eigener Ausbildungsberuf für immersive Medien ist notwendig, um den spezifischen Anforderungen und Herausforderungen gerecht zu werden. Der Umgang mit spezialisierter Hardware (z.B. VR-Headsets) und Software (z.B. Unity, Unreal Engine) erfordert spezifisches technisches Wissen und praktische Erfahrung. Der Ausbildungsberuf stellt sicher, dass Fachkräfte sowohl über das technische Know-how als auch über kreative Fähigkeiten verfügen, um innovative und ansprechende immersive Erlebnisse zu schaffen. Dies ist entscheidend, um die Potenziale dieser Technologien voll auszuschöpfen und ihre Anwendung in verschiedenen Branchen erfolgreich zu generieren.
Welche Besonderheiten umfasst dieses Berufsbild und welche Anforderungen werden an die Auszubildenden gestellt?
Der Beruf erfordert eine Kombination aus technischen Fähigkeiten (wie Software- und Hardwarekenntnisse) und kreativen Fähigkeiten (wie Design und Storytelling). Zum Berufsbild gehören außerdem das Anwenden von agilen Arbeitsmethoden wie Scrum oder Kanban in interdisziplinären Teams, die oft aus Entwickler/-innen, Designer/-innen und anderen Fachleuten bestehen. Der Ausbildungsberuf im Bereich der immersiven Medien ist anspruchsvoll und erfordert eine breite Palette von Fähigkeiten und Kenntnissen. Darüber hinaus sind soziale und kommunikative Fähigkeiten sowie die Bereitschaft zur kontinuierlichen Weiterbildung entscheidend, um in diesem schnelllebigen und innovativen Bereich erfolgreich zu sein.
Vor welchen Herausforderungen standen Sie in der Vorbereitung der Prüfungen?
Die erste Zwischenprüfung ist im März 2025. Das wird meine erste Prüfung sein, die ich als IHK-Prüfer begleite. Bis dahin gibt es noch einiges vorzubereiten. Von der IHK werden dazu verschiedene Fortbildungen rund um das Thema Prüfungen angeboten. Diese werde ich besuchen und damit gut vorbereitet sein. Außerdem habe ich an meiner Berufsschule erfahrene Kolleg/-innen, die seit Jahren in Prüfungsausschüssen arbeiten und die mich gerne unterstützen.
Fühlen Sie sich als Prüfungsausschuss gut vorbereitet, um die Prüfungen abzunehmen?
Zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Wir werden die Zeit bis zur Zwischenprüfung im März und zur Abschlussprüfung im Sommer 2026 zur Vorbereitung nutzen.
Noch ist die Zahl der Azubis und damit der künftigen Prüfungsteilnehmenden überschaubar. Wird sich das in Zukunft ändern?
Ja, davon gehe ich aus. Momentan haben wir in Berlin zwar viele junge Menschen, die Gestalter/-innen für immersive Medien werden möchten, es gibt jedoch noch nicht genügend Ausbildungsbetriebe für diesen Beruf. Das liegt vor allem daran, dass dieser Beruf erst seit einem guten Jahr existiert. Die Betriebe benötigen Zeit, um entsprechende Ausbilder/-innen aufzubauen und um die erforderlichen Anforderungen an einen Ausbildungsbetrieb zu bewältigen. Ich bekomme regelmäßig Anfragen von jungen Menschen, die an einer GiM-Ausbildung interessiert sind. Diese leite ich dann an die mir bekannten Ausbildungsbetriebe weiter. Die Zahl der Ausbildungsbetriebe hat sich im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Ich denke dieser Trend wird sich in Zukunft weiter fortsetzen. Unternehmen erkennen zunehmend das Potenzial immersiver Medien und investieren in entsprechende Projekte. Dies führt zu einem erhöhten Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften, die diese Technologien beherrschen.
Vielen Dank für dieses interessanten Einblicke. Lassen Sie uns nun über das Prüfer-Ehrenamt sprechen. Warum sind Sie Prüfer geworden?
Für mich als Berufsschullehrer ist es wichtig, den Bezug zur Praxis nicht zu verlieren. EineMöglichkeit dafür ist die Arbeit in einem Prüfungsausschuss mit zwei Vertretern aus den ausbildenden Betrieben. Als Prüfer habe ich die Gelegenheit, mich mit anderen Fachleuten auszutauschen und berufliche Kontakte zu knüpfen. Durch diese Zusammenarbeit kann ich meinen Unterricht praxisorientiert gestalten. Den zukünftigen Auszubildenden kann ich helfen, sich optimal auf Prüfungen vorzubereiten. Ich hoffe, dass ich mit meiner Tätigkeit einen positiven Beitrag zur Entwicklung und Förderung des Berufsfeldes leisten kann.
Würden Sie das Ehrenamt weiterempfehlen?
Ehrenamtlicher Prüfer zu sein, ist für mich eine Möglichkeit, meine Expertise und Erfahrung einzubringen und zur Sicherung der Ausbildungsqualität beizutragen. Diese Rolle ist eine gute Gelegenheit einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten. Was braucht es Ihrer Meinung nach für die Gewinnung neuer Prüferinnen und Prüfer? Um neue Prüfer/-innen zu gewinnen, müssen die Vorteile dieser Rolle klar herausgestellt werden. Eine enge Vernetzung mit den Betrieben, flexible Arbeitsbedingungen und die öffentliche Anerkennung der Tätigkeit als Prüfer/-in können zusätzliche Motivatoren sein. Es ist wichtig, diese Aspekte in Rekrutierungskampagnen zu betonen, um das Interesse potenzieller Kandidat/-innen zu wecken.
Vielen Dank, Herr Pachael, für das aufschlussreiche Gespräch und die spannenden Einblicke in den neuen Beruf Gestalter/-in für immersive Medien. Es ist faszinierend zu sehen, wie sich die Medienbranche weiterentwickelt und welche neuen Möglichkeiten sich dadurch eröffnen. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Durchführung der ersten Prüfung und danken Ihnen sehr für Ihr Engagement als ehrenamtlicher Prüfer.

Informationen zu den Prüfungen der Gestalter/-innen für visuelles Marketing

Nach der Hälfte der dreijährigen Ausbildung wird eine Zwischenprüfung durchgeführt. Diese besteht aus einem theoretischen und einem praktischen Prüfungsbereich. Der theoretische Prüfungsbereich besteht aus mehreren Aufgaben aus dem Prüfungsbereich „Immersive Medienprodukte in Entwicklungsumgebungen vorbereiten und erstellen“. Die Prüfungszeit für diesen Teil beträgt 120 Minuten.
Der praktische Prüfungsbereich besteht aus einer praktische Aufgabe, die innerhalb eines festgelegten Zeitraums abgeschlossen werden muss (Arbeitsprobe) und umfasst das Thema „3DModelle und Medienprodukte erstellen“. Während der Durchführung wird eine situatives Fachgespräch über die Arbeitsprobe durchgeführt. Die Prüfungszeit für den praktischen Teil beträgt insgesamt 30 Minuten. Davon fallen höchstens 5 Minuten auf das situative Fachgespräch.
Die Abschlussprüfung am Ende der Ausbildung besteht aus den vier Prüfungsbereichen „Immersive Medien produzieren“, „Immersive Medien konzipieren und gestalten“, „Produktion von immersiven Medien organisieren und umsetzen“ und „Wirtschafts- und Sozialkunde“. Im Prüfungsbereich „Immersive Medien produzieren“ hat der Prüfling einen betrieblichen Auftrag durchzuführen, zu dokumentieren und zu präsentieren, auf dessen Grundlage ein auftragsbezogenes Fachgespräch durchgeführt wird. Die Prüfungszeit für die Durchführung einschließlich der Dokumentation beträgt 40 Stunden. Die Präsentation beträgt höchstens 15 Minuten und das auftragsbezogene Fachgespräch höchstens 20 Minuten. Für die Prüfungsbereiche „Immersive Medien konzipieren und gestalten“ und „Produktion von immersiven Medien organisieren und umsetzen“ ist eine schriftliche Prüfung vorgesehen. Die Prüfungszeit beträgt insgesamt 240 Minuten. Für den Prüfungsbereich „Wirtschafts- und Sozialkunde“ ist ebenfalls eine schriftliche Prüfung vorgesehen. Die Prüfungszeit beträgt hier 60 Minuten.