Auf den Punkt

Vielfalt ist Teil unserer DNA

Jede Form der Menschenrechtsverletzung verstößt gegen die Werte, auf denen unsere Wirtschaft beruht. Deswegen ist es die Pflicht von uns allen, jüdisches Leben zu schützen.
Meinung
In der Kolumne „Auf den Punkt“ ­positionieren sich im ­monatlichen Wechsel Mitglieder des ­Präsidiums zu wirtschaftspolitischen ­Fragestellungen aus ihrer persönlichen Sicht.
Nach dem schrecklichen Massaker der Hamas im letzten Oktober wurde mir vermehrt darüber berichtet, dass sich in Berlin Geschäftsinhaberinnen und Geschäftsinhaber, aber auch Angestellte und Kolleginnen und Kollegen sowie ihre Familien nicht mehr sicher fühlen – einzig aufgrund ihrer jüdischen Identität.
Die antisemitischen Kundgebungen und Vorfälle in der Stadt haben mich zutiefst bestürzt. Berlin und seine Wirtschaft sind weltoffen, Heimat für Menschen, Institutionen und Unternehmen aller Nationen und jeden Glaubens. Vielfalt ist Teil unserer DNA.
Wenn jemand Menschen jüdischen Glaubens angreift, dann ist das ein Angriff auf uns alle. Es ist ein Angriff auf unser Rechts- und unser Wertesystem. Deutschlands wichtigstes Rechtsdokument ist das Grundgesetz. Basierend auf den Lehren der Nazizeit, wurden hier Grundprinzipien aufgenommen, die unveränderlich sind. Einer dieser Eckpfeiler ist der erste Artikel unserer Verfassung, in dem es heißt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
Wenn jemand dieses Grundprinzip unseres Staates bedroht oder verletzt, liegt es in unser aller Verantwortung, eine entschlossene Haltung einzunehmen. Wenn jemand unsere jüdische Gemeinschaft bedroht, ist es die Pflicht aller, sie zu verteidigen und zu schützen. Die Verpflichtung zum Schutz gilt für die IHK Berlin als Körperschaft des öffentlichen Rechts in besonderem Maße. Aus diesem Grund hat sie sich in einer gemeinsamen Erklärung der Berliner Wirtschaft von Anfang an klar positioniert und Antisemitismus in jeglicher Form auf das Schärfste verurteilt.
Aber was können wir als Unternehmerinnen und Unternehmer tun? Der Nahostkonflikt ist ein Beispiel dafür, wie politische Diskussionen auch in die Wirtschaft Einzug halten. In unseren Unternehmen ist es wichtig, den offenen Dialog unter den Mitarbeitenden zu fördern. Es ist wichtig, dass wir uns nicht scheuen, Mitgefühl zu zeigen und uns gegen jede Form der Menschenrechtsverletzung zu positionieren. Auf diese Weise verteidigen wir die Werte, auf denen unsere Wirtschaft beruht. Es liegt an uns allen, zusammenzustehen und für ein gerechtes und menschliches Miteinander einzutreten.
Persönlich habe ich angefangen, als Zeichen der Solidarität mit meinen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern eine Davidsternkette zu tragen – obwohl ich keine Jüdin bin. Damit JEDER in Berlin sicher leben und wirtschaften kann.
Von Sonja Jost
Geschäftsführerin der DexLeChem GmbH und Vizepräsidentin der IHK Berlin.