Auf den Punkt

Überzeugen statt sanktionieren

Mit der ständigen Drohung einer Ausbildungsumlage liegt der Senat nicht nur völlig falsch, er sendet ­auch ein problematisches Signal aus.
Meinung
In der Kolumne „Auf den Punkt“ ­positionieren sich im ­monatlichen Wechsel Mitglieder des ­Präsidiums zu wirtschaftspolitischen ­Fragestellungen aus ihrer persönlichen Sicht.
Eines vorweg: Das Bündnis für Ausbildung ist wichtig und sinnvoll. Die Berliner Wirtschaft steht hinter dem Ziel, alle Ausbildungsplatzsuchenden zu versorgen und für die Ausbildungsbetriebe den Fachkräftenachwuchs sicherzustellen. Die IHK Berlin arbeitet mit großem Engagement daran, die Ausbildung in Berlin zu stärken und weiterzuentwickeln. Allein für die Ausbildungsoffensive hat unsere Vollversammlung fast drei Millionen Euro bereitgestellt. Damit konnte bereits eine Reihe erfolgreicher Projekte umgesetzt werden, sei es die Praktikumswoche zur beruflichen Orientierung oder die flächendeckende Ansprache potenzieller Ausbildungsunternehmen.
Die Berliner Wirtschaft leistet also bereits einen proaktiven Beitrag im Bündnis für Ausbildung. Leider erleben wir aktuell, dass andere Bündnispartner zwar schon vor dem offiziellen Bündnis-Start der Wirtschaft mit Sanktionen drohen, falls das vereinbarte Ziel verfehlt wird, selbst aber bislang keine neuen Leistungen eingebracht haben. Insbesondere seitens der Senatsverwaltung für Arbeit werden unsere Mitglieder mit der mantraartig vorgetragenen Drohung einer Ausbildungsumlage konfrontiert. Dies halten wir und die überwiegende Zahl der Ausbildungsbetriebe aus guten Gründen für ein ungeeignetes Instrument. Wenn man genau hinschaut, gibt es nämlich bereits genügend Ausbildungsplätze am Markt. Für das Ausbildungsjahr 2023 wurden mehr als 16.000 Ausbildungsstellen bei den Agenturen für Arbeit gemeldet – so viele wie seit 2019 nicht mehr. Gleichzeitig gab es bei Ausbildungsstart 6.000 noch unbesetzte Ausbildungsplätze. Wie passt das mit den Aussagen des Senats zusammen?
Tatsache ist: Die Probleme auf dem Ausbildungsmarkt beruhen nicht auf einem Mangel an Ausbildungsplätzen, sondern dem mangelhaften Matching zwischen suchenden Jugendlichen und angebotenen Plätzen, der Berufsorientierung und der Qualität der schulischen Bildung.
Ich persönlich finde es für das Image der Ausbildung im Übrigen hochgradig problematisch, mit Sanktionen bei Nichterfüllung zu drohen. Ausbildung darf doch nicht als Strafe oder notwendiges Übel empfunden werden. Wir arbeiten daran, möglichst viele Unternehmen davon zu überzeugen, die Ausbildung von Jugendlichen auch als echten Wettbewerbsvorteil angesichts des Fachkräftemangels zu begreifen. Und ich bin optimistisch, dass uns das gelingen wird. Hilfreich wäre an dieser Stelle übrigens der Abbau von bürokratischen Hürden – auch und gerade in der Ausbildung. Wäre das nicht seitens der öffentlichen Hand ein besseres Signal als die Drohung mit der Umlage?
Von Stefan Spieker
Geschäftsführer Fröbel International GmbH und Vizepräsident der IHK Berlin.