BW 03/2022 - BRANCHEN

So geht grün

Ressourcenschonende Lampen, Verpackungen zum Mitkochen, Kreislaufwirtschaft für Versandkartons – Berliner Start-ups zeigen den Weg in die Klimaneutralität
In wenigen Jahren wird sich kein Produkt mehr verkaufen, das nicht nachhaltig produziert wurde. Das bedeutet, dass unternehmerisches Handeln neu gedacht werden und schnellstmöglich klimaneutral gestaltet werden muss. Doch das darf nicht Verzicht bedeuten. Eine zukunftsfähige Wirtschaft basiert auf Innovationen, Forschung, Kreativität und Stil. Wenn Unternehmen die Möglichkeiten nutzen, beispielsweise technologische Vorreiter zu sein, dann ist der Klimaschutz auch eine Chance für die Wirtschaft, für mehr Jobs, für Berlin.
Für nachhaltige und inspirierende Lösungen als Alternative für Altbekanntes stehen drei Berliner Unternehmen. Sie wurden im letzten Jahr für ihren Ideenreichtum als Kultur- und Kreativpiloten des Bundes ausgezeichnet.
Michelle Reed und ­Philip Bondulich von der SendMePack GmbH retten Versandkartons und treiben den Wandel in eine grünere Zukunft in der Logistik- und Verpackungsbranche voran. Allein in Deutschland werden pro Jahr 3,7 Mrd. Pakete versendet – und 99 Prozent davon anschließend weggeworfen. SendMePack entwickelt die erste Kreislaufwirtschaft für bereits existierende Versandkartons.
Das Start-up arbeitet mit großen Logistikpartnern zusammen, um intakte Versandver-packungen zu recyceln, die sie anschließend als SendMePack und als eine kostengünstige und grüne Versandalternative für Unternehmen anbieten. Das Angebot richtet sich an Onlineshops, Marken und Logistiker, die sinnvoll und sparsam verschicken möchten, ohne gleich ihre gesamte Logistik umstellen zu müssen. Aktuell hat das Start-up Anfragen für 1,2 Mio. Kartons und sucht neben Personal noch Investoren.
Eine weitere spannende Lösung kommt aus dem Food-Bereich. Die gute Nachricht auch hier: Wir müssen nicht verzichten, sondern wir bekommen – in diesem Fall – sogar noch mehr zu essen! So kann man bei Amelie Graf auch die Lebensmittelverpackung verzehren. Im Rahmen ihrer Produktdesign-Masterarbeit an der Universität der Künste Berlin entwickelte sie eine Verpackung aus Cellulose und Stärke. Diese ist  Bestandteil der Mahlzeit, denn Cellulose ist ein reiner Ballaststoff und liefert sogar noch Energie. Wer die Verpackung nicht essen mag, kann sie einfach im Bioabfall oder Kompost entsorgen. Das Material verwittert schnell und lässt sich sogar recyceln.
In Zukunft will Graf die Meal Bag zur Supermarkt-Superinnovation bringen und die Verpackungsindustrie revolutionieren. Ihre Vision ist eine funktionierende, transparente und dezentrale Kreislaufwirtschaft im Sinne der Bio-Ökonomie.
Das dritte Beispiel für visionäres Unternehmertum ist Nulight, gegründet von Mareen Paap und Sebastian Mähler. Das junge Start-up entwickelt und fertigt nachhaltige, plexiglasbasierte Lichtsysteme – und das auf sehr stilvolle Weise. Bei herkömmlichen Leuchtreklamen wird das Licht durch giftige Edelgase und Quecksilber erzeugt, ein Recycling der Röhren ist nicht möglich. Die Leuchten von Nulight kommen ohne Chemie aus und sind energiesparend. Die tritt- und bruchfesten Systeme sind zudem aus recycelbaren Materialien. Dabei verpflichtet sich das Start-up dem Human Centric Lighting (HCL). Das Resultat sind echte Lichtfarben, und es können verschiedendste Lichttöne eingestellt werden, sodass naturinspirierte Verhältnisse entstehen. Das Unternehmen hat bereits für das Fusion Festival und den Berliner Holzmarkt Beleuchtung entwickelt.
An innovativen Ideen aus der Hauptstadt fehlt es also nicht, und auf unsere lieb gewonnenen Dinge müssen wir glücklicherweise auch nicht verzichten, sondern können diese mit kreativen Lösungen schon heute nachhaltiger machen.

von Katrin Dröse